St. Cyril und der Novus Ordo
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- 13. Februar 2023
Die Liturgie des Novus Ordo gehört zwar nicht mehr zur römischen Ritenfamilie – aber sie ist eine von allen Päpsten der römischen Kirche seit Paul VI. zelebrierte und propagierte Liturgie. Das hat Gewicht. Daher wollen wir ihr bei allen Defekten und Fehlstellen nicht absprechen, daß sie gültig und würdig gefeiert werden und unter bestimmten Umständen auch zur Erbauung der Mitfeiernden beitragen kann. Nämlich dann, wenn der in dieser Liturgie verkörperte Typus einer vermeintlichen „Spiritualität des 20. Jahrhunderts“ mit der Spiritualität der Mitfeiernden korrespondiert – was selten genug vorkommt, ohne dabei den Raum des Katholischen zu verlassen und es daher umso absurder erscheinen läßt, daß die Bergoglianer ausgerechnet diesen randständigen Ritus für allgemeinverbindlich und alleine zulässig erklären wollen.
Ein bemerkenswertes Beispiel für die „Defekte und Fehlstellen“ des Novus Ordo bietet das Ordinarium zum am 9. Februar begangenen Fest des Kirchenlehrers Cyril von Alexandria, dessen Analyse sich ein Artikel auf Rorate Cæli in der vergangenen Woche gewidmet hat. Beim Vergleich der Orationen fällt auf, daß gegenüber sechs Orationen im Ritus authenticus der Ritus modernus nur in einer einzigen Oration (der Kollekte) ausdrücklich Bezug auf den Heiligen nimmt. Drei anderen fehlen ganz, zwei weitere sind aus dem Commune der Bischöfe und Kirchenlehrer entnommen, also ohne persönlichen Bezug zum Tagesheiligen. Das ist schon einmal quantitativ ein schwaches Bild – warum das nicht ohne Bedeutung ist, wird am Schluß unseres Beitrags ausgeführt. Für einen qualitativen Vergleich kann unter den genannten Umständen daher nur die Kollekte in Frage kommen – und dieser Vergleich ist höchst aufschlußreich.
Alte Formen für die neue Liturgie?
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- 31. Januar 2023
Die neue Liturgie ist gültig und gnadenvermittelnd – wenn sie in würdiger Form gefeiert wird. Dem stimmen fast alle zu – aber was bedeutet „würdige Form“? Eine Zeit lang verstand man darunter die Verwendung möglichst vieler Kennzeichen der alten Form, beginnend mit Gewändern, Weihrauch und Altarschmuck bis hin zur Körpersprache des Zelebranten, nach Möglichkeit ergänzt durch die Zelebrationsrichtung „ad Dominum“, gregorianischen Gesang und „möglichst viel Latein“.
Die Vertreter dieses Ansatzes – beispielhaft vorgeführt etwa in Heiligenkreuz und im Brompton-Oratory von London – konnten sich für den Versuch zur Beibehaltung möglichst vieler äußeren Merkmale der überlieferten Form auf die mehrfachen Aussagen Pauls VI. stützen, wonach sich am Inhalt der Liturgie durch die Reform nichts ändern solle. Warum dann also die alten Formen generell verwerfen? Dabei sahen sie sich aber mit dem Widerspruch konfrontiert, daß der gleiche Paul VI. z.B. in seinen Predigten zum Inkrafttreten seines Missales hervorgehoben hatte, man müsse viele Formen und Schätze der Vergangenheit aufgeben, darunter auch die Gregorianik, um den vollen Reichtum seines Reformwerkes zu erschließen.
Die Liturgiekongrgation hat dann später den von ihr als Mißstand betrachteten Versuch der Beibehaltung einiger alter Formen und Gebeten, die nicht ausdrücklich „abgeschafft“ worden waren, zurückgewiesen: Nur das sei erlaubt, was tatsächlich in den Rubriken des neuen Missales positiv erwähnt werde – alles andere sei endgültig Vergangenheit. Nachdem inzwischen der gegenwärtig glücklos herrschende Papst die überlieferte Liturgie für unvereinbar mit dem erneuerten Kirchenverständnis des II. Vatikanums erklärt hat, ist damit jede Grundlage für diesen Versöhnungsversuch entfallen.
Wie arianisch ist der Novus Ordo?
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- 01. Dezember 2022
Die absurde Behauptung von Papst Franziskus in TC und seines Mitarbeiters Roche in den „Responsa ad Dubia“, daß der Novus Ordo die einzige „lex orandi“ des römischen Ritus darstellte, hat in traditionstreuen Kreisen zu einer verstärkten kritischen Untersuchung des Missales Bugninis und Pauls VI. geführt – in der Regel ohne zu bestreiten, daß die hl. Messe auch nach diesem Missale gültig und gnadenbringend gefeiert werden kann. Kann – aber in der Realität selten genug auch wird.
Im Vordergrund der Kritik steht meistens die empirisch belegbare Feststellung, daß der Novus Ordo durch den Abbau sakraler Formen das Bewußtsein der Gläubigen für die metaphysische Dimension des Geschehens am Altar vermindert und durch die als „aktive Teilnahme“ ausgegebene Einbeziehung der Gemeinde – oft reduziert auf aktivistische „Vorzugslaien“ – die Bedeutung des priesterlichen Handelns herabsetzt oder ganz unsichtbar macht. Abbau der Bereitschaft zur Teilnahme und Verlust zentraler Glaubensinhalte – Stichwort Realpräsenz – sind die zu Recht beklagten Folgen. Danach würde die Feier des Messopfers selbst durch die reformierte Liturgie zwar nicht beeinträchtigt – wohl aber die Fähigkeit der Gläubigen, Wert und Inhalt dieser Feier voll zu erfassen und die daraus hervorgehenden Gnadengaben zu nutzen. Ein wahrhaft paradoxes Ergebnis für eine Reform, die doch das Ziel proklamierte, diese volle und ertragreiche Teilnahme zu befördern.
So berechtigt diese Kritik auf pastoraler Ebene auch ist, so läßt sie doch außer Acht, daß es im Novus Ordo auch auf theologischer Ebene problematische Elemente gibt, die sich auf den Inhalt dessen, was da geschieht und geschehen soll, selbst auswirken können.
Schluß mit den Lügen!
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- 15. Oktober 2022
Wie realitätsblind muß man eigentlich sein, um die Tatsache, daß der Novus Ordo auch würdig und fruchtbringend gefeiert werden kann, als Beleg dafür anzuführen, daß das auch regulär so gemacht werde? Und dann zu fordern: die Tradis sollten sich mal nicht so haben mit ihrem Weihrauch und ihrem Latein und endlich die Erfolgsgeschichte der Liturgiereform anerkennen und sich so auch den Blick auf die Erfolgsgeschichte des II. Vatikanums öffnen. Schließlich lehre uns das Konzil, daß die Eucharistie Quelle und Gipfel des ganzen geistigen Lebens der Kirche sei – daher nun endgültig Schluß mit Debatten und Zwietracht. Und wären denn die großen Erfolge bei der Verkündung des Evangeliums in Asien und Afrika möglich gewesen, wenn die Kirche beim Latein stehen geblieben wäre?
So Autor Larry Chapp, von dem wir auch schon Vernünftiges gelesen haben, im National Catholic Register, in dem wir ebenfalls schon viel besseres gelesen haben, zum Jahrestag der Konzilseröffnung vor nunmehr 60 Jahren. Der Beitrag bzw. seine Argumentation verdient eine (begrenzte) Aufmerksamkeit, weil er typisch dafür ist, wie sich eine nach wie vor zahlenmäßig bedeutende Gruppe von Hyperloyalisten gegen die Einsicht abschottet, daß Pauls VI. Liturgiereform gründlich gescheitert ist – und damit die Zeit verlängert, bis die Kirche Mittel zur Heilung des Schadens anwenden kann.
Natürlich gibt es Beispiele dafür, daß der Novus Ordo würdig gefeiert werden kann. Man muß schon lange in Tradiland suchen, um eine verlorene Stimme zu finden, die das, wie Chapp suggeriert, grundsätzlich bestreitet. Und das von Chapp präsentierte Beispiel vom glorreichen Novus Ordo in der Diözese Lincoln in den späten 70er Jahren mag jüngere Leser ohne Kenntnis der amerikanischen Szene vielleicht beeindrucken – Tatsache ist jedoch, daß Lincoln unter nunmehr drei glaubenstreuen Bischöfen in Folge zwar die Dokumente des Konzils nach Kräften umgesetzt hat, dem „Geist des Konzils“ jedoch striktes Hausverbot erteilt hat. Dazu hat die Diözese früh ein eigenes Priesterseminar eingerichtet, in dem streng auf Lehrtreue geachtet wird – wofür sie jährlich mit einer Zahl von 2 – 5 Priesterweihen belohnt wird. Erst im letzten Jahr wurde erstmalig in der Diözese ein „ständiger Diakon“ geweiht, und Lincoln weigert sich bis zum heutigen Tage, Girl-Altarboys den Dienst am Altar zu gestatten. In Lincoln selbst ist eine Pfarrei der Petrusbruderschaft anvertraut, und auch eines (von 2) Seminaren der Petrusbruderschaft in den USA hat in der Diözese Aufnahme gefunden.
Liturgisches Niemandsland oder Rituskirche
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- 05. Juli 2022
Die am Sonntag im Petersdom gefeierte Messe im „Ritus von Zaire“ hat die Frage (z.B. hier) aufgeworfen, in welchem Verhältnis dieser „Ritus“ zu der Liturgie des Novus Ordo steht und ob darin ein Widerspruch zu der Behauptung von Papst Franziskus liegt, die im Missale Pauls VI. vorgegebene Liturgie sei die einzige Lex Orandi der katholischen Kirche des lateinischen Ritus.
Papst Franziskus selbst hat diese Frage damit praktisch beantwortet, daß er selbst einmal die Messe in diesem Ritus in seiner Bischofskirche zelebriert hat (am 1. Dezember 2019) und ihr am vergangenen Sonntag am gleichen Ort quasi „in choro“ beiwohnte. Vermutlich sah er sich durch seine Gesundheitsbeschwerden daran gehindert, selbst zu zelebrieren. Beide Feiern fanden am Altar der Kathedra hinter dem Hauptaltar statt – wahrscheinlich, um der nicht allzu großen afrikanischen Gemeinde in Rom einen angemesseneren Rahmen zu bieten als den der riesigen Kathedrale.
Neben diesen praktischen Aktionen gibt es auch „liturgietheoretische“ Aussagen des Papstes zum Thema. Im vergangenen Juni wurde in Rom in Anwesenheit von Franziskus eine französische Ausgabe des bereits 2020 auf Italienisch erschienen Buches „Papst Franzikus und das römische Messbuch für die Diözesen Zaires“ vorgestellt. Dabei sagte Franziskus unter anderem:
Das Römische Messbuch für die Diözesen von Zaire ist bis jetzt das einzige inkulturierte Römische Messbuch, das aus der liturgischen Reform des Zweiten Vatikanischen Konzils hervorgegangen ist“.
In seinem Vorwort zu diesem Buch, das uns leider nicht vorliegt, stellt Franziskus fest, dieses inkulturierte Missale stelle eine besondere Aufforderung des Heiligen Geistes an die Gläubigen dar, dessen verschiedenartiger Gaben an die ganze Menschheit aufzugreifen. Konkret drückt er dort die Erwartung aus, der „Ritus von Zaire“ könne das Vorbild eines „Ritus für den Amazonas“ bilden.
Danach kann es also keinen Zweifel geben, daß in den Augen von Franziskus der „Ritus von Zaire“ der angeblich vom Konzil gewollten Liturgie entspricht und eine legitime Form des „einzigen Ausdrucks des Römischen Ritus“ darstellt.