„Wozu sind wir auf Erden?“
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- 11. Januar 2019
Mit dem heutigen Tag stellen wir Summorum Pontificum einen neuen Leitsatz voraus: Das erste Frage-Antwort Paar aus dem „Grünen Schulkatechismus“ der deutschen Bistümer in den 50er Jahren:
Wozu sind wir auf Erden? - Wir sind auf Erden, um Gott zu erkennen, ihn zu lieben, ihm zu dienen und einst auf ewig bei ihm zu leben.“
Mit dieser Frage und der darauf gegebenen Antwort hat es eine ganz eigenartige Bewandnis: Die Frage, vielleicht etwas „zeitgemäßer“ formuliert, wird von vielen offen aufgenommen werden und kann den Ausgangspunkt für ein Gespräch oder für stilles Nachdenken bilden. Die Buchhandlungen quellen über von Büchern, die genau darauf Antwort geben wollen. Doch die Antwort aus dem Katechismus kann zu Beginn des dritten nachchristlichen Jahrhunderts kaum auf positive Reaktion rechnen. Die meisten werden sie verständnislos zur Kenntnis nehmen und das Gespräch möglichst schnell beenden. Andere werden nachgerade aggressiv reagieren und den Antwortgeber vielleicht sogar für verrückt erklären: Für so einen Quatsch haben sie keine Zeit; so kann man ihnen doch nicht kommen, nicht im Jahre 2019 – ein Gespräch kommt erst gar nicht in Gang.
Irgendwann in den Jahren zwischen 1955 und 1968 hat der katholische Mainstream insbesondere in Deutschland die dahin gehende Entwicklung akzeptiert. Er meidet es nach Möglichkeit das Begriffspaar „Erde – Himmel“ anzusprechen. Auch die Gotteserkenntnis steht nicht hoch in Kurs – damit sollen sich die Theologen befassen. Natur ist alles - „Übernatur“ ist unfassbar und unbegreiflich geworden. Der anthropozentrische Christ, wie er nach jahrzehntelangem Verpuppungsstadium im letzten Jahrzehnt in voller Schönheit sichtbar geworden ist, steht mit beiden Füßen auf der Erde. Gott, den er nicht sieht, „liebt“ er in einem mehr oder weniger beliebig bestimmten Nächsten, den er sehen kann – und sei es nur im Fernsehen. Sein Dienen gilt der Erde, deren menschenwürdige Gestaltung und Verbesserung er als seine eigentliche Aufgabe begreift. Über das ewige Leben und den Himmel wird er später einmal nachdenken, falls er diese Begrifflichkeit nicht als Ablenkung von seiner eigentlichen Aufgabe durchschaut hat.
Das Merkwürdige daran ist, daß der Versuch, den modernen Menschen in den Mittelpunkt des Glaubens zu stellen, letztlich nur dazu geführt hat, daß dieser Mensch sich voll Unverständnis und oft nur noch gelangweilt von dieser ihm angeblich auf den Leib geschnittenen Religion abwendet.
Gottesdienst ist unter diesen Umständen und in diesem Teil der Kirche hauptsächlich gemeindliche Aktivität. „Liturgie“ in ihrer Besonderheit und all das, was über den irdischen Horizont hinaus auf ein ewiges Leben verweisen könnte, sind schlichtweg kein Thema – das haben zahllose Artikel, Predigten und Erklärungen von Oberhirten zu Weihnachten und zum Jahreswechsel noch einmal auf bestürzende Weise deutlich werden lassen. Der neue Leitsatz versteht sich auch als Erinnerung daran, in welchem Kontext allein sinnvoll von Liturgie geredet werden kann. In der Liturgie erkennen wir Gott, wir dienen ihm, wir zeigen ihm unsere Liebe und wir nehmen das Leben mit ihm symbolisch schon vorweg.