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„Sakramente in Zeiten von Corona“ - III

Die letzten Punkte des Artikels von Marianne Schlosser (Original hier) behandeln im Wesentlichen die Frage, was die Feier der hl. Messe von anderen Gottesdiensten und dementsprechend auch die Rolle des Priesters von anderen „Vorstehern“ kirchlicher Veranstaltungen unterscheidet. Es kennzeichnet die aktuelle Situation der Kirche in Deutschland, daß auch die Corona-Krise und die damit einhergehenden Einschränkungen von interessierter Seite vielfach dazu genutzt worden sind, diese Unterschiede zu verwischen. Sogar von „Eucharistiefixierung“ war die Rede – diese Kreise sind längst über das 2. Vatikanum und sein „Die Eucharistie ist Quelle und Gipfel“ hinaus. Zwar ist „eucharistische Gastfreundschaft“ eines der Lieblingsstichworte der Modepastoral - aber der Ton liegt hier auf der Gastfreundschaft - die Eucharistie bietet nur den Anlaß.

Dem stellt Schlosser eine klare Ansage entgegen:

Es kann keine Überschätzung der Eucharistie geben, da sie der Höhepunkt ist ("culmen"); sie kann nicht ersetzt werden durch andere gottesdienstliche Formen, da sie deren Quelle ist ("fons"); doch es gibt noch andere Weisen des Gebetes, der Liturgie wie der persönlichen Frömmigkeit, die auf die Eucharistiefeier als die Mitte und das Herzstück des kirchlichen Betens innerlich hingeordnet sind. Wie das Vaterunser nicht nur "ein" christliches Gebet, sondern die Norm und Grundgestalt christlichen Betens ist, weil sowohl die zu erbittenden Inhalte genannt sind (zum Beispiel das Reich Gottes zuerst zu erstreben, etc.) wie auch die Form (von Christus gelehrt) vorgegeben ist, so speist sich vom eucharistischen Gottesdienst die gesamte Gebetshaltung der Kirche (…) Wie sollten damit andere, wenn auch noch so kreative Formen von Gottesdienst, gleichrangig sein?

Damit die Mitfeier der Eucharistie das Innere der Gläubigen erreicht und so in den Herzen seinen Ertrag bringen kann, muß gerade dieser Prototyp des Gottesdienstes mit großer Sorgfalt vorbereitet und durchgeführt werden – von denen, die darin bestimmte Aufgaben übernehmen sowieso, aber auch von allen, die daran teilnehmen. Und diese Vorbereitung ist keine punktuelle Angelegenheit, die sich auf diese 45 Minuten am Sonntag richtet und damit gut. Sie muß das ganze Leben durchdringen, auch in der Familie, wo irgend möglich auch darüber hinaus in der Gesellschaft.

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Im Zusammenhang mit der in den letzten Monaten oft gehörten Empfehlung „anderer Formen“ des Gottesdienstes hält die Autorin nicht mit ihrem Verdacht zurück, daß es dabei vielfach nicht um die oben angesprochene vorbereitende Hinführung zur Feier der Eucharistie geht, sondern um deren Ersatz mit dem Ziel, die Rolle des Priestertums insgesamt zu relativieren – angeblich, um das „gemeinsame Priestertum der Gläubigen“ in sein biblisches Recht ainzusetzen. Die Erfahrung der Geschichte, so Schlosser, habe jedoch gezeigt, daß das Selbstverständnis der Gläubigen als „königliche Priesterschaft“ rasch an Bedeutung verliere, wo das „Priestertum des Dienstes“ keine Rolle mehr spielt.

Außerordentlich erhellend fanden wir die Ausführungen der Autorin zu der oft zitierten Passage in der Liturgiekonstitution (n.7), die von den verschiedenen Weisen der Präsenz Christi spricht: Im Wort der heiligen Schrift, in der versammelten Gemeinde, in der Person des Priesters und „zuhöchst“ in den konsekrierten Gaben. Sie macht zunächst darauf aufmerksam, daß diese Aussagen sich auf den äußeren Rahmen der Eucharistiefeier beziehen und nicht auf beliebige Zusammenkünfte. Doch dann erweitert sie den Blick auf eine im Zusammenhang mit den „verschiedenen Weisen der Präsenz“ immer wieder angeführte falsche Lesart von Dei Verbum 21, nach der Wort-Gottesdienst und Eucharistie-Feier äquivalent seien, und führt aus:

...kein Wunder, wenn selbst auf der Vatikan-Website (trotz einer bereits 1968 ergangenen Präzisierung) die betreffende Stelle nicht in korrekter Übersetzung geboten wird: "Die Kirche hat die heiligen Schriften immer verehrt wie den Herrenleib selbst." Es muss heißen: "Die Kirche hat die heiligen Schriften stets verehrt, wie auch den Herrenleib selbst." - "Divinas Scripturas sicut et ipsum Corpus dominicum semper venerata est Ecclesia…". Die erste Übersetzung suggeriert eine Gleichrangigkeit des "Tisches des Wortes" und "des Sakramentes".

Aber das Wort Gottes ist Christus selbst, die Person des Logos, der Mensch geworden ist – nicht die geschriebenen Worte, auch nicht die hebräischen oder griechischen Texte. Die Heilige Schrift ist nicht die Offenbarung Gottes, sie ist auch nicht der fortlebende Christus, sondern sie enthält das Zeugnis über die Offenbarung Gottes, die in Jesus Christus ihren Höhepunkt hat.

Es ist schon einigermaßen erschütternd, hier zu sehen, wie diese von den Verderbern der Lehre hinterlistig in den Konzilstexten platzierten „Zeitbomben“ (Michael Davies) nicht nur wie beabsichtigt detoniert sind, sondern tatsächlich in Lehre und Pastoral den authentischen Glauben weitgehend verdrängt haben.

Unmittelbar im Anschluß daran wendet sich die Autorin der im Zusammenhang mit dem „lock-down“ ganz gegenüber bisheriger Gewohnheit plötzlich viel gelobten Hauskirche zu und warnt:

Darum sollte man im Blick behalten, dass jede Gemeinschaft, die sich "Kirche" oder "Kirche im Kleinen" (ecclesiola) nennt, auch der einzelne Gläubige als anima ecclesiastica, nur "Kirche" ist aufgrund der Verbundenheit mit der ganzen Kirche, die Völker, Nationen, Räume und Zeiten umspannt. Wo die Weite der Kirche nicht mehr in den Blick kommt, besteht die Gefahr, dass die "Hauskirche" oder Gruppen von Betern zu einem "Zirkel" oder Konventikel mutieren.

Das gilt, so erweitert sie die Warnung, nicht nur im kleinen Maßstab von Familie oder Freundeskreis, sondern auch für Pfarreien und Diözesen:

Wer getauft wird, wird nicht in eine Pfarrei hineingetauft, sondern in die Kirche Christi, auf den Glauben der Apostel. Die Firmung ist etwas Großartigeres als ein Pfarrei - oder ein Familienfest; sie ist ein Sakrament kirchlicher Sendung! (Vergleichbar gilt für die Ehe:) Denn die Ehe ist dasjenige Sakrament, in dem das Verhältnis Christi zur Kirche im Zeichen des personalen Bundes abgebildet wird. Deswegen ist die Ehe gläubiger Christen ein "sakramentaler Lebensstand", und nicht eine Privatangelegenheit.

Als erste Konsequenz ihrer Analyse verlangt die Autorin eine umfassende Neubewertung und Neustrukturierung der Katechese, die nicht beim Verständnis des Erstkomunion-Unterrichts stehen bleiben dürfe. Ganz im Sinne der „mystagogischen Katechese“ der frühen Kirche dürfe sie nicht bei der Vermittlung einer oberflächlichen Bekanntschaft stehenbleiben, sondern müsse darauf abzielen, die Gläubigen als Christen lebensfähig zu machen und ihnen die tieferen Dimensionen sowohl des gemeinschaftlichen Gottesdienstes als auch des individuellen Gebets zu erschließen. Hinsichtlich der Liturgie schließt sie unter ausdrücklichem Bezug auf Guardini mit der alten, später leider vergessenen und mißachteten Forderung der Liturgischen Bewegung:

Was sich ändern muß, ist nicht die Liturgie, sondern die, die sie feiern und an ihr teilnehmen. Man wächst nicht, wenn man die Liturgie auf das eigene Maß heruntertransponiert, sondern indem man mit ihr vertraut wird.

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Noch einmal der Hinweis zum Original: Teil I, Teil II

Unsere kommentierende Zusammenfassung hier und hier.

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