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Neues Stadium der Kirchenkrise

Wenn die Zeichen nicht trügen, steht die seit Jahrzehnten im Untergrund rumorende Kirchenkrise vor dem Übergang in ein neues Stadium. Alarmierendstes Signal ist wohl das Interview von S.E. Kardinal Burke, in dem er darlegt, was die von den Autoren der Intervention zu Amoris Laetitia gewählte Form der „dubia“ und deren nun erfolgte Veröffentlichung bedeutet. Ein weiteres höchst alarmierendes Zeichen sind die in der Kurie umlaufenden Vermutungen, die Kräfte hinter Franziskus bereiteten einen epochalen Wandel des Modus der Papstwahl vor, um die von ihnen bereits bewirkten oder noch herbeizuführenden Veränderungen durch die Sicherung der Wahl genehmer Nachfolger „unumkehrbar“ zu machen. Drittes Zeichen sind die von Kardinal Lehmann dieser Tage vorgelegten konkreten Vorschläge für solche Veränderungen auf nationalkirchlicher Ebene, die unter anderem die faktische Abschaffung des Zölibats beinhalten. Viertes Zeichen ist die Einrichtung einer unter dem Namen „Sodalitium Franciscanum“ auftretenden Gedankenpolizei, die im Bereich der päpstlichen Hochschulen und Akademien jeden Widerspruch zu „Amoris Latitiae“ unterbinden soll. Weitere Zeichen dürften sichtbar werden, noch bevor wir mit der „Abarbeitung“ der vier genannten zu Ende sind.

Zu den dubia der vorerst vier – weitere werden zu gegebener Zeit hervortreten – Kardinäle und der Kommentierung im Interview von Kardinal Burke in Catholic Action  ist anzumerken, daß keine Zusammenfassung und kein Kommentar das eingehende Studium dieser äußerst schwerwiegenden Dokumente ersetzen kann. Hier können bestenfalls einige Streiflichter gesetzt werden, um zu diesem Studium zu ermutigen.

Das beginnt bereits bei der für Nicht-Juristen befremdlichen Form der „dubia“. Solche „dubia“ sind eine traditionelle (also nicht speziell auf das aktuelle Pontifikat gemünzte) Form der Anfrage an die oberste Autorität des Lehramtes. Dabei werden die fraglichen Gegenstände theologisch so exakt wie möglich und unter Einbeziehung sämtlicher Implikationen so klar dargelegt, daß eine Antwort mit einem klaren Ja oder Nein erfolgen kann. Diese Antwort wird traditionell mit den Worten „negative“ bzw. „affirmative“ erteilt. Eine weitere Begründung ist möglich, aber nicht unbedingt notwendig, da die exakt formulierte Fragestellung bereits in sich ausreichend aussagt, was hier bestätigt oder abgelehnt wird. Außerdem hat der Fragesteller einen verbindlichen Anspruch darauf, eine solche Antwort zu erhalten.

Es leuchtet ein, daß diese Art einer exakten und letztlich nicht hintergehbaren Fragestellung von den Machinatoren des gegenwärtigen Pontifikats als Provokation verstanden werden muß: Unklarheit, Unsicherheit und Zweifel sind ihre wichtigsten Instrumente, um Lehren in Frage zu stellen und praktisch bedeutungslos werden zu lassen, deren Änderung außerhalb ihrer Reichweite und Kompetenz liegt. Von daher ist es auch glaubwürdig, daß das Küchenkabinett des Papstes den Autoren der Anfrage bereits signalisiert habe, sie könnten keine Antwort erwarten – und daß sie nun ihrerseits vom Leiter des Presseamts Greg Burke beschuldigt werden, Zweifel und Spaltung zu säen.

Ausführlich geht Kardinal Burke in diesem Zusammenhang auch auf den Vorwurf ein, mit der Veröffentlichung ihrer Dubia habe die Kardinalsgruppe einen Akt der Indiskretion begangen und sich letztlich offen gegen den Papst gestellt. Dazu führt er unter Berufung auf Matthäus 18,15-17 aus:

Es hat viele Bekundungen der Besorgnis hinsichtlich Amoris Laetitia gegeben – keine davon hat eine offizielle Antwort seitend des Papstes oder seiner Repräsentanten erhalten. Daher haben ich und drei weitere Kardinäle im Bestreben um Klarheit in dieser Sache die grundlegenden Fragen direkt an den Papst und den Präfekten der Glaubenskongregation gerichtet. Auch darauf wurde keine Antwort gegeben. Wenn wir jetzt unsere Dubia öffentlich machen, entsprechend wir Christi Auftrag, zunächst mit der betreffenden Person privatim zu sprechen, dann in einer kleinen Gruppe und die Angelegenheit schließlich vor die ganze Kirche zu tragen.“

Dabei läßt der Kardinal den zweiten und abschließenden Satz von Matthäus 18,17 allerdings aus: „Doch wenn er auch auf die Kirche nicht hört, behandelt ihn wie einen Heiden oder einen Steuereinnehmer.“ Beunruhigend genug, daß er den ersten Satz anführt. Denn „die Kirche“ - das ist im Zweifelsfall nicht eine aktuelle Konstellation von Amtsinhabern in Rom oder einer nationalen Bischofskonferenz, sondern die „Gemeinschaft der Heiligen“ aller Zeiten, die dem Evangelium Christi treu waren.

Die anderen oben angeführten  und gegebenenfalls weitere dazu kommende Punkte sollen hier in den kommenden Tagen vorgestellt werden.

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