Der Kahlschlag geht weiter
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- 20. Mai 2023
Nun hat auch der Erzbischof von Detroit, Allen Vigneron, angekündigt, daß entsprechend dem Befehl aus Rom die überlieferte Liturgie in den Pfarrkirchen seines Bistums keinen Platz mehr haben darf: Sie muß in „Nicht-Pfarrkirchen“ ausweichen. Gleichzeitig hat der Bischof seinen Klerus daran erinnert, daß zur weiteren Zelebration nach dem Missale der hl. Päpste Pius V. und Johannes XXIII eine Audnahmegenehmigung in Rom erbeten werden muß.
Erzbischof Vigneron gehört zu der verhältnismäßig großen Zahl amerikanischer Bischöfe, die als traditionsfreundlich gelten. Bis jetzt gab es in seiner Diözese 14 Orte mit einer regelmäßigen Sonntagsmesse im überlieferten Ritus und 14 (weitere?) Orte, an denen eine solche Messe werktags öffentlich gefeiert wurde. Der Bischof hat auch wissen lassen, daß er alles in seiner Kraft stehende tun will, um die weitere Zelebration der überlieferten Liturgie in seinem Verantwortungsbereich zu unterstützen. Er will die Gemeinde bei der Suche nach „Ersatzkirchen“ unterstützen – die Voraussetzungen dafür sind relativ günstig, weil es in seinem von starken katholischen Traditionen geprägten Bistum viele geeignete Gotteshäuser gibt, die keine Pfarrkirchen sind. Für Gebiete, in denen das nicht so schnell möglich ist, will der Erzbischof zumindest einer Kirche eine weitere Fristverlängereung von zwei Jahren einräumen. Überdies hat er angekündigt, Diözesanpriestern erforderlichenfalls eine Binationserlaubnis zu geben, damit sie an einem Tag sowohl im alten als auch im neuen Ritus zelebrieren können.
Mehr kann Bischof Vigneron unter den obwaltenden Umständen wohl wirklich nicht tun, und man wird sehen, ob ihn seine römischen Vorgesetzten und insbesondere der stets nach Fleißkärtchen gierende Abteilungsleiter Roche damit durchkommen lassen.
Besonders schwierig dürfte sich der Fall der St. Josephs-Pfarrei am Bischofssitz Detroit selbst gestalten, die seitens der Diözese dem Institut Christus König und Hoher Priester zur Seelsorge anvertraut worden ist. Zumindest de facto hat St. Joseph den Status einer Pfarreikirche, und man wird sehen, ob es den Kirchenrechtlern von Detroit gelingen wird, den Status der Kirche so zu definieren, daß das Institut dort weiterhin in dem ihm von den Päpsten Johannes Paul II. und Benedikt XVI. zugestandenen Ritus zelebrieren kann. Wobei rechtliche Feinheiten in einem von Verachtung des Rechts geprägten Pontifikat nur von begrenztem Stellenwert sind. Der Fall St. Joseph in Detroit hat Bedeutung weit über diese Erzdiözese hinaus, da es in den USA insgesamt um die 60 (Quasi-Personal-)Pfarreien gibt, in denen die Ortsbischöfe oder ihre Vorgänger “altrituelle“ Institute mit der Seelsorge betraut haben. Bis jetzt mußte nur an einem dieser Orte – nämlich in Chicago – der öffentliche Gottesdienst in einer solchen Kirche eingestellt werden. Da gibt es für Roche also noch viel zu tun.
Warum unterwirft sich ein nach allem, was wir über ihn wissen, glaubenstreuer Bischof dem römischen Diktat? Unsereins kann dazu bestenfalls Vermutungen anstellen, die sich freilich auf Informationsfetzen stützen, die gelegentlich aus Pachamama-City herüberwehen. Jeder offene Widerstand gegen die Despotie würde unter der gegenwärtigen Umständen dazu führen, daß die Gehorsamsverweigerer oder ihre Institute mit strengsten Sanktionen belegt würden – bis hin zur Ausstoßung aus dem Klerikerstand. Anders als bei des sexuellen Mißbrauchs Schuldigen oder plausibel Beschuldigten kennt das Regime da keine Gnade.
Nun ist absehbar, daß der 86-jährige und zunehmend gebrechliche Franziskus als Haupt der Pyramide die bergoglianische Diktatur nur noch sehr begrenzte Zeit ausüben kann. Die gespenstische Stille, die über Rom (außerhalb des Palastes von Santa Martha) zu liegen scheint, hat nicht zuletzt ihre Ursache darin, daß große Teile des Apparats mit angehaltenem Atem darauf warten, wann endlich die traurige Nachricht vom Dahinscheiden des geliebten Heiligen Stiefvaters verkündet wird. Es ist unmöglich zu sagen, wer dann als dessen Nachfolger die Scherben zusammenkehren muß, ob es ein gemäßgterer und weniger aufs zerschlagen von Porzellan versessener „Reformer“ ist, oder ein von mehr Achtung vor Auftrag und Tradition der Kirche erfüllter „Gemäßigter“.
In beiden Fällen wird es dem Nachfolger nicht leicht fallen, amtlich gefasste und veröffentlichte Beschlüsse, Maßnahmen und Dokumente des Vorgängers ausdrücklich aufzuheben - und ein solches Zögern wäre zumindest teilweise in durchaus nachvollziehbaren Überlegungen begründet: Ein Papst (es sei denn er hieße Bergoglio) hebt nicht einfach das auf, was ein Vorgänger verkündet hat. Von daher gesehen, ist es in vielen (nicht allen) Fällen derzeit durchaus sinnvoll, Zuspitzungen zu vermeiden und die Dinge, so häßlich sie sein mögen, in einer Grauzone zu belassen, wo sie ein womöglich besserwilliger Nachfolger nicht ausdrücklich widerrufen oder gar verurteilen muß, sondern durch Nichtbeachtung allmählich und ohne Skandal korrigiert.