Reform muß sein - nur in einem nicht
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- 10. November 2016
In einem wegen seiner Leichtfüßigkeit lesenswerten Interview mit Antonio Spadaro S.J. hat Papst Franziskus auf eine ihm eher am Rande gestellte Frage auch etwas zum Thema Liturgie gesagt. In der Wiedergabe von Radio SJ:
„Papst Benedikt hat eine richtige und großzügige Geste vollzogen, indem er auf eine gewisse Mentalität verschiedener Gruppen und Menschen zugegangen ist, die nostalgisch waren und sich entfernt hatten“, so Papst Franziskus über die vatikanische Annäherung an die Priesterbruderschaft St. Pius X. während des vergangenen Pontifikates. „Aber das ist eine Ausnahme. Deswegen sprechen wir ja auch von der ‚außerordentlichen' Form des Ritus. Das ist nicht die ordentliche Form.“ Man müsse das Zweite Vatikanische Konzil und die Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium ihrem Sinn nach umsetzen. In der Vergangenheit war vor allem vom Präfekten der Liturgiekongregation, Kardinal Robert Sarah, eine ‚Reform der Reform' vorgeschlagen worden und damit auch eine Wiedereinführung der gemeinsamen Gebetsrichtung aller Gläubigen wie vor dem Konzil. Das aufgreifend formuliert der Papst im Interview mit P. Spadaro: „Von einer Reform der Reform zu sprechen, ist ein Irrtum“.
Nun kann unsereins sich beim gegenwärtigen Zustand der Kirche schwerwiegendere Irrtümer vorstellen, aber man muß Prioritäten setzen. Und den Präfekten der Gottesdienstkongregation (und den Vorgänger im Papstamt gleich mit) zur Ordnung zu rufen, ist der jesuitischen Kamarilla am päpstlichen Hof zweifellos ein starkes Bedürfnis. Außerdem erfahren wir wieder einmal, was dieser Papst von den der überlieferten Lehre und Liturgie treuen Katholiken hält: Es sind halt Nostalgiker, auf deren Mentalität man bestenfalls Rücksicht nehmen kann, die aber keinesfalls um sich greifen sollte. Dazu erfahren wir, daß ausweislich anderer Aussagen dieses Papstes zwar so ziemlich alles an der Kirche dringend reformbedürftig ist - nur nicht die Liturgie, wie sie heute praktiziert wird - wenn auch fast nirgendwo nach den Vorstellungen des Konzils und den Vorgaben des Messbuchs.
Wenigstens einmal eine klare Aussage.
Sie sollte denen, die für die Behebung der zum Himmel schreienden Mißstände im liturgischen Leben auf eine Reform der Reform gesetzt hatten, keine Überraschung bereiten: Franziskus hat fast das gleiche schon einmal vor anderthalb Jahren gesagt, in dieser Sache bleibt er sich treu.
Auch die Gläubigen der Tradition müssen nicht überrascht sein - der hochgeschätzte Vorsitzende der Latin Mass Society von England und Wales Joseph Shaw hat schon 2014 dargelegt, warum eine „Reform der Reform“ nicht praktikabel ist, zumindest dann nicht, wenn man Spiritualität und Sakralität der überlieferten Form zum Maßstab macht: Nicht nur die „Mentalität„ auch die Theologie des Messopfers und das Verständnis von der Kirche in der Welt sind zu verschieden.
Welche langfristigen Auswirkungen dieses Auseinanderklaffen haben wird, ist heute noch nicht abzusehen. für die Gläubigen der Tradition hat die erneute Bekräftigung der päpstlichen Meinung von der Perfektheit des Novus Ordo keine weitere Bedeutung. Das 1. Vatikanische Konzil hat - und das nicht zum ersten Mal - festgestellt, daß der Papst nicht der Herr, sondern der Diener der Tradition ist. Dem hat Papst Benedikt mit Summorum Pontificum Rechnung getragen: Die überlieferte Liturgie ist nie verboten worden, weil die Kirche nicht am einen Tag abschaffen kann, was ihr gestern noch als das Heiligste galt. Das Missale Romanum nach der Ordnung von Trient, das im 16. Jahrhundert nicht neu geschaffen, sondern in bruchloser Fortführung einer schon damals 1000-jährigen Tradition neu geordnet worden war, bietet allen, die keine andere Kirche wollen, eine sichere Grundlage.