Conversi ad Dominum
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- 01. September 2014
In der letzten Zeit sind mehrere amerikanische Gemeinden wieder zur traditionellen Praxis der Zelebration „ad dominum“ zurückgekehrt. Als eine der jüngsten die der 60 000-Einwohner Stadt Greenville in South Carolina. Im Pfarrbrief und auf der Website der Gemeinde wird dieser Übergang in einem ausführlichen Artikel erklärt, der ein bemerkenswertes Beispiel für die praktische Anwendung der Hermeneutik der Kontinuität darstellt. Wir haben drei von insgesamt 12 Abschnitten des Beitrages hier übersetzt:
9. Eines der Ziele der liturgischen Reformen in den 60er Jahren bestand darin, die aktive Teilnahme der katholischen Gläubigen an der Feier der heiligen Liturgie zu fördern und sie daran zu erinnern, daß sie Teilnehmer und nicht nur Zuschauer bei der Darbringung von Christi Opfer sind, das im Mittelpunkt jedes christlichen Gottesdienstes steht. Unglücklicherweise wurde in den Jahren nach dem II. Vatikanischen Konzil der Wunsch der Kirche, daß alle Gläubigen an der heiligen Liturgie teilnähmen, allzu oft zu einer Karikatur dessen entstellt, was das Konzil gelehrt hatte, und es kam zu vielerlei Missverständnissen hinsichtlich der tatsächlichen Bedeutung von „aktiver Teilnahme“. Das führte zu einer hektischen Ausweitung von „Diensten“ unter den Gläubigen und machte den Gottesdienst zu einer Art Mannschaftssport. Aber tatsächlich kann man voll, bewußt und aktiv an der Liturgie teilnehmen, ohne auch nur ein einziges Mal seine Bank zu verlassen, und ebenso ist es möglich, sich umtriebig als Musiker oder Lektor bei der Messe zu betätigen, ohne sich wahrhaft an der heiligen Liturgie zu beteiligen. Beides ist möglich, weil es bei der aktiven Teilnahme an der Liturgie in erster Linie darum geht, den lebendigen Gott in Geist und Wahrheit anzubeten, und das ist seinerseits eine innere Disposition von Glaube, Hoffnung und Liebe, die sich nicht an körperlicher Aktivität ablesen lässt.
Aber dieses Missverständnis über die Rolle der Laien im Gottesdienst der Kirche war nicht das einzige, das den liturgischen Reformen folgte – ähnliche Fehleentwicklungen gab es auch hinsichtlich der Aufgabe des Priester.
10. Wegen der falschen Vorstellung, daß die ganze Gemeinde bei der Liturgie „in Bewegung“ sein müsse, um wirklich teilzunehmen, veränderte sich das Bild des Priesters in der allgemeinen Vorstellung vom Zelebranten der heiligen Geheimnisse unserer Erlösung hin zu einem Koordinator der liturgischen Dienste Anderer. Und dieses falsche Verständnis des priesterlichen Amtes führte zur Ausbildung der Rolle des „priesterlichen Vorstehers“, dessen Hauptaufgabe darin besteht, der Gemeinde ein Gefühl des Angenommenseins zu vermitteln und sie per Augenkontakt und persönlicher Ausstrahlung bei der Sache zu halten. Als diese Fehlvorstellungen erst einmal allgemein verbreitet waren, wurde die Aufgabe des Priesters in der Liturgie grotesk entstellt: Von einem demütigen Diener der heiligen Mysterien, dessen einzige Aufgabe darin bestand, den Vorhang zwischen Gott und den Menschen zurückzuziehen und sich dann in dessen Falten zu verbergen, wurde der Priester zu einem Conferencier oder Entertainer mit der Aufgabe, der Versammlung das Gefühl zu vermitteln, in sich selbst gut aufgehoben zu sein. Aber das ist, was immer es sonst auch sein möge, kein christlicher Gottesdienst, und in den letzten drei Jahrzehnten hat die Kirche ja auch allmählich wieder zu einer besseren Ordnung ihres öffentlichen Gottesdienstes zurückgefunden.
11. Im Februar 2007 hat Papst Benedikt XVI. unter dem Titel Sacramentum Caritatis eine apostolische Exhortation über die Eucharistie veröffentlicht, in der er darlegt, wie wichtig es für die Priester ist, eine angemessene „ars celebrandi“ zu pflegen. In diesem Dokument lehrt der Papst: „Tatsächlich ist die geeignetste Methode, die Teilnahme des Gottesvolkes am sakralen Ritus zu begünstigen, den Ritus selbst in angemessener Weise zu feiern.“ (SC 38) Als einen ganz wesentlichen Schritt auf dem Weg dahin sieht er es, den Zelebranten wieder aus dem Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken, so daß sich Priester und Volk gemeinsam dem Herrn zuwenden können. Die Verwirklichung dieser Aufgabe, eine auf Gott zentrierte Liturgie wiederzugewinnen, ist eines der Hauptmotive für die Rückkehr zu der uralten und allgemeinen Übung, daß Priester und Volk gemeinsam auf der gleichen Seite des Altars stehen, wenn sie dem Vater das Opfer von Calvaria als wahren Gottesdienst darbieten. In anderen Worten: Die Praxis der gemeinsamen Zelebration gen Osten vermindert nicht, sondern vertieft die Möglichkeit der Gläubigen, voll, bewußt und aktiv an der Feier der heiligen Liturgie teilzunehmen.“