Hermeneutik des Bruchs
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- 05. Dezember 2014
In unserem Artikel über den Messbesuch hatten wir dargelegt, daß die reformierte Liturgie Papst Pauls VI. auf keinen Fall so verstanden und gefeiert werden darf, als ob sie einen Bruch mit der bisherigen Lehre und Liturgie der Kirche zum Ausdruck bringen wolle. Andernfalls laufen Zelebrant und Gemeinde Gefahr, die Einheit mit der römischen Kirche aufzugeben. Gerade zwei Tage später zeigt uns eine Nachricht aus dem Bistum Trier, daß es sich dabei nicht nur um eine theoretische Gefahr handelt. Auf kath.net berichtet Michael Schneider-Flagmeyer:
Nun hat sich in einer Gemeinde hier im Saarland etwas ereignet, dass die Situation, in der sich die Kirche befindet, noch mehr verdeutlicht; denn Trier ist nun weiß Gott nicht die einzige Diözese, in der der katholische Glaube – ich meine das wahre Gold in der Kirche –, nicht mehr in seiner ganzen Fülle vom kirchlichem Amt verteidigt wird.
Der Pfarrer hatte im Mittelgang der Kirche vor dem Altarraum eine neugefertigte Kommunionbank aufgestellt, damit sich manche Gläubige – vor allem die Älteren – nicht mehr auf den Boden knien mussten, weil sie das Bedürfnis haben, den eucharistischen Herrn kniend zu empfangen. Der Pfarrer hatte der Gemeinde erklärt, dass nun jeder die Kommunion so empfangen könnte, wie der Geist es ihnen eingibt: stehend mit der Hand oder mit dem Mund oder kniend mit der Hand oder dem Mund. Es wurde so angenommen und viele Menschen kamen von weit her, weil sie hier die Kommunion kniend empfangen konnten.
Nun wurde jetzt ganz plötzlich während der krankheitsbedingten Abwesenheit des Pfarrers auf Weisung des zuständigen Weihbischofs wie angegeben die Kommunionbank entfernt. Es war auch schon vorher bekannt geworden, dass einige Kirchgänger diese Kommunionbank als „vorkonziliarisch” bezeichneten, was nun den Weihbischof zu seiner Anweisung veranlasst haben soll.
Bischof Ackermann hatte bei seinem Pontifikalamt zum Jahr des heiligen Ludwigs die Kommunion vor der Bank stehend ausgeteilt. Damit war man sich eben nicht bewusst, was das Konzil über die heilige Liturgie in seiner sehr aussagekräftigen Konstitution gesagt hatte. Die Gläubigen zu zwingen stehend die Kommunion zu empfangen, erscheint uns mehr in dieser Frage auf eine Hermeneutik des Bruchs hinzuweisen, wie sie von ganz links und ganz rechts vertreten wird. Das war aber nicht die Absicht des Konzils, wie besonders Papst Benedikt XVI. immer betont hat.”
Was Schneider-Flagmeyer hier zurückhaltend als Hinweis auf eine möglicherweise vorliegende „Hermeneutik des Bruchs” bezeichnet, erscheint uns demgegenüber als unübersehbarer Ausdruck einer Tatsache: Der Bischof und sein Weihbischof handeln hier nicht nur gegen die liturgische Tradition, sondern gegen die geltende Lehre und gegen das geltende Recht der Kirche. Sie praktizieren den Bruch. Die Möglichkeit zum stehenden Empfang der Kommunion auf die Hand beruht auf einer Ausnahmegenehmigung, das Knieen ist nach wie vor die allgemein gültige Form, deren Einhaltung niemandem verwehrt werden darf. Und sage keiner, es gehe hier nur um Formen. Natürlich geht es um den Inhalt: Empfangen wir in der Kommunion die Sohns-Person des allmächtigen Gottes, der Himmel und Erde erschaffen hat, als Gast und Nahrung unserer Seele - oder beteiligen wir uns an einem „Mahl der Gemeinschaft”, das irgendwie „im Zeichen des Heiligen Brotes” auch ein metaphysisches Symbol einschließt.
Bischöfe wie Ackermann und sein Weihbischof haben sich nicht nur innerlich weit von der römischen Kirche entfernt. Sie missbrauchen ihre Positionen auch, um die Gläubigen dazu zu bringen, ihnen auf ihren Abwegen zu folgen. Der Normalkatholik liest keine theologischen Abhandlungen, sein Glaube erwächst ganz wesentlich aus der Teilnahme an der Liturgie. Wo diese Liturgie entgöttlicht und verweltlicht wird, folgt dem das Glaubensbewußtsein im Abstand weniger Jahrzehnte.
Die Erwartung der Bruch-Hermeneutiker, damit auch den „sensus fidelium” nachhaltig verändern zu können, muß freilich scheitern. Denn dieser Sensus der Kirche hängt nicht vom schwachen Glauben und Wissen derer ab, die - ohne großes eigenes Verschulden - akzeptieren, was Vorgesetzte ihnen vorsetzen, sondern vom starken Glauben und Wissen derer, die bereit waren und bereit sind, dafür das Martyrium auf sich zu nehmen.