Liturgie für Kinder
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- 13. Oktober 2016
Für ein Jahrtausend oder länger sind die Kinder katholischer Familien so in die Liturgie hineingewachsen, wie sie auch in alle anderen Lebenstätigkeiten und -umstände ihrer Eltern hineingewachsen sind: Durch Dabeisein, spielerisches – d.h. oft auch unkonzentriertes und manchmal „störendes“ – Mitmachen, durch Mitplappern und Nachahmen, andere Fragen und selbst Nachdenken. Wenn sie dann das „Alter der Vernunft“ erreicht hatten, wußten sie, „daß Jesus in der Kommunion ganz zu mir kommt“ - und das hielt oft ein ganzes Leben lang.
Im „Zeitalter der Vernunft“ ist die Vorstellung, so etwas in einer geeigneten Umgebung einfach wachsen zu lassen, völlig unerträglich – die Liturgie wird zielgruppengemäß designed und für Kinder didaktisch aufbereitet, bis nichts mehr davon übrig geblieben ist. Vielleicht sind die mit großem Einsatz (und unter völliger Verkennung all dessen, worauf es wirklich ankommt) „gestalteten“ Kinderliturgien ein Hauptgrund dafür, daß die überwiegende Mehrzahl der Kinder, die damit traktiert wurden, später als Erwachsene nie wieder den Fuß in eine Kirche setzen – außer zu gelegentlichen Traungs- oder Beerdigungsritualen, zu denen sie sich dann musikalische Begleitung durch ihre Lieblingssongs wünschen.
Joseph Shaw, Vorsitzender der „Latin Mass Society“ von England und Wales und selbst Vater einer vielköpfigen Kinderschar, hat sich in den vergangenen Tagen auf seinem Blog eingehender mit den hier aufgeworfenen Fragen beschäftigt. Dabei identifiziert er die verengt rationalistische Sicht der Liturgie nach dem Novus Ordo auf den Gottesdienst als Hauptursache dafür, daß diese Liturgie Kinder immer weniger erreicht. Als eine weitere Ursache macht er den Umstand aus, daß das häusliche Leben nur noch selten von Zeugnissen des Glaubens geprägt ist: Wo kein Heiligenbild an der Wand hängt, können die Kinder auch keines in der Kirche wiedererkennen – falls es dort nicht dem nachkonziliaren Bildersturm zum Opfer gefallen ist. Nichts hilft ihnen, sich dort zu hause zu fühlen. Und der Anspruch an das intellektuelle Verständnis der „Partizipanten“, bei gleichzeitiger Vernachlässigung aller anderen Kommunikationsbenen geht weit am Wahrnehmungsvermögen von Kindern vorbei – und nicht nur von Kindern. Shaw zieht folgendes Fazit:
Die Befürworter der Liturgiereform reagierten darauf in zweierlei Weise. Erstens versuchten sie, die Sprache noch stärker zu vereinfachen. … Die Ergebnisse sind oft eine Liturgie, die für Erwachsene kaum erträglich ist – und trotzdem werden kleine Kinder immer noch kaum ein Wort von dem verstehen, was da vor sich geht.
Das „Direktorium für Kinder“ ist sehr bemüht, Langeweile zu vermeiden. Deshalb versucht es zweitens, die Kinder überhaupt aus der Liturgie herauszunehmen – zumindest für einen größeren Teil der hl. Messe – und ihnen statt dessen ein para-liturgisches Erlebnis zukommen zu lassen. Viele davon sind in jeder Hinsicht lächerlich, andere mögen wohlüberlegt und ehrfurchtsvoll sein. Aber nichts davon kann das Problem lösen, denn obwohl in diesen Formen noch mehr Freiheit für den verbalen Ausdruck gegeben ist, stößt verbale Kommunikation bei Kindern, die noch nicht einmal richtig sprechen können, notwendigerweise auf schwer überwindliche Grenzen. Und gleichzeitig führt die Formlosigkeit dieser Para-Liturgien immer weiter von den Verfahren der non-verbalen Kommunikation weg, die im überlieferten Ritus so gut wirken.
In anderen Worten: Die Mittel, die man einsetzt, um die Liturgie für Kinder verständlicher zu machen, bringen uns nur noch immer tiefer in Schwierigkeiten.“
Die bisher zwei aktuellen Artikel von Joseph Shaw zum Thema finden Sie hier.