Kirche, Gottesdienst und Altar
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- 13. Dezember 2023
Zum Beginn des Dezember hat der Verlag Schnell+Steiner die englische Ausgabe von Stefan Heids umfassender Darstellung des Themas „Altar und Kirche“ (in frühchristlicher Zeit) herausgebracht. Die deutsche Ausgabe war bereits 2019 erschienen und hat nach allem, was zu hören ist, in den englischsprechenden Ländern fast mehr Interesse gefunden oder zumindest Neugier erweckt als in der selbstreferentiellen Wüste der deutschen Staatstheologie. Wenn da nur die Sprachbarriere nicht wäre, denn die Zeiten, da gute Lesefähigkeit im Deutschen für Theologen mindestens so wichtig war wie Latein und Griechisch, sind längst vorbei. Nun gut; diese Barriere ist jetzt abgebaut, die Übersetzung macht einen sehr guten Eindruck – wir wünschen ihr eine gute Aufnahme im angloamerikanischen Publikum.
Zum Inhalt des Buches selbst greifen wir gerne auf unsere Besprechung von 2019 zurück – nichts ist in den 4 Jahren seit Erscheinen der deutschen Ausgabe veraltet, vieles ist mit der zunehmenden Verschärfung des Kampfes gegen jede Tradition in den letzten Jahren noch aktueller geworden. Die Irrtümer der Verfasser von Sacrosanctum Concilium, die von den nachfolgenden Reformern vielfach n den Rang von Dogmen erhoben worden sind, wurden inzwischen in großem Umfang „entmythologisiert“ – was die Väter und Enkel der missratenen Reform freilich nicht daran hindert, sie umso zäher zu verteidigen.
Das „Herumdrehen der Altäre“ war für die meisten katholischen Gläubigen die sichtbarste Folge der Liturgiereform, ja des ganzen 2. vatikanischen Konzils. Diese - in den Konzilstexten so in keiner Weise vorgegebene und tatsächlich auch schon seit den 30er Jahren von der modernistischen Theologie empfohlene und normenwidrig praktizierte - Maßnahme hat wie vielleicht keine andere den nachkonziliaren Verfall von Glaube und Liturgie gefördert. Der herumgedrehte Altar ließ sinnfällig erfahren, daß aus dem Gottesdienst eine Gemeindefeier, aus dem Priester am Opferaltar ein Vorsteher am Vorstandstisch werden sollte. Sie war der Türöffner für die massenwirksame Durchsetzung der „anthropozentrische Wende“, die in Wirklichkeit nichts anderes war als eine Neubelebung der alten pelagianischen Irrlehre, die den Blick der Menschen von den allein seligmachenden Gnadengaben Gottes ablenkt und – ganz in Übereinstimmung mit aktuellen Zeitströmungen – bevorzugt auf die eigene Kraft und die iegenen Fähigkeiten zu vertrauen.
Die Promotoren des Volks(eigenen)altars hielten sich viel auf archäologische Befunde zugute, die angeblich belegten, daß die Neupositionierung der Altäre bei weitem keine revolutionäre Neuerung war, sondern nur eine „Wiederherstellung der alterhrwürdigen Norm der Väter“, wie sie in der Liturgiekonstitution (Abs 50) beschworen wird. Das war, wie so vieles, was unter Berufung auf die Wissenschaft als alternativlos dargestellt wird, ein Irrtum, wenn nicht eine absichtsvolle Fehlinterpretation einer damals noch dünnen und schwer interpretierbaren Faktenlage. Nach noch nicht einmal 100 Jahren müssen diese angeblichen Erkenntnisse als obsolet gelten - das ist eines der Hauptergebnisse der Forschungen, die Prof. Stefan Heid aus archäologischen und textlichen Quellen des frühesten Christentums gewonnen und in seinem Grundlagenwerk über „Altar und Kirche“ zusammengestellt hat. Sein Fazit hinsichtlich des Volksaltars ist vernichtend:
Der heutige Volksaltar, ob rund oder rechteckig, ist das Produkt einer historischen Fehlinformation bzw. eines ahistorischen Archäologismus. Dass es ihn in der frühen Kirche als Mitte einer eucharistischen Mahlgemeinschaft gegeben habe, ist eine wissenschaftliche Fiktion. Die alles bestimmende Funktion des frühchristlichen Altars war nicht, als Mahltisch einer im Kreis versammelten und sich gegenseitig anschauenden Gemeinde zu dienen, sondern seine Funktion war von vornherein, Ort des Gebets und dabei auch Ort des Opfers zu sein. Das Gebet ist auf Gott hin gerichtet und zufolge einer universalen Praxis nach Osten zu vollziehen. Das bedeutet für die allermeisten Kirchen der Frühzeit und des Mittelalters, dass der Priester mit dem Rücken zum Volk am Altar stand. Das hat sich dermaßen eingebürgert, dass diese Praxis auch erhalten blieb, als man Kirchen nicht mehr mit der Apsis ostete oder als man Seitenaltäre in verschiedenen Himmelsrichtungen aufstellte.
Diese Ordnung war universal gültig, das heißt in allen Ritusfamilien des Ostens und des Westens (der Sonderfall der Reformationskirchen sei hier außer acht gelassen). Es ist jedenfalls keine früh kirchliche Ritusfamilie bekannt, in der es einen Volksaltar gegeben hätte. Hier herrschte lange Zeit faktisch ein ökumenischer Konsens. In den Kirchen des byzantinischen Ritus und bei den Altorientalen sind die Kulträume nach wie vor nach Möglichkeit apsisgeostet. Der Hauptaltar steht zwar frei im Raum, aber doch so, dass der Priester von vorne an ihn herantrit. Allein die lateinische Kirche hat sich vom ökumenischen Konsens verabschiedet und einen Sonderweg beschritten in der Meinung, den Ursprung wiederherzustellen: Zuerst gab sie die Gebetsostung auf, dann - nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil - auch den Standort des Liturgen vor dem Altar.“
Für eine ausführlichere Darstellung von Grundthesen des- damals noch im Entstehen begriffenen – Buches verweisen wir auf den Text eines Vortrages von Prof. Heid, den der Autor uns bereits 2013 zur Veröffentlichung im Netz zur Verfügung gestellt hatte.
Beide Versionen des Buches, das hervorragend ausgestattet ist und ca 500 Seiten mit 150 Abbildungen umfasst, sind zum Preis von € 50,- im örtlichen und im Online-Buchhandel erhältlich.