Ritus Romanus - von den Ursprüngen her erklärt
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- 07. Februar 2023
Der in England lebende und arbeitende Oratorianerpater Uwe Michael Lang hat in den vergangenen Jahren schon zweimal mit seinen Publikationen in die Diskussion über Geschichte und authentische Gestalt der römischen Liturgie eingegriffen: Conversi ad Dominum von 2010 und Die Stimme der betenden Kirche von 2012. Im vergangenen Herbst hat P. Lang jetzt ein Buch über die Geschichte der römischen Messe veröffentlicht, das deren Entwicklung von den frühesten Anfängen – nämlich in den Evangelien selbst – bis zur erstmaligen juristischen Kodifizierung nach dem Konzil von Trient nachzeichnet. „The Roman Mass – From Early Christian Orgins to Tridentine Reform“. Das im englischen Original fast 400 Seiten umfassende Werk sieht sich nicht als Konkurrent des an Fülle der Einzelfakten kaum zu überbietenden einflußreichen Werkes Missarum Sollemnia von Josef Andreas Jungmann (1948), das in vielem die Diskussionen der Liturgischen Bewegung befeuerte und durchaus zwiespältigen Einfluß auf die spätere Liturgiereform ausgeübt hat. Aber es konfrontiert die von Jungmann diesem enormen Faktenfundus quasi übergestülpte Theorie von einem Zerfallsprozess der Liturgie von erhaben-schlichten Anfängen zu angeblicher barocker Überladung und teilweiser Entstellung in vielen Punkten mit einer geradezu entgegengesetzten Perspektive: Lang beschreibt ein quasi organisches Wachstum aus noch wenig differenzierten Anfängen zu einer sich immer weiter entfaltenden Reife und Hochform.
Wie die bereits im Titel signalisierte Begrenzung „bis Trient“ signalisiert, finden dabei die aktuellen Auseinandersetzungen um die theologische Angemessenheit und die rechtliche Stellung des authentischen Ritus praktisch keine Berücksichtigung, und das kommt dem Werk durchaus zugute. Wir haben der gegenwärtigen Notlage geschuldet schon genug Publikationen, die völlig berechtigterweise diese Situation analysieren und auf Mittel und Wege zu ihrer Verbesserung sinnen – dabei aber die großen Linien gelegentlich aus dem Auge verlieren. Der größte Wert der neuen Veröffentlichung Langs liegt darin, daß Lang wirklich zu einer eingehenden Exegese der Schriften des neuen Testaments und den ältesten apostolischen Traditionen zurückgeht und von daher auf überzeugende Weise Lücken überbrückt, die durch die Verfolgungszeit der ersten drei Jahrhunderte in der schriftlichen Überlieferung aufgerissen worden sind.
Es ist eben nicht so, daß die römische Messe im 4. und 5. Jahrhundert mehr oder weniger aus dem Nichts auftaucht und dabei in vielem ihren edlen, aber leider nicht genauer bekannten, Anfängen untreu geworden sei. Das Prinzip der Entwicklung und der Reifung bestimmt sie wesentlich von ihrem Ursprung her, und dieser Ursprung reicht stellenweise durchaus in das Jesus zeitgenössische oder noch ältere vorchristliche Judentum zurück. Brüche oder gar Revolutionen sind dem Wesen dieser Liturgie zutiefst fremd.
Eine dem Inhalt angemessene Vorstellung eines Werkes wie des hier anzuzeigenden erfordert mehr Zeit und Mühe, als uns derzeit zur Verfügung steht, wir sind daher dankbar, daß Clemens Victor Oldendorf uns seine bislang 21 Seiten umfassende ausführliche und auch einige kritische Punkte nicht aussparende Besprechung zur Verfügung gestellt hat. Bislang 21 Seiten, weil das nur ein erster Teil ist – ein zweiter Teil der Besprechung soll in Kürze folgen und wird dann selbstverständlich hier ebenfalls publiziert werden.
Da ein mit Fußnoten versehener Text des Umfangs dieser Besprechung im Webformat schwer lesbar ist, bieten wir ihn am Ende der folgenden Seite zum Download an. Wer ihn dennoch lieber im Webformat lesen will, wird hier fündig.
Der Alte Bund lebt in der alten Liturgie
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- 06. Februar 2023
Die drängenden Notwendigkeiten, sich der im aktuellen Pontifikat zum Programm gemachten Zerstörung der liturgischen Tradition der Kirche zu widersetzen, dürfen und können uns nicht davon abhalten, die Schätze dieser Tradition auch zu genießen und wie die vorhergehenden Generationen zum Heil der Seelen zu nutzen. Das in der vergangenen Woche gefeierte Fest der „Reinigung Mariens“, populär „Mariä Lichtmeß“, gibt dazu ganz besonderen Anlaß, der weit über den in der neuzeitlichen Theologie und Liturgie der Kirche betonten Charakter eines Marienfestes hinausgeht.
Eigentliche Mittelpunkt dieses Festes ist nicht der Reinigungsritus - der in dieser Form und Tiefe auch gar nicht ins Christentum übernommen worden ist - sondern die liebevolle Begegnung zwischen dem zum Sterben müden Frommen des Alten und dem soeben als Mensch erschienenen Heiland des Neuen Bundes auf den Stufen des Tempels. Die nach dem mosaischen Gesetz erforderliche Reinigungszeremonie der Mutter samt dem rituellen „Freikauf“ des Erstgeborenen durch ein blutiges Opfer werden hier ein letztes Mal verbindlich praktiziert.
Wenn die an diesem Tag verlesene Perikope aus dem Lukasevangelium die Begegnung des greisen Simeon mit dem Kinde Jesus ins Zentrum stellt, ist das von höchster symbolischer Aussagekraft: Nun lässest Du Herr, Deinen uralten Knecht, Stamm und Volk Israel, wie Du vorhergesagt hast, in Frieden gehen, denn meine Augen haben das neue Heil gesehen, das Du für alle Völker der Welt vorgesehen hast. Der Fortgang des Liedes läßt erkennen, daß diese Begegnung zwar für den Verlust der einzigartigen Stellung des auserwählten Volkes steht, nicht jedoch für seine Verwerfung: Der neue Bund ist das Licht zur Erleuchtung aller Völker – und bleibender Ruhm für Sein Volk Israel.
Die überlieferte Liturgie hat diese Verquickung des neuen Bundes mit dem alten in den fünf Weiheorationen für die Kerzenweihe zum Ausdruck gebracht, von denen jede einen zentralen Gedanken aus den fünf Büchern Moses aufgreift. Gregory Dipippo hat das in einem gestern auf New Liturgical Movement erschienenen Artikel sehr schön dargestellt – wir bringen eine Übersetzung:
Nun also doch: Ein neues Dokument?
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- 19. Januar 2023
Kaum findet die Vermutung Anklang, daß die jüngst aus Rom durchgesickerten Gerüchte wohl eher die bösen Absichten einer bestimmten Gruppe des päpstlichen Umfeldes wiedergeben als konkrete Schritte beschreiben, tauchen Anzeichen dafür auf, daß es da doch ein Dokument geben könnte. Insidethevatican.com veröffentlichte am 18. Januar die Zuschrift eines namentlich nicht genannten Priesters, der unter Berufung auf „einen Erzbischof aus den USA“ ganz Ähnliches zu berichten weiß, wie die Quelle unserer „Gerüchte“ vom 13. Januar. Und diese Zuschrift hat auch einen Termin oder besser gesagt einen Zeitraum für die Veröffentlichung eines entsprechenden Dokumentes genannt: April oder Mai.
Zur Form des Dokuments nennt der Brief ebenso wie unsere Quelle die der „Apostolischen Konstitution“, um die Gleichrangigkeit mit der feierlichen Einführung des Bugnini-Missales von 1969 zu betonen. Zum Inhalt führt die Zuschrift aus, es gehe vor allem darum, den Bischöfen die in Canon 87 und anderen gebotene Möglichkeit zu nehmen, „aus pastoralen Gründen“ Ausnahmen von römischen Anweisungen zuzulassen. Bekanntlich haben besonders in der angelsächsischen Welt viele Bischöfe diese Rechtslage genutzt, um Traditionis Custodes überaus zögerlich umzusetzen. Sie sollen nun durch einen autoritativen Akt des Despoten „auf Linie“ gezwungen werden. Als weitere Information des Erzbischofs teilt die Quelle mit, daß die verschärfte Regelung in erster Linie die Bistümer betreffe, während das „Privileg“ der altrituellen Gemeinschaften, in ihren Häsern privat nach dem Missale Johannes XXIII. zu zelebrieren, nicht betroffen sei.
Der angekündigte Eingriff in die Befugnisse der Bischöfe – sei es durch eine ausdrückliche Anweisung, sei es durch den Versuch einer vermutlich rechtswidrigen Änderung des Kirchenrechts – dürfte nicht nur bei traditionsfreundlichen Bischöfen alle Alarmglocken schrillen lassen.
Gerüchtesäuseln II
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- 18. Januar 2023
Mit Bezug auf das von uns in der vergangenen Woche weitergereichte Gerücht zu einer bevorstehenden Verschärfung von Traditionis Custodes schreibt heute New Catholic von Rorate Cæli:
Was das Gerücht über ein neues Dokument zur Lateinischen Messe betrifft, das in der vergangenen Woche große Verbreitung gefunden hat, so haben unsere Quellen im Rom nicht bestätigt, daß ein solches Dokument existiert oder daß es zumindest in der Planung wäre.
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Dazu eine wichtige Einschränkung – nicht seitens unseren Quellen – sondern aus eigener Sicht. In diesem Pontifikat kommt jeden Monat eine Menge neuer Gesetze heraus. Und anders als das in der Vergangenheit üblich war, entsteht die von Franziskus erlassene Gesetzgebung nicht aus etablierten Abläufen, bei denen jede betroffene Kongregation um Stellungnahmen und Beiträge gebeten wird. Im Franzgesetz gibt es keine etablierten Abläufe.
Der innere Kreis um den Papst übernimmt fertig vorliegende Projekte von jedem lautstarken Kirchenlobbyisten, der in Jesuitenkreisen wohlgelitten ist; und falls es denen gefällt, die ihrerseits über das Wohlgefallen von Franziskus verfügen, hat es große Chancen, zum Gesetz zu werden. So ist das auch mit Traditionis Custodes gewesen: Es ist schlechtes Recht, schlecht geschrieben und voller bizarrer Ausdrücke, denn es ist zum größten Teil von dem liturgischen Dilletanten Andrea Grillo verfaßt worde, dessen einzige persönliche Qualifikation in seinem Hass auf die überlieferte Liturgie besteht. Das wurde Franziskus von seinem Umfeld vorgelegt, und er hat es übernommen und angeordnet.
Das ist schon reichlich verrrückt: In einem System wie dem Papsttum, in dem der Herrscher Exekutive, Gesetzgeber und Richter ist, werden die Grenzen seiner Macht durch die seit Jahrhunderten entwickelten Abläufe bestimmt. Werden diese ignoriert, dann ist alles möglich. Und sogar die Legitimität der Institution selbst wird in Frage gestellt. Jeder weitere Monat des Pontifikats von Franziskusist ein weiterer Monat zunehmender Illegitimität, weil die institutionellen Schutzmauern zusammengebrochen sind, die die Rechte, Pflichten und Zuständigkeiten von allen schützen – vom Bischof und Kardinal bis zu den Laien.
Damit soll nur gesagt werden, daß die Gerüchte vielleicht nich vollständig zuttreffen, aber nicht, daß so etwas wie das Berichtete unmöglich wäre. Man weiß einfach nicht, was abläuft und wer gerade die Gunst des inneren Kreises genießt."
Dem haben wir nichts hinzuzufügen
Paukenschlag oder Gerüchtesäuseln?
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- 13. Januar 2023
Der römische Dschungeltelegraph, mit dem wir über mehrere Stationen verbunden sind, arbeitet nicht immer zuverlässig – weshalb wir uns mit der öffentlichen Wiedergabe der daher empfangene Meldungen meist etwas zurückhalten. Nicht alles ist mitteilenswert: Daß der für Liturgie zuständige Behördenleiter Arthur Roche auf die Nachricht vom Tode Benedikts mit den Worten reagiert habe: „Nun können wir das Dokument endlich unterzeichnen!“ schien uns bestenfalls von anekdotischem Interesse.
Nun erreichen uns Nachrichten über Form und Inhalt dieses Dokuments – und die lassen alle Alarmklingen schrillen. Danach geht es um eine neue Apostolische Konstitution, mit der Franziskus, der höchst unzufrieden mit der schleppenden Umsetzung von Traditionis Custodes sei, jetzt endlich der alten Messe den Garaus machen wolle. Die Form einer Apostolischen Konstitution wähle Franziskus deshalb, um sich an die entsprechende Konstitution Missale Romanum Pauls VI. anzuschließen und die Gleichrangigkeit seiner aktuellen Vorschriften mit dem Gesetzesakt von 1969 zu betonen.
Nach unseren Informationen enthält die zu erwartende Konstitution 4 Hauptverfügungen:
- In keiner (Diözesan?)kirche darf nur die alte Messe zelebriert werden.
- In (Diözesan?)kirchen darf nicht allsonntäglich im alten Ritus zelebriert werden.
- Die Verwendung der Bücher von 1962 (mit den von Franziskus befohlenen Modifikationen) ist nur für die Messfeier erlaubt, nicht jedoch zur Spendungen von Sakramenten und Sakramentalien.
- Jeder Priester ist dazu verpflichtet, auch (öffentlich?) nach dem Messbuch Pauls VI. zu zelebrieren.
Soweit der Stand unserer Informationen am 13. Januar. Wir halten die Sache im Auge und das Ohr am Telegraphen.