Am Rande - Woche 18

Ein Leben

(3. 5.)

Seit heute ist die über 1000 Seiten starke Biographie von Peter Seewald über Joseph Ratzinger / Benedikt XVI. auf dem Markt. Wir haben sie bestellt, aber natürlich noch nicht gelesen. Beeindruckt waren wir von der heute veröffentlichten Besprechung von Guido Horst bei CNA deutsch. Er versucht weder eine Nacherzählung noch eine detaillierte Würdigung der umfangreichen Biographie  - beides wäre zum gegenwärtigen Zeitpunkt weder möglich noch sinnvoll. Horst gibt eine wertvolle Lesehilfe, indem er die Aufmerksamkeit des Lesers auf die ersten 300 Seiten des Buches lenkt, die Leben und Arbeit des Jungen Gelehrten beschreiben. Sie machen verständlich, wie Ratzinger das geworden ist, was er ist, und leisten wertvolle Hilfe für das Verständnis eines ganzen langen Lebens. 

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„Bekennende“ Kirche 2.0

(1. 5.)

Schon beim Blick auf die Überschrift: „Deutsche Bischöfe bekennen Mitschuld am zweiten Weltkrieg“ überkommt einen Reue, entgegen allen guten Vorsätzen doch wieder das Verlautbarungsorgan des Deutschkatholizismus angeklickt zu haben. Wie soll das gehen, Mitschuld? Kein einziger heute amtierender deutscher Bischof war im Jahr des Kriegsbeginns bereits geboren, und wahrscheinlich auch keiner an dem Tag vor 76 Jahren, als der Krieg in Europa schließlich endete. Da gibt es für die Deutschen Bischöfe nichts zu bekennen und nichts zu entschuldigen.

Schon der erste Satz gibt Aufschluß, wie es gemeint ist: „Indem die Bischöfe dem Krieg kein eindeutiges 'Nein' entgegenstellten, sondern die meisten von ihnen den Willen zum Durchhalten stärkten, machten sie sich mitschuldig am Krieg“. Das Entschuldigungs-Papier der Bischöfe ist nichts anderes als eine aus sicherem historischem Abstand erhobene dreiste Beschuldigung ihrer Vor-Vorgänger, sie hätten nicht genug gegen den Faschismus, seine Kriegsvorbereitungen und seine Kriegsführung getan. Das mag im Einzelfall sogar zutreffen – die „Gnade der späten Geburt“ schärft den Blick.

Doch „die deutschen Bischöfe“ pauschal der Mitschuld am Krieg zu beschuldigen und sich dann das schicke Büßerkleid des zur Einsicht gekommenen reuigen Sünders überzuziehen, das ist Heuchelei in ganz großem Stil. Oder auch Ausdruck von Größenwahn, Symptom maßloser Überschätzung der eigenen und der Vorgänger Bedeutung und Handlungsmöglichkeiten. Und in jedem Fall, wie in der Corona-Krise bereits durchexerziert, lustvolle Kapitulation vor dem Zeitgeist seitens einer Gruppierung, der jeder eigene Geist völlig abhanden gekommen ist.

Insoweit wenn schon kein „historischer“, so doch ein weiterer und durchaus konsequenter Schritt auf dem Weg zur NGO von Säkularstaats Gnaden.

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Frisches Gerücht

(29. 4.)

Bild: Vatican News

Wenn auch nur die Hälfte der etwa 4000 Diözesen die Anfrage der Glaubenskongregation zum Stand der überlieferten Liturgie beantwortet, haben die Mitarbeiter dort bei der Auswertung ganz schön zu tun. Die Kongregation hat daher, wie es heißt, eine mit Externen besetzte Arbeitsgruppe gebildet, die das Material sichten und aufbereiten soll. Den Vorsitz der Gruppe soll einer der letzten lebenden Bugnini-Schüler übernehmen: Erzbischof Piero Marini, lange Jahre oberster Zeremoniar bei Papst Johannes Paul VI. und in dieser Eigenschaft einer der Hauptverantwortlichen für die Gestaltung der Novus-Ordo-Liturgie im Geiste von Gemeindeorientierung und Horizontalität. Auch der Name eines Mitglieds der Arbeitsgruppe wird in römischen Kreisen bereits genannt: Andrea Grillo, liturgisch eher ungebildeter aber extrem machtbewußter Professor für Liturgie an St. Anselmo, Koordinator und „graue Eminenz“ der Angriffe auf Summorum-Pontificum und ihm verhaßte überlieferte Liturgie.

Überraschen kann die Personalie niemanden, gilt Grillo doch allgemein als Anstifter der Fragebogenaktion. Ein sicheres Präjudiz für deren Ausgang bildet sie eher nicht: Papst Franziskus ist zwar alles andere als ein Freund der alten Messe, aber er ist überhaupt liturgisch uninteressiert und anscheinend wenig geneigt, sich auf diesem Feld in kräftezehrende Kämpfe einzulassen. Ungeliebte Themen in Arbeitsgruppen zu begraben gehört zu den erprobten Strategien der kurialen Bürokratie.

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