Am Rande - Woche 48

Auf der Resterampe.

13. 12.

Das Jahr neigt sich dem Ende zu – Lagerräumung ist angesagt, alles muß raus. Die Deutsche Bischofskonferenz hat sich unter wissenschaftlicher Obhut mit den Grundsätzen katholischer Sexualmoral befaßt und herausgefunden, daß der Artikel schwer verkäuflich ist. Mehr dazu sagt ein Kommentar des Papsttreuen Blogs.

Die Nicht-Katholische Jugend macht großen Winterschlußverkauf  und trennt sich von Ladenhütern wie Zölibat, Sonntagspflicht oder Geschlechterpolarität usw. usf.. Eine katholische Ansicht zu derlei Quatsch kann man etwa im Beiboot Petri nachlesen. Eher ins humoristische Genre fällt demgegenüber der Versuch von auch-nicht-katholisch.de, gegenüber der DBKJ noch eins draufzusetzen: Dort hat man hl. Messe und überhaupt Gottesdienst in der Kirche als Staubfänger ausgemacht und träumt von neuen Gottesdienstformen „auf dem Markt oder in der Dönerbude“. Abgeschaut haben sie sich die Idee bei den Anglikanern - klar: von der Kirche von England lernen heißt siegen lernen.

Unversehens auf die Resterampe geraten scheint auch Papst Franziskus zu sein: Plötzlich spekuliert alle Welt über seine Nachfolge, hier etwa Sandro Magister oder dort Edward Pentin. Alle anderen schreiben dort fröhlich ab. Wir würden einen vorzeitigen Abgang Franziskus eher bedauern: Der Mann wird noch gebraucht, um denen die Augen zu öffnen, die es noch nicht begriffen haben.

Hilfreich für derlei Lernprozesse könnten die immer dichter aufeinander folgenden Nachrichten über die Finanzskandale des Vatikans sein. Anscheinend wird jetzt schon das Tafelsilber verhökert, um die Löcher zu stopfen; das Wallstreet Journal hat ermittelt, daß 90% der Einnahmen des Peterspfennigs nicht für gute Werke, sondern zur Deckung des Schuldendienstes aufgewandt werden. Nur weiter so – alles muß raus.

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Satiren, die das Leben schreibt...

11. 12.

... kommen im säkularen Zweig der katholischen Kirche derzeit alle Tage vor.

Etwa die Geschichte von den drei Nonnen im österreichischen Langenlois, die sich dieser Tage bitter und durchaus publikumswirksam darüber beschwerten, daß die Polizei in ihren Klausurbereich eingedrungen war und damit „eine empfindliche Störung ihres persönlichen und religiösen Lebens“ verursacht hatte. Und was hatte die Polizei in der heiligen Klausur zu suchen? Sie suchten einen zur Abschiebung anstehenden Afghanen, dem die frommen Frauen dort seit bereits drei Jahren Unterschlupf gewährten – und sie haben ihn gefunden. 

Gut ist auch der Witz mit dem künftigen Bischof Marketz von Kärnten, der Ruhe in das von Vorgänger Alois Schwarz mit undurchsichtigen Frauen- und Finanzgeschichten an den Rand der Spaltung gebrachte Bistum Gurk bringen sollte: Unmittelbar nach der Ernennung und noch vor der Bischofsweihe erklärte er sich für die Abschaffung des Zölibats, rückte von der Verpflichtung zum sonntäglichen Messbesuch ab und drückte seine Hoffnung aus, daß die Priesterweihe für Frauen ermöglicht werde. Glückwunsch an die vatikanische Kamarilla, die den bisher als Caritas-Manager tätigen theologischen Analphabeten als den richtigen Mann am richtigen Platz ausgeguckt hat. 

Und damit keiner denkt, wir berliner Piefkes hätten was gegen die Alpenländer. Nein, die Hiesigen sind genauso bescheuert. Wie die „Katholische“ Frauengemeinschaft hier ihre „roten Linien“ für den anstehenden synodalen Weg absteckt und offen ausspricht, daß „der sakramentale Diakonat der Frau“ für sie nur ein erster Schritt auf dem Weg zur Öffnung aller Weiheämter darstellt – das ist schon ganz großes Kino. 

Satirische Hochform demonstriert das Erzbistum Berlin mit seiner Verlautbarung zur letzten Woche neu eingesetzten Kommission für den interreligiösen Dialog: „Für die Kontakte zum Judentum wurde Monsignore Dr. Hansjörg Günther, zum Islam Pfarrer Dr. Florian Erlenmeyer beauftragt. ... Den Vorsitz des Expertengremiums, das Anfang kommenden Jahr seine Arbeit aufnimmt, hat Generalvikar Pater Manfred Kollig SSCC. Dem Kommissionsvorstand werden auch die Vorsitzenden der Arbeitsgruppen „Christlich-jüdischer Dialog“ und „Christlich-islamische Begegnung“ des Diözesanrats der Katholiken im Erzbistum Berlin angehören.“ Die Posten sind glücklich vergeben – über die Inhalte ist nichts zu erfahren.

Am Rande - Woche 47

Wo der Papst irrt

8. 12.

Bild: Spectator November 2015Im Gespräch mit Ordensbrüdern in Thailand, jetzt veröffentlicht im Jesuitenorgan „Cattolica“ hat Papst Franziskus Stellung zur „seelsorglichen Begleitung“ der „wiederverheirateten Geschiedenen“ genommen. Er bezeichnete die bisherige Lehre und Pastoral der Kirche als „kasuistisch und nicht christlich“ und stellte dem „das Lehramt der Kirche, wie es im achten Kapitel von Amoris Laetitia geschrieben ist“ entgegen. (Quelle) Also jene Aussagen, die von vielen Theologen als im Widerspruch zur bisherigen Lehre der Kirche stehend kritisiert worden sind. Alle Bitten um Klärung der damit aufgeworfenen Fragen blieben unbeantwortet.

Ob und inwieweit diese Lehren Franziskus‘ häretisch sind, wird die Kirche zu gegebener Zeit zu entscheiden haben. Schon heute als Irrtum erkennbar ist die in Thailand geäußerte Behauptung des Papstes, seine in der berüchtigten Fußnote präsentierte Meinung sei „Lehramt der Kirche“. Es ist allein seine Lehre, und um diese Lehre zum Ausdruck des „Lehramtes“ zu machen, bedarf es mehr als einer dahingehenden Willensbekundung. Es müßte – zum Beispiel und unter anderem – in feierlicher Form als Glaubenswahrheit verkündet werden, daß fortgesetzter Ehebruch keine schwere Sünde darstellt, die dem Schuldigen den Empfang des Herrenleibes unmöglich macht. Das ist schwer vorstellbar und mit guten Gründen bisher nicht erfolgt.

Eine eklatant im Widerspruch zur bisherigen Lehre der Kirche stehende Äußerung kann nicht Bestandteil des Lehramtes sein, nicht, wenn sie von einer Synode, und auch nicht, wenn sie von einem Papst kommt. Sie ist jedoch Ausdruck eines grotesken Fehlverständnisses des päpstlichen Amtes als Hüter und Lehrer des apostolischen Glaubens und Indiz für grandiosen Hochmut – wenn nicht sogar für wahnhafte Selbstüberschätzung.

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Zum synodalen Weg...

6. 12.

Bild: Montage aus Screenshots

... fällt uns nichts mehr ein. Da ist es gut, daß andere die Fahne hochhalten.

Peter Winnenmöller sieht im offiziellen Beginn der Veranstaltung den Auftakt zu einer epochalen Schlacht um die Zukunft der Kirche in Deutschland. Sein Befund: „Der Kampf der Antikirche gegen die Kirche hat gerade erst begonnen. Das Erschreckende daran ist, dass sich die Antikirche offensichtlich mitten in der Kirche bildet und etabliert.“ Sein Rat: Am Katechismus vom März 2013 festhalten, aus der Kirchensteuer austreten und den geschuldeten Tribut Alternativen zuwenden: „ Die Gemeinschaften der Tradition sehen, wenn ich mich nicht gewaltig irre, in den nächsten Jahren einem ordentlichen Geldsegen entgegen“.

Möge es so geschehen!

Felix Honekamp hat sich auf seinem Papsttreuer Blog (der Name geht zurück auf glücklichere Zeiten) mit dem Fragebogen befasst, den Bischofskonferenz und (nicht mein) ZDK ins Netz gestellt haben, um die Meinung des Kirchenvolkes zu ihrer Veranstaltung zu erfahren. Nun er hat ihnen seine Meinung gesagt, streng sachlich und strikt katholisch - nachzulesen hier.

Ob es irgendwo ankommt? - wer weiß. Aber jedenfalls können sie nicht sagen, es hätte keine Gegenstimmen gegeben.

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Glaube und Liturgie

4. 12.

Ein Beitrag auf Rorate Caeli macht heute auf einen bemerkenswerten Aspekt der liturgischen Entwicklung seit der Einführung des Novus Ordo aufmerksam: Mehrere (angeblich) vom Volk erbetene Konzessionen – Handkommunion, Messdienerinnen, Laienhelfer bei der Kommunion – wurden von Rom mit der Maßgabe zugelassen, daß eine gründliche Katechese den Gläubigen erkläre, was diese Veränderungen bedeuten oder nicht bedeuten sollen.

Wie allgemein bekannt, hat es eine solche Unterweisung nicht gegeben, oder wo sie versucht wurde, blieb sie weitgehend erfolglos. Jedenfalls hat das, was iin der Liturgie geschieht, vor Augen steht und mit Händen zu greifen ist, des Verständnis von Glauben und Kirche tiefgreifend verändert. Das Wissen um das höchste Gut der Eucharistie ist geschwunden, Frauen „fordern ihr Recht am Altar“ ein, Gottesdienst und Pfarreien werden „demokratisiert“. Längst haben sich Vorstellungen durchgesetzt, die selbst die weitgespanntesten Erwartungen der Liturgiereformer übertreffen.

Die überlieferte Liturgie – obwohl sie im katechetischen Anspruch eher zurückhaltend ist – vermittelt schon alleine durch das, was in ihr zu sehen und zu erleben ist, in diesen (und anderen) Punkten eine wirkungsvollere Katechese, als das jemals mit Worten möglich wäre. Was nicht ausschließt, diese Katechese auch mit Worten zu ergänzen und zu unterstützen, um zeitgeistigen Verirrungen auch auf der rationalen und bewußten ebene entgegen zu steuern.

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Die Zerstörung von Orden...

3. 12.

Bild: www.fokolar-bewegung.de

... die an Lehre und Lebensweise ihrer Gründer festhalten wollen, ist das Herzensanliegen des Brasilianischen Kardinals Braz de Aviz. Seine neueste Untat ist die faktische Zerstörung der Clarissengemeinschaft von Porto Viro – die Äbtissin und vier Schwestern wurden unter entwürdigenden Umständen aus dem Kloster vertrieben,die vier übriggebliebenen werden den Betrieb als Asylantenunterkunft weiterführen. Auch hier wurde von Braz de Aviz wieder eine Kommissarin eingesetzt, die den Laden unter Anwendung von brutalen Methoden („geistlicher Mißbrauch“ wäre zu vornehm ausgedrückt für Stubenarreste, Briefzensur, Kontaktverbote und Schweigegebote) auf Linie trimmen wollte. Oh ja – auch Frauen können „Klerikalismus“.

Wie sich die Neue Kirche die Zukunft des Ordenslebens vorstellt, kann man derzeit am Umbau der Gemeinschaft der Würzburger Erlöserschwestern (Durchschnittsalter: 82) studieren. Hier sollen insbesondere unter Einbeziehung der angestellten Mitarbeiterinnen, deren Zahl mit etwa 1000 die Zahl der Schwestern um ein Vielfaches übersteigt, „neue Formen des Zusammenseins, mit unterschiedlicher Intensität und Verbindlichkeit“ erprobt werden, um die Gemeinschaft zumindest dem Namen nach aufrecht zu erhalten, wenn schon die Bereitschaft, das Leben für Christus einzusetzen, nicht mehr mobilisiert werden kann.

Nicht, daß etwas dagegen einzuwenden wäre, daß eine Gemeinschaft daran geht, „Neuevangelisierung“ zumindest im Kreis ihrer Angestellten zu betreiben. Mit Durchschnittsalter 82 kommt die Erkenntnis freilich etwas spät. Und mit Ordensleben, wie es die Kirche 1000 Jahre lang getragen hat, hat das, was da angestrebt wird, nichts zu tun. Also gerade das richtige für Braz de Aviz und seine Mitstreiter/innen: Hier werden sie sich bei einer Visitation garantiert nicht über zu viel Gebet und zu viele Heilgenstatuen beschweren müssen..

Am Rande - Woche 46

Doppelte Entfremdung

1. 12.

Bild: KNA, aus dem zitierten Artikel auf katholisch.de

Heute hat auch katholisch.de seinen Gedenkartikel zu '50 Jahre Liturgiereform'. Auf die sachlichen Fehler und inhaltlichen Halbwahrheiten muß man nicht näher eingehen – so funktioniert das eben im Journalismus von und für Analphabeten. Doch zweierlei erscheint als hervorhebenswert: Wie kann man denn schreiben und sogar titeln: „Ein neues Messbuch nach den Bedürfnissen unserer Zeit“, wenn es so offensichtlich ist, daß „unsere Zeit“ mit diesem Buch nichts anfangen kann und die Getauften sich massenhaft von seiner Liturgie abgewandt haben?

Das zweite ist die Bekundung der Ungewöhnlichkeit, ja sogar der Fremdheit gegenüber der überlieferten Liturgie, die der Text einleitend zum Ausdruck bringt. Das spricht nicht nur gegen die Behauptung, es habe da keinen Bruch gegeben. Es läßt ahnen, in welchem Ausmaß die Kirche sich selbst und ihrer Vergangenheit fremd geworden ist – und das ist vielleicht der Hauptgrund dafür, daß sie auch der Gegenwart unzugänglich geworden ist.

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Spät, aber...

30. 11.

Bild: Aus dem Web-Katalog

... nicht zu spät hat der vatikanische Verlag den Ordo Divini Officii Recitandi Sacrique Peragendi 2020 herausgebracht, zu beziehen bei der Libreria Editrice Vaticana zum Preis von 16 €. Der Verlagskatalog gibt noch die inzwischen aufgelöste Kommission Ecclesia Dei als Urheber an, auf dem Titelblatt heißt es schon richtig: Congregatio pro doctrina fidei.

Trotz aller teils überfälligen, teils überflüssigen Vereinfachungen, die Liturgie und Kalender auch in der überlieferten Form in den letzten Jahrzehnten erfahren hatben bleibt der Ordo ein unentbehrliches Hilfsmittel für alle, die das Gebet der Kirche auch in äußerer Übereinstimmung mit den anderen traditionstreuen Katholiken vollziehen wollen.

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Streiflichter

28. 11.

Bild: Cartoon aus dem Remnant

In China nimmt die Christenverfolgung massiv zu. An immer mehr Orten werden Katholiken gezwungen, Kreuze und Heiligenbilder abzuhängen und durch Propagandabilder von Mao Tsetung und Parteichef Hsi zu ersetzen, die mit patriotischen Sprüchen garniert werden. Jugendlichen unter 18 wird der Besuch von Kirchen verboten. 

Im Flugzeug ist Papst Franziskus besonders mitteilungsfreudig. Diesmal hat er ausgeplaudert, daß als Nächstes das Verbot der Anwendung und des Besitzes von Atomwaffen in den Katechismus aufgenommen werden soll. Vielleicht wird er ja doch noch UNO-Generalsekretär.

Der Kampf ums Geld im Vatikan stellt alles in den Schatten, was Schreiber von kirchenfeindlichen Romanen sich früher so ausgedacht haben. Die Lage ist ausgesprochen unübersichtlich - katholisches.info hat sich die Mühe gemacht, zumindest ein paar Hauptlinien deutlicher herauszuarbeiten. Nun fragen wir uns: Wann kommt eigentlich die Mafia bzw. deren Verbot in den Katechismus?

Eine gute Nachricht gibt es auch; sie kommt aus den Philippinen. Dort hat Bischof Cantillas von Maasin angeordnet, daß in der ganzen Diözese vom 1. Adventssonntag an die Messe wieder ad orientem zu zelebrieren ist - ganz so, wie Cardinal Sarah das vor zwei Jahren angeregt hatte. Ob er damit durchkommt?

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Gift und Galle...

25. 11.

...spuckt ein hier besser namenlos bleibender Meinungsbeiträger auf katholisch.de gegen den Auftritt von Kardinal Müller bei der Vorstellung des neuen Buches „Herr, bleibe bei uns“ von Kardinal Sarah in Weltenburg:

Dort zog Kardinal Müller vom Leder. "Die westliche Demokratie" brachte er mit einem "Relativismus der Werte" in Verbindung, ohne die Wertordnung des Grundgesetzes zu würdigen. Im AfD-Sound geißelte er eine "totalitäre Gesinnungsdiktatur der political correctness", ein "Parlament", das sich anmaße zu erlauben, "was man sagen darf, und verbietet, was man nicht denken darf", die "Führungsschicht der politischen Eliten" als "Motor" eines "Prozesses der Enthumanisierung" sowie "Multimilliardäre und ihre angeblich wohltätigen Stiftungen" (Soros?). (...)

Nein, das muß man nicht komplett lesen. Eher dagegen schon den Bericht, den kath.net über die Buchvorstellung und die Reden der beiden Kardinäle gebracht hat, deren vollständigen Text wir mit Spannung erwarten.

Am Rande - Woche 45

Verheiratete Priester

23. 11.

... gibt es auch in der katholischen Kirche, auch bei den Lateinern, aber sie sind ziemlich selten. Voraussetzung, daß auch ein verheirateter Mann eine Sondererlaubnis zur Weihe erhalten kann, ist, daß er vor seinem Übertritt zur katholischen Kiche ordinierter Geistlicher einer anerkannten Gemeinschaft aus der Reformation war - und natürlich auch, daß seine Ehefrau bereit ist, seinen Weg zu begleiten.

Die Gegner der Verpflichtung zum Zölibat verweisen auf den Priestermangel oder „Anforderungen der Lebenswirklichkeit“, um ihre Forderung zu begründen. Die Verteidiger der Tradition antworten darauf meist mit theologischen Argumenten. Der verheiratete katholische Priester Wolfgang Tschuschke hat nun in einem Beitrag auf kath.net darauf aufmerksam gemacht, daß auch aus dem Blickwinkel der „Lebenswirklichkeit“ sehr viel für die Beibehaltung des Zölibats spricht. Die Anforderungen, die Gemeinde und Alltag in der Ehe an einen evangelischen Pfarrer und an einen katholischen Priester stellen, sind sehr verschieden.

Tschuschke muß es wissen, hat er doch vor seiner Konversion neun Jahre lang als Pfarrer in einem fast dem Bilderbuchideal entsprechenden evangelischen Pfarrhaus gelebt. Und deshalb irritiert es ihn auch, daß diese Lebenswirklichkeit in der aktuellen Diskussion offenbar keine Rolle spielen soll: „Aber noch nie hat mich jemand nach meinen Erfahrungen gefragt, kein Gläubiger, kein Mitbruder; keiner, der das Argument ‚es gibt doch schon verheiratete Priester‘ für Zölibatsabschaffung im Munde führt.“

Sehr zur vollständigen Lektüre empfohlen - hier.

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Pachamama und kein Ende

21. 11.

Bild: Aus dem Video der Versenkung

Sollte irgend jemand in Rom die Hoffnung gehabt haben, daß die Aufregung um den römischen Auftritt der südamerikanischen Idole sich schon wieder legen werde, so hat er sich wohl getäuscht. Die Auseinandersetzung hält an, und sie nimmt an Breite der Teilnehmerschaft und an Tiefe der Informationen und Argumente zu. In dieser Woche sind auf Kath.net zwei Kommentare erschienen, die festzuhalten sich lohnt.

Zunächst erschien ein umfangreicher Beitrag von Weihbischof Dr. Athanasius Schneider, der lange in Südamerika gelebt hat, in dem er einen bisher weniger beachteten politischen Aspekt von Pachamama beleuchtet: Die Andengottheit ist  - ausgerechnet - von der revolutionären Linken zu einem vermeintlich populären Symbol ihrer durch und durch säkularen Bestrebungen umgedeutet worden und wird als solches zielbewußt in der Gesellschaft, aber auch den religiösen Gemeinschaften, eingesetzt.

Danach der Beitrag eines theologisch gebildeten Laien und Familienvaters, der beobachten konnte, wie sich die Götzenbilder im kirchlichen Raum auf seine heranwachsenden Kinder ausgewirkt haben und der beunruhigt fragt: „Wer jetzt hier immer noch der Meinung ist, hier würde doch gar nicht gegen das erste Gebot verstoßen, dem sei die Frage erlaubt, warum wird hier etwas veranstaltet, was Millionen von Katholiken weltweit für genau das halten?“

Lesenswert auch die zahlreichen Zuschriften zu beiden Kommentaren, die vermuten und hoffen lassen, daß sich das katholische Volk nicht länger ein X für ein U vormachen läßt. Was immer auch die Kreise, die Pachamama zum Symbol der Bischofssynode gemacht haben, damit bezweckten: Ihre gotteslästerliche Aktion scheint wie ein Impfstoff zu wirken, der bei vielen Katholiken Antikörper gegen die Verderbnis des Glaubens mobilisiert.

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Der unermüdliche...

20. 11.

...Kardinal Müller hat es wieder getan: in einem Gespräch mit der Tagespost wendet er sich gegen den aktuellen Trend, die traditionellen Thmen der Kirche, da schwer vermittelbar, in den Hintergrund zu verweisen und statt dessen auf den Zug mit den gerade aktuellen Modethemen aufzuspringen : 

Die Kirche ist keine NGO, die sich die Agenda der glaubensfeindlichen Ideologien zu eigen machen könnte.“ Es könnten nicht die Wege der Neuevangelisierung sein, die Gebote Gottes zu relativieren, die Unauflöslichkeit der sakramentalen Ehe abzuschaffen und ihre natürliche Substanz als ausschließliche Gemeinschaft von Mann und Frau aufzulösen. Auch eine Erweiterung der Ausnahmen vom priesterlichen Zölibat würde laut Kardinal Müller nicht zur Neuevangelisierung beitragen. (...)

Gleichzeitig warnt Kardinal Müller vor einer „Diktatur des Relativismus“. Wo diese herrsche, würden „Andersdenke als Feinde des Volkes, des Fortschritts und der Emanzipation gnadenlos bekämpft, als Konservative dämonisiert und mit verbaler und brachialer Gewalt terrorisiert

Man beachte die Weiterentwicklung des von Papst Benedikt geprägten Begriffs der Diktatur des Relativismus: Papst Benedikt meinte damit vor allem eine geistige Modeströmung, die den gehobenen Diskurs belastet - Müller sieht, daß diese Diktatur inzwischen  auf den politischen und sozialen Bereich übergreift und dort durchaus handfeste Formen annimmt.

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Ist das Lehramt ausgesetzt?

19. 11.

Bild: Von der Website des Autors

Fr. John Hunwicke hat sich gestern mit einer Frage befasst, die auch wir  uns schon gelegentlich gestellt haben. Und er beantwortet sie ganz ähnlich, wie wir das für uns getan haben:

Könnte es etwas schaden, Papst Franziskus mit ein paar Worten zu zitieren, die für sich völlig rechtgläubig klingen?

Ich bin in diesen etwas kniffligen Fragen der Alltagsklugheit nicht unfehlbar. Aber ich habe den Eindruck, daß es nicht ungefährlich ist, selbst die besten und orthodoxesten Aussagen von PF zu zitieren. Es besteht immer die Gefahr, daß man ohne es zu wollen an der Verbreitung des Eindrucks mitwirkt, daß er ein zuverlässiger Vertreter des katholischen Glaubens wäre.

Und leider ist es inzwischen natürlich völlig offensichtlich, daß das weit entfernt von der Wahrheit ist.

So ist es, leider.  Den ganzen Text gibt es wie üblich hier. Ganz und auf Deutsch hat ihn das Beiboot Petri.  

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Die neuen Zauberworte

18. 11.

George Weigel, dessen Blick auf die kirchliche Entwicklung durch die Skandale des aktuellen Pontifikats erheblich geschärft worden ist, hat auf First Things eine kritische Betrachtung von aktuellen Schlagworten der synodalen Pastoral veröffentlicht. Das Beiboot Petri bringt eine deutsche Übersetzung. Daraus:

Die Beratungs-Mechanismen der Kirche- von Gemeinderäten über pastorale Diözesanräte bis zur Bischofssynode - gibt es, damit sie die Leitung der Kirche durch ihre Hirten stärken: Pfarrer in ihren Gemeinden, Bischöfe in ihren Diözesen, den Bischof von Rom in der Universalen Kirche.

Die Synoden von 2014, 2015, 2018 und 2019 jedoch hinterlassen den Eindruck, daß das von Kardinal George beklagte Komitée-Modell sich in etwas anderes, wahrscheinlich Schlimmeres, verwandelt hat: das Modell einer Maskerade , in der ein „synodaler Prozess“ des „Zusammengehens“ Deckung für die Einführung ernster Veränderungen im Katholischen Selbstverständnis und der Praxis gewährt, für die es geringe oder keine doktrinalen, theologischen oder pastoralen Optionen gibt.

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Am Rande - Woche 44

Gegen Götzendienst

14. 11.

Bild: Mainichi Shimbun aus dem zitierten Artikel

Die katholische Kirche Japans hat gestern mit anderen christlichen Gruppen auf einer Pressekonferenz im Parlamentsgebäude von Tokyo dagegen protestiert, daß die Regierung das am 14. und 15. des Monats stattfindende große Erntedankfest zum Abschluß der Thronbesteigungsfeiern des neuen Kaisers finanziert und mit prominenten Mitgliedern daran teilnimmt. Das verstoße gegen den in der Verfassung festgelegten säkularen Charakter des Staates.

Zum Erntedank überbringt der Kaiser alljährlich den Göttern seines Hauses und des ganzen Landes Reis und Wein aus der neuen Ernte und betet für Frieden und Wohlfahrt der Nation. Im Zentrum der auf das 7. Jahrhundert zurückgehenden Zeremonien steht ein nächtliches „Göttermahl“, bei dem der Tenno (‚Herrscher im Auftrag des Himmels‘) gemeinsam mit den Gottheiten und in deren Stellvertretung Reiskuchen und Reiswein zu sich nimmt.

Im Jahr der Thronbesteigung wird dieses Fest in besonders großem Maßstab begangen, weil Opfergaben aus allen Teilen des Landes überbracht werden und neben dem „Göttermahl“ auch ein Festbankett für etwa 1000 Teilnehmer stattfindet. Für die Zeremonien werden dann auf dem Gelände des Kaiserpalastes etwa 20 temporäre Hallen und Pavillons in klassischer Tempelbauweise errichtet, die, nachdem sie kurze Zeit für die Öffentlichkeit zur Besichtigung zugänglich waren, wieder abgebaut werden. Die Gesamtkosten der Veranstaltung betragen in diesem Jahr etwa 20 Millionen €.

Der Protest gegen die staatliche Beteiligung an diesen Zeremonien ist traditionelles Thema der japanischen Linken. Die christlichen Gruppen konnten dazu auf der gestrigen Pressekonferenz eine Petition mit 6200 Unterschriften beitragen.

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Progressive Mißverständnisse

12. 11.

Kardinal Camillo Ruini (88), langjähriger Präsident der italienischen Bischofskonferenz im Pontifikat Johannes Pauls II., hat sich nach langen Jahren des Schweigens mit einem Interview zu Wort gemeldet. Darin bittet er den Papst dringend, die Vorschläge des Schlußdokuments der Amazonas-Synode äußerst kritisch zu betrachten und fordert ihn auf, im Verhältnis zu nationalen und internationalen politischen Kräften weniger politisch und stärker aus der Tradition des Glaubens heraus zu agieren. Dazu gehöre es auch, das Gespräch mit den Kräften zu suchen, für die der frühere Innenminister Salvini steht. Das Interview hat in Italien beträchtlichen Wirbel ausgelöst – Andrea Gagliarducci erklärt in seinem „Monday Vatican“ die über die Tagespolitik hinausreichenden Gründe::

Unter Papst Franziskus ist der Einfluss der Katholischen Kirche geschwunden. Die Ära der Kirche der nicht-verhandelbaren Prinzipien ist vorüber. Statt dessen propagierte Papst Franziskus die Wahrnehmung einer "nach außen gewandten Kirche" – die aufgefordert ist, Dialoge mit der globalisierten Welt zu eröffnen.Diese Welt muß wie ein "Polyeder" verstanden werden, ein Bild das Papst Franziskus häufig zu ihrer Erklärung benutzt. In diesem vielflächigen Gebilde stellt sich die Diktatur der Relativismus als Tatsache dar und bildet den Ausgangspunkt für jeden Dialog.

Papst Franziskus ist kein Progressiver. Er vertritt unmißverständliche Positionen bei unverhandelbaren Prinzipien. So hat er immer unterstrichen, daß eine Abtreibung das selbe ist wie einen Berufskiller für einen Mord anzuwerben. Dennoch wurde der Ansatz von Papst Franziskus immer als endgültige Erfüllung der progressiven katholischen Ideen interpretiert, die sich nach dem II.Vatikanischen Konzil ausbreiteten. Sie repräsentieren eine Kirche ohne Dogmen, Regeln oder Grenzen und ganz in die soziale Debatte vertieft. So sehr vertieft,  daß Evangelisierung fast gleichbedeutend wird mit Befreiung von Ungerechtigkeit, Ungleichheit und Diskriminierung.

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Contra Recentia Sacrilegia

12. 11.

Bild: Von der Website der Aktion

Aktionen wie die hier verlinkte Unterschriftensammlung „gegen die sakrilegischen Akte von Papst Franziskus“ lösen bei uns immer eine zwiespältige Wahrnehmung aus: Einerseits kann man inhaltlich all dem, was da gesagt wird, nur zustimmen - andererseits „fühlt sich“ (man verzeihe den modischen Sprachgebrauch) ein derartiges Vorgehen nicht richtig katholisch an. Die Kirche Chrisi ist hierarchisch organisiert, die Oberen sind zwar nicht jeder Kritik seitens des gläubigen Volkes enthoben - aber die Kirche ist definitiv auch keine demokratische Basisorganisation mit Wahlen, Abstimmungen und eben Unterschriftensammlungen.

Das Problem kommt natürlich daher, daß seitens der Hierarchie mit dem Papst an der Spitze in diesem Pontifikat pausenlos Zumutungen an die Gläubigen ergehen, die sich ebenfalls „nicht katholisch anfühlen“, schlimmer noch: die aller Wahrscheinlichkeit nach tatsächlich auch nicht katholisch sind. Der Aufruf, dem in Wort und Beispiel vorgetragenen Lehramt dieses Papstes bedingungslos zu folgen, den Nuntius Pierre dieser Tage vor den amerikanischen Bischöfen in unverschämtem Tonfall vorgetragen hat, klingt daher hohl und substanzlos: Eine verbindliche Lehre zur Abschaffung der verbindlichen Lehre kann es nicht geben.

Die klassische Logik wußte es noch: ex contradictione sequitur quodlibet. Wie es aussieht, sogar Unterschriftsaktionen, die sich klar gegen Akte der Hierarchie aussprechen - und die dennoch gut katholisch sind.