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Der Gefangene im Tabernakel

Die unten übersetzten Ausführungen fanden wir gestern in Fr Hunwicke's Mutual Enrichment, dem Blog des scharfzüngigen Liturgiewissenschaftlers aus dem Ordinariat unserer Lieben Frau von Walsingham. Seinen Überlegungen haben wir nichts hinzuzufügen - und bei der Übersetzung natürlich auch nichts wegzunehmen.

Es beginnt ein langes ZitatIn der ordentlichen Form macht der Priester eine Kniebeuge vor dem Allerheiligsten Sakrament nur, wenn er zu Beginn der Messe an den Altar tritt, und dann wieder direkt nach der Messe vor dem Rückweg zur Sakristei. Für mich könnte man die Körpersprache dieser Zeremonie in der Umgangssprache ungefähr so wiedergeben: „Guten Morgen, Herr - schön, daß du hier bist. Du siehst, ich erweise dir die schuldige Ehre. Aber jetzt muß ich dich für eine Weile ignorieren, das macht dir sicher nichts aus, denn ich habe wichtige Dinge zu tun. Dabei muß ich dir den Rücken zuwenden und mich auf einige Einrichtungsstücke konzentrieren, die keinen räumlichen Zusamenhang zu dem Ort haben, den wir dir zugewiesen haben. Tatsächlich werde ich mich sogar eine geraume Zeit lang mit dem Rücken zu dir hinsetzen. Aber mach dir nichts draus, bevor ich wieder in die Sakristei zurückgehe, werde ich mich in aller Form von dir verabschieden.“

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Die Sedia gestatoria ist wieder da!

Wenn auch vielleicht nicht ganz so, wie wir das in der Vergangenheit gekannt haben.  40000 Religionslehrerinnen und Katechetinnen beiderlei Geschlechts waren Teilnehmer am diesjährigen Religious Education Congress im Kongresszentrum von Anaheim/San Francisco, das, wie die Kongress-Website an prominenter Stelle mitteilt, gerade gegenüber von Disneyland liegt.
Von dort kommen jedenfalls unverkennbar die Inszenierung und musikalische Gestaltung des Events, das man als Abschlussmesse angekündigt hatte und das von einem kitschigen  Musical  zu unterscheiden unsere Kraft überforderte. Ein Höhepunkt des Events war der Einzug des Evangelienbuches, gehalten von einer in Nationaltracht gekleideten Asiatin, die ihrerseits auf den Schultern von vier Sänftenträgern in den "worship space" einschwebte. Zweifellos eine wertvolle Anregung, die künftige Auftritte von Gemeindereferentinnen und Pastoralassistenten inspirieren dürfte.

Wer glaubt, sich die ganze über zweistündige Show auf Youtube antun zu sollen, mache uns bitte nicht für erlittene Schäden an Leib oder Seele verantwortlich: Wir haben Sie gewarnt, und für die kirchenmusikalisch Sensiblen kann diese Warnung nicht nachdrücklich genug wiederholt werden. Sicher reicht ein kurzer Blick auf den Einzug der Zelebranten ab Min. 22 oder eben der Sedia Gestatoria zur Verlesung des Evangeliums, ab Min 38. Sehenswert sind auch die Entlassung der Ketechumenen und Kandidaten (ab 1:04) sowie die Zurüstung des Altars ab 1:14:30. Kein Zweifel: Wir erleben (bei einer übrigens durchaus katholischen Predigt des Erzbischofs) die Geburt einer neuen Liturgie aus dem Geist der Operette.

Der neue Frühling, das steht fest, ist über uns gekommen - Widerstand ist zwecklos, wir werden assimiliert werden.

Die Reform der Reform ist tot (3)

Im vierten und fünften Abschnitt seines Artikels zu den inneren Widersprüchen und Unmöglichkeiten einer Reform der Reform behandelt Joseph Shaw zwei populäre Vorschläge, die seitens der Anhänger einer Reform der Reform zur Lösung oder Milderung der Liturgiekrise vorgetragen werden: Den Novus Ordo auf Latein zu feiern oder die Erfüllung einer vermeintlich vom 2. Vatikanum auferlegten Reformverpflichtung durch die Messe nach dem Ordo von 1965.

Zum Thema des lateinischen NO  bezieht Shaw aufgrund der von ihm zuvor festgestellten tiefgreifenden Unterschiede zwischen den von beiden Liturgien vorausgesetzten Spiritualitäten eine ganz klare Position:

Der Novus Ordo auf Latein ist durchaus geeignet, die Gläubigen von der überlieferten Liturgie abzuschrecken.

Für einige Gläubige könne der lateinische NO durchaus eine Brücke zur überlieferten Liturgie und ihrem Umfassenderen Verständnis von Teilhabe am Gottesdienst sein - in der Mehrzahl werde er aber weder jenen, denen es um Verständlichkeit gehe, noch denen, die Sakralität suchen, wirklich genügen.

Zur Liturgie von 1965 weist der Autor nach, daß der damals mit Inter Oecumenici verfügte Ordo keinem sinnvollen Reformkonzept folgte, sondern lediglich darauf abzielte, eine ohne große rechtliche oder organisatorische Vorarbeiten durchsetzbare Interimslösung zu etablieren, mit der der längst eingeschlagene Weg zur Totalrevision unumkehrbar gemacht werden sollte.

Hier zum vierten und dem letzten Abschnitt des Artikels von Joseph Shaw.

Die Reform der Reform ist tot

Wie angekündigt, beginnen wir heute mit der Übersetzung des Artikels von Joseph Shaw zu den inneren Widersprüchen und Unmöglichkeiten einer Reform der Reform, die der misslungenen Liturgiereform von 1970 nachträglich noch eine für Kirche und Gläubige zuträgliche Form geben sollte. Im Unterschied zum Originalbeitrag, der an fünf Tagen in fünf aufeinander folgenden Blogeinträgen erschienen ist, wird Joseph Shaws Text hier zusammenhängend wiedergegeben. Die überleitenden Kurztexte zwischen den einzelnen Tagen entfallen - stattdessen haben wir Zwischenüberschriften eingefügt.

Als erste Lieferung bringen wir heute die beiden ersten Abschnitte des Artikels. Der erste enthält eine Einschätzung der praktischen Probleme, die einer Verwirklichung der Reform der Reform entgegenstehen - und zwar nicht, weil es den Beteiligten an gutem Willen fehlte, sondern weil die beiden Formen der Liturgie ein unterschiedliches und teilweise gegensätzliches Ethos und widerstreitende Begründungszusammenhänge haben. Im zweiten Abschnitt identifiziert Shaw als Erbe der liturgischen Bewegung der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eines der Hauptdezifite der Reform und ihrer Träger: Es ist deren Unvermögen, nonverbale Kommunikation als eines der wesentlichen Elemente der überlieferten Liturgie und des rituellen Handelns überhaupt zu erkennen und ernstzunehmen. Mangelnde Sakralität ist daher keine auf Missbräuche zurückführbare Begleiterscheinung des Novus Ordo, sondern deren fest eingebaues Designelement.

Für die Illustration verwenden wir Photos aus den Beiträgen auf dem Blog Joseph Shaws.

Zum Text von Joseph Shaw

Die Reform der Reform ist tot (2)

Im dritten Abschnitt seines Artikels zu den inneren Widersprüchen und Unmöglichkeiten einer Reform der Reform beschäftigt sich Joseph Shaw mit den unterschiedlichen Begriffen vom betenden Menschen, die der überlieferten Liturgie und dem Reformprodukt der 70er Jahre zugrunde liegen. Wo die gewachsene Liturgie sich den Teilnehmern als Ganzheit präsentierte, die alle Sinne und Wahrnehmungsweisen anspricht und so eine umfassende Einbeziehung und Teilnahme bewirkt, reduziert die moderne Form die Ansprache auf die verbale Ebene und das intellektuelle Verständnis von Texten. Sie hat die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts diskutierten Frage: „Ist der moderne Mensch noch liturgiefähig?“ offenbar mit einem eindeutigen „Nein“ beantwortet und sich konsequenterweise von fast allen Elementen verabschiedet, die in der Vergangenheit nicht nur des Christentums als tragende Bestandteile jeden Kultes angesehen worden sind.

Das ist von enormer praktischer Relevanz, weil es Kompromiss- und Mischformen, wie sie vielfach zur Überwindung der liturgischen Spaltung ins Auge gefasst werden, praktisch ausschließt:

Wenn man dem Novus Ordo seine wörtliche Verständlichkeit nimmt oder dem Vetus Ordo das Lateinische und die Stille, entsteht daraus nicht die ideale Liturgie. Man gerät in die große Gefahr, etwas hervorzubringen, das weder Fisch noch Fleisch ist und das auf keiner der verschiedenen Kommunikationsebenen funktioniert.

Hier zum dritten Abschnitt des Artikels von Joseph Shaw.

Zusätzliche Informationen