Das Fest Kreuzerhöhung
- Details
- 14. September 2019
Für die Katholiken, die an der überlieferten Liturgie und Lehre der Kirche festhalten, ist der 14. September auch der Tag , an dem 2007 das von Papst Benedikt erlassene Motu Proprio Summorum Pontificum in Kraft getreten ist. Die Bedeutung dieses Rechtsaktes gerät in der aktuellen Situation der Kirche leicht in Gefahr, übersehen zu werden. Die drängenden Probleme eines lehrmäßig in Zweideutigkeiten und administrativ in Willkür versinkenden Kirchenregiments drängen sich in den Vordergrund - uch hier, wo die überlieferte Liturgie doch ganz im Vordergrund stehen sollte. Die neuesten Entwickllungen im Gefolge des Mißbrauchsskandals, den man ebenso gut als einen Skandal und eine Krise der Bischöfe und der Praxis einer auf die Bischöfe gestützten Kirchenverfassung verstehen kann, lassen Fragen des Ritus als Fragen „nur“ des Ritus erscheinen. Das S-Wort - Spaltung oder Schisma - beherrscht die Debatten.
Meinungsverschiedenheit über den bloßen Ritus scheinen demgegenüber in den Hintergrund zu treten - doch dieser Eindruck täuscht. Die in der Liturgiereform der 60er Jahre nahegelegte und vielfach praktizierte Formlosigkeit im Ritus ist tatsächlich Ausdruck einer Häresie, die weite Teile der Kirche erfasst hat. Mit der sichtbaren Gestalt der Kirche und des Gottesdienstes betrifft und zerstört das auch ihr spirituelles Leben und hat die Theologie an vielen Fakultäten zur Karikatur entstellt. Die rückhaltlose Anpassung an den Zeitgeist hat auch der Unterwerfung unter seine schlimmsten Auswüchse auf moralischem Gebiet den Weg geebnet. Das kann nicht heißen, daß die Anhänger und Vertreter der Tradition per se vor dem Abgleiten in den mächtig anschwellenden Sumpf geschützt sind. Niemand ist vor der Sünde sicher, und die Versuchungen des Einsiedlers Antonius in der Wüste haben jahrhundertelang frommen Künstlern zur Darstellung dieses Wissens gedient - und möglicherweise weniger frommen als Vehikel zum Ausdruck ihrer Alpträume und Obsessionen.
Wie es scheint, nimmt unter dem Eindruck der gegenwärtigen Kirchenkatastrophe auch im noch gläubigen Volk die Einsicht zu, daß der Weg des Aggiornamento, der Verheutigung, so, wie er seit Jahrzehnten gegangen wird, in die Wüste führt. Jedenfalls gibt es vielerlei Beobachtungen, die dafür sprechen. Die Teilnahme an traditionellen Frömmigkeitsformen und der Besuch der überlieferten Messe mit Predigten zu überlieferte Glaubensinhalten nimmt zu. In Deutschland ist das nicht zuletzt wegen der in der Bischofskonferenz und ihrer Mehrheitsfraktion nach wie vor herrschenden offenen Feindseligkeit gegenüber der Tradition schwer zu beobachten. In den anglophonen Ländern, wo nicht nur der moralische Verfall des Klerus weiter fortgeschritten zu sein scheint, sondern auch die Bereitschaft, die Tradition als Bauplan für eine rettende Arche zu begreifen, ist das deutlicher zu erkennen.
Aber auch in Deutschland ist erkennbar, daß jenseits des Feldes der Liturgie, deren Bedeutung von vielen immer noch unterschätzt wird, das Bewußtsein dafür zugenommen hat, wie sehr der Kernbestand und das innere Wesen des Glaubens in den letzten Jahrzehnten beschädigt worden sind. Ein aktuelles Beispiel ist der Streit um die völlig im säkularen Geist oprierende (und von maßgeblichen Bischöfen unterstützte) Gruppierung „Maria 2.0“, der sich nach einer kurzen Schrecksekunde die glaubenstreue Initiative „Maria 1.0“ entgegen gestellt hat. An vielen Orten sind Aktivitäten zu beobachten, die sich in mehr oder weniger deutlicher Anlehnung an das Konzept der Option Benedikt um die Bildung von informellen Strukturen (ja, thoretisch ist das ein Widerspruch in sich) bemühen, die den Glauben bewahren und - noch wichtiger - an die nächste Generation weitergeben können.
Es wäre sicher nicht hilfreich, solche Bemühungen damit zu belasten, forciert die Ritusfrage aufzuwerfen. Sie wird sich in vielen Fällen schon dadurch ganz von alleine stellen, daß die nur äußerst unzureichend mit Priestern ausgestatteten Großpfarreien „neuen Typs“ personell gar nicht in der Lage sind, hier eine seelsorgliche Begleitung zu leisten. Hier zeichnet sich ein neues Tätigkeitsfeld für die Priester traditioneller Gemeinschaften ab: Die Bischöfe vieler Diözesen mögen sich weigern, ihnen offiziell die Gemeindeseelsorge anzuvertrauen. Gegen ihre Tätigkeit in „informellen Strukturen“ haben sie nichts in der Hand, solange diese Tätigkeit nicht in einem konfrontativen Geist erfolgt.
Hier liegt auf mittlere Sicht vielleicht die größte Chance, der überlieferten Liturgie wieder ihren Platz im Leben der Kirche zurück zu geben. Die Entwicklung der Weihezahlen in den letzten Jahren hat gezeigt: Das von den Säkularisten entwickelte „Leitbild des Priesterberufes“ überzeugt immer weniger junge Männer. Die Hinwendung zu den Seminaren der Tradition nimmt demgegenüber deutlich zu. In der Folge werden sich Gläubige immer öfter entscheiden müssen, ob sie sich mit einer von der Gemeindereferentin mehr oder weniger simulativ veranstalteten Wort-Gottes-Feier zufrieden geben - oder ob sie Zeit, Mühe und auch Geld aufwenden, um die Sakramente bei traditionstreuen Priestern zu feiern und zu empfangen.
Die darin (und in zahlreichen anderen Entwicklungen natürlich auch) sichtbar werdende Spaltung ist das große Kreuz der Kirche des 21. Jahrhunderts. Zu überwinden sein wird sie erst dann und nur in dem Maße, wenn alle Kirchenglieder von den Kindern im Religionsunterricht bis zu Kardinälen und Papst an der Spitze wieder lernen, ihre Blicke und ihre Hoffnung so auf das Kreuz Christi zu richten, wie das die Bewohner von Jerusalem taten, als das verloren gegangene Wahre Kreuz wieder vor ihren Augen erhöht wurde.
Weitere Beiträge zum Fest Kreuzerhöhung:
- http://www.summorum-pontificum.de/themen/tradition-und-kultur/320-zum-fest-kreuzerhoehung.html
- http://summorum-pontificum.de/themen/tradition-und-kultur/906-das-fest-kreuzerhoehung.html
- http://summorum-pontificum.de/themen/tradition-und-kultur/907-das-heilige-kreuz.html
- http://summorum-pontificum.de/themen/tradition-und-kultur/1574-kreuzauffindung-und-heilsgeschichte.html