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„Desiderio desideravi“

Screenshot von Vatican.vaPapst Franziskus bzw. sein Beraterkreis haben zum heutigen Fest der hl. Petrus und Paulus ein langes Dokument (deutsche Version ca. 25 Standardseiten) veröffentlicht, das nach einem ersten Überfliegen sowohl den Versuch einer Rechtfertigung von Traditionis Custodes als auch dessen Bekräftigung darstellt. Ausdrücklich festzuhalten ist, daß das Papier weder gesetzlichen noch lehramtlichen Anspruch erhebt. Wie von den Dokumenten dieses Pontifikates gewohnt, enthält es neben unstreitigen und unbestreitbaren Aussagen auch zweifelhafte Thesen und Behauptungen - insbesondere im Zusammenhang mit den Absichten des Konzils und der schließlich als deren angebliches Ergebnis dekretierten Liturgiereform - die jeder Kenner der Materie als unzutreffend oder geradewegs falsch betrachten muß. Eine gute Darstellung dieses Doppelcharakters bietet die erste Einschätzung bei Fr. Zuhlsdorf.

Wie alle anderen Aussagen dieses Pontifikats zur Liturgie weigert sich auch Desiderio Desideravi strikt, die behaupteten oder auch tatsächlich verkündeten Ziele der Liturgiereform Pauls VI. im Zusammenhang damit zu betrachten, was in der Mehrzahl der Gemeinden als Ergebnis dieser Reform entstanden ist - und welcher ungeheurer Zerfall von Glaubens- und Morallehre der Kirche in den folgenden Jahrzehnten eingetreten ist. Zwar gibt es wie auch schon in TC einige kritisch klingende Anmerkungen (etwa Abschnitt 48 oder 54) zur Praxis der Zelebration – oder sollte man besser sagen: des „Vorsteherdienstes“? Doch die auch in DD wiederholte apodiktische Aussage, es könne „kein Zurück“ zu früheren Formen der Liturgie geben, steht in einem bemerkenswerten Kontrast zu der Unfähigkeit, etwas Substantielles zu dem Widerspruch zwischen dem „Vorwärts“ zu sagen, das mit den Neuerungen ja denn doch erreicht werden sollte – und zu dem, was sich tatsächlich ereignet hat und sich für die Zukunft auf den verschiedenen synodalen Wegen schon abzeichnet. Kann ein Papst so abgehoben über das Wesen der Liturgie sprechen, wenn in Teilen seines Verantwortungsbereiches undbei den glühendsten Anhängern der Reform die Notwendigkeit des Priesteramtes in Frage gestellt wird?

Als Anregung zum Nachdenken über das Wesen der Liturgie mag der Text einige durchaus ernst zu nehmende Passagen enthalten - die freilich dem, der sich in der Literatur auch nur ein wenig auskennt, kaum Neues sagen können. Eine Wegweisung für die Zukunft oder auch nur zur Eindämmung der „Liturgiekriege“, die Franziskus und seine Stichwortgeber mit der Aufkündigung des von Papst Benedikt mit Summorum Pontificum angestrebten „Liturgischen Friedens“ neu entfacht hat, ist darin - nach einer ersten Übersicht - nicht zu erkennen.

Falls andere Beobachter solche Elemente wahrnehmen, werden wir hier darüber gerne berichten.

Roche: Der Ignoramus als Chefliturgiker

Mainzer Missale von 1742 - eigene AufnahmeDer Chef der römischen Liturgiebehörde und demnächst Mitglied der immer erlauchter werdenden Kardinalsschar Arthur Roche hat VaticanNews ein Interview gegeben, in dem er zwar nichts Neues sagt, aber das schon Bekannte mit gesteigertem Nachdruck. Schwer, in dem Wust von Halbwahrheiten, ganz  Erfundenem und Entstelltem Ansatzpunkte einer nüchternen Kritik zu finden. Hier ein erster und nicht sonderlich in die Tiefe gehender „Faktencheck“ zu einigen zentralen Behauptungen, die Roche in diesem Interview und anderen Äußerungen aufgestellt hat

„Es hat nie zuvor zwei Versionen des römischen Messbuchs gegeben.“

Es hat immer unterschiedliche Versionen gegeben, die zwar den gleichen römischen Geist atmeten, bis auf den weitgehend (nicht ausnahmslos) wortgleichen römischen Kanon aber beträchtliche Unterschiede aufweisen konnten: In der Abfolge und Gestalt von Zeremonien, in Anzahl und Wortlaut von Gebeten, in der Zuteilung von Rollen an die Mitfeiernden. Es gab in der Kirche unter dem Nachfolger Petri nie eine sterile Einheit des Ritus, tatsächlich gab es immer nicht nur verschiedene „usus“, sondern auch verschiedene Riten. Ein bis ins 10. Jh. zurückgehendes Beispiel der süditalienischen Katholiken mit byzantinischem Ritus in den (heute so genannten) italo-albanischen Gemeinden von Grottaferata. Die kirchliche Einheit mit den einen ursprünglich sehr fremdartigen Ritus feiernden Syro-Malabaren geht bis ins 16. Jh. zurück. Nach Ort und Gemeinschaft unterschiedliche „lex orandi“ zwischen den und innerhalb der Riten waren selbstverständlich, und die Kirche sah ihre Aufgabe nicht darin, diese Unterschiede zu beseitigen, sondern zu verhindern, daß sich daraus Unterschiede in der Lex credendi ableiten ließen.

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Noch mehr zur Konzelebration

Bild: VaticanNewsPeter Kwasniewski hat in einem langen Artikel auf OnePeterFive auf meinen – von ihm in englischer Übersetzung auf Rorate Caeli veröffentlichten – Artikel zur Konzelebration bei der Chrisammesse geantwortet und dabei mehrere Punkte durchaus kritisch beleuchtet. Er führt dazu zunächst historische und liturgische Argumente an, die ich einerseits sehr ernst nehme, andererseits aber weitgehend durch Verweis auf die hier referierte Veröffentlichung Uwe Michael Langs von 2017 als relativiert betrachte. Nach Lang gab es in der Zeit zwischen dem 9. und dem 12. Jahrhundert auch in der lateinischen Welt eine Konzelebration – wohl nicht ohne ältere Vorbilder. Sie wurde hauptsächlich am päpstlichen Hof in Rom praktiziert, von da ausstrahlend aber auch in anderen Regionen, in denen der Ortsordinarius zu besonderen Gelegenheiten, darunter auch am Gründonnerstag, mit seinem Presbyterium konzelebrierte. Wie diese Konzelebration im konkreten Fall ihren liturgischen Ausdruck fand und ob es sich in jedem Fall um eine dem Wesen nach sakramentale Konzelebration handelte, ist schwer zu eruieren.

Von dieser bereits im 13. Jahrhundert praktisch ausgestorbenen Form der Konzelebration unterscheide ich im Anschluss an Lang, aber wohl noch schärfer als dieser, die mit Sacrosanctum Concilium eingeführte „neue Konzelebration“, deren Ritus erstmalig 1965 – also noch vor der Einführung des Novus Ordo – promulgiert wurde. Die „neue Konzelebration“ bemüht sich um Anschluß an ihren hochmittelalterlichen Vorläufer, verfehlt dieses Ziel jedoch in einem ganz wesentlichen Punkt: Sie löst die gemeinsame Messfeier aus dem Zusammenhang Ordinarius (Bischof oder Abt) mit „seinem“ Presbyterat und öffnet sie zu einer Kollektivmesse einer beliebigen Gruppe von Priestern. Unter dem Schlagwort einer „Versinnbildlichung der Einheit des Priestertums“ wurde diese Abirrung in den folgenden Jahren noch weiter vorangetrieben, bis der gegenwärtige Zustand erreicht wurde, in dem die Konzelebration aller gerade anwesenden Geweihten vielerorts als Normal- und Idealzustand gilt, während die Einzelmesse abgelehnt wird.

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Mehr zum Thema Konzelebration

Photos des Umschlags aus dem VerlagsverzeichnisDie aktuelle Debatte über die Bereitschaft zur Konzelebration in der Chrisammesse als Voraussetzung für die Tätigkeit von Priestern des überlieferten Ritus in einer Diözese lenkt unsere Aufmerksamkeit auf einen Artikel des Liturgiewissenschaftlers Uwe Michael Lang, der vor 5 Jahren aus Anlaß des 10. Jahrestages von Summorum-Pontificum veröffentlicht wurde. Der Beitrag erschien damals in dem von Markus Graulich herausgegebenen Buch: Zehn Jahre Summorum – Pontificum: Versöhnung mit der Vergangenheit. Langs Text steht auch kostenlos als PDF zum Download im Internet zur Verfügung. Wir können die vollständige Lektüre nur sehr empfehlen und geben hier zur ersten Information einen Überblick über die wesentlichen Argumente samt einigen Anmerkungen zum aktuellen Kontext.

Nach einigen einführenden Überlegungen zum Problem von Bruch und Kontinuität in der Liturgiegeschichte versucht Lang zunächst einen Vergleich der Liturgiereform von 1969 mit früheren Reformen in karolingischer Zeit und nach Trient. Das Ergebnis ist wenig überraschend: Schon allein aufgrund der völlig anderen Gesellschaftsverhältnisse und des niedrigen Standes der Kommunikationsmittel ist der Rückblick auf die karolingischen Reformen wenig ertragreich, und die nachtridentinische Reform hat sich entsprechend dem Auftrag dieses Konzils auf die Konsolidierung der damals bereits seit fast einem Jahrtausend bestehenden Tradition beschränkt. Einen kritischen Blick wirft Lang dabei auf den Umstand, daß die Form des Missales von Trient (nicht sein Inhalt oder der „Geist“ der Reform insgesamt) es begünstigte, die missa privata als die Grundform der römischen Liturgie erscheinen zu lassen. Dennoch bleibt das Fazit: „An einen „Umbau“ oder „Neubau“ des Messbuches, wovon Joseph Ratzinger und Joseph Gelineau in grundverschiedener Bewertung sprechen, war nicht gedacht.“

Ziel des Motu Proprio von Benedikt XVI war es daher, die durch den 1969 erfolgten „Neubau“ des Messbuches aufgetretenen Probleme zu bewältigen, ohne freilich den Neubau grundlegend in Frage zu stellen. In diesem Zusamenhang äußert Lang auch die Ansicht, eine Zielsetzung von SP sei es gewesen, die „erneuerte Liturgie“ wieder stärker in Geist und Form der Tradition zu verankern – auf die Möglichkeit und Erfolgsaussichten eines solchen Vorhabens wollen wir hier nicht weiter eingehen. Statt dessen folgen wir Lang bei seinem nun einsetzenden historischen Überblick zur Konzelebration im lateinischen Ritus, die durch die Liturgiekonstitution des II. Vatikanums nach vielhundertjähriger Pause wieder in den aktuellen Gebrauch eingeführt worden ist.

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Und wieder mal: Inkulturation

Bild: VaticanNewsIn einem Interview mit der spanischen Publikation Omnes hat der Vertrauensmann von Franziskus für die Auslöschung der liturgischen Tradition, Arthur Roche, neue Schritte auf dem Weg zur Verwirklichung dieses Ziels angekündigt. Konkret benannte er u. A. die Veröffentlichung eines Dokuments zur liturgischen Bildung von Priestern und Laien. Wir sind gespannt, im Zusammenhang mit „liturgischer Bildung“ ist uns Roche bisher nicht aufgefallen. Weniger konkret benannte er die – aus seiner Sicht – Notwendigkeit einer stärkeren „Inkulturation“ des römischen Ritus für die Bedürfnisse außereuropäischer Gesellschaften. Bedauerlicherweise sei seit dem Konzil nur ein solcher inkulturierter Usus geschaffen worden – der sog. Ritus von Zaire. Ein halbwegs authentisches Beispiel bietet ein kurzer Youtube-Film hier; erneut und diesmal Franziskisch inkulturiert am Altar des Stuhles Petri in Rom sieht das dann so aus. Den Ordo des Missale in Italienisch und Englisch kann man hier einsehen, proklamiert wurde er in französischer Sprache, und in dieser Sprache wird er wohl auch am meisten gefeiert - wenn überhaupt. In der Praxis scheint wenig Nachfrage zu bestehen.

Zu diesem „Usus“ können wir über die oben genannte Quelle hinaus weiter nichts sagen, als daß er hauptsächlich von Europäern geschaffen wurde – nach ihren Vorstellungen davon, was „dem Afrikaner“ gemäß sei. Und entsprechend dem frühen Entstehungszeitpunkt in den 60er Jahren zeigt er neben romantischem Afrika in vielem noch wesentlich mehr Elemente der überlieferten Liturgie als der aktuelle Sonntagsgottesdienst einer Novus-Ordo-Gemeinde in Deutschland.

Es wäre interessant, einmal die Meinung von Kardinal Sarah zu derlei Veranstaltungen zu hören, aber der gilt ja wohl nicht mehr als richtiger Afrikaner, sondern als europäisch verbildet und kolonialistisch geprägt. Das wahre Wesen Afrikas kennt man nur an einigen amerikanischen und europäischen Universitäten – und natürlich auch in S. Anselmo und im Hause Roche …

Bei Papsttreisen in exotische Länder ist gelegentlich zu besichtigen, wie eine „Inkulturation“ im Geist des Novus Ordo aussieht: Man glaubt sich in eine Werbeveranstaltung des örtlichen Vereins zur Steigerung des Fremdenverkehrs versetzt.

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