Fälscher und Betrüger am Werk
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- 25. Juli 2017
Aus der römischen Kleruskongregation ist der Entwurf eines Dokuments bekannt geworden, wonach sie alle in Rom residierenden Priesterkollegien dazu verpflichten will, die heilige Messe nur noch in Konzelebration zu feiern. Betreffen würde das in erster Linien die römischen Priesterseminare und ähnliche Ausbildungsstätten. Aufgedeckt hat das Projekt Roberto de Mattei – wir haben am 30. Juni bereits ein erstes Mal darüber berichtet. In den vergangenen acht Tagen hat sich nun Fr. John Hunwicke vom Ordinariat unserer Lieben Frau von Walsingham in insgesamt 6 Beiträgen (vom 17. bis zum 24. Juli) ausführlicher mit dem Thema befasst. Einiges von dem, was er dabei zu Tage gefördert hat, soll hier noch einmal kurz zusammengestellt werden.
Ausgangspunkt von Hunwickes Überlegungen ist die Vermutung, daß die Autoren des Entwurfs zutiefst beunruhigt sind über die Entwicklung beim Priesternachwuchs der vergangenen Jahre. Die meisten Seminaristen hätten entweder ein positives Verhältnis zur Tradition – auch und ganz besonders zur liturgischen – oder sie stünden ihr zumindest sachlich und neutral gegenüber.
Immer öfter hört man das vergnügte Lachen junger Kleriker, die sich sicher sind, daß das Alter und der liebe Bruder Tod die Probleme abräumen werden, die die gegenwärtig an der Macht befindliche Generation von Heuchlern der Kirche bereitet“.
Von daher wertet Hunwicke die Konzelebrationspflicht als Ausdruck der gleichen Furcht, die auch die Priesterweihe von Diakonen von einem Votum „der Laien“ abhängig machen will – das wäre die Angst, daß einem bis in die höchsten Ränge von Glaubensverlust und Kapitulationsbereitschaft geprägten Klerus wieder Priester und Bischöfe folgen können, die einfach nur katholisch sind. (Teil 1)
Dabei sieht Hunwicke den Entwurf ganz klar gegen das zunehmende Interesse an der überlieferten Liturgie gerichtet: Im traditionellen Ritus gibt es – vom Sonderfall der Priesterweihe abgesehen – keine Konzelebration. Priester zur praktisch ausnahmslosen Konzelebration zu verpflichten bedeutet, den alten Ritus faktisch aus den Seminaren zu verbannen, und das, ohne Summorum-Pontificum auch nur anrühren zu müssen. (Teil 2) Fr. Hunwicke macht darauf aufmerksam, daß der Entwurf der Kleruskongregation offenbar bis jetzt in gar keiner Weise mit der Gottesdienstkongregation abgestimmt worden ist – obwohl er eine liturgische Frage betrifft und damit vollständig in deren Zuständigkeitsbereich fallen sollte. Er macht weiterhin darauf aufmerksam, daß der Entwurf in keinem Wort auf das tägliche Offizium eingeht, obwohl dieses doch in erster Linie dazu geeignet und von seinem Wesen her bestimmt wäre, das gemeinschaftliche Beten zu fördern. Doch – so Hunwicke – dieses behauptete Ziel ist eben nur vorgeschoben. (Teil 3)
Als nächstes stellt sich der englische Priester die Frage, ob der Entwurf sich „einfach so“ über die unmißverständliche Rechtslage – begründet in Sacrosanctum Concilium, und klar ausgedrückt im Missale und im Kirchenrecht – hinwegsetzt, wonach, jeder Priester jederzeit das Recht hat, einzeln zu zelebrieren.
„Nein“ hat er beobachtet, „er packt das Problem ganz fest und quasi mit beiden Händen an. Der Entwurf zitiert die genannten Dokumente mit Quellenangabe und allem und fasst dann deren Inhalt (einschließlich der Hervorhebung) so zusammen: Das wesentliche Kriterium, nach dem eine Einzelzelebration an Tagen gerechtfertigt ist, an denen die Kirche oder die Gemeinschaft die Konzelebration vorgibt, ist, daß das Wohl der Gläubigen das verlangt oder angeraten sein läßt“.
Hier wird der Sinn und die Aussage der zitierten Dokumente auf dreisteste Weise in sein Gegenteil verkehrt. Darin vermutet Hunwicke eine noch über den konkreten Fall hinausgehende Gefahr. Er verweist auf die römische Praxis, sich auf in Vorgängerdokumenten festgestellte Präzedenzen zu berufen und befürchtet: „Wenn die Kleruskongregation mit diesem Taschenspielertrick durchkommt, könnte ihre Verdrehung als Fußnote künftiger repressiver Dokumente auftauchen um zu suggerieren, daß diese Fälschung der hergebrachten Praxis der Kirche entspricht“. (Teil 4)
Im folgenden Abschnitt präsentiert Fr. Hunwicke dann den Wortlaut und die Fundstellen der Aussagen, in denen Sacrosanctum Concilium und das Kirchenrecht festschreiben, daß jeder Priester jederzeit (mit Ausnahme des Gründonnerstags) das Recht hat, eine Einzelmesse zu feiern und zeichnet nach, daß damit seit vielen Jahrhunderten auch die Vorstellung verbunden war, daß die Priester dazu jeden Tag verpflichtet wären. Daran schließt sich seine Frage an:
Wie entschieden müssen eigentlich die Aussagen des Lehramtes ausfallen und wie oft müssen sie wiederholt werden, daß die Abweichler und Irrlehrer davon Notiz nehmen. Und warum gibt es in den Kurienbehörden so viele Abweichler und Irrlehrer? (Teil 5)
Abschließend stellt Fr. Hunwicke dann unter ausführlichem Rückgriff auf den anglokatholischen Theologen Eric Mascall klar, daß die Einzelzelebration historisch nie als Widerspruch zum sozialen, die ganze Kirche umfassenden Charakter der heiligen Messe aufgefasst worden ist: Soviele Priester auch an an wie vielen Altären zelebrieren – es ist immer das eine von Jesus Christus gestiftete Opfer, zu dem die von der Christus selbst und der Kirche dazu beauftragten Priester an den Altar treten. (Teil 6) Er schließt seine Abhandlung mit einer bereits vorher angeklungenen Überlegung:
Nach prominenten Vatikanologen ist der Kardinalpräfekt der Kleruskongregation (Benjamino Stella), die das vorliegende Papier erarbeitet hat, der engste Freund des Papstes in der Kurie. Es erscheint merkwürdig, daß ein so wichtiger und gut vernetzter Mann offensichtlich so wenig über die Lehre und die Praxis der Kirche weiß oder wissen will.“