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„Geheime“ Weihe für Alcuin Reid

Bild: Von der Website des KlostersDie Dinge sind, um es milde auszudrücken, verwirrend. Mit großer Freude haben wir in den vergangenen Tagen mitgeteilt und kommentiert, daß mit Bischof Meier von Augsburg zum ersten Mal seit vielen Jahrzehnten ein amtierender deutscher Bischof jungen Männern aus einem Seminar in seiner Diözese die Diakonenweihe nach der überlieferten Liturgie erteilt hat. Zur gleichen Zeit erreicht uns aus der Diözese Frejus-Toulon in Frankreich die Nachricht, daß, der Liturgiewissenschaftler und Prior einer von ihm gegründeten Benediktinischen Gemeinschaft Alcuin Reid „im Geheimen“, also letztlich illegal, von einem ungenannten Bischof die Priesterweihe empfangen habe, weil ihm sein Ortsbischof Dominique Rey von Frejus-Toulon die Weihe verweigert habe.

Das verwundert umso mehr, als Bischof Rey in der Vergangenheit nicht nur bei vielen Veranstaltungen als Zelebrant im alten Ritus und als Vortragsredner zu dessen Verteidigung aufgetreten ist, sondern seine eigene Diözese quasi „birituell“ organisiert hatte: Im Priesterseminar von Frejus-Toulon wurden alle Kandidaten mit beiden Formen der römischen Liturgie (so der Wortgebrauch von Papst Benedikt in Summorum Pontificum) vertraut gemacht, konnten in der einen oder anderen Form geweiht werden und wurden schließlich nach ihren Präferenzen schwerpunktmäßig für die eine oder die andere Form eingesetzt. Aus diesem Grund hatten sich seinerzeit Alcuin Reid und seine Confratres in Frejus-Toulon niedergelassen und dafür im Dezember 2011 auch die Genehmigung/Anerkennung von Bischof Rey erhalten. Prior Alcuin Reid war damals unseren Quellen nach Diakon (LifeSiteNews berichtet in diesem Punkt anderes) und nichts deutete darauf hin, daß er beabsichtigte, daran etwas zu ändern. Auch andere Gründer von Gemeinschaften waren nicht Priester; bekanntestes Beispiel ist der hl. Franziskus, der sein Leben lang Diakon blieb.

Für die Seelsorge im Kloster St. Benoît konnten die Mönche der kleinen Gemeinschaft jahrelang auf Priester aus der Umgebung zurückgreifen, doch das scheint sich spätestens seit dem Erlass von TC geändert zu haben. Hier geht es weiter Tatsächlich ist es um alle Angelegenheiten, die den überlieferten Ritus in Frejus-Toulon betreffen, verdächtig ruhig geworden. Die Vermutung liegt nahe, daß die römischen Instanzen ihre Machtmittel aufgeboten haben, um den lästigen Bischof Rey zu neutralisieren. Im Fall Reid mag noch erschwerend hinzugekommen sein, daß der Liturgiewissenschaftler zu denen gehörte, die sich am frühesten und am schärfsten gegen die Bindungswirkung von TC ausgesprochen hatten: „Es gibt keine Pflicht zum Selbstmord in der Kirche und nochj einmal grundsätzlicher in „Besteht TC die Prüfung im Anfänger-Seminar Liturgigeschichte?“.

Wo der mangelnde Willen zum Selbstmord so offen ausgesprochen wurde, griffen die römischen Machthaber anscheinend zu einem direkteren Mittel: Seit Monaten war es der Gemeinschaft von St. Benoît nicht mehr möglich, regelmäßig Priester zur Feier der Liturgie und Spendung der Sakramente in ihrem kleinen Kloster zu gewinnen. Da die Hindernisse anscheinend unüberwindbar waren, wandte sich Diakon Reid mehrmals mit der Bitte, selbst zum Priester geweiht zu werden, an Bischof Rey. Diözesane Visitatoren hatten die Weihe befürwortet – aber der Bischof lehnte ab, sehr wahrscheinlich auf direkte Anweisung Roms. Über St. Benoît und seine Mönche war praktisch eine sakramentale Quarantäne verhängt – ein Interdikt wie im Mittelalter, aber informell, ohne Aklage, ohne Prozess und ohne Richter – und vor allem: ohne jedes Mittel zum Rekurs.

Mit der „geheimen“ Priesterweihe haben sich nun Rey und seine Gemeinschaft aus dieser Notlage gelöst und gleichzeitig gegen die anscheinend zur Unrechtsordnung gewordenen Ordnung der Kirche und der Jurisdiktion des Ortsbischofs gelöst. Das ist eine sehr schwerwiegende Entscheidung, deren Rechtmäßigkeit oder Notwendigkeit unsereins nicht wirklich beurteilen kann. Man kann gespannt sein, ob und auf welche Weise die kirchlichen Obrigkeiten auf diesen Akt der Insubordination reagieren werden - die ersten Reaktionen der Diözese, von denen LifeSite News berichtet, deuten auf Hilflosigkeit. Und man kann nur dankbar sein, daß dem Wigratzbader Seminar der Petrusbruderschaft eine solche Notlage erspart wurde.

Beide Ereignisse zusammen zeigen wohl die Spannweite dessen, womit die Gemeinden und Gemeinschaften der Tradition für die Zukunft zu rechnen haben. Dabei geht man wohl nicht fehl mit dem Verdacht, daß kleine und vermeintlich schwache Gemeinschaften der Willkür römischer Instanzen stärker ausgesetzt sind als große und bekannte. Und vielleicht spielt auch eine Rolle, daß Bischof Rey wohl noch aus seiner traditionsfreundlichen Vergangenheit in Rom die eine oder andere Rechnung offen hatte, während Bischof Meier in dieser Hinsicht nicht als „vorbelastet“ gelten musste. Wie schon eingangs gesagt: Alles sehr verwirrend. Und bezeichnend für den Zustand der Kirche gegen Ende des Pontifikats eines Mannes, dem alles, was er berührt, ins Chaos entgleitet.

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