Bereichsnavigation Themen:

Wie weiter mit Pius?

Porträtphoto Mit Tiara und MantumNach schlechter Tradition wird in Rom wieder einmal mit Gerüchten Politik gemacht, daß dem staunenden Beobachter Hören und Sehen vergeht. Und natürlich geht es wieder einmal um die Piusbruderschaft. Aus der Umgebung von Glaubenspräfekt Müller, so heißt es, sei dem Focus zugetragen worden, daß selbiger Präfekt „die Geduld verloren“ habe und alsbald daran gehen wolle, die Bruderschaft und möglichst viele ihrer Anhänger für außerhalb der Gemeinschaft der Kirche stehend zu erklären. Und als ob „die Geduld verlieren“ eine theologisch relevante Kategorie sei, wird diese Darstellung von katholischen Nachrichtenagenturen beflissen aufgegriffen und von offiziösen Kanälen des deutschen - und wohl nicht nur des deutschen - Episkopats erwartungsfroh weiterverbreitet.

Tatsächlich ist auch von Seiten der Bruderschaft nichts zu vernehmen, was auch nur im entferntesten an die Hoffnungen vom Frühjahr des Jahres 2012 erinnern könnte, als eine Einigung unmittelbar bevor zu stehen schien. In einer offiziellen Stellungnahme zum 25 Jahrestag der ohne Erlaubnis Roms erfolgten Bischofsweihen übt die Bruderschaft harsche Kritik an einzelnen Textaussagen des 2. vatikanischen Konzils und deren gegen die Tradition gerichteten Umsetzung. Dabei sagt sie zwar in der Sache an keiner Stelle etwas Neues - aber der Ton fällt unverkennbarerweise wieder in die Zeit des „kalten Krieges“ vor dem Beginn des Pontifikates von Benedikt XVI. zurück. Wollte man heute ein Prognose über den zu erwartenden Fortgang der Dinge anstellen, so würde sie exakt das Gegenteil dessen enthalten, was wir - und viele andere - vor nicht einmal eineinhalb Jahren kommen sahen.

So bleibt nur die Erinnerung an jene Passage aus dem „Begleitbrief an die Bischöfe“, mit dem Papst Benedikt XVI. den Erlass des Motu Proprio vor sechs Jahren begleitete:

Es geht um eine innere Versöhnung in der Kirche. In der Rückschau auf die Spaltungen, die den Leib Christi im Lauf der Jahrhunderte verwundet haben, entsteht immer wieder der Eindruck, daß in den kritischen Momenten, in denen sich die Spaltung anbahnte, von seiten der Verantwortlichen in der Kirche nicht genug getan worden ist, um Versöhnung und Einheit zu erhalten oder neu zu gewinnen; daß Versäumnisse in der Kirche mit schuld daran sind, daß Spaltungen sich verfestigen konnten. Diese Rückschau legt uns heute eine Verpflichtung auf, alle Anstrengungen zu unternehmen, um all denen das Verbleiben in der Einheit oder das neue Finden zu ihr zu ermöglichen, die wirklich Sehnsucht nach Einheit tragen.“

Dieser Appell richtet sich ganz klar an die „Verantwortlichen in der Kirche“ – es hat nicht den Anschein, als ob er dort auf fruchtbaren Boden gefallen wäre.

FSSPX auf dem Weg ins Schisma?

Spalte in einer ZementwandDie heute verbreitete Meldung, Bischof Fellay werde in den nächsten Tagen eine öffentliche Antwort auf die „Doktrinelle Präambel“ geben, die einer scharfen Absage an „Rom“ gleichkomme, hat wenig Neuigkeitswert. Wer die Entwicklung seit dem letzten Frühjahr, als eine Einigung unmittelbar bevorzustehen schien, verfolgt hat, konnte beobachten, daß der Ton sich fast von Woche zu Woche verschärfte. Wo man vor einem Jahr noch von „schismatischen Tendenzen“ in einer Minderheit der Bruderschaft sprechen konnte, muß man jetzt davon ausgehen, daß diese Tendenzen zur Orientierung für eine Mehrheit geworden sind. Unterhalb der offiziellen Ebene, in Blogs und Diskussionsforen des Internets, vertreten selbsterklärte Freunde der Bruderschaft immer öfter Positionen, deren logische Fortführung der Sedisvakantismus ist – wenn sie nicht bereits dort angekommen sind.

Einige Erklärungen von Erzbischof Müller, dem neuen Präfekten der Glaubenskongregation, und das ebenso spektakuläre wie überflüssige Verbot Bischof Morerods, Priester der Bruderschaft in den Kirchen seines Bistums zelebrieren zu lassen, sind Anzeichen dafür, daß man in Rom die Verschärfung nicht nur zur Kenntnis genommen hat, sondern sie – zumindest von einigen Seiten – auch aktiv vorantreibt. Es bewahrheitet sich wieder einmal, was Papst Benedikt in seinem Begleitbrief an die Bischöfe zu Summorum Pontificum ausgeführt hat: „...daß in den kritischen Momenten, in denen sich die Spaltung anbahnte, von seiten der Verantwortlichen in der Kirche nicht genug getan worden ist, um Versöhnung und Einheit zu erhalten oder neu zu gewinnen; daß Versäumnisse in der Kirche mit schuld daran sind, daß Spaltungen sich verfestigen konnten.“

Eine bemerkenswerte Begleiterscheinung der Entwicklung ist, daß nun – offenbar wieder auf beiden Seiten – Gerüchte gestreut werden, die nicht weniger als eine weitgehende Rücknahme von Summorum Pontificum andeuten: Die Praxis der überlieferten Liturgie solle auf den Status einer absoluten Ausnahmeregelung für unbelehrbare Nostalgiker reduziert, die regelmäßige Teilnahme an der neuen Liturgie bzw. deren Zelebration „nach der Gewohnheit des jeweiligen Ortes“ für die Priester zur Pflicht gemacht werden.

Auch hier treffen sich zwei extremistische Positionen auf ungute Weise. Zweifellos gibt es in mehreren Bischofskonferenzen – darunter auch der deutschen – starke Kräfte, die genau darauf hin arbeiten, obwohl sie eigentlich wissen könnten, daß der Papst das von ihm nach reiflicher Überlegung erlassene Gesetz nicht in sein Gegenteil verkehren lassen wird. Aber Wille und Gesetz des Papstes interessieren sie schon längst nicht mehr.

Auf der anderen Seite erfüllt die Projektion solche Schreckensbilder auch für die Hardliner bei der Bruderschaft eine überaus nützliche Funktion: Sie erscheint geeignet, jene Mitglieder bei der Stange zu halten, die vor dem Gang ins Schisma oder gar in den Sedisvakantismus zurückschrecken und die, von Summorum Pontificum ermutigt, Fühler zu den Ecclesia Dei-Gemeinschaften ausgestreckt haben.

Das Tragische an dieser Zuspitzung ist, daß sie zu einem Zeitpunkt erfolgt, an dem die gesellschaftliche Leitkultur des Todes – ganz im Widerspruch übrigens zum so überaus optimistischen Weltbild des II. Vatikanums – der katholischen Kirche an allen Fronten den Kulturkampf erklärt, um sie zur Anerkennung ihrer Oberhoheit zu zwingen. Dabei sollte man sich allerdings hüten, die Frontverläufe dieses Kampfes ohne weiteres mit denen in der Auseinandersetzung über die rechte Form der Liturgie in eins zu setzen. Die schönsten Formen helfen nichts, wenn der Inhalt zerfällt. Und der Inhalt lässt sich schwer bewahren, wenn man die Form verkommen lässt.

Michael Charlier

Erzbischof Di Noia schreibt an die Piusbruderschaft

Porträtphoto im DominikanerhabitMonatelang herrschte Funkstille zwischen „Rom“ und der Piusbruderschaft. Viele empfanden das als sehr bedauerlich. Andere - und zwar auf beiden Seiten - sahen darin ein willkommenes Indiz dafür, daß sich nichts ändern würde. Draußen bliebe draußen, und Drinnen bliebe weiterhin ungestört.

Mit seinem bereits im Advent geschriebenen und offenbar auch mit dem Papst und dem Präfekten der Glaubenskongregation abgestimmten Brief, der inzwischen von Bischof Fellay allen Priestern der Bruderschaft weitergeleitet worden ist, kommt nun wieder Bewegung in die Sache. Erstmals dringt die römische Seite mit diesem Schreiben zum theologischen Kern der Differenzen vor und bietet der Bruderschaft einerseits eine Perspektive für ihr künftiges Wirken innerhalb der Struktur der Kirche, setzt andererseits aber auch klare Grenzen für ein Agieren als „loyale Opposition“ im Innern.

Konkret erinnert der Erzbischof die Bruderschaft an den hohen Stellenwert der Einheit der Kirche und daran, daß die Grenzen dessen, was an Verschiedenheit innerhalb dieser Einheit möglich ist, jedenfalls nicht von einer Gruppe alleine gezogen werden können. Damit richtet sich das Argument nicht nur an die Bruderschaft, die bestimmte neuerdings aufgekommene Ansichten und Interpretationen für unzulässig hält, sondern ebenso an die (vielfach tonangebenden) Vertreter dieser Ansichten, die keinen Widerspruch zu ihren Neuerungen zulassen wollen.

Eindringlich mahnt er zu liebevoller Geduld, wenn das für die Klärung dieser Differenzen einzig zuständige Lehramt nicht schnell oder nicht hart genug zu Entscheidungen kommt. Dabei lässt er den Weg zur sachlichen Kritik an eventuellen Versäumnissen des Lehramtes offen, besteht aber darauf, daß diese Kritik, selbst wo sie begründet ist, nicht das Recht gibt, ein eigenes Lehramt zu errichten und damit die gefährdete Einheit tatsächlich zu zerreißen. Damit gibt das Schreiben dem Spannungsfeld zwischen Einheit und Wahrheit eine Form, die nicht mehr so antagonistisch geprägt ist, wie das bisher vielen unvermeidlich schien. Gleichzeitig erklärt und begründet es damit auch wenigstens ansatzweise die zurückhaltende Ausübung päpstlicher Autorität - und wendet sich unübersehbar gegen das autoritäre Gebaren in den Machtbereichen der Hermeneutiker des Bruches.

Der Priesterbruderschaft eröffnet er die Perspektive, sich entsprechend dem Charisma ihres Gründers in der „Ausbildung von Priestern in der Fülle der katholischen Tradition“ zu betätigen - was freilich erfordern würde, daß diese Priester dann auch in der Seelsorge eingesetzt werden. Wörtlich schreibt der Erzbischof:

Das eigentliche Charisma der Bruderschaft besteht darin, Priester zum Dienst am Volk Gottes auszubilden  - und nicht sich anzumaßen, die Lehre oder Disziplin anderer Glieder der Kirche zu beurteilen und zu korrigieren."

Damit ist die Voraussetzung für die Rückkehr der Bruderschaft in die volle Einheit klar benannt und begründet. Allerdings gibt es für den „Dienst von in der Fülle der katholischen Tradition ausgebildeten Priestern am Volke Gottes“ derzeit keine tragfähigen Strukturen. Sie zu finden und zur Geltung zu bringen, wird nach der theoretischen Klärung des widerspruchsvollen Verhältnisses zwischen „Einheit“ und „Wahrheit“ - und der Anerkennung des Ergebnisses durch die Bruderschaft - die eigentliche Aufgabe der wohl noch geraume Zeit erfordernden Gespräche sein.

Es ist sicher verfrüht, über mögliche Ergebnisse zu spekulieren. Aber nachdem Erzbischof Müller als Präfekt der Glaubenskongregation laut über ein Ordinariat für rückkehrwillige Lutheraner nachgedacht hat , kann man in der Tat darüber nachdenken, ob eine Ordinariatsstruktur für traditionsorientierte Katholiken nicht die geeignete Form bietet, dem, „was immer und von allen geglaubt worden ist“, seinen Platz in einer programmatisch vielfältigen Einheit zu sichern.

Wir veröffentlichen den Text des Schreibens von Erzbischof Di Noia in der von „Rorate Caeli“ gebotenen Form in englischer Sprache, aber mit eigenen kommentierenden Anmerkungen.

Zum vollständigen Text (englisch)

Weihen beim ICKSP

Bischof Sample bei der WeihezeremonieEine ganze Serie von Weihen zeigte in der ersten Juli-Woche, daß das Institut Christus König und Hoher Priester in den vergangenen Jahren eine bedeutende Zahl von Berufungen anziehen konnte. Alle Weihen fanden in Florenz statt, in dessen Nähe sich der Ort Cricigliano mit dem Priesterseminar der Gemeinschaft befindet.

Am 2. Juli erteilte der emeritierte Bischof von Christchurch (Neuseeland), Msgr. Basil Meeking (geb. 1929) den neueingetretenen Seminaristen die Tonsur und die niederen Weihen. Am folgenden Tag spendete der amtierende Bischof von Marquette (USA), Msgr. Alexander Sample (geb. 1960), 15 vor dem Abschluss ihres Studiums stehenden Seminaristen die Weihe zum Diakonat bzw. zum Subdiakonat. Am 5. Juli schließlich erteilte der Präfekt der Apostolischen Signatura, Raymond Kardinal Burke (geb. 1948) 5 Diakonen die Priesterweihe.

Die Website des Instituts zeigt eine umfangreiche Bilderserie von den Weihen am 3. Juli, die in der überaus prachtvollen Kirche San Michele e Gaetano von Florenz stattfanden.

Alles verzögert sich

PorträtphotoDie vielfach bereits für das Wochenende erwartete Erklärung der Piusbruderschaft zum Stand der Gespräche mit Rom verzögert sich. Immerhin, es gibt seit heute ein Interview mit Bischof Fellay, das im Tenor wohl schon Wesentliches der erwarteten Erklärung vorwegnimmt:

Wir werden in sehr kurzer Zeit Rom die Position des Kapitels zukommen lassen, das uns die Gelegenheit gegeben hat, unsere Marschroute zu präzisieren. Wir bestehen auf der Bewahrung unserer Identität, was das einzige wirksame Mittel darstellt, um der Kirche zu helfen, die Christenheit zu erneuern. So wie ich ihnen kürzlich gesagt habe: „Wenn wir den Schatz der Tradition für das Heil der Seelen fruchtbar machen wollen, müssen wir sprechen und handeln“ (Siehe Interview vom 8. Juni 2012). Wir können kein Stillschweigen bewahren im Angesicht des allumfassenden Glaubensabfalles, auch nicht vor dem schwindelerregendem Zusammenbruch der Berufungen und des religiösen Lebens. Wir können nicht schweigen zu dieser „schleichenden Apostasie“ und ihren Ursachen. Denn ein Schweigen in Glaubensfragen ist nicht die Antwort auf diese „stillschweigende Apostasie“, die selbst Johannes-Paul II. im Jahr 2003 festgestellt hat.

Die Ernennung Bischof Müllers zum Präfekten der Glaubenskongregation und damit zum federführenden Prälaten für die Rekonziliationsgespräche findet wenig überraschender Weise keine große Gegenliebe: 

Der ehemalige Bischof von Regensburg, in dessen Diözese sich unser Seminar von Zaitzkofen befindet, schätzt uns nicht, das ist für niemanden ein Geheimnis. Nach der mutigen Tat von Benedikt XVI. 2009 zu unseren Gunsten schien er nicht im mindesten im gleichen Sinn mitarbeiten zu wollen. Er hat uns wie Parias behandelt. Schließlich war er es, der erklärt hat, dass unser Seminar geschlossen werden müsste und dass unsere Studenten in die Seminare ihres Herkunftslandes gehen müssten, bevor er unumwunden verkündete: „Die vier Bischöfe der Bruderschaft müssten alle demissionieren!“

Hier finden Sie das ganze Interview auf DICI.org.

Zusätzliche Informationen