Frage: „Wozu sind wir auf Erden?“
Antwort: „Wir sind auf Erden, um Gott zu erkennen, ihn zu lieben, ihm zu dienen und einst ewig bei ihm zu leben.“
Frage Nr. 1 aus dem „Grünen Schulkatechismus“ von 1955
Themen und Meldungen:
Problem Handkommunion
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- 19. Oktober 2020
In Polen hat die Vereinigung Christliche Kultur eine Plakataktion gestartet, auf der sie ein Ende der Handkommunion fordert. Das gibt uns Anlaß, noch einmal auf diese Problematik, die häufig Anlaß zum Streit zwischen Vertretern der überlieferten Liturgie und solchen der Reformliturgie bietet, zurückzukommen. Im Zusammenhang mit Corana hatten viele Bistümer unter Berufung auf freilich wissenschaftlich kaum haltbare Behauptungen für ihren Zuständigkeitsbereich die Mundkommunion verboten und damit vor allem in Gemeinden der überlieferten Liturgie einige Unruhe ausgelöst haben. Tatsächlich ist der Verdacht kaum von der Hand zu weisen, daß in einigen Bistümern die Feindschaft von Ordinarius und Ordinariat gegenüber der Tradition bei solchen Verboten die ausschlaggebende Rolle gespielt hat. Allerdings haben einige Bistümer entsprechende Verbote jetzt wieder aufgehoben; in Münster unter dem Hinweis, es seien mehrere ärztliche Gutachten vorlegt worden, die belegen würden, dass von der Mundkommunion kein höheres Infektionsrisiko ausgeht als von der Handkommunion. Auf dieser Basis sollte sich der Konflikt eigentlich entschärfen lassen.
Das Problem ist vielschichtig. Zu recht ist die Frage aufgeworfen worden, ob Ortsbischöfe überhaupt berechtigt sind, gesamtkirchliche Gesetze – und nach denen ist die Mundkommunion immer noch die ordentliche Form des Kommunionempfangs – außer Kraft zu setzen. Selbst wenn man ihnen dieses Recht für eine außergewöhnliche Notsituation zubilligen wollte, wäre das doch davon abhängig, daß das entsprechende Verbot tatsächlich ein wirksames Mittel zur Abhilfe gegenüber der Notsituation darstellte – wovon derzeit wohl kaum die Rede sein kann.
Hl. Messe in der Furcht des Herrn
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- 15. Oktober 2020
Geradewegs ins Zentrum unseres Glaubens und der Liturgie, in der er sich verkörpert trifft ein Artikel von Michael F. Foley auf New-Liturgical Movement: „Gottes Züchtigung im überlieferten Römischen Missale“. Um die Verständnishürde angesichts des außer Gebrauch gekommenen Wortes „Züchtigung“ gleich als erstes anzugehen: „Züchtigung“ ist nicht gleichbedeutend mit Strafe, sondern erfaßt einen weiter reichenden Begriff. Strafe, gerechte Strafe, verhängt Gott (oder eine geordnete Gesellschaft) gegen einen Schuldigen – um ihn zu bessern, um die Gesellschaft zu schützen, um die verletzte Ordnung wieder ins Recht zu setzen. „Züchtigung“ schließt keine dieser Bedeutungen aus – aber sie umfaßt auch Maßnahmen, die sich nicht gegen einen Schuldigen richten, sondern aus väterlicher Fürsorge als Ermahnung, Einübung von Tugend oder Aufruf zur Besserung an (noch) nicht Schuldige richten – also nicht „gegen“, sondern „für“ ihn. Und schon allein die hier gebrauchten Worte und Begriffe, von denen einige reichlich ungewohnt daherkommen, lassen ahnen, daß der Artikel, dessen Anlaß die Corona-bedingte Aktualität der Missa in Tempore Mortalitatis ist, mit seiner Argumentation auch geradewegs ins Zentrum der Verfallsgeschichte von Glauben und Kirche im letzten Jahrhundert treffen.
In Missale von 1962, nach dem diese Votivmesse heute noch vorgesehen ist, kommt der Begriff der „Züchtigung“ (als castigo oder castigatio) in zwei Lesungen und in acht verschiedenen Gebeten vor – in den meisten Fällen als selbst-auferlegte Züchtigung, als freiwilliges sich selbst in Zucht-nehmen, um die Neigung zur Sünde zurückzudrängen,den Blick auf die überirdischen Güter zu öffnen und den Weg dorthin zu erleichtern. Doch zumindest an einer Stelle, nämlich in der Postcommunio der Votivmesse im Angesicht von Unwetter, ist auch von der Züchtigung durch Gott die Rede, die nicht als Strafe für begangenes Unrecht, sondern als allgemeine Mahnung und Ansporn zum Guten erfolgt: Dort wird Gott angesprochen als „der Du uns durch Züchtigung heilest und durch Vergebung errettest“. Die hier zugrunde liegende Vorstellung kann sich biblisch unter anderem auf den 2. Brief an die Korinther und den Hebräerbrief stützen, wonach der Herr die züchtigt, die er liebt, und diese Züchtigung geradezu ein Ausweis dessen ist daß er als Vater die Menschen als seine Kinder angenommen hat. (Ausführlich in Hebr. 12, 4-11)
Ist der moderne Mensch liturgiefähig?
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- 13. Oktober 2020
Auf New Liturgical Movement thematisiert Peter Kwasniewski erneut die berühmte Frage Romano Guardinis aus dem Jahr 1964: „Ist der moderne Mensch noch liturgiefähig?“ Zu Recht weist Kwasniewski dabei darauf hin, daß diese Frage bzw. die darauf gegebenen Antworten sich immer mehr als Schlüssel zum Verständnis der liturgischen Bestrebungen und Reformen des letzten Jahrhunderts erweisen.
Den von Guardini dazu geleisteten Beitrag sieht Kwasniewski in seinem Artikel überaus kritisch, wenn er schreibt:
Auch wenn Guradini selbst ein paar Jahre später die Entwürfe des consiliums als „Klempnerarbeit“ verwarf, kann man den Schaden, den er mit seinen Bemerkungen in dem Brief von 1964 verursacht hat, gar nicht schwer genug einschätzen. Er hat – so wie viele andere Halb-Modernisten auch – darin den Anschein erweckt, daß die gesamte christliche Liturgie seit Konstantins Zeiten und auf jeden Fall seit dem Mittelalter heute irrelevant, nutzlos und unverständlich geworden sei und damit reif für den Abfallhaufen geworden sei. Es ist schon erstaunlich, daß ein Theologe vom Rang eines Guardini, der einen so zutreffenden Begriff von der (richtig verstandenen) „Irrelevanz“ und „Nutzlosigkeit“ der Heiligen Liturgie hatte, derart in chronologischen Relativismus verfallen konnte.
Einerseits können wir vielleicht Guardini in begrenztem Umfang beipflichten: Die Liturgischen Reformbestrebungen schienen von der Idee auszugehen, daß die Liturgie, wenn sie so, wie sie ist, nicht „funktioniert“, einer grundlegenden „Überarbeitung“ nach einem „funktionierenden“ Modell bedarf – dann könne man das neue Produkt, getrost verpacken, versenden und dem erwartungsfrohen Publikum quasi frisch von der Rolle ausliefern. In dieser Sicht liegen alle Probleme auf der Seite der liturgischen Riten – nicht der Mensch muß sich ändern, sondern nur der Ritus.
Ordo Missae V: Credo in Unum Deum
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- 10. Oktober 2020
Wie das Gloria ist das Glaubensbekenntnis erst relativ spät in den Ordo der hl. Messe des römischen Ritus aufgenommen worden - wie es heißt auf Drängen von Kaiser Heinrich II., der bei einem Besuch in Rom 1014 das ihm aus fränkischem Brauch vertraute Glaubensbekenntnis in den Messen des Papstes vermißte. Zur Erklärung soll man ihm damals gesagt haben, anders als die Kirchen an den Rändern sei die Kirche Roms niemals von Irrlehren betroffen gewesen, so daß es einen besonderen Glaubensbekenntnisses nicht bedurft habe...
Wahrscheinlicher erscheint uns freilich eine andere Erklärung: Die römische Messliturgie – auch die zuweilen sehr reichhaltige Liturgie des päpstlichen Hofes – ist wie alle Kapitelsliturgien in enger Verbindung mit dem Stundengebet zu sehen. Und im römischen Stundengebet, das mit dem Apostolischen Glaubensbekenntnis beginnt, steht am Morgen jeden Tages seit alters her vor der Prim noch einmal das große Glaubensbekenntnis, das sehr umfangreiche „Quicumque Vult“, das auf den hl. Athanasius zurückgeführt wird. Von daher war es durchaus verständlich, daß das Glaubensbekenntnis in der Messfeier nicht noch ein weiteres Mal wiederholt wurde und sich tatsächlich auch nach der kaiserlichen Intervention nicht auf alle Messen ausbreitete, sondern auf die feierlichen Messen an Sonntagen und hohen Festen beschränkt blieb.
Während im Stundengebet meistens das athanasische Glaubensbekenntnis gebetet wurde, verwandt die Kirche in ihrer Taufliturgie seit frühester Zeit vorzugsweise das ihr mit der östlichen Tradition gemeinsame nikäno-konstantinopolische Bekenntnis, und in dieser Form wurde es wohl auch im 11. Jahrhundert in den Ordo Missae übernommen. Im Novus Ordo kann statt dessen auch das kürzere wohl auf gallo-römische Wurzeln zurückgehende apostolische Glaubensbekenntnis verwandt werden.
Ein Ritus in zwei Formen?
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- 09. Oktober 2020
Zur Unterstützung seiner These, daß die Liturgie des Novus Ordo nicht dem römischen Ritus angehört, verweist Peter Kwasniewski auch auf einige Stimmen aus dem Kreis der Radikalreformer, die ebenfalls von einer Diskontinuität zwischen dem alten und dem neuen Ritus ausgehen - von einem Bruch, den sie begrüßen. Nicht aufgeführt hat er dabei einen der prominentesten Vertreter dieser Bruchs-Theorie, den französischen Jesuiten Joseph Gelineau. Gelineau sah in den Reformen des Consiliums und Pauls VI. nur erste Schritte auf einem Weg, der mit der Abschaffung des überkommen Ritus beginnen und schließlich zu einer neuen Theologie und einer neuen Kirche führen sollte. Es lohnt sich, einen Blick in das 1978 erschienene Büchlein mit dem vielversprechenden Titel „Demain la liturgie“ zu werfen, das im gleichen Jahr auch auf Englisch und 1979 auch auf Deutsch: „Die Liturgie von morgen“ herausgekommen ist.
Und es schadet nichts, dabei zwei Werke mit ganz ähnlichem Titel daneben zu legen: Das bereits 1948 erschienene „The Mass of the Future“ des amerikanischen Jesuiten Gerald Ellard, das eine wichtige Rolle beim Umschlag der liturgischen Bewegung in den USA in die liturgische Revolution gespielt hat, und Klaus Gambers „Liturgie Übermorgen“ von 1966. Das stammt aus einer Phase, in der Gamber noch große Hoffnungen auf die in „Sacrosanctum Concilium“ projektierte Liturgiereform setzte und es nicht für ausgeschlossen hielt, „daß erst jetzt, nach fast zweitausend Jahren Kirchengeschichte, die eigentliche Blütezeit der Kirche beginnt“ (S. 20). Von den genannten jesuitischen Reformern unterscheidet sich Gamber freilich in seinem weitaus nüchterneren und nicht auf Bruch, sondern auf Erneuerung zielenden Herangehen, in dem bereits die Grundlagen seiner später überaus kritischen Einschätzung der Liturgiereform sichtbar werden.
Doch zurück zu Gelineau. Anders als Ellard und Gamber, die – ersterer bereits Jahrzehnte – vor der Inkraftsetzung des Novus Ordo geschrieben haben, hatte der Franzose schon 10 Jahre Gelegenheit, die Auswirkungen der Reform zu beobachten, und das ermutigt offenbar ihn zu weitgespannten Hoffnungen. Gleich auf einer der ersten Seiten (englische Ausgabe S. 11) macht er eine Aussage, die ein bezeichnendes Licht auf die Fragewirft, ob der neue Ritus noch zur römischen Ritenfamilie gehört.
Denken Sie – falls sie sich überhaupt noch daran erinnern können – zurück an das gesungene lateinische Amt mit gregorianischem Choral. Vergleichen sie das mit mit der modernen Messe nach dem Konzil. Nicht nur die Worte, sondern auch die Melodien und bestimmte Handlungen sind jetzt anders. Tatsächlich ist es eine andere Messliturgie. Wir müssen es ganz klar sagen: Der römische Ritus, wie wir ihn gekannt haben, existiert nicht mehr. Er ist weg. Einige Mauern des Gebäudes sind gefallen, andere wurden versetzt – wir können das als eine Ruine ansehen, aber auch als Teile des Fundaments für ein neues Gebäude“.
Unsere Liebe Frau vom Rosenkranz
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- 07. Oktober 2020
Am 7. Oktober begeht die Kirche das Rosenkranzfest, das 1571 zur Erinnerung über den historischen Sieg der Flotten der christlichen Länder über die türkischen Invasoren bei Lepanto gestiftet und 1716 nach der Zurückschlagung des türkischen Angriffes auf Wien für die ganze Kirche ausgedehnt wurde. Näheres zur Geschichte dieses Festes aus einer Zeit, als die Führer der Kirche sich noch nicht dem Wahn einer selbstmörderischen „Willkommenskultur“ unterworfen hatten, brachten wir bereits 2018 und 2015.
In diesem Jahr können wir daher den Blick einer Besonderheit der liturgischen Texte aus dem Proprium dieses Festtages zuwenden. Die Postcommunio lautet nach der keineswegs perfekten, aber dennoch „klassischen“ Übersetzung des Schott:
Wir bitten Dich, o Herr: laß uns Hilfe zuteil werden durch die Fürbitten Deiner heiligsten Mutter, deren Rosenkranz wir festlich feiern, so werden wir der Kraft der Sakramente, die wir verehren, innewerden und die Frucht des Sakramentes, das wir empfangen haben, erlangen.
Mit den Wortpaaren „verehren – innewerden“ und „empfangen haben – Frucht erlangen“ folgt die Postcommunio der klassischen Bildungsformel für diese Oration, die man auf eine Wendung wie „was wir mit dem Munde empfangen haben, möge unserer Seele zum Heile gereichen“ zurückführen kann. Darin sind die materielle, zeichenhafte und die spirituelle, wirkungsmäßige und wesentliche Ebene des Sakramentes in römischer Kanppheit miteinander verknüpft. Dieses Stilmittel ist freilich für die Postcommunio keine Besonderheit, sondern nachgerade die Regel.
Die Besonderheit am Rosenkranzfest liegt darin, daß auch das Tagesgebet nach einer ganz ähnlichen Formel gebildet ist. Es lautet:
O Gott, Dein eingeborener Sohn hat durch Sein Leben, Seinen Tod und Seine Auferstehung für uns den Lohn des ewigen Heiles erworben; wir bitten Dich nun: Durch die Verehrung dieser Geheimnisse im hochheiligen Rosenkranz der seligen Jungfrau Maria laß uns nachahmen, was sie enthalten, und erlangen, was sie verheißen.
Ganz nebenbei korrigiert diese Oration auch die gängige falsche Vorstellung, daß das stille Rosenkranzgebet von Gläubigen während der hl. Messe diese von der participatio actuosa abhalte: Gegenstand des recht verstandenen Rosenkranzgebetes ist exakt das gleiche „Paschamysterium“, das wir auch in der hl. Messe feiern – nur daß diese Geheimnisse in der Oration zum Fest und erst recht im Rosenkranzgebet selbst weitaus konkreter angesprochen werden als im wolkigen Theologensprech vom „Paschamysterium“.
In dieser Sicht relativiert sich auch die Kritik an der von Papst Johannes Paul II. vorgeschlagenen und persönlich praktizierten Ergänzung des Rosenkranzes durch die „lichtreichen Geheimnisse“. Der Rosenkranz ist eine außerliturgische Form der Volksfrömmigkeit, die in vielen Ländern und Regionen in unterschiedlicher Weise geübt wird. Die von Johannes Paul II. vorgeschlagene und in keiner Weise vorgeschriebene Ergänzung erweitert tatsächlich den Blick auf das ganze Leben des Erlösers zwischen Geburt und Passion: Die Taufe im Jordan mit der Offenbarung seiner Gottessohnschaft, dem Beginn seines öffentlichen Wirkens in Kana, dem Höhepunkt seines Lehrens in der Bergpredigt, der Offenbarung seiner göttlichen Natur in der Verklärung und der Einsetzung der Eucharistie mit der Vorwegnahme des Kreuzesopfers im Abendmahl. Das nimmt dem Glauben der Kirche nichts weg und fügt nichts hinzu.
Trotzdem bleibt ein Unbehagen: Die Volksfrömmigkeit gehört dem Volk; die Obrigkeit sollte sich in ihre „organische Entwicklung“ nur da einmischen, wo das zur Abwehr von Irrtümern geboten ist. Und ein ebenfalls nicht unwichtiger Aspekt: Die Zahl der 150 Aves unter den 15 traditionellen Anrufungen ist ja nicht Zufall oder Willkür - sie entspricht der Zahl der Psalmen, die seit unvordenklicher Zeit das Beten Israels und der Kirche bestimmen. Der Rosenkranz war immer auch der Psalter des einfachen Volkes, dem die Zeit und die Bildung zum offiziellen Stundengebet fehlte, und das sich doch mit dem liturgischen Gebet der Kirche vereint sehen wollte.