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Bischof Livieres von Rom abgesetzt

In ungewöhnlichem Tempo hat der Vatikan den Fall Ciudad del Este abgeschlossen: Nachdem Ende Juli eine gemeinsame Delegation von Bischofs- und Kleruskongregation vor Ort gewesen war, hat der Papst zwei Monate später Bischof Rogelio Ricardo Livieres Plano entlassen. Der Bischof wurde nicht, wie in anderen Fällen üblich, gebeten um die Entbindung von seinen Amtspflichten zu bitten, sondern von Rom aus amtsenthoben. Im offiziellen Kommunique des Vatikans wird der ungewöhnliche Schritt mit „ernsten seelsorgerischen Gründen“ gerechtfertigt, die zum „höheren Wohl der Einheit der Kirche von Ciudad del Este und der bischöflichen Gemeinschaft von Paraguay“ erforderlich geworden seien.

Das ist aus zwei Gründen irritierend: Zwar stimmt es, daß Bischof Livieres sich in der nationalen Bischofskonferenz von Paraguay in eine Außenseiterposition manövriert hatte – aber vieles deutet darauf hin, daß er in einer vom modernistischen und relativistischen Abirrungen geprägten Umgebung als einziger nicht nur in der Liturgie, sondern auch in Lehre und Verkündigung auf Wahrung von Tradition und Kontinuität bedacht war. Soll in Zukunft die Einheit der Bischofskonferenz höheren Stellenwert haben als die Einheit in der Lehre, wie sie im Weltkatechismus von 1992 insbesondere den Bischöfen ans Herz gelegt ist?

Zweiter Grund zur Beunruhigung ist, daß der Umstand, der zumindest als Auslöser der aktuellen Entwicklung in Ciudad des Este anzusehen ist, in dem offiziellen Kommunique mit keinem Wort erwähnt ist. Dabei geht es um den zwielichtigen P. Carlos Urrutigoity, der von Bischof Livieres zum Generalvikar der Diözese ernannt worden war. Tatsächlich war Urrutigoity seit 1999, als er von Bischof Fellay wegen nachgewiesener moralischer Verfehlungen aus der Piusbruderschaft entlassen worden war, mehrfach einschlägigerDelikte beschuldigt und auch überführt worden und musste aus einer Stelle nach der anderen entfernt werden. Nun sind selbst schwerwiegende moralische Verfehlungen oder deren Vertuschung  – wie die Fälle Salvatore Ricca oder Daneels demonstrieren – für den Vatikan auch heute noch kein Hinderungsgrund für die Betrauung mit hohen Ämtern, aber anscheinend gilt dieses Privileg nur, solange die Missbrauchstäter oder -verschleierer, auf der richtigen, d.h. der bis zur Glaubensfeindlichkeit progressistischen Seite stehen.

Zweifellos wusste Bischof Livieres von der noch gar nicht so weit zurückliegenden Vergangenheit seines Generalvikars, und es kann ihm auch nicht verborgen geblieben sein, daß seine zahlreichen Gegner diese Vorlage dankbar annehmen würden, um ihn zu Fall zu bringen. Trotzdem hat er seine verfehlte Personalentscheidung bis zum Vorabend der Visitation im Juli in einer Weise verteidigt, die ihn noch verwundbarer machen musste.

Rorate Caeli knüpft daran in einem auch insgesamt lesenswerten Kommentar folgende Mahnung:

Das sollte auch allen traditionel eingestellten Katholiken eine Warnung sei: Wenn sie glauben, daß sie einen größeren Teil der Heiligen Tradition der Kirche empfangen haben, dann muß auch ihr Verhalten stets beispielhafter sein, als das allgemein üblich ist (Luk 12,48). Es darf in konservativ oder traditionell orientierten Gemeinschaften und Gemeinden keinerlei Raum für irgendwie zweifelhafte Charaktere geben, die ihre ganze Umgebung mit in Verruf bringen. Wenn Liberale mit angreifbarem Verhalten ungestraft davonkommen und manchmal sogar eben deshalb befördert zu werden scheinen, dann ist das das Problem ihrer Oberen bis hinauf zum heiligen Stuhl selbst. Aber ungeachtet der Doppelmoral seitens der Hierarchie müssen die, die es besser wissen und den tieferen Glauben haben, auch besseres Verhalten an den Tag legen.

Das gilt natürlich ganz allgemein und immer - unter den aktuellen Bedingungen aber offensichtlich in ganz besonderen Maße.

Noch einmal FSSPX

Die offizielle Website der katholischen Kirche Deutschlands macht heute mit einem Bild von Kardinal Müller auf - den sie nicht besonders mag - und verweist dazu auf ein Porträt von Erzbischof Lefbvre, den sie noch viel weniger mag. Grund der Anstrengung ist das gestrige Treffen zwischen Bischof Fellay und Kardinal Müller als Präfekt der Glaubenskongregation, das wegen der ihm im Kommuniqué bescheinigten „freundlichen Atmosphäre“ überall da Beunruhigung ausgelöst hat, wo man auf den Hinauswurf der Bruderschaft gehofft hatte.

Zu Beruhigung fischt katholisch.de aus den Kommuniques, die Vatikan und die Bruderschaft über das Gespräch veröffentlicht haben, einen wie man dort meint bedeutsamen Unterschied heraus: Die vatikanische Formulierung stelle die angekündigten weiteren Gespräche in die Perspektive eines erhofften „Erreichen der vollständigen Versöhnung“, demgegenüber enthalte die Erklärung der Bruderschaft zwar einige zusätzliche Informationen,

... vor allem aber nennt sie ein anderes Ziel. Von einer Aussöhnung ist nichts zu lesen. Die erste Begegnung Müllers mit Fellay habe darauf gezielt, gemeinsam Bilanz über die Beziehungen seit der Abdankung von Papst Benedikt XVI. und dem Weggang von Kardinal William Joseph Levada, dem vorhergehenden Präfekten der Glaubenskongregation, zu ziehen.

Neben lehrmäßigen und kanonischen Schwierigkeiten habe man auch über die aktuelle Situation der Kirche gesprochen. Die Erklärung schließt mit dem Satz: "Es wurde beschlossen, den gemeinsamen Austausch aufrecht zu erhalten, um bestehende auseinanderweichende Punkte zu klären." Was genau sich die Piusbrüder von den nun folgenden Gesprächen erhoffen und ob sie das Ziel einer "vollständigen Versöhnung" unter den Vorgaben des Vatikan teilen, bleibt vorerst unklar.“

Da gibt es in der Tat einen unterschiedlichen Akzent - „vollständige Versöhnung“ ist derzeit bei der Bruderschaft, wo man gar nicht so genau zu sehen glaubt, mit wem man sich da versöhnen solle, kein populäres Ziel. Hier mehr Durchblick zu schaffen muss in der Tat das erste Ziel aller Gespräche sein.

Viel wichtiger erscheint jedoch etwas anderes, in dem beide Kommuniquees nun wieder ganz übereinstimmen: Die beiderseitig gewollten und angekündigten Gespräche sind an keine Vorbedingung geknüpft. Die „lehrmäßige Präambel“, deren bedingungslose Anerkennung und Unterzeichnung der Vatikan im Frühjahr 2012 ultimativ zur Voraussetzung jeder weiteren Diskussion gemacht hatte - was damals zum faktischen Abbruch der Verhandlungen geführt hatte - diese Präambel ist offensichtlich vom Tisch. Was den Vatikan betrifft vielleicht nicht vom Inhalt her, wohl aber als Vorbedingung für Gespräche. Es kann also zunächst ohne Drohung erneuter Exkommunikation weiter miteinander fesprochen werden - und wenn es ein paar Jahrzehnte dauern sollte. Damit kehrt die Politik des Vatikans wieder zu der pragmatischeren Haltung zurück, mit der die Kirche traditionell Meinungsverschiedenheiten begenet, die nicht den Kernbereich des Dogmas betreffen. Und das Pastoralkonzil Vatikan II ist eben nicht das „Superdogma“, zu dem es einige seiner Ausdeuter hochstilisieren wollen.

Der genaue Inhalt der „lehrmäßigen Präambel“ von 2012 ist übrigens nach wie vor nicht bekannt. Ebenso im Dunkeln liegen die Umstände, die damals dazu führten, die Bruderschaft nach zeitweise durchaus erfolgreich scheinenden Gesprächen mit Forderungen zu konfrontieren, die diese offensichtlich nicht akzeptieren konnte. Man geht jedoch sicher nicht fehl in der Annahme, hier Zusammenhänge mit den innerkurialen Auseinandersetzungen und Intrigen zu sehen, die dann schließlich zur Abdankung von Papst Benedikt führten.

Das Gespräch hat stattgefunden

Das erwartete Gespräch von Kardinal Müller, Präfekt der Glaubenskongregation, und Bischof Fellay von der Piusbruderschaft hat also stattgefunden - allerdings erst heute, und erfreulicherweise ohne den von einigen Beobachtern befürchteten großen Knall. Das kurz nach Abschluss des Treffens vom Pressebüro des hl. Stuhls veröffentlichte und später auch vom Generalhaus der Bruderschaft weitgehend übernommene Kommunique besagt in unserer auf dem italienischen und dem englischen Wortlaut beruhenden Übersetzung:

Am Vormittag des heutigen Dienstag, des 23. September, hat im Amtssitz der Glaubenskongregation von 11 bis 13 Uhr ein Gespräch in herzlicher Atmosphäre zwischen Kardinal Gerhard Ludwig Müller, Präfekt der Glaubenskongregation, und Bischof Bernard Fellay, Generaloberer der Piusbruderschaft, stattgefunden. Kardinal Gerhard Ludwig Müller wurde begleitet von Erzbischof Luis Francisco Ladaria Ferrer, S.I, Sekretär der besagten Kongregation, Msgr. Joseph Augustin Dinoia, O.P, beigerordneter Sekretär  und Erzbischof Guido Pozzo, Sekretär der päpstlichen Kommission Ecclesia Dei. Ebenfalls dabei waren zwei Begleiter von Seiten der Piusbruderschaft, Hw. Niklaus Pflüger und Hw. Alain-Marc Nély.

Die beiden Seiten haben verschiedene Probleme lehrmäßiger und kirchenrechtlicher Art besprochen und kamen überein, weiterhin im Gespräch zu bleiben um innerhalb eines vernünftigen Zeitrahmens die Probleme zu überwinden, wobei eine vollständige Rekonziliation das angestrebte Ziel bleibt.“

Das sagt inhaltlich nicht viel, aber die Wendung „ein Gespräch in herzlicher Atmosphäre“ und die Benennung der „vollständige Rekonziliation“ als angestrebtes Ziel für weitere Gespräche lassen doch erkennen, daß beide Seiten keinesfalls einen Konfrontationskurs gefahren haben. Es bleibt also alles offen - mit ein wenig mehr Grund zur Hoffnung für ein gutes Ende als vorher.

Wie weiter mit der FSSPX?

Drei Tage vor dem für Sonntag geplanten Treffen zwischen Bischof Fellay von der Piusbruderschaft und Kardinal Müller, dem Präfekten der Glaubenskongregation und Vorsitzenden der ihr angegliederten Kommission Ecclesia Dei, führte Papst Franziskus am Donnerstag ein Gespräch mit dem Sekretär dieser Kommission, Erzbischof Guido Pozzo. (Quelle) Über den Inhalt des Gesprächs mit Pozzo, der zweifellos auch am Treffen von Kardinal Müller mit Fellay teilnehmen wird, wurde nichts Konkretes bekannt.

Stattdessen kursieren in Rom die diverse Prognosen und Meinungen, die übereinstimmend davon ausgehen, daß  ein Aufeinander-Zugehen in welcher Form auch immer äußerst unwahrscheinlich sei. Während einige Beobachter erwarten, daß der seit dem Abbruch der Gespräche 2013 bestehende Schwebezustand auf unbestimmte Zeit verlängert werde, wollen andere erfahren haben, daß Kardinal Müller beauftragt sei, einen harten Schnitt vorzunehmen und bei der zu erwartenden Weigerung, „das Konzil vorbehaltlos anzuerkennen“ und sich einem päpstlichen Kommissar zu unterwerfen, die Bischöfe der Bruderschaft und womöglich auch ihre Priester erneut zu exkommunizieren. Auch Sanktionen gegen Gläubige, die ausschließlich an Gottesdiensten der FSSPX teilnehmen, sind im Gespräch.

Als zusätzliche Variante ist in den vergangenen Tagen die Vermutung aufgetaucht, daß die „Ausstoßung“ der Bruderschaft der letzte Auftrag für den gegenüber der FSSPX auch selbst äußerst kritisch eingestellten Glaubenspräfekten Müller in diesem Amt sei. Danach - und möglicherweise noch vor der Bischofssynode - solle die Glaubenskongregation in ihrer bisherigen Form aufgelöst und durch eine den pastoralen Erfordernissen gegenüber flexiblere Struktur ersetzt werden. Die Zuständigkeit für die Ecclesia-Dei-Gemeinschaften würde demnach der Kleruskongregation übertragen.

Schlechte Nachricht aus Rom

Noch ist es nur ein Gerücht, aber Sandro Magister ist einer der bestinformierten Vaticanistas, und die Mitteilung auf seinem Blog lässt an Detailgenauigkeit wenig Wünsche offen: Raymond Cardinal Burke, einer der profiliertesten Wahrer der überlieferten Liturgie und Lehre, wird nach seinem Amt in der Bischofskongregation auch den Vorsitz der Signatura, des obersten päpstlichen Gerichtshofes, verlieren. Er erhält jedoch weder ein neues „Ministerium“ in Rom noch ein seinem Rang und Ruf entsprechendes Erzbistum in den USA. Der 66-jährige Kardinal soll vielmehr nach dem Wunsch des Bischofs von Rom das Amt eines Patrons des Malteserordens übernehmen - in der Vergangenheit Ehrentitel für Würdenträger nach erfolgter Pensionierung mit 82 oder 83 Jahren.

Tatsache ist jedenfalls, daß S.E. Burke der letzte Leiter einer hochrangigen vatikanischen Behörde ist, der nach dem Pontifikatswechsel immer noch nicht offiziell im Amt bestätigt oder aber abgelöst worden ist. In seiner Person findet die innere Verbindung von der Treue zur überlieferten Liturgie und der überlieferten Lehre besonders sinnfälligen Ausdruck: Er ist nicht allein einer der reisefreudigsten Zelebranten von Pontifikalämtern und Spender von Weihen in der traditionellen Form. Er hat sich insbesondere in Fragen des Lebensrechtes Ungeborener und der christlichen Sexualmoral nie gescheut, die Wahrheit zu bezeugen, komme sie gelegen oder ungelegen. So gehörte er auch zu den wenigen hochrangigen Prälaten, die vor der Bischofssynode klaren Widerspruch gegenüber den Wünschen der Theologen angemeldet haben, die unter Formelkompromissen die Übernahme von Forderungen des Zeitgeist vorbereiten.

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