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Eine Rituskirche für die Lateiner - II

Bild: Vo der Website der Apostolischen AdministraturDas Schweigen von Querida Amazonia zu den reformatorischen Dauerthemen wie Zölibat oder Frauenweihe hat nicht dazu geführt, daß die Propagandisten dieser Forderungen nun ihrerseits erst einmal Ruhe gegeben hätten. Eher im Gegenteil: Einige wollen in dem von anderen lautstark beklagten Schweigen des Dokuments sogar eine Ermutigung sehen, die „Diskussion“ verstärkt fortzusetzen – zwei schöne Beispiele hier zur „Machtfrage“ und zum Zölibat. Sollen sie ruhig – mit expliziten Neuerungsversuchen zu diesen Themen ist im aktuellen Pontifikat eher nicht mehr zu rechnen, und mit den Ambivalenzen Franz'scher Dokumente lernen wir zu leben.

Interessanter erscheint ein anderes Thema, das in der Öffentlichkeit weitaus weniger Aufmerksamkeit findet: Die Frage eines eigenen Ritus oder gar einer eigenen Rituskirche für den Amazonas. Sie war auf der Synode von Kurienerzbischof Fisichella recht ausführlich zur Sprache gebracht worden und hat uns damals dazu geführt, darüber nachzudenken, ob eine eigene Rituskirche für die Lateiner nicht einen anzustrebenden Weg böte, Fortbestand und Weiterentwicklung der überlieferten Liturgie in Einheit mit dem Stuhl Petri zu ermöglichen. Eine „Rituskirche“ zeichnet sich nicht nur durch den Besitz eines eigenen Ritus, also vornehmlich in der Liturgie, aus. Sie verfügt auch über ein eigenes Kirchenrecht, eigene Disziplinarregeln und in Grenzen sogar über einen eigenen Katechismus – wobei in allen Punkten durch römische Rekognoszierung sichergestellt wird, daß die Einheit der Kirche im Grundsätzlichen gewahrt bleibt. Die in Einheit mit dem Papst stehenden Ostkirchen (die z.B. keinen Priesterzölibat kennen), sind solche Rituskirchen, und die Ordinariate der anglikanischen Tradition kommen in ihrer gegenwärtigen Rechtsstellung nahe an den Status einer Rituskirche heran.

Die Errichtung einer begrenzt eigentständigen Rituskirche für die überlieferte Lehre und Liturgie könnte für die der Tradition anhängenden Katholiken eine große Erleichterung mit sich bringen. Natürlich würde sie aus vielen Gründen auf den erbitterten Widerstand der bisher in Westeuropa konkurrenzlos da stehenden „Novus-Ordo-Kirche“ stoßen. Der zähe Widerstand der englischen Hierarchie gegen die Errichtung der Ordinariate spricht Bände und hat den Prozess nicht nur verzögert, sondern auch das Ergebnis beeinträchtigt. Allerdings ist die Machtstellung dieser auf dem Weg der Säkulartisierung weit vorangeschritenen Ortskirchen in Rom selbst im chaotischen Pontifikat Franziskus‘ erschüttert, wie an den zunehmenden Spannungen zwischen Kurie und Mehrheit der deutschen Bischofskonferenz erkennbar wird. Der Gedanke einer „Pluralisierung“ der Kirche ist vielen Vertretern dieses Pontifikates durchaus nicht fremd – bisher haben wir nur meistens eher die verhängnisvollen als die denkbaren positiven Seiten dieses vor Augen gehabt.

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Zwei Nachträge

Bild: Aus dem genannten Bericht auf New Liturgical MovementZwei Meldungen der vergangenen 14 Tage, die uns entgangen waren oder erst verspätet in den hier beobachteten Internetpublikationen erschienen sind, sollen hier festgehalten werden.

Bereits am 8. Februar hat Bischof em. Bruskewitz von Lincoln, Nebraska, im Seminar U.L.F. von Guadelupe der Petrusbruderschaft sieben jungen Männern die Weihe zum Subdiakonat erteilt. Beten wir dafür, daß sie ihren Weg erfolgreich zu Ende gehen und dann in der in den USA überaus aktiven und erfolgreichen Bruderschaft daran mitarbeiten, die überieferte Lehre und Liturgie der Kirche zu erhalten und für die Neuevangelisierung nutzbar zu machen.

Einen ausführlichen Bildbericht von der Weihe mit Erklärungen zum Ablauf der Zeremonien des Weihegeschehens bringt New Liturgical Movement vom 26. Februar.

Am vergangenen Aschermittwoch hat Erzbischof Guido Pozzo, früherer Sekretär der vor einem Jahr aufgelösten päpstlichen Kommission Ecclesia Dei für die Belange der Gemeinschaften des alten Ritus, in der römischen Pfarrkirche der Petrusbruderschaft ein Pontifikalamt gefeiert und die Auflegung des Aschenkreuzes vollzogen. Die Zelebration war allem Anschein nach nur kurzfristig angekündigt und ist bisher auch nur in einer kurzen Notiz auf Messainlatino gemeldet worden; außerdem gibt es ein mit dem Handy aufgenommenes 2-Minuten-Video auf Youtube.

Sie wollen Ihr Bestes!

Bild: Von der WEbsite des KlostersOb die Woche vor Weihnachten die beste Gelegenheit für Spendenaufrufe bietet, kann mit guten Gründen bezweifelt werden. Trotzdem wollen wir hier zwei Bitten um finanzielle Unterstützung weitergeben, die uns in den letzten Tagen im Netz begegnet. 

Das Bild oben zeigt die Orkney-Insel Papastronsay nördlich von Schottland, in Kreisen der Tradition bekannt durch das dort angesiedelte Golgotha-Kloster der Sons of the Most Holy Redeemer - früher auch bekannt als „Transalpine Redempteristen“ - eine Gemeinschaft der Tradition, die Leben in strenger Kontemplation und Abgeschiedenheit mit jeweils für einige Monate übernommener Großstadtseelsorge verbindet. 

Am 9. Dezember wurde das gerade mit einigem finanziellen Aufwand generalüberholte Boot der Mönche für die Verbindung mit dem größeren Stronsay und anderen Inseln von einem der berüchtigten Dezemberstürme auf den Pier geworfen. Totalschaden. Nun haben die Söhne des Allerheiligsten Erlösers eine Spendenaktion gestartet - hoffen wir, daß sie bald wieder seetüchtig sind.

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Weniger akut, aber dennoch dringlich, ist der Spendenruf einer kleinen Gruppe traditionsorientierter Mönche in Frankreich, die in der Diözese Frejus-Toulon das Monastère Saint-Benoît gegründet haben. Prior ist übrigens der renommierte Liturgiewissenschaftler Alcuin Reid. Die Gemeinschaft residiert gegenwärtig in einem ehemaligen Pfarrhaus, groß genug als Wohnung für die Mönche, aber viel zu klein für Besucher, Exerzitien und das sich abzeichnende Wachstum der Gemeinschaft. Bischof Rey, der in seinem kleinen Bistum schon mehreren traditionellen Gemeinschaften Heimat gewährte, steht nun vor einer anderswo völlig unbekannten Schwierigkeit: Alle in den vergangenen Jahrzehnten aufgegebenen Klöster und Konvente sind inzwischen an neue Gruppierungen vergeben - das Pfarrhaus für die Mönche des hl. Benedikt war so ziemlich die letzte Vakanz, und wenn sie sich vergrößern wollen, sind sie auf sich gestellt.

Da trifft es sich gut, daß derzeit Grundstücke und Gebäudereste eines an die 1000 Jahre alten Konventes der Templer zum Verkauf stehen, dessen gegenwärtiger Besitzer zwar bereits mit der Wiederherstellung von Kapelle und Wohntrakt begonnen hat, die ganze Anlage nun aber aus Altersgründen in andere Hände übergeben möchte. Und der Kaufpreis ist nur die erste Hürde - außer der Kapelle gibt es von anderen Gebäuden, die seit der großen Revolution dem Verfall überlassen worden waren, teilweise nur noch Mauerreste; hier muß viel Arbeit und Material aufgewandt werden. Auf dieser Seite gibt es Bilder und Informationsmaterialien zu Stand und Planung des Projektes, und hier geht es zum Spendenaufruf der Gemeinschaft mit Links zu Spendendiensten.  

10 Jahre anglikanische Ordinariate

Bild: Aus dem verlinkten Artikel von ncregisterAm 4. November 2009 erließ Papst Benedikt XVI. die apostolische Konstitution Anglicanorum Coetibus, mit der er die Grundlage für die Schaffung anglikanischer/episkopaler Ordinariate innerhalb der katholischen Kirche schuf. Inzwischen gibt es drei dieser Ordinariate: In Großbritannien das Ordinariat Unserer Lieben Frau von Walsingham, in Nordamerika das Ordinariat vom Heiligen Stuhl Petri und für Australiern und umliegende Länder das Ordinariat Unserer Lieben Frau vom Kreuz des Südens. Diese Ordinariate gehören nicht im engeren Sinn zu den Gemeinschaften der überlieferten lateinischen Liturgie. Ihre Liturgiesprache ist Englisch, und ihr Missale greift zwar große Teile der Tradition auf, ist aber weder „tridentinisch“ noch gar „salisburganisch“, sondern gibt den Gemeinden große Freiheit, ihre Liturgie in der bei ihnen gewohnten Form zu feiern – darunter auch in Formen, die der überlieferten lateinischen Liturgie sehr nahe stehen.

Daneben gibt es noch eine starke innere Verbindung zwischen den Ordinariaten und den lateinischen Gemeinschaften der überlieferten Liturgie und Lehre: Die führenden Köpfe der zum Anschluß an die katholische Kirche entschlossenen Gruppen und Gemeinden hatten 2007 in ihrem Aufnahmeantrag ein klares Glaubensbekenntnis auf der Grundlage des Katechismus der Kirche von 1992 abgelegt. Anders als die Mehrheit der Theologen und Bischöfe der Kirche, die zahlreiche Elemente des Glaubens als Verfügungsmasse betrachten und mehr oder weniger offen davon abgerückt sind, haben sie mit uns also den vollen Umfang des katholischen Glaubens, wie er „immer, überall und von allen“ geglaubt wurde, gemeinsam.

Unterschiede gibt es in rechtlicher und disziplinarischer Hinsicht, am auffälligsten darunter das Fehlen des Zölibats: In den Ordinariaten gibt es verheiratete Priester – nämlich solche, die bereits in ihrer anglikanischen Vergangenheit geweiht bzw. ordiniert worden waren. Da in keiner über die Vollzahl der Sakramente verfügenden Kirche verheiratete Männer zu Bischöfen geweiht werden können, bedeutete das bei der Errichtung der Ordinariate ein gewisses Problem hinsichtlich der übertrittswilligen und mehrheitlich verheirateten anglikanischen Bischöfe. Es wurde daurch entschärft, daß die nun katholisch gewordenen Oberhirten in England und Australien zwar die Stellung eines Ordinarius für ihr Ordinariat erhielten – nicht jedoch zu Bischöfen geweiht wurden. Derzeit gibt es bei den Ordinariaten nur einen Prälaten, der gleichzeitig Ordinarius und Bischof ist: Bischof Steven Lopes von Nordamerika.

Gründung und Wachstum der Ordinariate sind insbesondere in England durch den erbitterten Widerstand der Hierarchien auf beiden Seiten behindert und erschwert worden: Für sie sind die in vielem dem Geist einer „Rückkehr-Ökumene“ entsprechenden glaubenstreuen Ordinariate Spielverderber beim endlosen Dialogisieren der Institutionen, das zwar keine Fortschritte kennt, wohl aber ständig neue Spielräume zu politischem Agieren im Sinne des Säkularismus eröffnet. Nachdem die im Anfang insbesondere hinsichtlich der Zugehörigkeitsregelungen eher schwach erscheinende rechtliche Position der Ordinariate im Frühjahr 2019 durch neue Normen und Ausführungsbestimmungen deutlich verbessert worden ist, ist davon auszugehen, daß die Ordinariate auf Dauer bestehen können und zunehmend Bedeutung im Ringen um die Bewahrung des rechten Glaubens in der Kirche erlangen.

Inwieweit die Ordinariate auch ein Vorbild für die anzustrebende „Lateinische Rituskirche“ abgeben können, bleibt näher zu betrachten. Ihr definierendes Element ist jedenfalls weniger der Ritus als die in sich durchaus verschiedenartige anglikanische Tradition und vor allem die uneingeschränkte Anerkennung des Katechismus. Trotzdem könnte die Errichtung von Ordinariaten der überlieferten Liturgie einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur „Befreiung“ der glaubenstreuen Katholiken aus dem Würgegriff teilweise nicht nur traditions- sondern auch glaubensfeindlich eingestellten Bischöfe zu befreien – ohne die akut bedrohte institutionelle Einheit der Kirche vollends zu verlieren.

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Der National Catholic Register bringt zum Gründungsjubiläum der Ordinariate ein höchst informatives Interview mit Bischof Lopes.

Eine Rituskirche für die Lateiner

Die berechtigte Entrüstung über die heidnischen Praktiken auf der Amazonas-Synode soll nicht den Blick darauf verstellen, daß dort Positionen formuliert und Pläne entwickelt worden sind, die längerfristig erhebliche strukturelle und rechtliche Auswirkungen auf die ganze Kirche haben können. Neben den im Zentrum des allgemeinen Interesses stehenden Themen „Ämter für Frauen“ und „Lockerung des Zölibats“ fällt hier insbesondere das Plädoyer des einflußreichen Kurienerzbischofs Rino Fisichella für einen amazonisch-katholischen Ritus ins Auge, das dieser am 19. des Monats bei der Vorstellung der Ergebnisse der Arbeitsgruppen vorgetragen hat. Zum einen wegen der verheerenden Auswirkungen auf die Liturgie nicht nur in Amazonien, die dabei nach dem Präzedenzfall der Pachamama-Auftritte zu befürchten wären. Zum anderen aber auch wegen weitreichender Vorschläge für die rechtliche Stellung einer künftigen Amazonischen Kirche, die der Erzbischof in diesem Zusammenhang vorgetragen hat.

Die Arbeitsgruppe Fisichellas hat sich nämlich nicht auf den Vorschlag eines lokalen Ritus beschränkt, sondern eine eigene Rituskirche nach dem Vorbild der mit Rom unierten Ostkirchen ins Gespräch gebracht. Solche Rituskirchen haben nicht nur ihre eigenen liturgischen Bücher, sondern auch eine eigene Synodalstruktur und vor allem – wie Fisichella ausdrücklich anführte – auch ein eigenes Kirchenrecht, nach dem z.B. in den Ostkirchen verheiratete Männer die Priesterweihe empfangen können. Sie stehen zwar hinsichtlich der Lehre in Einheit mit dem Papst, sind aber in allen inneren Angelegenheiten weitgehend selbständig, bis einschließlich ihrer Synoden und Bischofswahlen, die der Bestätigung durch den Papst bedürfen. Und sie sind für ihre Tätigkeit nicht auf die Erlaubnis der Bischöfe anderer Rituskirchen angewiesen.

Die Idee von der amazonischen Rituskirche hat sofort den begründeten Einwand des Münchener Liturgiewissenschaftlers Haunerland provoziert, daß eine Rituskirche eine bestehende Gemeinschaft mit eigener Tradition und eigenem Ritus voraussetzt und kein Werkzeug sein könne, einen solchen Ritus und eine solche Gemeinschaft zu schaffen. In der Wiedergabe von katholisch.de:

„Ein solcher Ritus könne nicht "einfach in Rom konzipiert und errichtet" werden, sondern es "bedürfte in vielen Bereichen des kirchlichen Lebens einer eigenständigen Aufbauarbeit und Entwicklung vor Ort". Denn trotz "aller Innovationen und partiellen Brüche entstehen liturgische Ordnungen immer auf der Basis älterer gottesdienstlicher Praxis".

Von daher sei die angestoßene Debatte zumindest verfrüht.

Dem ist voll zuzustimmen. Bemerkenswert am Vorschlag der Gruppe Fisichellas und der Resonanz darauf ist jedoch, daß der Gedanke einer eigenen Rituskirche überhaupt ins Gespräch gebracht und nicht von vornherein als abwegig zurückgewiesen wurde. Daher wollen wir für die Errichtung einer neuen Rituskirche einen Kandidaten benennen, der alle von Haunerland genannten Bedingungen quasi aus dem Stand erfüllt: Die Gesamtheit der der überlieferten Lehre und Liturgie der katholischen Kirche verpflichteten Gemeinschaften von Pius über Petrus bis zu den kleineren Gruppierungen. Eine Kirche „sui iuris“ des Lateinsch-Katholischen Ritus in Gemeinschaft mit dem Bischof von Rom.

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