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Die Vollform der römischen Liturgie

Blick von der Empore in den Altarraum

Levitenamt in St. Afra an Allerheiligen

So, wie in der lateinischen Kirche (und nicht nur dort) der Bischof der eigentliche Seelsorger einer Stadt oder eines Gebiets ist, dem die Priester, Diakone und anderen Amtsträger zugeordnet sind, ist das Pontifikalamt und davon abgeleitet das levitierte Hochamt die eigentliche Grundform der lateinischen Liturgie. Im kirchlichen Alltag dominieren freilich seit langem einfachere Formen. Teils aus praktischen Gründen weil es in Ländern wie Deutschland bis in die Gegenwart nur wenige Diözesen mit entsprechend wenigen Bischöfen gibt und auch vielerorts nicht genug Kleriker zur Feier eines Levitenamts zur Verfügung standen und stehen. Teils aber auch mit theologischem Hintergrund: Die richtige Einsicht, daß jede Feier der hl. Messe unvergleichlichen Wert hat, führte in Verbindung mit den praktischen Gründen zu einer Überbewertung der Zahl „gelesener" Mesen und einer gewissen Geringschätzung der kultischen Elemente in der Liturgie. Der Aufstieg der stillen Messe des Einzelzelebranten und der „Privatmesse" war die Folge.

Das Missale von Trient, das im wesentlichen die Form der Einzelmesse festschrieb, verlieh dieser Entwicklung den Anschein der Folgerichtigkeit. Im 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts haben viele Katholiken nie eine andere Form der Messfeier erlebt als die ganz stille oder mit deutschen Liedern begleitete Messe eines Priesters nach den Mindestvorgaben des Missale Romanum. Die Liturgiereform hat zwar mit der „Gemeindemesse" einen Gegenentwurf zur stillen Messe aufgestellt, diesen jedoch gleich doppelt wieder relativiert: Zum einen durch die erstaunliche Neuerung, daß Priester nun unter bestimmten Bedingungen die Messe ganz ohne Anwesenheit auch nur eines weiteren Gläubigen feiern dürfen. Zum anderen durch eine weitgehende Nivellierung der rituellen Formen, die als wesentlichen Unterschied für die verschiedenen Stufen der Feierlichkeit praktisch nur noch den Einsatz des Weihrauchs kennt. Die überbordende Praxis der Konzelebration und des Einsatzes von Laienhelfern zu jeder Gelegenheit lässt die Liturgie vielerorts als einen nachgerade sinnfreien Ausdruck von Geschäftigkeit erscheinen.

Daß viele traditionsorientierte Katholiken demgegenüber die stille Messe als authentische Form der lateinischen Liturgie betrachten, ist durchaus verständlich – der wahren Tradition des Ritus wird das aber kaum gerecht. Leider besteht aber nur an den wenigsten Orten, an denen regelmäßig die überlieferte Liturgie gefeiert wird, die Möglichkeit, diese Liturgie öfter in ihrer Vollform zu zelebrieren. Einer dieser Orte ist das Berliner Institut St. Philipp Neri, in dessen Kirche St. Afra man inzwischen zu fast allen höheren Festen Levitierte Hochämter erleben kann. In der Woche, die mit dem Fest Christkönig beginnt, das nach dem traditionellen Kalender am letzten Sonntag im Oktober gefeiert wird, und an den darauf folgenden Festen Allerheiligen und Allerseelen finden so innerhalb weniger Tage drei Liturgien statt, die nicht nur nach den Texten, sondern auch nach ihrer rituellen Gestalt der über tausendjährigen Tradition des römischen Ritus entsprechen.

Das ISPN hat aus Photos von den Liturgien dieser drei Festtage eine Bilderschau zusammengestellt und auf seiner Website veröffentlicht, der wir auch unser Bild entnommen haben.

Neue Bücher für die alte Liturgie

Zwei Neuerscheinungen sind zu melden: Ab morgen wird die Neuauflage des Rituale Romanum ausgeliefert, die der Verlag Nova et Vetera auf der Grundlage der Editio Typica von 1952 herausbringt. Das war die letzte Ausgabe vor den Reformen. Allerdings wurden in den Jahren bis 1957 noch weitere Segnungen approbiert - auch diese sind in der Neuauflage enthalten. Das Imprimatur für diese Fassung erteilte - wie schon beim ebenfalls von Nova et Vetera produzierten Brevier - Bischof Hanke von Eichstätt.

Die große Besonderheit der aktuellen Ausgabe besteht darin, daß sie die Psalmen wieder in der traditionellen Version nach der Vulgata enthält. Die Ausgabe von 1952 und die alte Neuauflage von 1957 enthielt die revidierten lateinischen Psalmen, wie sie von der Kommission um Kardinal Bea erarbeitet worden waren. Deren Gebrauch wurde zwar nie verpflichtend vorgeschrieben, erschien dem auf Neuerung um jeden Preis verpflichteten Zeitgeist jedoch unvermeidlich.

Als zweite Neuerscheinung ist ein neues Missale Romanum nach dem Stand von 1962 zu nennen, das schon seit einigen Wochen zu bekommen ist. Die Zusammenstellung erfolgte durch eine Priestergruppe unter der Leitung von P. Martin Ramm FSSP. Die Druckerlaubnis für diese Ausgabe hat der Churer Bischof Vitus Huonder erteilt.

Die neue Ausgabe hat das klassische Format Rückenhöhe 31 cm, Stärke 6 cm, Gewicht etwa 3 kg. Das Buch ist in echtes Leder gebunden, hat traditionellen Goldschnitt und ist mit den üblichen Lesebändern und Grifflaschen ausgestattet. Weitere Einzelheiten bietet introibo.net - dort finden Sie auch ein Bestellformular, mit dem Sie das Missale zum Preis von 180,- Euro bestellen können.

Etwa gleichzeitig mit den lateinischen Ausgaben von Rituale und Missale erscheint in der Reihe der Pius-Parsch-Studien beim Echter Verlag ein Reprint der deutschen Übersetzung des Rituale Romanum 1925, die Paulus Lieger 1936 im Rahmen der Klosterneuburger liturgischen Schriften herausbrachte. Bei Echter noch nicht im Online-Katalog.

Die Zweigestaltigkeit des einen Römischen Ritus

Der Priester erhebt die gewandelte HostieWie bestellt zum 5. Jahrestag des Inkrafttretens von Summorum Pontificum erreicht uns ein weiterer Beitrag von Clemens Victor Oldendorf, der eine weitere Präzisierung der rechtlichen Stellung der „Außerordentlichen“ Form des römischen Ritus und ihres Verhältnisses zur praktisch doch gewohnheitsmäßig „unordentlich“ zelebrierten „ordentlichen Form“ unternimmt. Der Begriff der „liceitas“, den die Präambel für eine Rekonziliation der Piusbruderschaft für die Liturgie Papst Pauls VI. beansprucht, bildet hier nur den Ausgangspunkt für wesentlich weiter gehende Überlegungen. Sie reichen bis zu der bemerkenswerten Feststellung, daß - alleine nach kanonistischen Maßstäben betrachtet - „bei einer Reform der Reform, wenn diese langfristig wieder in eine einzige Gestalt des Römischen Ritus münden soll, die außerordentliche Form sich eher an der ordentlichen Form orientieren müsste als umgekehrt“.

Zum Text von C.V. Oldendorf

Das Breviarium Romanum zur Aufnahme Mariens in den Himmel

„Dormitio Virginis“ auf einem Fresco des 13. Jh. in Padua

Das Dogma von der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel, verkündet am 1. November 1950 durch Papst Pius XII., ist zwar der jüngste verpflichtende Glaubenssatz der Kirche. Sein Inhalt gehört jedoch zum ältesten Glaubensgut. Er bildet eine starke Klammer in den Glaubensüberzeugungen der Kirchen des Ostens und des Westens. Das alte Breviarium Romanum zitierte am 15. August aus der Predigt des hl. Johannes von Damaskus (geb. ca. 650) eine Passage, die in ihrem feierlichen Präfationston unmittelbar und überaus passend an das Exsultet der Osternacht erinnert:

Heute läßt sich die heilige und beseelte Bundeslade des lebendigen Gottes, die in ihrem Schoße ihren Schöpfer empfing, im Tempel des Herrn, der nicht von Menschenhand erbaut ist, zur Ruhe nieder. David, ihr Ahnherr, jauchzt auf, und mit ihm schweben die Engel im Reigen, es feiern sie die Erzengel, es rühmen sie die Kräfte, die Fürstentümer frohlocken, es freuen sich die Mächte, es jauchzen die Herrschaften, die Throne begehen einen Festtag, die Cherube lobsingen, die Seraphe verkünden ihre Herrlichkeit. Heute nimmt Eden das lebendige Paradies des neuen Adam auf, in welchem der Fluch gelöst, der Baum des Lebens gepflanzt und unsere Blöße bedeckt ward.

Die unbefleckte Jungfrau, die sich durch keine irdische Regung verunreinigte, vielmehr sich nur mit himmlischen Gedanken befaßte, kehrte heute nicht zur Erde zurück; sondern weil sie ein lebendiger Himmel war, wird sie in die himmlischen Zelte geführt. Denn die, die allen das wahre Leben erblühen ließ, wie sollte sie dem Tode unterliegen? Aber sie beugt sich dem Gesetze des eigenen Kindes, und als Tochter des alten Adam unterwirft sie sich dem alten Strafurteil; hat doch auch ihr Sohn, der das Leben selbst ist, es nicht zurückgewiesen. Aber als Mutter des lebendigen Gottes wird sie, wie es sich geziemt, zu Ihm aufgenommen.

Während der Glaube an die leibliche Aufnahme Mariens in den Himmel den Kirchen des Ostens und des Westens gemeinsam ist, haben sich für die bildliche Präsentation unterschiedliche Konventionen herausgebildet. Im Westen dominieren seit dem hohen Mittelalter die Darstellungen der populär auch so genannten „Himmelfahrt“ Mariä. Der Osten bevorzugt die Darstellung der „Dormitio“, der „Entschlafung“ der Gottesmutter.

Auch dem Westen ist dieses Bild nicht fremd, wie unsere Abbildung der „Dormitio“ auf einem Fresco aus der Giotto-Schule in der Chiesa di Santa Maria dei Penitenti von Padua, entstanden im 13. Jh., demonstriert. Dieses Bild zeigt auf besonders bemerkenswerte Weise die Umkehr der tausendfachen Darstellungen Mariens mit dem Kinde: Ihr Göttlicher Sohn Christus hat den Himmel geöffnet und nimmt in seinen Armen die in kindlicher Größe dargestellte Seele der Theotokos in Empfang. Auch den Körper, darin sind sich die ältesten Überlieferungen einig, vermochte das Grab nicht zu halten.

Eine Abhandlung von Ildefons Schuster zur alten römischen Liturgie des Himmelfahrtstages brachte Summorum Pontificum bereits 2010. Das Hymnarium präsentiert in diesem Jahr den Hymnus zum Fest Adest dies laetitiae von Odilo de Mercoria.

Coetus Internationalis Pro Summorum Pontificum

Blick auf den Altar der VerklärungIn der vergangenen Woche haben in Rom Vertreter verschieder Laienvereinigungen für die überlieferte Liturgie eine gemeinsame Plattform gegründet, den Coetus Internationalis Pro summorum Pontificum. Als erste Aktivität hat sich der Coetus die Durchführung einer Wallfahrt der Tradition vorgenommen, die zum Beginn des „Jahres des Glaubens“ stattfinden soll. Für den feierlichen Abschluß ist am 3. November ein Pontifikalamt in der Peterskirche vorgesehen. Nähere Einzelheiten will der Coetus auf einer Pressekonferenz am 10 September bekannt geben. Etwas kurzfristig, wie man von nördlich der Alpen anmerken möchte. Sobald wir Näheres über die geplante Wallfahrt und die sonstigen Pläne des Coetus in Erfahrung bringen, werden wir darüber informieren.

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