„Was früheren Generationen heilig war, bleibt auch uns heilig und groß; es kann nicht plötzlich rundum verboten oder gar schädlich sein.“
Papst Benedikt XVI. 2007 zu Summorum Pontificum.
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Hl. Abraham, bitte für uns
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- 09. März 2021
Eines der irritierendsten Kennzeichen des Modernismus ist die profunde Unbildung vieler seiner Propagandisten. Katholisch.de bringt heute in der Nachbereitung der Papstreise in den Irak ein Interview mit dem Benediktinerpater Nikodemus Schnabel von der Dormitio-Abtei in Jerusalem, und der schließt seine Ausführungen mit der Forderung:
Es wird Zeit, dass wir endlich auch im liturgischen Kalender des Westens einen Festtag des Heiligen Abraham, der Heiligen Sara und der Heiligen Hagar einführen – und gerne dafür auf viele andere Heiligengedenktage verzichten, die nicht eine so zentrale universale Bedeutung haben. Die im Westen fehlende liturgische Verehrung der Erzeltern zeigt ja überdeutlich unseren blinden Fleck im Traditionsverständnis. Es wäre gut, wenn wir unsere gemeinsamen Wurzeln, die für die großen Monotheistischen Religionen in Ur liegen, auch liturgisch feiern.
Nun, dem Manne kann geholfen werden: Abraham und Sarah haben ihren Gedenktag, wie es sich für ein Stammelternpaar gehört, gemeinsam am 21. Dezember; Sarahs Dienerin und Abrahams Nebenfrau Hagar am 21. Dezember. Zu entnehmen ist diese Wissenschaft dem fast immer zuverlässigen Ökumenischen Heiligenlexikon; zumindest für den Erzvater Abraham konnten wir das durch einen Blick in unser Martyrologium Romanum (Ausgabe 1930) bestätigen:
Septimo Idus Octobris (9. Okt., an zweiter Stelle einer längeren Liste): An diesem Tag das Gedächtnis des hl. Abraham, Patriarchen und Vaters aller Gläubigen.
Worauf die Datierung der Gedenktage für Abrahams Frauen zurückgeht, konnten wir auf die Schnelle nicht verifizieren – das Matyrologium kennt je nach Auflage ein munteres Kommen und Gehen der aufgeführten Freunde Gottes. Und es gibt auch noch andere autoritative Verzeichnisse, so kommt mancher Heilige auf mehrere Gedenktage. Wer eine beliebige Auflage desMartyrologiums durchsieht, wird dort auf eine beträchtliche Zahl von Gerechten aus dem Alten Bund stoßen, von denen zugegebenermaßen im populären Heiligenkalender des katholischen Volkes nur wenige angekommen sind – sieht man einmal vom Propheten Jonas (nach meinem Martylogium am 21. September, nein, der war keine Frau) ab, der wegen der Sache mit dem Walfisch recht populär geworden ist.
Geradezu absurd ist die Klage des ungelehrten Benediktiners, wenn er über mangelnde liturgische Berücksichtigung der Vorväter klagt: Hat er noch nie den auch in der reformierten Liturgie für die Sonn- und Feiertage vorgesehenen römischen Kanon gebetet, wo es (im Supra quae) heißt:
Blicke versöhnt und gütig darauf (diese Opfergaben) nieder und nimm sie an wie einst die Gaben Deines gerechten Dieners Abel (Gedenktag 25. März), wie das Opfer unseres Vaters Abraham, wie die heilige Gabe, das reine Opfer Deines Hohenpriesters Melchisedech (Gedenktag 26. August)“.
Möglicherweise tatsächlich noch nicht – seit dem „neuen Frühling“ ist dieses Kernstück der Lateinischen Liturgie über mehr als Jahrtausend bei den Progressiven ja ziemlich in Verruf geraten. Ebenso übrigens wie viele Heilige ungewisser Historizität wie etwa Christophorus oder Veronika, die als „zu sagenhaft“ aus den Heiligenverzeichnissen gestrichen worden sind. Da soll man sich nicht beschweren, wenn es Gestalten aus dem alten Testament – sind das nicht alles mythologische Figuren oder Personalisierungen abstrakter Sachverhalte? – nicht anders ergeht. Aber nein: Wo aktuelle politische und kirchenpolitische Ziele es nahelegen, nimmt man es mit der historisch-kritischen Methode nicht so genau. Oder wahrscheinlicher: Man weiß einfach gar nicht mehr, wovon man redet.
Präfationen - eine oder viele?
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- 08. März 2021
Fr. Hunwickes heutiger Beitrag zur Frage einer möglichen Reduzierung der Vielfalt der Präfationen hat gleich zwei Berührungspunkte zu unserem Artikel vom 6. 3.: Zum einen erwähnt er die Abneigung gegen den Gebrauch des Begriffs „Opferung“, der in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhundert nicht nur katholische, sondern auch anglikanischen Theologen plagte, und dann der Hinweis darauf, daß auch in zahlreichen protestantischen Denominationen die ergebnisse der römischen Liturgiereform nicht nur mit großer Aufmerksamkeit zur Kenntnis genommen, sondern vielfach auch als Bekräftigung eigener Positionen verstanden und übernommen wurden. Doch nun zu Fr. Hunwickes Beitrag selbst, der sich primär mit der Frage befasst, warum die in den 60er Jahren bei den Anglikanern starken Bemühungen zur Schaffung einer für möglichst viele Gelegenheiten nutzbaren „Gemeinsamen Präfation“ schließlich im Sande verlaufen sind.
Als ich 1964-1967 in Staggers war, war viel von einer „Gemeinsamen Präfation“ (Thanksgiving series) die Rede. Das bezog sich auf die tiefe Überzeugung, daß das Hochgebet nach dem „Es ist wahrhaft würdig und recht...“ ursprünglich mit einem Dankgebet an den Vater für seine Schöpfung und die Erlösung begonnen hat, das bis zum Sanctus reichte. Während ich dem Haus angehörte, wurde dem zuständigen Ordinarius, Bischof Harry Carpenter von Oxford, die Bitte vorgetragen, daß das Haus ad experimentum eine Präfation verwenden dürfe, die genau dem entsprach. Dieser Vorschlag bestand in der Hauptsache aus zusammengefügten Teilen verschiedene Präfationen des Festkreises aus dem Book of Common Prayer – daran war also nichts Ungewöhnliches oder gar Papistisches.
Leser erinnern sich vielleicht an frühere Artikel, in denen ich davon sprach, daß das Haus ständig mißtrauisch beäugt wurde, weil die Beobachter Verstöße gegen die Ord-nung oder papistische Verirrungen befürchteten. Ich nehme an, das war der Grund, daß der Prinzipal, Canoniker Derek Allen, die Erlaubnis des Bischofs erbat – und daß der Bischof „Nein“ sagte.
Im Juni 1956 veröffentlichte die Kirche von England den Entwurf einer Liturgie, der nicht zur praktischjen Verwendung, sondern nur als Diskussionsgrundlage bestimmt war. Mitglieder der Liturgiekommission waren unter anderem Arthur Couratin, langjäh-riger früherer Prinzzipal unseres Hauses, Craddock Ratcliff, Austin Farrer und als Sek-retär G.G. Willis – alles sehr angesehene Personen. Die Einführung erklärt, „wir haben uns bemüht, eine Danksagung für die Erschaffung der Welt, die Erlösung der Mensch-heit und die Heiligung des Gottesvolkes durch Christus zu schaffen“. Aber das wurde nicht in die Endfassung übernommen, wie sie gegenwärtig in der Kirche von England in Gebrauch ist.
Ich habe den Verdacht, daß die „Gemeinsame Präfation“, für die es in der Anglikani-schen Kirche der 60er Jahre so viel Begeisterung gab, aus zwei Gründen aus dem Blick geraten ist: 1) Einige der Liturgiker in der Kommission von 1965, vornehmlich Couratin, zogen sich zurück, weil die synodalen Beratungen der Church of England letztlich ein „evangelisches“ Veto gegen die Worte „wir opfern“ hervorbrachten. 2) spiel-te eine „Gemeinsame Präfation“ in den Texten, die das zweite Vatikanische Konzil her-vorbrachte, keine Rolle. Stattdessen kehrte der entstehende Novus Ordo zu einer gal-likanischen oder ambrosianischen Vielzahl von Einzelpräfationen zurück. Und dieser römische „Reform“Prozess hat einen unnötigen Einfluß auf anglikanische Kreise ausgeübt.
Tricksen und Täuschen
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- 06. März 2021
Neben den üblichen Forderungen nach Frauenpriestertum und Mahlgemeinschaft sofort und den allzu durchsichtig motivierten Anwürfen gegen Kardinal Woelki brachte katholisch.de die vergangene Woche auch wieder mal ein Stück zur Liturgie. Anläßlich des „Tag des Judentums“ reportierte der Beitrag aus einem Vortrag des Alttestamentlers Rutishauser die Forderung, die „jüdischen Elemente in der Liturgie“ mehr zu würdigen. Dazu will Rutishauser die bisher nach der Regel leise gesprochenen „jüdischen Gebete“ zum Beginn der nach der neuen Ordnung so genannten Gabenbereitung laut sprechen lassen und nicht mehr von Gesang oder Orgelbegleitung übertönen lassen, wie das bisher nicht nur üblich, sondern auch als Regelfall so vorgesehen ist. Zur Erinnerung für die, die lange nicht mehr an einer Messe nach dem ritus modernus teilgenommen haben:
Gepriesen bist Du, Herr, unser Gott, Schöpfer der Welt. Du schenkst uns das Brot, die Frucht der Erde und der menschlichen Arbeit. Wir bringen dieses Brot vor dein Angesicht, damit es uns das Brot des Lebens werde.
Analog formuliert dann auch zum Wein.
Unser Einwand gegen diese Gebete und erst recht gegen ihre besondere Vorhebung ist nicht, daß sie jüdisch wären. Das sind sie nämlich gar nicht. Es gibt kein benennbares jüdisches Vorbild, die Gebete sind eine Erfindungen der Reformkommission von 1968, die sich in der Einleitungsformel und im Stil allerdings an an jüdischen Tischsegen orientiert, wie sie aus der Zeit lange nach dem Leben des Erlösers überliefert sind. Etwa so:
Gelobt seist du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der du das Brot aus der Erde hervorbringst. Gelobt seist du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der du die Frucht des Weinstocks erschaffen.
Schon mit der in modernistischem Selbstbewußtsein hinzugefügten „Frucht der menschlichen Arbeit“ endet jede Ähnlichkeit. Der eigentliche Grund für die Aufnahme dieser Gebete in die Liturgie enthüllt sich in der deutschen „Übersetzung“ „wir bringen ... vor Dein Angesicht“ für das lateinisch an dieser Stelle noch aufbewahrte „offerimus“: Es ging und geht nicht zuletzt darum, den Gedanken an die „Opferung“ zurückzudrängen.
Moderne Form, moderner Inhalt
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- 04. März 2021
Das Photo vom Pontifikalamt mit Kardinal Sarah im Brompton Oratory erscheint hier noch ein mal. Nicht, um die darauf dargestellte Praxis als vorbildlich zu empfehlen, sondern um sie zu problematisieren. Trotz aller Beschwörungen von Papst Paul VI. und seinen Nachfolgern, es gebe in der Theologie keinen Widerspruch zwischen der alten und der neuen Form, haftet der Zelebration nach dem neuen Ordo in den Formen des alten ein tiefer Widerspruch an. An niemandem kommt das deutlicher zum Ausdruck als an Kardinal Sarah selbst, der 2016 empfohlen hatte, im Advent die Messe in einem einzigen Punkt und nur für begrenzte Zeit in überlieferter Weise – nämlich zum Herrn hin gewandt – zu zelebrieren. Er wurde dafür in weiten Teilen der Kirche hart kritisiert und der Abkehr von den Lehren „Des Konzils“ beschuldigt und schließlich von Papst Franziskus selbst desavouiert. Insbesondere in der deutschen Universitätstheologie ist man sich weitgehend darin einig, daß der Novus ordo nicht nur in der Form, sondern auch nach der darin zum Ausdruck kommenden Ecclesiologie und Sakramentenlehre die alten Vorstellungen von Trient überwunden habe und deshalb jede Rückkehr unzulässig sei.
Die Erklärungen der Päpste sind das eine – die praktizierte Glaubensweise ein anderes, es gibt einen Bruch, der stellenweise nicht nur bloße Diskontinuität darstellt, sondern Widerspruch und Gegensatz ausdrückt. Das mag einem nicht gefallen, aber das sind die Fakten. Die allgemein übliche Form der Zelebration des NO bringt diese Gegensätzlichkeit in zahlreichen Einzelelementen unterschiedlichen Gewichts zum Ausdruck. Es ist ja nicht nur die Form Stellung des Altars und seine durch künstlerische Gestaltung und edle Materialien hervorgehobene Bedeutung. Form und Zahl der Kerzen und Leuchter, Gestaltung von Kelchen und anderen Gerätschaften – alles anders. Ebenso bei den Messgewändern, die sich nicht nur nach den liturgischen Farben von der Tradition absetzen. Neben Verirrungen wie dem Sackleinen-Kult und der Mantelalben-Manie ist bemerkenswert, daß auch mit einigem ästhetischem Anspruch hergestellte Paramente des Novus Ordo im eigentlichen Wortsinn „inkompatibel“ sind für die Benutzung in der alten Liturgie und umgekehrt: Die Neue Ordnung geht so sehr von der Zelebration zum Volk hin aus, daß die Gewänder – wenn überhaupt – vorzugsweise auf der Vorderseite mit Symbolen oder Begriffen bestickt sind, während die Rückseite schlicht bleibt.
Wer will den neuen Ritus wirklich?
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- 02. März 2021
Mit dieser Klage befasst sich Fr. Hunwicke am zweiten Fastensonntag in einem Beitrag auf seinem Blog, der auf Deutsch nachzulesen ist beim Beiboot Petri. Daß die Tradis ihn nicht wollen, liegt auf der Hand - ja, sie stehen sogar in der Gefahr, die Ablehnung dieser liturgischen Form zum Dreh- und Angelpunkt ihres religiösen Fühlens, und sogar ihres ganzen Glaubens zu machen. Aber auch die Modernisten, Kleriker ebenso wie Laien, scheinen ihn nicht wirklich zu wollen – warum würden sie ihn dann nicht so oft ohne oder gar gegen das doch schon von Optionitis aufgeweichte Messbuch Pauls VI. feiern? Das geht von der in Deutschland schon nahezu Standard gewordenen Abkürzung der Schlußformel vieler Meßgebete „Durch unseren Herrn Jesus Christus Deinen Sohn...“ durch das vermeintlich gleichwertige „Durch Christus unseren Bruder und Herrn“ über die zahllosen durch die Klausel „oder ein anderes angemessenes Lied“ ermöglichten Alternativen für Gloria und Credo bis zu den phantastischen selbst gedichteten Hochgebeten.
Die mit Gesetzeskraft versehene Päpstliche Instruktion „Redemptionis Sacramentum“ von 2004, die zur Korrektur solcher Auswüchse erlassen worden war, wird generell stillschweigend übergangen oder vielfach sogar offen zurückgewiesen. Die Bischöfe und letztlich auch der Bischof von Rom schweigen dazu – sofern sie den Widerstand nicht sogar aktiv fördern.
Es kann also kein Zweifel bestehen: Der Novus Ordo ist auch und gerade in modernen Augen so mißlungen, daß jede Vorsitzende des örtlichen Liturgieausschusses berufen und befähigt ist, es besser zu machen, spätestens nachdem sie an einem zweitägigen Kurs „Für einen menschengerechten Gottesdienst“ (s. dazu etwa hier) im diözesanen Bildungshaus teilgenommen hat. Wer will den neuen Ritus wirklich?
Quatembersamstag - Weihetag
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- 27. Februar 2021
Die Quatembersamstage sind seit Alters her die Tage, an denen die Kirche den berufenen Männern die niederen und die höheren Weihen erteilt. Für diesen Tag bewahrt das Missale der überlieferten Liturgie (auch noch das von 1962) zunächst die bis ins frühe Mittelalter zurückgehende Struktur von fünf Lesungen aus dem alten Testament, die sich auf die ihnen jeweils folgenden niederen Weihen und die Weihe der Subdiakone beziehen. In ihrer Gesamtheit bringen diese Lesungen und die mit ihnen durch den Aufruf: Flectamus Genua – levate verbundenen Orationen in der Fastenzeit zwei Grundgedanken zum Ausdruck: Die tiefe Überzeugung, als Nachfolger und Erbe des alten Gottesvolkes das von diesem begomnene Zeugnis und Wirken Gottes unter den Menschen weiter zu tragen, und das Bewußtsein dafür, daß auch die in Christus erlöste Menschheit tief in die Gewalt der Sünde verstrickt ist und ohne Gottes andauerndes Gnadenhandeln nicht fähig ist, das aufgestoßene Tor der Erlösung zu finden und zu durchschreiten.
Sehr klar ausgedrückt ist dieser Gedanke in der Oration nach der 4. Lesung, die mit römischer Prägnanz betet:
Wir bitten Dich, o Herr, komm unserem Tun mit Deinen Eingebungen zuvor und begleite es mit Deiner Hilfe, auf daß all unser Beten und Handeln stets von Dir begonnen und, wie begonnen, so auch durch Dich vollendet werde.
Ein Blick auf den lateinischen Text macht übrigens bei dieser Oration besonders deutlich, daß dieses Latein niemals eine lebendige Volkssprache war, sondern eine in feierlichstem Ton gehaltene Kultsprache. Ihr Ziel war nicht die Verständlichkeit für die Beter – die wurde durch andere Mittel, Predigt und Katechese, erreicht – sondern der Ausdruck der Ehre und der Erhabenheit Gottes.