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Wider die Religion des Schilfrohrs

In der soeben erschienenen Ausgabe 2014/2 beginnt die Una Voce Korrespondenz mit der Wiedergabe der Ansprachen und Vorträge von der 16. Kölner Liturgischen Tagung im April dieses Jahres. Wir beginnen heute mit der Vorstellung einzelner dieser Beiträge, und greifen dazu zunächst zum Vortrag von Bischof Athanasius Schneider, den er unter dem Titel „Der Priester - Imago et Instrumentum Christi“ gehalten hat.

Wir sind daran gewöhnt, das Wort vom Instrumentum Christi in erster Linie auf die Rolle des Priester bei der sakramentalen Vergegenwärtigung des Kreuzesopfers zu beziehen. Bischof Schneider macht darauf aufmerksam, daß der Priester eine nicht weniger bedeutende Aufgabe und Pflicht im Dienst des Wortes Christi zu erfüllen hat. In deren Vernachlässigung erkennt er eine der Hauptursachen der aktuellen Glaubenskrise und Verweltlichung. Dazu führt er aus:

In Seinem Hohepriesterlichen Gebet bittet Jesus, dass der Vater Seine Priester und die ganze Kirche „in der Wahrheit heilige“ (Joh. 17, 17). Das bedeutet, dass die Priester dafür ausgerüstet seien in der Wahrheit zu leben, für die Wahrheit zu leben, sie zu künden und zu verteidigen und für die Wahrheit das eigene Leben hinzugeben, wie es Christus selbst getan hat. (...) Das Bewusstsein um diese Verpflichtung war am klarsten bei den Aposteln ausgeprägt, wie das z.B. der heilige Paulus ausdrückte: „Wir können nichts gegen die Wahrheit, sondern nur für die Wahrheit“ (2 Kor. 13, 8). Wird das Prinzip des „pro veritate“ geschwächt, so wird auch das Prinzip des „pro Christo“ im Leben des Priesters und der Kirche geschwächt. Nimmt die Sorge um die übernatürlichen Wahrheiten ab, dann nimmt beim Priester und den Bischöfen auch das Interesse um Christus ab und stattdessen wächst bei ihnen das Interesse für Scheinwahrheiten und einseitig für zeitliche und innerweltliche Belange wie soziale Gerechtigkeit, politisches Engagement, Klimawandel, Ökologie usw. unter den Schlagwörtern „Gerechtigkeit, Frieden, Bewahrung der Schöpfung“. (...)

Es werden folglich neue Theorien aufgebaut, die dem Geist dieser Welt und den Erwartungen der Mehrheit entsprechen. Es werden dann ständig pastorale Dokumente produziert, die nach parlamentarischen Regeln debattiert und abgestimmt werden und welche meistens die lichtklaren und felsenfesten Ausdrucksweisen der Wahrheit meiden. Dadurch entsteht im Raum der Kirche und im Leben mancher Gemeinden und Geistlicher eine geistige Atmosphäre, die jener der Gnosis und dem Pelagianismus ähnelt. Geistliche, die in solch einer Atmosphäre leben, beginnen mit der Welt zu kollaborieren, um politisch korrekt zu sein. Die Gleichgültigkeit und die Scheu vor der Wahrheit erzeugen Angst vor der öffentlichen Meinung und vor den Mächtigen dieser Welt. Man will kein Zeichen des Widerspruchs sein, man will kein sicheres Zeichen des Felsens sein. Solch eine Haltung bringt unter den Geistlichen keine Bekenner hervor, sondern eher Schriftgelehrte, die mit dem Herodes und dem Pilatus aller Zeiten, d. h. mit der glaubenslosen Welt, kollaborieren. Ohne die Sorge um die Reinheit des Glaubens, um das Sicher-sein-wollen in der Wahrheit, um das Stehen in der Wahrheit, entsteht eine Religion der augenblicklichen und historisch bedingten Gefühle, eine Religion des Schilfrohrs.“

Die Ausgabe der 2014/2 der Una Voce Korrespondenz können Sie - sofern Sie nicht schon längst Abonnent sind - über die Website der UVK beziehen.

750 Jahre Fronleichnam

Vor fast genau 750 Jahren, am 11. August 1264, erließ Papst Urban IV. (Jacques Pantaléon) die Bulle Transiturus de hoc mundo, mit der er Fronleichnam als eucharistisches Fest für die ganze Kirche einsetzte. Der in Troyes in Wallonisch-Brabant gebürtige und hinsichtlich seiner politischen Maßnahmen durchaus umstrittene Papst hatte die Gedanken und Visionen der hl. Juliana während seiner Tätigkeit als Archidiakon in Lüttich kennen gelernt und war davon offenbar tief beeindruckt. In seiner Bulle schrieb er:

Als unser Herr und Heiland Jesus Christus ehe er die Welt verlassen und zu seinem Vater zurückkehren wollte, am Abende vor seinem Leiden mit seinen Jüngern das Abendmahl genossen hatte, setzte er das allerheiligste, kostbarste Sakrament seines Leibes und Blutes ein, in welchem er uns seinen Leib zur Speise, und sein Blut zum Tranke gab. Denn sooft wir von diesem Brot essen und von diesem Kelch trinken, verkündigen wir den Tod des Herrn.

Bei der Einsetzung dieses Geheimnisses sagte er zu seinen Jüngern: „Tut dies zu meinem Gedächtnis“ indem er ihnen zu erkennen geben wollte, daß das große und verehrungswürdige Sakrament, welches er eben eingesetzt, das vorzüglichste und bedeutendste Andenken seiner unendlichen Liebe gegen uns sei, ein bewunderungswürdiges, angenehmes, liebliches, süßes und über Alles kostbare Andenken, in welchem alle Gnadenbezeigungen erneuert, alle Wunder übertroffen sind, in welchen man alle Ergötzung, alles Liebliche und das sicherste Pfand des ewigen Lebens finden kann.“

Die Einrichtung eines besonderen Festes für die doch an jedem Tag vielfach gefeierte Eucharistie begründete er aber auch durchaus pragmatisch:

An dem Tag an welchem Jesus Christus dieses Sakrament einsetzte, ist die Kirche mit der Aussöhnung der Sünder, mit der Konsekration des heiligen Chrisams, der Fußwaschung und anderen Geheimnissen beschäftigt, so daß für die würdige Verehrung des erhabensten Sakramentes die erforderliche Zeit nicht vorhanden ist, weshalb es notwendig sein wird, hiefür einen anderen Tag zu bestimmen. (...)

Da aber an diesen Tagen die denselben gebührende Verehrung bisweilen wegen häuslicher Geschäfte oder auch aus menschlicher Schwäche unterlassen wird, so hat unsere Mutter, die heilige Kirche, einen gewissen Tag zum allgemeinen Gedächtnis aller Heiligen bestimmt, damit bei dieser Feier die allenfalls vorgekommenen Unterlassungen wieder gut gemacht werden.“

In einer durchaus modern anmutenden und jedenfalls auch heute höchst beherzigenswerten Weise traf er hinsichtlich der Feier des Festes folgende Anordnungen:

Mögen an diesem Tage der Andacht alle Getreuen mit Herzensfreude in unsere Kirchen eilen, mit unbegrenztem Gehorsam sich da ihrer Pflichten entledigen, und so auf eine würdige Weise dieses große Fest begehen. (...)

Weiter befehlen Wir Euch, Eure Untergebenen durch Euch und andere zu ermahnen, sich Sonntags vorher durch eine vollkommene und aufrichtige Beichte, durch Almosen, Gebete und andere gute Werke, welche an diesem Tage des allerheiligsten Sakramentes Gott wohlgefällig sind, sich so vorzubereiten, daß sie dasselbe mit Ehrfurcht genießen, und dadurch eine neue Vermehrung der Gnade erlangen können.“

Hier der vollständige Text der Bulle

Juliana von Lüttich und Papst Benedikt

Heiligengestalten wie die hl. Juliana von Lüttich, auf deren Wirken die Einführung des Fronleichnamsfestes zurückgeht, sind der modernen Theologie peinlich. Sie hält es da eher mit Helmut Schmidt, der einmal sagte: „Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen.“ Daß im Schott von 1966 die Heilige als Anregerin des Festes nicht mehr vorkommt, ist daher kaum überraschend - man kann schon froh sein, daß die Redaktion von Beuron nur die im übrigen wohldokumentierte Verfasserschaft des hl. Thomas von Aquin am Messformular in Frage gestellt hat und nicht den Heiligen selbst.

Papst Benedikt, der von solchen Berührungsängsten frei ist, hat der heiligen Juliana im Rahmen seiner Katechesen zu weniger bekannten heiligen Frauen der Kirchengeschichte eine eigene Predigt gewidmet. Sie ist bemerkenswert nicht nur, weil sie das Leben der Heiligen in seinen größeren historischen Zusammenhang einordnet, sondern weil sie zeigt, daß der große Intellektuelle unter den Päpsten der letzten Jahrhunderte nicht nur ganz selbstverständlich den Aquinaten als Verfasser der Messtexte anspricht, sondern auch ein ganz und gar katholisch unverkrampftes Verhältnis zu den Berichten über die Visionen der Juliana und über das eucharistische Wunder von Bolsena aus dem Jahr 1263 zum Ausdruck bringt.

Mit Nachdruck zitiert Papst Benedikt dabei auch das Kompendium des  Katechismus, das klarstellt, daß sich die reale Gegenwart Christi unter den eucharistischen Gestalten auf einzigartige Weise von anderen Weisen der Gottesgegenwart unterscheidet.

Hier finden Sie den vollständigen Text der Katechese Benedikt XVI. vom 17. November 2010.

Noch eine Anmerkung zum Bild der hl. Juliana aus der Sammlung des Barber Instiute of Fine Arts, gemalt von Philippe de Champaigne im 17. Jahrhundert: Auf manchen Abbildungen hat der Mond wie hier einen dunklen Flecken, auf anderen fehlt ihm, wie auch bei Papst Benedikt beschrieben, ein schwarzer Streifen. Diese Unklarheit können wir getrost den Spezialisten für mittelalterliches Latein in Brabant und Hennegau überlassen. Interessanter erscheint der hängend angebrachte Tabernakel, vor dem die Heilige in Anbetung kniend dargestellt ist. Hängende Aufbewahrung des allerheiligsten Sakraments war während des ganzen Mittelalters wenn nicht die Regel, so doch eine häufige Praxis: So bewahrte man gerne Essbares auf, um es vor dem Zugriff von Mäusen und Ratten zu schützen. Bekannt sind die  Pyxis in Form einer Taube, die dafür oft verwandt wurden. Wenn hier anscheinend ein Kelch sichtbar in einem verglasten Gehäuse steht, das überdies noch teilweise mit einem Velum bedeckt ist, haben wir es mit einer Mischform zwischen Pyxis und Tabernakel zu tun, die möglicherweise nur der Phantasie des Malers entsprungen ist.

Theologie auf den Knien

Papst Benedikt hat bei seiner letzten Teilnahme an der römischen Fronleichnamsprozession 2012 die unglaubliche Verflachung und Verleugnung der eucharistischen Wahrheit, die sich in der Kirche ausgebreitet hat, zu seinem Thema gemacht. Er tat das freilich nicht so unverblümt, wie wir das gestern unternommen haben, sondern in seiner gewohnt behutsamen Weise, stets darum bemüht, den Abirrenden guten Willen zu unterstellen und goldene Brücken zu bauen. Das läßt seine Ausführungen manchmal etwas gewunden erscheinen, kann andererseits aber auch den Blick darauf öffnen, daß nicht alle Perspektiven, die die neuere Theologie entwickelt hat, auf Verflachung und Verleugnung hinauslaufen: Falsch und zerstörerisch werden (die besseren von ihnen jedenfalls) erst dann, wenn man sie hochmütig gegen das stellt, was frühere Generationen glaubten und wussten. Wir entnehmen den Text ungekürzt der Abtelung mit den Predigten Papst Benedikts auf vatican.va.

Es beginnt ein langes Zitat

Heute abend möchte ich mit euch zwei miteinander verbundene Aspekte des eucharistischen Geheimnisses betrachten: den Kult der Eucharistie und ihre Sakralität. Es ist wichtig, diese neu zu erwägen und sie vor unvollständigen Sichtweisen des Geheimnisses zu bewahren, wie sie in der jüngsten Vergangenheit aufgetreten sind.

Zuerst wollen wir über den Wert des eucharistischen Kultes und dabei insbesondere der Anbetung des Allerheiligsten Sakraments nachdenken. Es ist dies die Erfahrung, die wir auch heute abend nach der heiligen Messe, vor, bei und nach der Prozession erleben werden. Eine einseitige Interpretation des Zweiten Vatikanischen Konzils hatte diese Dimension beeinträchtigt, indem sie die Eucharistie praktisch auf den Augenblick ihrer Feier beschränkte. In der Tat ist es sehr wichtig gewesen, die Zentralität der Feier anzuerkennen, zu der der Herr sein Volk zusammenruft, es um den zweifachen Tisch des Wortes und des Brotes des Lebens schart, es nährt und in der Darbringung des Opfers mit sich vereint.

Diese Aufwertung der liturgischen Versammlung, in der der Herr wirkt und sein Geheimnis der Gemeinschaft verwirklicht, bleibt natürlich gültig, doch muß sie ins rechte Verhältnis zurückgebracht werden. Denn nur allzu oft geschieht es, daß man, um einen Aspekt hervorzuheben, dabei endet, einen anderen zu opfern. In diesem Fall ging die richtige, auf die Feier der Eucharistie gesetzte Betonung auf Kosten der Anbetung, die ein an den wirklich im Altarsakrament gegenwärtigen Herrn Jesus gewandter Akt des Glaubens und des Gebets ist. Diese Unausgewogenheit hatte Auswirkungen auch auf das geistliche Leben der Gläubigen. Wird nämlich die ganze Beziehung mit dem eucharistischen Jesus allein auf den Augenblick der heiligen Messe konzentriert, läuft man Gefahr, den Rest der Lebenszeit und des Lebensraumes seiner Gegenwart zu entleeren. Und so wird der Sinn der beständigen Gegenwart Jesu mitten unter uns und mit uns weniger wahrgenommen, eine konkrete, nahe Gegenwart inmitten unserer Häuser, als »pulsierendes Herz« der Stadt, des Landes, des Gebiets mit seinen verschiedenen Ausdrucksformen und Tätigkeiten. Das Sakrament der Liebe Christi muß das ganze alltägliche Leben durchdringen.

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Stand der Dinge II: New York

Der Fall von Father Justin Wylie, der sich in einer Predigt (hier Ausschnitte) nachdrücklich für die Rechte der Gläubigen auf Messfeiern im überlieferten Ritus eingesetzt hatte und deswegen auf Betreiben von Ortsbischof Timothy Cardinal Dolan das Land verlassen muß, schlägt hohe Wellen. Die Empörung ist berechtigt, die in vielen Stellungnahmen anklingende Überraschung aber nicht. In kaum einer anderen Frage ist der Weltepiskopat so gepalten wie in der Haltung zu überlieferten Liturgie und dementsprechend der Umsetzung von Summorum Pontificum. Dabei gehören die Vereinigten Staaten noch zu den wenigen Ländern, in denen sich überhaupt Bischöfe in nennenswertem Umfang für die Umsetzung des seit 2007 geltende Rechts einsetzen, das Gläubigen und Priestern ungehinderten Zugang zur traditionellen Liturgie ermöglicht.

Eine deutlich größere Zahl von Bischöfen in USA und anderswo findet sich bestenfalls zu einer Art widerwilligen Hinnahme der Vorgaben des Motu Proprio bereit, wobei sie sich bemühen, seine Umsetzung nach Kräften „einzudämmen“. Eine mindestens ebenso große Zahl von Ortsordinarien ignoriert Summorum Pontificum vollständig und besteht im Widerspruch zum geltenden Recht darauf, die Feier der überlieferten Liturgie als eine Gnade zu betrachten, die sie Priestern und Gläubigen nach Belieben gewähren oder verweigern können, wobei sie sich meistens für das letztere entscheiden. Den bereits von Papst Johannes Paul II. eingerichteten Priesterbruderschaften, deren Charisma die besondere Pflege der überlieferten Liturgie und eine darauf gegründete Seelsorge ist, gewährend sie in ihrem Machtbereich keinerlei Arbeitsmöglichkeit – lieber keine Priester und keine Sakramente als solche im Geiste der Tradition. Nichts könnte den von den modernistischen Theologen und Ordinarien vollzogenen Bruch mit der Tradition der Kirche deutlicher zum Ausdruck bringen. Dieser Bruch liegt nicht, wie gerne behauptet wird, auf Seiten derer, die ihn konstatieren, sondern auf der Seite derer, die ihn täglich praktizieren und bewußt vertiefen.

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