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Märtyrer für die Heiligkeit der Ehe

Am 22. Juni gedenkt die Kirche der Heiligen Thomas Morus und John Fisher. Sie wurden im Juli/Juni 1535 auf Befehl Königs Heinrichs VIII. von England geköpft, weil sie sich weigerten, der Auflösung seiner Ehe zuzustimmen. Morus gehörte als Lordkanzler zu den Großen des Reiches, Fisher war als Erzbischof von Rochester Inhaber eines der ältesten und einflußreichsten Bischofssitze Englands. Das Hymnarium bringt heute einen lateinischen Hymnus, den Hansjürgen Bertram auf den hl. Thomas verfasst hat; davon angeregt stellt René Strasser in einer ausführlichen Miszelle das Leben des Heiligen vor.

Beide Männer wurde in der Kirche seit Jahrhunderten hoch in Ehren gehalten, ihre Heiligsprechung erfolgte allerdings erst unter 1935 unter Papst Pius XI., der damit zu Beginn der Nazidiktatur die Notwendigkeit und den Wert des Widerstandes gegen eine Herrschaft unterstreichen  wollte, die sich von den Gesetzen Gottes abwendet.

Diese Mahnung hat sicher auch den Politikern und Kirchenmännern viel zu sagen, die heute bereit sind, eine verrottete Lebenswirklichkeit an die Stelle des Wortes Gottes zu setzen. Sie folgen damit freilich nur dem Beispiel der meisten Noblen und Bischöfe im England des 16. Jahrhunderts, die sich dem tyrrannischen König dienstbereit unterwarfen. Tatsächlich waren es nur wenige Kirchenmänner, die wie Morus und Fisher widerstanden, darunter der Brigittinermönch Richard Reynolds, der Ortspfarrer John Hole und die Kartäusermönche John Houghton, Augustin Webster, Humphrey Middlemore, William Exmeve, Sebastian Newdigate und Robert Lawrence, deren Namen noch heute mit Hochachtung genannt werden.

Die Anpasser, Mietlinge und Apostaten, die dem König beim Aufbau seiner neuen Landeskirche behilflich waren, konnten irdisches Leben und Wohlstand retten. Doch diese „Kirche“ von des englischen Königs Gnaden steht heute nach zahllosen weiteren Verwässerungen der Lehre, vielfältigen Spaltungen und dem Verlust der Sakramente vor dem Aussterben. Sein nächster Nachfolger wird  bei seiner Amtseinführung - bestenfalls - den Titel „Beschützer der Religionen“ annehmen und von einem Mullah und einer Bischöfin, einem Rabbi und einer Bhikkuni in die schöne neue Welt unter der Diktatur des Relativismus geleitet werden.

Narzissmus und liturgischer Missbrauch

Ein Hinweis von Fr. Ray Blake führte uns zu einem schon etwas älteren (2007), aber immer noch sehr aktuellen Artikel der beiden Psychologen Paul Vitz und Daniel C. Vitz mit dem bemerkenswerten Titel „Messing with the Mass: The Problem of priestly narcissm today.“ Die dort beschriebenen Muster treten sicher nicht nur bei der Feier der hl. Messe nach dem Novus Ordo auf – manches davon kommt einem durchaus bekannt vor als Beschreibung „klerikalistischer“ Verhaltensweisen ganz allgemein. Besonders fruchtbar erscheint der von den Autoren hergestellte Zusammenhang zwischen der „anthropologischen Wende“ der Zeit nach dem Konzil und dem Phänomen priesterlichen Narzismus. In der Einleitung, die für Nicht-Psychologen vielleicht der interessanteste Teil ist, schreiben sie (teilweise unter Bezug auf andere Autoren):

Lasch betonte den Niedergang des Sensoriums für die „historische Zeit“. Die Verhaltensmuster des Narzismus entstehen auf individueller und gesellschaftlicher Ebene umso leichter, wenn die Verbindung zur Vergangenheit abreißt. Die Vergangenheit stellt das Bezugssystem, innerhalb dessen wir gegenwärtiges Verhalten als gut oder schlecht, angemessen oder unangemessen, traditionell oder modern einordnen. Die Vergangenheit mit ihren Helden und Lehrstücken verbindet den Menschen mit familiären und gesellschaftlichen Traditionen und bestimmt die Normen des Verhaltens und die moralischen Grenzen. Lasch macht deutlich, daß in dem Maß, in dem die Vergangenheit aus dem amerikanischen Bewußtsein geschwunden ist, die Bereitschaft zu narzistischer Selbstherrlichkeit gestiegen ist.

Er bemerkte ebenfalls, daß die amerikanische Gesellschaft ihr Vertrauen in die Zukunft verloren hat – was übrigens auf Europa noch mehr zutrifft. Diese Abwendung von der Zukunft verbreitete sich rasant in den 60er Jahren mit der Angst vor drohender globaler Überbevölkerung. Viele forderten ein Nullwachstum bei der Bevölkerung und vertraten die Ansicht, es wäre besser für die Zukunft der Welt, wenn es weniger Menschen gäbe. Die Hoffnung auf die Zukunft der Menschheit und der traditionellen Sozialstrukturen wurde aufgegeben. Die gesamte westliche Kultur wurde von dieser Erscheinung erfasst. (…) Eine entsprechende kritische Haltung entwickelte sich auch gegenüber der Religion. Wissenschaft, Technik und „modernes Leben“ galten generell als unumgänglich und wünschenswert, aber die Religion als Teil der verachteten traditionellen Kultur des Westens hätte gefälligst zu verschwinden. … So haben wir uns von der Vergangenheit abgewandt und das Vertrauen in die Zukunft verloren – und damit wird der gerade aktuelle Augenblick zum beherrschenden Bewußtseinselement.

Zahllose Beispiele zeugen davon, wie diese einseitige Hinwendung zum „Jetzt“ die Erfahrungen der Vergangenheit und die Hinwendung zur Zukunft verdrängt haben. Die Konsumgesellschaft mit ihrem Konsumwahn und ihrer Bereitschaft, sich auf Kosten der Zukunft zu verschulden ist vielleicht das offensichtlichste. Die Verherrlichung kurzzeitiger sexueller Genüsse und sinnlicher Freuden ist ein weiterer Schwerpunkt dieser allgemeinen Überbetonung des Gegenwärtigen. Die Unterhaltungsindustrie nährt diese – und nährt sich von dieser – Tendenz der Konzentration auf den Augenblick. Diese Denk- und Verhaltensweisen begünstigen den Narzismus, denn wer fest in seiner Vergangenheit verwurzelt und auf das Zukünftige bedacht lebt, haben starke Abwehrkräfte gegen Selbstherrlichkeit und Genuß-Sofort-Denken.“

Man sieht – die Analyse geht in sozialpsychologischer Hinsicht tiefer, als man zunächst beim Thema „liturgische Missbräuche“ erwarten würde, und sie trifft ins Zentrum der übermächtig erscheinenden Tendenz zur Verweltlichung in Glaube und Kirche. Sie bezeichnet die allgemeine Ursache sowohl für das Verhalten des einzelnen Priesters, der die Texte des Missales nach seinem pastoralen Bauchgefühl und den „Sensibilitäten“ seiner Gemeinde frei umdichtet, als auch ganzer Bischofskonferenzen und Zentralkomitees, die Tradition und Zukunft gleicherweise aus dem Blick verloren haben und nur noch hinter dem herjagen, was heute und jetzt ein Erfolgserlebnis verspricht. Hier noch einmal der Link zum ganzen Text.

Écrasez l'infâme!

Die Entscheidung der Mehrheit der Abstimmungsteilnehmer im „erzkatholischen“ Irland, daß der Himmel rosa und das Geschlecht der Beteiligten bei der Ehe irrelevant sei, wird uns hier noch öfter beschäftigen. Nirgendwo sonst tritt der Stand der Dinge in der Welt von heute und in einer Kirche, die sich nicht zuletzt durch die Preisgabe ihrer Liturgie dem Geschmack dieser Welt anzupassen sucht, so deutlich zu Tage. Und natürlich werden wir hier auch die politischen Auswirkungen zu spüren bekommen: schon hat die stalin-rot/undefinierbar-rot/unnatürlich-grüne Koalition Thüringens angekündigt, eine entsprechende Ändxerung des Grundgesetzes auf den Weg zu bringen

Aus den vielerlei Reaktionen, die das irische Referendum in deutschen Zeitungen hervorgerufen hat, scheinen uns zwei bemerkens- und festhaltenswert. Am 27. Mai, und daher nur noch für wenige Tage online erreichbar, zitierte der Deutschlandfunk in seiner Presseschau um 7:05 die Lausitzer Rundschau (eines seiner Lieblingsblätter übrigens) mit der Aussage, es müsse ein Ende haben mit „der Verdruckstheit, eine bürgerliche Ehe zwischen zwei Frauen oder zwei Männern nur als eingetragene Lebenspartnerschaft zu qualifizieren, anstatt sie beim Namen zu nennen.“ Hier verschwinden gleich mehrere Jahrtausende Rechts- und Sozialgeschichte der Ehe hinter der nassforschen Behauptung, das eigentliche Wesen dieser Einrichtung bestehe in der Kopulation jede/jeder mit jeder/jedem. Wann hat die Weltgesundheitsorganisation Homosexualität aus der Liste der Krankheiten gestrichen? Richtig – das war 1992.

Man kann diese journalistische Glanzleistung als ein Paradestück der Manipulationstechniken betrachten, mit denen die sozialingenieursmäßig tätigen Eliten ihre Ideen unters Volk bringen. Wahrscheinlicher ist freilich – zumindest wenn der Redakteur unter 40 Jahre alt ist – daß der Ärmste selbst schon zu den Manipulationsobjekten gehört: Er weiß es eben einfach nicht besser. Der Himmel ist rosa – das weiß doch jedes Kind (zumindest nach Durchsetzung des entsprechenden Sozialkundeunterrichts).

Zweites Belegexemplar, das hier festgehalten werden soll, ist ein Video-Kommentar von Hans-Ulrich Jörges, immerhin Mitglied der Chefredaktion des Stern, der zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Textes hier abrufbar war. Unter der feinsinnigen Überschrift „Der Sündenfall des Papstes“ teilt der Journalist mit vor Entrüstung bebender Stimme mit, „Der Vatikan nennt das "Ja" zur Homo-Ehe eine "Niederlage für die Menschheit". Damit ist Papst Franziskus entzaubert.“ In wirklichkeit sei das Referendum jedoch „ein Sieg der Menschheit über den Vatikan“. Es folgt das Urteil, in der inkriminierten Aussage des Kardinalstaatsekretärs werde die ganze „Verworfenheit dieser Kirche“ sichtbar, und dann – zunächst an die noch zögerlichen Ränder der CDU gerichtet – die Warnung: „Wer in der Politik noch der Sexualmoral der katholischen Kirche folgt, ist verloren.“

Man kann das getrost auch als Drohung verstehen, die weit über die Politik hinausgreift. Das „écrasez l‘infâme“ (vernichtet die Niederträchtige), mit dem der große Aufklärer Voltaire zur Zerstörung der Kirche aufrief und dem wenig später die große Revolution dadurch Nachdruck verlieh, daß sie über 8000 Priestern, Mönchen und Nonnen die Köpfe abschneiden ließ, hat seine Anziehungskraft für das Projekt der Moderne nicht verloren. Totalitärer Machtanspruch und die Kultur des Todes sind diesem Projekt von seinen Anfängen her verbunden.

Lebenswirklichkeit und Katechismus

Die nicht enden wollende Diskussion über die Zulassung „wiederverheirateter Geschiedener“ zur Kommunion offenbart verschiedene Aspekte der desolaten Lage der Kirche in Deutschland. Auf Seiten der Mehrheit der Bischöfe ist an erster Stelle das Bestreben sichtbar, die Kompatibilität der Kirche mit dem Zeitgeist zu bewahren und die Todsünde der Diskriminierung von sich zu weisen. Unterscheidung der Geister – das war gestern.

Auf Seiten der Gemeinden spielen psychologische Aspekte eine große Rolle, und diese stehen in enger Verbindung zu liturgischen Fehlentwicklungen der letzten Jahrzehnte. Zwei dieser Entwicklungen, letztlich zwei Seiten eines Zusammenhangs, erscheinen dabei besonders bedeutsam.

Zum ersten: Die Form der Liturgie hat im Novus Ordo fast alles verloren, was an das „mysterium tremendum“ gemahnt – teils im Grundsatz durch vielfältige Veränderung der Rubriken und der Texte, teils in der Praxis durch noch weitergehende Missachtung der wenigen Formalvorgaben, die in der Liturgie übrig geblieben sind. Die Eucharistiefeier, die von der Gemeinde gestaltet wird, erscheint dieser weitgehend als Menschenwerk „von uns für uns“. Die unter der Brotsgestalt anwesende Gottheit entschwindet aus dem Blickfeld. Die beauftragten Lehrer der Kirche haben dem nichts entgegen zu setzen, im Gegenteil: Das „Brot, das wir teilen“, ist für sie nur noch „ein zentrales Symbol des christlichen Glaubens“ (katholisch.de) oder ebenda „der dichteste Ausdruck von Gemeinschaft in der Kirche“ (Lehmann), ein „Erlebnis von Gemeinschaft“ (Marx), und wie die Phrasen alle lauten.

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Das Signal aus Irland

Daß die Presse den irischen Volksentscheid mit Siegesfanfaren begrüßt, ist wenig überraschend, aber irreführend. Es ist natürlich nicht so, wie im Spiegel behauptet, daß die „erzkatholischen Iren“ sich „für die Homoehe“ ausgesprochen hätten: Die schon längst nicht mehr katholische und wohl überwiegend auch nicht einmal mehr christliche Mehrheit der Abstimmenden hat sich für die Abschaffung der Ehe ausgesprochen, wie sie seit mehr als tausend Jahren das – zugegebenerweise nicht immer befolgte – Leitbild und das soziale Fundament des zivilisierten Europa gebildet hat.

Und genau auf diese Abschaffung kommt es den Meinungsbildnern an und nicht auf irgend etwas ‚Katholisches‘. Sie wollen den neuen hoch flexibilisierten Menschen für eine neue Weltordnung – und die dümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber. Für Katholiken ist die Entwicklung auf staatlicher Ebene - das macht natürlich nicht bei Irland halt - eher irrelevant: Die Ehe bleibt das, was sie immer war, und was eine vom Christentum abgeschworene und folglich im Fundament aufgelöste Gesellschaft an Kopulationen, Kombinationen und Numerationen für wünschenswert hält und rosstäuscherisch als „Ehe“ bezeichnet, ist in der Perspektive des Katechismus der Katholischen Kirche ohne Belang. Wenn ein mehrheitlich aus Politfunktionären bestehendes Zentralkomitee nach kirchlichen „Liturgien“ für die zum Anlass gehörende Feier ruft, verabschiedet es sich aus dem Geltungsbereich dieses Katechismus und aus dem christlichen Kulturkreis überhaupt – keiner ist gezwungen, sich dem zuzuzählen. Und wenn pflichtvergessene Bischöfe dem Verein die Stange halten – bitte, zum Lutherjahr lässt sich da vielleicht noch ein staatskirchliches Ding drehen; gute Reise.

Relevant für die kleiner werdende Kirche ist etwas anderes: In den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts hat sie sich, teils geblendet von Illusionen, teils getrieben von Opportunismus, auf einen Weg des Dialogs mit und der Anerkennung „der Welt“ und ihrer Fürsten begeben, der jede Tradition entwertete und jedes Prinzip zur Disposition stellte: In pricipio erat mundus. Das mag Entwicklungen wie die in Irland nicht verursacht haben – aber es hat sie begünstigt. Jetzt sehen wir die Ergebnisse, und allmählich naht der letzte Moment, sich aus dem Netz der Verwirrung loszusagen.

Nicht, weil man die Entwicklung zurückdrehen könnte – der Zug ist abgefahren. Aber es gibt auch im Prozess der Rückabwicklung des Christentums eine Grenze zwischen Fahrlässigkeit und Vorsatz, zwischen ratlosem Gewährenlassen und aktivem Betreiben. Signale wie das aus Irland machen überdeutlich: Weiße Dialogsalbe und Treueschwüre auf „das Konzil“ - ja welches denn - helfen keinen Schritt weiter.

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