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Glaubenskrise, Schisma und Liturgie

Eine der bemerkenswertesten Entwicklungen der letzten Jahre besteht darin, daß in der Kirche immer öfter von "Schisma" gesprochen wird - wobei niemand so genau zu wissen scheint, was es damit eigentlich auf sich hat. Bischof Athanasius Schneider, Weihbischof im Erzbistum der Allerheiligsten Jungfrau Maria zu Astana, hat dazu kürzlich in einem Interview mit Rorate Cæli Aufschlußreiches gesagt:

Nach der Definition des Kirchenrechtes in Canon 751 bedeutet Schisma die Weigerung, den  anzuerkennen oder Gemeinschaft mit Kirchenmitgliedern zu haben, die den Papst anerkennen. Das Schisma ist etwas anderes als Glaubensmangel oder Irrlehre. Tatsächlich ist Unglaube oder Häresie noch schwerwiegender als das Schisma. Der hl. Thomas führt dazu aus: Unglaube ist eine Sünde gegen Gott Selbst, weil Gott die Erste Wahrheit ist, auf die sich der Glaube gründet. Schisma ist demgegenüber ein Verstoß gegen die Einheit der Kirche, die ein geringeres Gut bedeutet als Got selbst. Die Sünde des Unglaubens wiegt daher im allgemeinen schwerer als die Sünde des Schismas (II-II, q. 39, a. 2 c).

Die eigentliche Krise der Kirche in unseren Tagen besteht in der ständig zunehmenden Erscheinung, daß Menschen, die den katholischen Glauben nicht im vollen Umfang annehmen und bekennen häufig strategische Positionen im leben der Kirche innehaben - sei es als Professoren der Theologie, Ausbilder in Seminaren, Ordensobere, Pfarrer und sogar Bischöfe und Kardinäle. Und diese Menschen mit unvollständigem Glauben erklären, daß sie den Papst anerkennen. 

Der Gipfel der Absurdität wird erreicht, wenn solche halb-häretischen Kleriker, denjenigen, die die Reinheit und Integrität des katholischen GLaubens verteidigen, vorwerfen, gegen den Papst zu sein und damit, so wie sie es sehen, irgendwie Schismatiker zu sein. Für die einfachen Gläubigen bedeutet diese verwirrende Situation eine schwere Herausforderung ihres Glaubens und des Vertrauens in die Unzerstörbarkeit der Kirche. Sie müssen die Integrität ihres Glaubens entsprechend den unwandelbaren katholischen Wahrheiten festhalten, so wie sie uns von den Vorfahren überliefert worden sind und wir sie im traditionellen Katechismus, in den Schriften der Kirchenväter und Kirchenlehrer vorfinden.

Auf die Frage, inwieweit die nachkonziliaren Liturgiereformen zu diesem Verfall beigetragen haben, führte Bischof Schneider aus:

Ich würde das nicht so direkt sehen.  Die eigentliche Ursache der gegenwärtigen Krise in der Kirche, der Krise der ehe, der Familie oder der Moral insgesamt ist nicht die Reform der Liturgie, sondern der Glaubensmangel und der Relativismus in der Lehre, von denen der moralische und der liturgische Relativismus ausgehen. Denn wenn mein Glaube Mängel hat, werde ich auch ein mangelhaftes Moralleben führen und meine Gottesdienst wird ebenfalls mangelhaft und indifferent sein. Es ist notwendig, an erster Stelle Klarheit und Festigkeit der Glaubenslehre und der Moral auf allen Ebenen wieder herzustellen und dann von dort aus beginnend die Liturgie zu verbessern. Die Integrität und die Schönheit des Glaubens verlangen die Integrität und die Schönheit des moralischen Lebens eines Jeden und das verlangt6 die Integrität und Schönheit des öffentlichen Kultus.

In anderen Teilen behandelt das Interview Fragen der jüngsten Bischofssynode, den Erlasas zur Änderung des Ritus der Fußwaschung sowie das Verhältnis zuur Piusbruderschaft. Vollständig nachzulesen auf Rorate Cæli.

Notwendiger Nachtrag zum Thema Kindermord

Nun hat sich auf katholisch, de, der offiziellen Website der katholischen Kirche Deutschlands, also doch noch ein Beitrag zum Fest der unschuldigen Kinder gefunden: Unter der Überschrift „Klage als Befreiung“ nimmt die Franziskanerschwester Margareta Gruber die Gelegenheit wahr, den Bericht des Lukasevangeliums  über den Ursprung des „grausamen Festes"“ für „eher unwahrscheinlich“ zu halten und „das Motiv vom verfolgten und geretteten Kind auch in der modernen Fantasywelt“ etwa Harry Potters widerzufinden - nun ja.

Man könnte das eher durchgehen lassen, wenn die fromme Frau nicht Professorin für Neutestamentliche Exegese und Biblische Theologei an der Philosophisch-Theologischen Hochschule der Palottiner in Valendar wäre. D. h. sie arbeitet in der Priesterausbildung - und die von ihr auszubildenden Priester werden auch im „reformierten" Missale von 1970 ein Tagesgebet vorfinden, das mit den Worten beginnt:

Deus, cuius hodierna die praeconium Innocentes martyres non loquendo sed moriendo confessi sunt, da, quaesumus, ut fidem tuam, quam lingua nostra loquitur, etiam moribus vita fateatur.

Auch hier ist im Folgenden, wie schon bei anderen Vergleichen festgestellt, der Hinweis auf die durch göttliche Gnade 'abzutötende' Sünde gestrichen, aber der Bezug auf die Kinder von Bethlehem ist der gleiche wie in der überlieferten Form des Gebetes:

Gott, am heutigen Tag haben die Unschuldigen Kinder Dein Lob verkündet, nicht durch Worte, sondern als Märtyrer durch den Tod; ertöte in uns alle Verderbnis der Sünde, damit wir den Glauben an Dich, den unsere Zunge bekennt, auch durch sittlichen Wandel im Leben bestätigen.

Wie soll ein Priester, der seine exegetische Ausbildung bei Schwester Margareta empfangen hat, mit dieser Collecta umgehen? Werden ihm die Gebete zur Mythensammlung? Ist ihm der nicht nur in der Tradition, sondern auch in der Editio Typica des Missales von 1970 ausgedrückte Gedanke überhaupt noch zugänglich: Daß das Lob Gottes auch durch die grausamen Taten seiner Feinde offenbar werden kann?

Klar ist: Die unter dem Einfluss der modernistischen Theologie stehende Priesterausbildung geht daran, die grundlegende Einheit von „Lex orandi - lex credendi“ auch da aufzubrechen, wo die Liturgiedeformer sie noch bestehen ließen.

Fest der unschuldigen Kinder

Jeder Blick auf eine beliebige Nachrichtenseite im Internet offenbart, daß die „aufgeklärten Gesellschaften“ der Gegenwart von schwersten Neurosen, wenn nicht gar von fortschreitendem Irrsinn befallen sind. Keine Untersuchung erhellt, welchen Anteil der gesellschaftlich sanktionierte millionenfache Kindermord an den kollektiven Wahnerscheinungen hat. Tatsächlich gilt ja bereits die Diagnose und Untersuchung des „postabortiven Syndroms" auf individueller Ebene als „frauenfeindlicher Angriff“ auf die Grundlagen der westlichen „Werteordnung“ und wird daher als Thema für die Wissenschaft missbilligt oder rundweg ausgeschlossen. Wie stark das von der Kultur des Todes errichtete Tabu auch in kirchliche Bereiche hineinwirkt, ahnt man, wenn auf katholisch.de das heutige Fest der Unschuldigen Kinder nur unter „Vergessene Feste in der Weihnachtszeit“ vorkommt.

Das Thema ist peinlich - bis hinein ins ökumenische Heiligenlexikon, in dem der ansonsten unbekannte Wiener Amateurhistoriker Helmut Bouzek dem Herodes „Motiv, Willen und Macht“ zu einer derartigen Gewalttat abspricht und den biblischen Bericht des Matthäusevangeliums als reine Legende abtut.

Der im 4. Jahrhundert lebende spätantike christliche Dichter Aurelius Prudentius Clemens hat in seinem großen Gedicht zum Weihnachtsfestkreis Quicumque Christum quæritis auch den Kindermord von Bethlehem in erschütternde Verse gebracht - seine Fähigkeit zur Empathie war offensichtlich größer als die einer Gegenwart, die den Baalskult der eigenen Gesellschaft ebenso verdrängt wie – vielleicht auch deshalb – den Massenmord der Boko Haram an Schulkindern in Afrika.

Voll Furcht vernahm es der Tyrann,
daß der König der Könige gekommen sei,
der das Geschlecht Israel regieren
und das Königtum Davids besitzen soll.

Außer sich von dieser Nachricht rief er aus:
Ein Nachfolger erhebt sich, uns zu vertreiben,
Wachen, eilt und zückt das Schwert
und tränkt die Wiegen im Blut.

Tötet alles, was an Kinder männlich ist,
forscht, was die Ammen in ihrem Schoß halten,
und an der mütterlichen Brust
röte das Blut der Bübchen euer Schwert.

Verdächtig des Hochverrats erscheint mir
zu Bethlehem jede Wöchnerin,
und daß mir keine heimlich
mit ihrem Jungen unbeschadet davonkommt!

Da durchbohrten die Schlächter
tobend mit blanken Schwertern
die gerade erst geborenen Leiber
und schnitten das junge Leben ab.

Kaum fanden die Mörder
an den kleinen Körper den Ort,
wo sie zustoßen sollten,
da doch der Dolch gröber als die Kehle ist.

Was für ein barbarischer Anblick:
ein Schädel, zerschmettert an Felsen,
verspritzt das milchweiße Hirn,
und speit die Augen aus wunden Höhlen.

Oder dort, ein zitterndes Kind,
geschleudert in einen tiefen Strudel,
dem in der zarten Kehle,
Wasser und Atem sich röchelnd vermischen.

Seid gegrüßt ihr Märtyrerblüten,
ihr, die euch an der Schwelle zum Leben
der Verfolger Christi niederstreckte
wie der Wirbelsturm die knospenden Rosen.

Ihr zarte Herde der ersten,
die für Christus zu Opfern wurden -
vor seinem allerhöchsten Thron spielt ihr nun
in kindlicher Einfalt mit Palme und Kronen.

Den ganzen Text in Latein und Deutsch bietet das Hymnarium. Die authentische Position der Kirche und ihre bedingungslose Absage an die „Kultur des Todes" hat Papst Johannes Paul II. in seiner großen Enzyklika Evangelium Vitæ zum Ausdruck gebracht.

Alles Barmherzigkeit

Während ein nicht geringer Teil der englischen Bischöfe die Bestrebungen unterstützt, durch Veränderungen der „pastoralen Praxis“ das katholische Eheverständnis und die Sakramentenlehrte zu untergraben, hat das Sekretariat der Bischofskonferenz von England und Wales ein Thema gefunden, das jeden Einsatz wert ist: Die Konferenz hat sich an die Kommission Ecclesia Dei gewandt, sie möge die Karfreitagsfürbitte, wie es gegenwärtig für die Bücher von 1962 vorgeschrieben ist, darauf hin untersuchen, ob sie dem Verständnis von Nostra Æetate zum Verhältnis der Kirche zum Judentum entspreche.

Soviel rührende Fürsorge um die Reinheit der Lehre treibt einem die Tränen in die Augen. 

Zum besseren Verständnis des bemerkenswerten Schrittes bieten sich gleich drei Erklärungen an, die darüberhinaus den Vorteil haben, sich nicht auszuschließen, sondern eher noch gegenseitig zu verstärken:

1. Die Mehrheit der Bischöfe von England und Wales  gab, vom Geist der Barmherzigkeit getrieben, dem Drang nach, den Anhängern der Tradition in Lehre und Liturgie mal wieder so richtig zu zeigen, wo der Hammer hängt;

2. Sie wollten dem Urheber der aktuellen Form der Fürbitte, einem gewissen Josef Ratzinger alias Benedikt XVI, eins auswischen: Einen Papst der „Konzilsfeindschaft“ zu überführen - das deckt viele Häresien zu.

3. Sie haben ebenso wie wir von neuen Einigungsbemühungen zwischen Rom und der Piusbruderschaft gehört und suchen händeringend nach einem Knüppel, den sie diesem - vielleicht - ins Rollen gekommenen Rad in die Speichen werfen können.

Die Kirche Jesu Christi als jungle camp - Fortsetzung folgt.

Heiter geht's weiter

Das Zentralkommitte der deutschen katholischen Funktionsträger hat sich einen neuen Präsidenten gewählt - es ist der Direktor der Katholischen Akademie Franz-Hitze-Haus in Münster, Dr. Thomas Sternberg. Sternberg ist - unter anderem - gelernter Theologe, sein Promotionsthema waren die Sozialeinrichtungen der Kirche des 4.-7. Jahrhunderts. 

In seinem ersten Interview nach der Wahl mit der "Katholischen" Nachrichtenagenturmachte der Neue Präsident deutlich, wo er steht: außerhalb der Lehre und Disziplin der katholischen Kirche, soweit diese nicht aus Funktionären besteht. Die klerikale Frauenbeförderung ist eines seiner Hauptanliegen:

Da geht es nicht nur um den Frauendiakonat, auf den ich sehr hoffe. Aber was ist beispielsweise mit den Pastoralreferentinnen, die in der Krankenhausseelsorge tätig sind? Die dürfen keine Krankensalbung geben, sondern müssen auf einen Priester warten. Das geht nicht.

Im Übrigen setzt er auf Marketing: 

Vielleicht wäre es auch ein Weg, Hilfe von außen zu holen, sich von Kommunikationswissenschaftlern beraten zu lassen, um die Hauptanliegen klarer zu definieren.

Vielleicht schenkt dem Mann jemand einmal einen Katechismus, in dem die Hauptanliegen der Kirche klar genug definiert sein dürften.


Das Bild von Thomas Sternberg entnahmen wir einem Video auf katholisch.de

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