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Von der streitenden Kirche

Nicht nur in Deutschland finden Priester zunehmend den Mut, die Verhältnisse in Kirche und Gesellschaft mit offenem Blick auf die Realität zu beschreiben und sich nicht länger von den Phrasen wie „Neuer Frühling“ „oder gemeinsames Wirken zum Wohl der Menschheit“ blenden zu lassen. Rorate Caeli hat jetzt eine Predigt veröffentlicht, die Fr. Armand de Malleray von der Petrusbruderschaft - nicht zu verwechseln mit Bischof Bernard Tissier de Mallerais von der Piusbruderschaft - bereits im vergangenen Sommer gehalten hat. Anlass war die Primiz von Fr. Ian Verrier - eines der 15 Neupriester, die die Petrusbruderschaft 2015 zur Weihe gebracht hat. Wir übersetzen daraus den ersten Teil mit der Zustandsbeschreibung ganz und vom zweiten Teil, der begründet, warum man sich dennoch nicht entmutigen lassen darf, den den Ton anschlagenden Anfang. Den größeren Rest empfehlen wir ihrer Lektüre im Original.

Lieber neugeweihter P. Verrier,

Gib doch einfach auf! Es ist alles verloren, lauf und versteck Dich. Wir sind besiegt; mit dem Christentum ist es aus, unser Zeit ist vorbei. Jeder, der Augen hat zu sehen, wird zustimmen: Ganze Tsunamjis, größer als die größten Wogen, stürmen gegen uns an: Gegen das Leben, gegen die Vernunft, gegen die Freihei, gegen die Unschuld. Sieh auf die scharlochrote Flut der Abtreibungen, die grüne Flut des Islam, die rosa Flut der Verdrehung, die schwarze flut der Pornographie und als tödliche Mixtur von allen die in allen Farben schillernde flut der Political Correctness.

Und auf diesen Wellen des Verderbens surfen die wilde Horden des Feindes und erobern unsere Parlamente, unsere Gerichte, unsere Universitäten, unsere Medien, unsere Krankenhäuser, unsere Kasernen, unsere Schulen, unsere Arbeitsplätze unsere Bäckereien, sogar unsere Wohnungen - und was ist mit unseren Kirchen? Da ist keiner, der uns beschützt. Unsere Märtyrer - längst vorbei. Unsere „Bekenner und Lehrer“ sind stumm. Unsere Jungfrauen werden verspottet. Unsere Führer sind ängstlich und unsicher. Und wir? Wir sind selbstsüchtig. Wir sind faul. Wir fürchten uns.

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Das Lehramt der Professoren

Bild: RP-Online.deDer Münsteraner Kirchengeschichtler Arnold Angenend hat im Interview mit dem Deutschlandfunk  jetzt anläßlich der Vorstellung seines neuesten Buches mal wieder die revolutionäre Idee von vorgestern propagiert, Frauen zu Priestern zu weihen:

Im Christentum sind Mann und Frau beide nach dem Ebenbild Gottes geschaffen. Das ist religionsgeschichtlich die große Ausnahme. Und wenn man die Diakonin Phoebe nimmt, die in der Einheitsübersetzung dann als Dienerin übersetzt ist – wenn aber ein Diakon erwähnt wird, ein männlicher, dann wird er Diakon genannt, das wird die Amtsbezeichnung. Nach meinem Dafürhalten ist das auf die Dauer nicht aufzuhalten, dass Frauen diese ihre ursprüngliche Gleichberechtigung wahrnehmen und auch den Eintritt ins Amt erfordern. (...) Ich würde niemals Priesteramt ausschließen.“

Das ganze wäre keiner besonderen Beachtung wert, müßte man den Auftritt Angenendts nicht vor dem Hintergrund einer seit Monaten laufenden Diskussion über eine offizielles Lehramt in der Kirche für die katholischen Theologen sehen.  So gefordert im vergangenen Dezember auf einer international besetzten Tagung modernistischer Theologen in München:

Das Konzil ist durch theologische Entwicklungen des frühen 20. Jahrhunderts vorbereitet worden und hat selbst für die Theologie zentrale Impulse gesetzt. Die Theologie versteht sich im Sinne der Tradition neben dem Lehramt der Bischöfe als unverzichtbares wissenschaftliches Lehramt in der Kirche und als einen wichtigen Raum des verständigungsorientierten Diskurses in der Öffentlichkeit.

Wir stehen dafür ein, um der tieferen Erkenntnis der Wahrheit willen das interdisziplinäre Gespräch mit allen Wissenschaften, den Austausch mit den weisheitlichen Traditionen unterschiedlicher Kulturen und der gelebten Praxis des Glaubens zu suchen. Dafür muss die Theologie selbst Anstrengungen unternehmen, ihr Selbstverständnis als Wissenschaft zu klären und für einen intensiven Austausch zwischen ihren einzelnen Fächern zu sorgen.

Das Zweite Vatikanum hat die Aufgabe eines pastoral verstandenen Lehramtes der Bischöfe, den Interpretationsprozess von Tradition und Erfahrung des Glaubens zu moderieren, modellhaft umgesetzt. In diesem Prozess, der eine Selbstrelativierung, einschließlich des Mutes zur Revision lehramtlicher Aussagen, impliziert, spielt die Theologie eine wichtige Rolle.“

Tatsächlich ist diese jetzt neu befeuerte Diskussion nicht wirklich neu - erste Vorläufer fanden wie hier angedeutet schon im Umkreis des zweiten vatikanischen Konzils statt. Jede Erwähnung eines „Lehramtes der Professoren“ neben dem der Bischöfe (die ausschlaggebende Rolle des Bischofs von Rom findet keine Erwähnung) wurde damals allerdings glatt zurückgewiesen.

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Schlag auf Schlag

Bild: Trierischer VolksfreundDie Aufregung um die Erklärung, mit der Pfarrer Frings seinen Amtsverzicht begründete, ist noch nicht abgeklungen, da macht schon das nächste Zeugnis eines an seiner Kirche verzweifelnden Priesters die Runde. Pfr. Dr. Helmut Gehrmann, Priester des Bistums Trier und derzeit eingesetzt im Bistum Basel, hat zum Jahresende 2015 einen Brief an „seinen“ Bischof Ackermann geschrieben, in dem er seine tiefe Besorgnis anläßlich Verlauf und Empfehlungen der vor dem Abschluss stehenden Diozesanssynode außert. Einen Brief, für den er bisher noch nicht einmal eine Eingangsbestätigung erhalten hat, und mit dem er jetzt über kath.net an die Öffentlichkeit gegangen ist.

Ein Hauptgegenstand seiner Bedenken ist die Tatsache, daß die Mitglieder der Synode mehrheitlich Laien sind, von denen sich viele „den Sakramenten der Kirche entziehen, in dem sie bewusst auf die Teilnahme an der Eucharistie und vor allem auch auf den Empfang des Bußsakramentes verzichten.“ Und weiter:

Dieser Vorgang hat nicht nur Konsequenzen für die Betroffenen selbst, sondern auch für konkrete Gemeinden oder sogar Bistümer, wenn solchen Personen Einfluss auf kirchliche Entwicklungen gewährt wird. Denn eine sich selbst auferlegte Abstinenz vom sakramentalen Leben der Kirche, bedeutet nicht nur im moralischen Bereich für die Betreffenden eine Zustimmung zu einem Zustand, der immer als sündhaft bewertet worden ist, sondern hat auch Konsequenzen für deren Fähigkeit, geistlich - geistige Vorgänge richtig beurteilen zu können. Das selbst gewählte Verharren in der Kirchenferne hat eine Verdunkelung des Glaubenslichtes zur Folge, wie die Kirche immer geglaubt und gelehrt hat. Das kann auf Dauer zur völligen geistliche Blindheit führen.

Und etwas später weiter:

Wenn man die Bedingungen für die Mitgliedschaft für die Teilnahme an der Synode unter Artikel 2, §2 der Statuten liest, ist leicht erkennbar, dass man bei der Berufung der Synodenteilnehmer auf Vorgaben hinsichtlich der Teilnahme am Leben der Kirche weitgehend verzichtet hat. In vielen Fällen scheint die Synode von Leuten bestückt zu sein, die nur sporadisch an der Eucharistie ihrer Gemeinden teilnehmen, wie mir Pfarrer solcher Synodalen glaubhaft berichtet haben. Zieht man das oben schon gesagte hinzu, müssen dem entsprechend auf Grund dieser selbst gewählten sakramentalen Abstinenz, manche „Empfehlungen“ solcher Fernstehenden zur Erneuerung der Kirche, als Ergebnis ihres Apologiebedürfnisses des eigenen Fehlverhaltens und als Manifestationen der Unfähigkeit, geistliche Vorgänge richtig beurteilen zu können, als geistige Entgleisungen direkt erwartet werden.“

Als ein Beispiel solcher „geistigen Entgleisungen“ benennt Pfarrer Gehrmann eine Empfehlung der Sachkommission „Der Sonntag und die Gestaltung des Sonntagsgottesdienstes“, die befunden hat: „Wir nehmen Abschied von der Vorstellung, dass alle Gläubigen das Bedürfnis haben, am Sonntag die heilige Messe oder sonstige Gottesdienste zu besuchen; das gilt auch für die in der Kirche Engagierten.“ Das strenge Gebot der Kirche zur Einhaltung der Sonntagspflicht spielt da keine Rolle mehr – Maßstab ist nur noch das vom Synodalrat konstatierte „Bedürfnis der Gläubigen“.

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Ohne Vergangenheit keine Gegenwart

Bild: Haus-Wasserburg.deDer Schritt von Pfarrer Frings, sein Pfarramt aufzugeben und – nun anscheinend doch für längere Zeit – in ein Kloster zu gehen, hat große Resonanz ausgelöst. Frings hat das bisher in weiten Teilen der deutschen Kirche undenkbare gewagt und den hohen Anspruch des „Neuen Aufbruchs nach dem Konzil“ mit einer niederschmetternden Wirklichkeit verglichen: Mögen die Institutionen der Kirche und vor allem auch ihre Finanzen so stark sein wie eh und jeh – der Glaube in den Gemeinden und der ganzen Gesellschaft steht kurz vor dem Erlöschen. Diese über die Jahre gereifte Einsicht muß Frings besonders tief getroffen haben, weil er doch nach eigenem Bekunden zu denen gehört hat, die sich mit aller Kraft für die Verwirklichung dieses Aufbruchs eingesetzt haben.

Diese langjährige Praxis schränkt allerdings seine Fähigkeit ein, in dem radikalen Bruch mit der Vergangenheit, der sich für viele seiner Proponenten mit diesem „Aufbruch“ verbindet, eine der Ursachen der aktuellen Misere zu sehen. Dabei hat er ja insoweit Recht, als es ein Zurück nicht geben kann, nicht in die Zeit vor 30 und nicht in die vor 60 Jahren. Der Blick der Erklärung von Pfarrer Frings auf die Tradition bleibt weitgehend auf die Kirchenstruktur der Vergangenheit beschränkt – und da sieht er, angesichts der aktuellen Situation des Glaubens in der Gesellschaft durchaus zu Recht – wenig Beispielgebendes:

Wir gestalten die Zukunft von Kirche in den Gemeinden immer noch nach dem Modell der Vergangenheit. Auch ich habe dafür nicht die eine Lösung parat. Was erwarten wir von den Männern, die sich in dieser Situation auf den Weg machen, um Priester zu werden. Kann man dafür guten Gewissens noch werben? (…)

Wir bedienen zu viel Tradition und wecken zu wenig Sehnsucht. Ich bin keine Verfechter des ´heiligen Restes´, wohl aber eines mutigen Abschiednehmens vom Gewohnten, auch wenn es Ärger gibt.

Markus Gehling, der den bis jetzt am meisten in die Tiefe gehenden Kommentar zu der Entscheidung von Frings veröffentlicht hat, packt demgegenüber den Stier direkt bei den Hörnern:

Etwas schmunzeln musste ich über einige unentwegte Tradis, die natürlich gleich die richtige Antwort parat hatten: nicht 30 Jahre zurück ist der richtige Schritt, nein es müssen mindestens 60 sein, also zurück zur „Tridentinischen Messe“ und zur alten Kirchenzucht! Aber so einfach kann die Antwort nicht sein, denn dann sähe man durchaus blühende Kircheninseln dort, wo die Vergangenheit konserviert wird. Ja, liebe Tradi's – ich sehe wohl, dass es durchaus muntere altrituelle Gemeinden und Aktivitäten gibt. Aber um den Preis eines Aderlasses der Feld-/Wald- und Wiesengemeinden. Es gibt auch andernorts beachtenswerte Aufbrüche, aber von einem Weg für die ganze Kirche, von einem Aufbruch in diese oder jene Richtung ist noch weit und breit nichts zu sehen. Aber kann dieses „zurück“ zur „guten alten Zeit“ ein Weg in die Zukunft sein, auch wenn er hier und da Erfolge zeitigt?

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Die letzte Träne

Bild: Heilig-Kreuz-GemeindeDieser Tage hat Pfarrer Thomas Frings von der Heilig-Kreuz-Gemeinde in Münster mitgeteilt, daß er seinen Bischof gebeten hat, „als Pfarrer entpflichtet und als Priester beurlaubt“ zu werden. Er will sich ab Ostern in ein Kloster in den Niederlanden zurückziehen und in Ruhe über seine zukünftige Orientierung nachdenken. Nein – diesmal steckt soweit man weiß keine Frau dahinter, und es geht auch nicht um eine normale Midlife crisis oder ein berufliches Burn out, wie sie jeden treffen können. In einem langen Brief an seine Gemeinde äußert Frings seine tiefsitzenden Zweifel daran, daß die Kirche in ihrer gegenwärtigen Erscheinungsform ihrem eigenen Selbstverständnis gerecht werden oder die Erwartungen der Menschen erfüllen könnte. Der Brief ist ein erschütterndes Zeugnis gegen all die Schönredner und Berufsoptimisten, die unentwegt von starken Aufbrüchen und einem neuem Frühling im Gefolge „des Konzils“ fabulieren und daraus einen Pastoralplan nach dem anderen entwickeln.

Solange ich lebe, kenne ich nur eine schwindende Zahl bei den in der Kirche Aktiven und eine wachsende bei den Kirchenaustritten. Die Reaktionen auf dieses Phänomen sind bei Kirchenleitung, Gemeindeleitung und in den Gemeindegremien sehr ähnlich. Gemeinden, Seminare und Klöster werden geschlossen oder zusammengelegt, um dann meist das Bisherige weiterzumachen. Als ich 1980 mit dem Studium begann hieß es, die Nachwuchszahlen gehen bergauf. Das anschließende Sinken wurde mit der sinkenden Geburtenrate erklärt. Als der Rückgang erheblich unter den der Geburtenrate sackte, gab es den Trost, dass die Zahl der Priester im Verhältnis zu den Gottesdienstbesuchern höher sei als noch vor Jahren und weltweit sowieso. Der z.T. hohe Einsatz von Priestern der Weltkirche, ermöglicht durch die Kirchensteuer, überbrückte wiederum einige Jahre. Inzwischen steuern die Eintrittszahlen in den Seminaren mancherorts auf eine Null-Linie zu. Wir gestalten die Zukunft von Kirche in den Gemeinden immer noch nach dem Modell der Vergangenheit. Auch ich habe dafür nicht die eine Lösung parat. Was erwarten wir von den Männern, die sich in dieser Situation auf den Weg machen, um Priester zu werden. Kann man dafür guten Gewissens noch werben?

Die Formulierung „Wir gestalten die Zukunft von Kirche in den Gemeinden immer noch nach dem Modell der Vergangenheit“ mag darauf hindeuten, daß Pfarrer Frings sicher nicht das ist, was man gemeinhin als „einen Freund der Tradition“ bezeichnen würde. Aber auch kein „Gegner“ Und dafür muß man dankbar sein, denn die von ihm aufgeworfenen Fragen betreffen die „Traditionalisten“ ebenso wie die bürokratisierte Lehmann-Kirche. Darauf wird noch zurückzukommen sein.

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