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James Bond auf dem Konzil

Bild: Screenshot aus 'James Bond jagt Dr. No', Twenties Century Fox 1962James Bond auf dem Konzil … Naja – nicht wirklich, aber sie müssen schon selbst lesen, was Fr. Hunwicke in seinen Liturgical Notes zum nicht nur zeitlichen Zusammenhang zwischen beidem eingefallen ist:

Es beginnt ein langes ZitatDie pastorale Konstitution des II. Vatikanums „Gaudium et Spes“ beschreibt sich in ihrem Titel als „de Ecclesia in mundo huius temporis“ - „über die Kirche in der Welt von heute“.

Wie lange soll denn dieses „hodiernum tempus“ dauern?

Ein paar hundert Konzilsväter waren irritiert, daß sehr zeitgebundene Beobachtungen zu einer sich rasant verändernden Welt in eine Konzislkonstitution aufgenommen werden sollten, und so hat man um dieser traditionalistischen Pedanterie entgegen zu kommen, dem Titel der Kosntitution ein lange erklärende Anmerkung hinzugefügt. Aber noch einmal: Wie lang soll dieses „hodiernum tempus“ dauern?

In der Welt außerhalb der Konzilsaula sind die 60er Jahre ziemlich schnell vorüber gegangen. Die Beatles wurden sehr bald das, was sie heute sind: Eine erfreuliche, aber doch einigermaßen rückwärts gewandte Geschmacksache. Ich erinnere mich an das erste Buch von Jan Fleming, das verfilmt worden ist – ach, diese längst vergangene Zeit, als Frauen aus der Pfarrei mir sagten, daß ich Sean Connery ähnlich sehen würde – doch als die Jahre nach Dr. No vergingen, erschien den Produzenten das „hodiernum tempus“ Flemings viel zu altmodisch, und sie ließen neue Drehbücher schreiben. Bei den Politikern war „hodiernum tempus“ vom Kalten Krieg und von der Furcht bestimmt, die Bedrohung durch den Weltkommunismus werde ein Land nach dem anderen verschlingen und bald würden uns Sowjetkommissare über die Schulter schauen, wenn wir unsere Bücher Herzog Humphry widmeten oder den Cherwell hinunter stakten. Diese tempus ist schon vor den 90er Jahren vergangen.

Aber vielleicht dauern hodierna tempora in der Kirche ja länger? Endete das hodiernum tempus Concilii Vaticani II vielleicht mit dem Tod des letzten Papstes, der selbst Konzisvater war – also 2005? (Ich nehme an, das schon lange zuvor der letzte konziliare Diözesanbischof bei Eintritt des Pensionsnalters in Rente gegangen war.) Oder wird hoc hodiernum tempus zu Ende gehen, wenn die letzten alten Herren, die Küngs und Ratzingers, die brillanten jungen Periti des Konzils, zu ihrer (äußerst unterschiedlichen, aber gleicherweise verdienten) ewigen Belohnung eingegangen sind? Oder denken wir an die Konzilsbabies, also die, die es trotz des Verhütungswahns der damaligen Zeit geschafft haben, im Jahrzehnt des Konzils empfangen zu werden. Sie sind auch schon mittleren Alters und mokieren sich vor dem Spiegel über ihre weißen Haare und zählen die Falten um die Augen. In einer Generation gehen auch sie in Rente, und noch eine Generation später werden sie ebenso so kalt und tot sein wie ich. Welcher dieser Meilensteine soll wohl das Ende von hoc hodiernum tempus markieren?

Und was ist mit dem Internet? Selbst die Erfindung des Buchdrucks hatte nicht solche Auswirkungen wie diese Neuerung.

Die dauernde Beschäftigung mit „dem Konzil“ bedeutet letztlich nichts anderes, als sich auf Dauer zu einem Leben in einer immer weiter entschwindenden Vergangenheit zu entschließen.

Das erscheint mir dermaßen offensichtlich, daß es mir fast peinlich ist, davon zu sprechen, damit Sie als Leser nicht gelangweilt oder verzweifelt abwinken und sich anderen Dingen auf Ihrem Bildschirm zuwenden.

Ich bin gespannt, wie lange die Blinden brauchen, um das, was doch offensichtlich ist, zu sehen.

Präfationen für den alten Ritus

Bild: Sakramentar von Echternach, 895, Bibliothèque nationale de France, Département des manuscrits, Latin 9433;Gregory Dipippo befaßt sich auf New Liturgical Movement derzeit in einer mehrteiligen Serie intensiv mit den „Neuen Präfationen“, die im April durch Dekret der Glaubenskongregation neu für die Verwendung im Alten Ritus zugelassen worden sind. Seine eingehende Betrachtung der Texte zeigt, daß diese aus dem Messbuch Pauls VI. übernommenen Texte einerseits durchaus auf altehrwürdige Vorlagen aus dem ersten Jahrtausend zurückgehen, andererseits aber sämtlich durch die Besserwisserei der Redaktoren von 1968 im Stil der Zeit mehr oder weniger stark in Mitleidenschaft gezogen worden sind. Zusammen mit dem nicht unbegründeten Verdacht, die Freigabe dieser Texte für den überlieferten Ritus gehe hauptsächlich auf das Bestreben zurück, endlich auch einmal eine „Bereicherung“ der alten durch die neue Liturgie vorzeigen zu können, wird das die in Kreisen der Tradition ohnehin geringe Bereitschaft, die neue Erlaubnis auch zu nutzen, kaum erhöhen.

Das kann man insoweit bedauerlich finden, als die relative Armut des Missales der tridentinischen Tradition an Präfationen keinesfalls in dessen Theologie begründet ist, sondern eine historische Entwicklung des zweiten Jahrtausends darstellt, in deren Rahmen nicht nur Wildwuchs beseitigt, sondern auch Reichtum verloren worden ist. In seinem Einleitungsbeitrag zum Thema gibt Dipippo wertvolle Informationen zur Entwicklungsgeschichte der römischen Präfationen, die wir hier unter Auslassung einiger nur für die angelsächsische Diskussion interessanten Bemerkungen gerafft referieren.

Danach war der Umgang der römischen Messe mit den Präfationen ursprünglich hoch flexibel - nach den alten Sakramentaren, die in dieser Hinsicht freilich viele Unterschiede aufweisen, gab es davon weitaus mehr als das Kirchenjahr Feste und das Jahr Tage hat.

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Warum eine Zusammenführung der Riten unmöglich ist

Bild: Montage aus eigenen BeständenWarum Kardinal Koch den schon vor Jahren aufgebrachten und seitdem immer wieder abgelehnten Vorschlag einer „Zusammenführung“ der beiden Formen des lateinischen Ritus aus der Mottenkiste geholt hat, ist schwer nachvollziehbar. Die Idee wird von Vertretern beider Riten überwiegend abgelehnt, und das mit – zwar verschiedenen, aber für beide Seiten einleuchtenden – Gründen. Gründen, die viel mehr in der unterschiedlichen Theologie von Gottesdienst und Meßopfer liegen als in pastoralen oder praktischen Erwägungen.

Praktisch wäre vieles machbar, wie man am Missal der ex-anglikanischen Ordinariate sehen kann, das sowohl Zelebrationen ermöglicht, die sehr stark der überlieferten Form der römischen Liturgie ähneln, als auch in Formen des Novus Ordo – und dazu auch noch mit Elementen englischer Sondertraditionen. Freilich wird das bei den Ordinariaten dadurch erleichtert, daß es nur eine Liturgiesprache gibt – Englisch in einer gemäßigt altertümelnden Einfärbung. Schon in der Frage der Liturgiesprache ist ein Kompromiss in der allgemeinen katholischen Welt schwer vorstellbar, wie man daran ablesen kann, daß der lateinisch gefeierte Novus Ordo von vielen Priestern und Gemeinden ebenso erbittert abgelehnt wird wie die überlieferte lateinische Liturgie. Schwerer wiegt noch, daß die Priester und Gemeinden der Ordinariate sich beim Eintritt in die volle Einheit mit der römischen Kirche in feierlicher Form zum Inhalt des Katechismus von 1993 bekannt haben. Damit dokumentieren sie eine Einheit in Lehre und Glauben, von der im aktuellen Chaos der real existierenden römischen Kirche nicht die Rede sein kann.

Denn das liegt auf der Hand: Wo diese Einheit in Lehre und Glauben gegeben ist, lassen sich Unterschiede in Form und Ritus mit gutem Willen durchaus ertragen . Das war auch in der katholischen Tradition so, wo es zum Teil bedeutende Unterschiede zwischen Lokalformen und Ordensgebräuchen des Ritus gab. Wo diese Einheit aber fehlt, wird jeder Unterschied in der Form – je nach Standpunkt – entweder zum „Verdachtsfall“, der das Recht der anderen Seite in Zweifel zieht – oder zum Mittel zum Zweck, um die eigenen Überzeugungen von denen der Gegenseite abzuheben und ihr gegenüber Punkte zu machen. Kampfmittel in einem Nullsummenspiel, in dem die eine Seite verliert, was die andere gewinnt.

Damit ist der Geburtsfehler der Liturgiereform angesprochen.

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Erziehung in und zu Christus

Bild: Quelle s. Anmerkung im TextGestern war nach dem überlieferten Kalender der Feiertag des Hl. Johannes Baptist de la Salle 1651-1719). Dieser hl. Johannes bietet eines von vielen lebendigen Beispielen dafür, wie sehr das, was man heute „soziales Bewußtsein“ nennt, schon lange vor dem Aufkommen des Gedanken an eine soziale Revolution und gar an eine soziale Kirchenrevolution im Geist der Kirche verwurzelt war. Freilich ohne die heute übliche Beschränkung auf die irdische Dimension. Als Sohn aus vermögender Familie setzte er sein ganzes Vermögen für die Wohlfahrt der Armen und für die Erziehung der Jugend ein – die von ihm gegründete Gemeinschaft der „ Christlichen Schulbrüder“ (Fratres Scholarum Christianarum) besteht noch heute. Die Betonung des Christlichen im Namen in eiuner Gesellschaft, die sich doch insgesamt als „christlich“ empfand, ist kein Zufall. Einer der Leitsätze des Heiligen für die Brüder seines Ordens war: „Wer Jesus Christus nicht kennt, kann kein guter Erzieher der Jugend sein“.

Das Tagesgebet der überlieferten Liturgie faßt Werk und Grundsatz auf überzeugende Weise zusammen:

O Gott, Du hast den hl. Bekenner Johannes Baptista dazu angespornt, daß er die Armen in der christlichen Lehre unterrichte und die Jugend im Wandel auf dem Weg der Wahrheit befestige. Auch hast Du durch ihn in der Kirche eine neue Gemeinschaft entstehen lassen. Gewähre gnädig, daß wir durch sein Beispiel und seine Fürsprache im Eifer um Deine Ehre für das Heil der Seelen erglühen und so würdige werden, im Himmel Anteil an seiner Krone zu erhalten.

Die „liturgische Erneuerung“ hat den Gedenktag auf den 7. April, den Todestag des Heiligen, verlegt – der allerdings meist in die Fastenzeit mit ihren besonders geprägten Tagesliturgien fällt. Außerdem hat sie das Tagesgebet deutlich „gefälliger“ gestaltet – und dabei einiges von dem weggenommen, was dem hl. Johannes besonders wichtig war. Die moderne Fassung (übersetzt nach dem Messbuch Pauls VI. von 1970) lautet:

O Gott, Du hast den hl. Johannes Baptista zur Erziehung der christlichen Jugend bestimmt. Erwecke in Deiner Kirche Erzieher, die sich mit ganzem Herzen der menschlichen und christlichen Bildung der Jugend widmen.

Der Weg der Wahrheit und das Heil der Seelen sind hier praktisch spurlos entfallen zu. Die aktuelle deutsche Version des Messbucha nach Schott Online macht diese Auslassungen zum Teil rückgängig, läßt aber gleichzeitig den Kern des Gesagten in einer Girlande von Pastoralgeschwurbel verschwimmen:

Gott, du hast den heiligen Johannes Baptist de la Salle berufen, jungen Menschen den Weg des Heils zu zeigen. Erwecke in deiner Kirche verantwortungsbewusste Erzieher voll schöpferischen Geistes, die sich mit aller Kraft dafür einsetzen, gute Menschen und wahre Christen heranzubilden.

Hl. Johannes Baptista, bitte für uns.

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Das Bild oben entnehmen wir einer Broschüre der Schulbrüder zum Leben ihres heiligen Gründers, die auch im Netz kostenlos heruntergeladen werden kann.

Eine Oktav der verlorenen Feste

Bild aus dem zitierten Artikel auf New Liturgical MovementAustralische Katholiken haben für die acht Tage vom 1. bis zum 8. Mai eine „Oktave of Liturgical Restoration“ ausgerufen (Quelle), um an die vier Festtage zu erinnern, die bereits unter den Päpsten Pius XII. und Johannes XXIII. vom Furor der Neuerer aus dem Kalender getilgt wurden: Das Doppelfest der Apostel Philipp und Jakobus am 1. Mai, die Auffindung des hl. Kreuzes durch Kaiserin Helena am 3., das Fest des Apostels Johannes von der lateinischen Pforte am 6. und das Fest der Erscheinung des Erzengels Michael am 8. Mai.

All diesen Festen ist zunächst gemeinsam, daß sie nicht über die „gesicherte historische Grundlage“ verfügen, die den Liturgie-Modernisierern so sehr am Herzen liegt. Für die Apostel – bestenfalls mit Ausnahme von Petrus und Paulus – gilt das generell. Reliquien sind ebenfalls suspekt, erst recht, wenn sie von einer Kaiserin aufgefunden worden sein sollen. „Johannes von der Porta Latina“ erinnert an eine der vielen überaus wunderbaren Episoden, die über das Leben des Apostels und Evangelisten im Umlauf sind – mit Sicherheit so nicht historisch, weg damit. Und Engelserscheinungen – also damit braucht man dem aufgeklärten Menschen des 20. Jahrhunderts wirklich nicht zu kommen.

Die Grundlage dieser Feste war eine andere: Sie sind Ausdruck von Glaubensgewissheiten, die über die Ebene empirisch-historischer Bezüge hinausgehen und waren als solche tief im Bewußtsein des frommen Volkes verankert. Trotz ihrer legendarischen Form gehen sie auf Überlieferungen teilweise ältester Zeiten zurück und enthalten von daher höchstwahrscheinlich sogar „historische Kerne“, deren Umfang und Qualität freilich nicht präzise bestimmbar sind.

Beim Fest der hl. Apostel Philippus und Jakobus, das sich als „Pip 'n Jim“ im angelsächsischen Bereich vielerorts großer Beliebtheit erfreute, kam noch ein weiteres Motiv dazu: Der 1. Mai wurde seit Ende des 19. Jahrhunderts in der Arbeiterbewegung ausgehend von den USA, Australien und England als „Kampftag der Arbeiterklasse“ begangen. Für ein säkularistisch infiziertes Denken konnte es da durchaus naheliegen, das traditionell am dritten Mittwoch nach Ostern gefeierte Fest des hl. Joseph, Brärigams der allerseligsten Jungfau und Gottesmutter Maria, als Festtag von Joseph dem Arbeiter auf eben dieses Datum zu verlegen. Was 1955 als Versuch zur Befestigung bedrohter Positionen gedacht sein mochte, erwies sich in der Folge schnell als wirkungslos, letztlich sogar kontraproduktiv; ein weiteres Glied in der Kette, die das Denken und Leben der Kirche an eher innerweltliche Vorstellungen vom Heil des Menschen schmiedet.

Auf die drei anderen aus dem Kalender gestrichenen Festtage wollen wir an den entsprechenden Tagen näher eingehen.

Zusätzliche Informationen