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Auf zur Gottesdienstwerkstatt!

Bild: https://www.evang-berlingen.ch/berlingen-erlebt-laiengottesdienstDie ersten neuen Großpfarrein im Bistum Trier sind noch nicht errichtet, da gibt es bereits praktische Erfahrungen, welcher Geist diese Monstrositäten hervorgebracht hat – und in welchem Geist sie das, was von Kirche noch übrig ist, weiter verändern und entstellen werden.

Aus einer der betroffenen Gemeinden geht uns ein Schreiben zu, daß der Noch-Pfarrer an seine Gemeindemitglieder gerichtet hat, um sie auf die Zukunft der Do-It-Yourself-Liturgien einzustimmen:

...schon heute gehört die Gestaltung von Andachten und Impulsen zum Alltag vieler Ehrenamtlicher in unseren Pfarreien. In Zukunft wird das Angebot und die Gestaltung von Wort-Gottesdiensten weiter an Gewicht gewinnen, wenn in unseren Orten weiterhin sich Menschen zu Gebet und Gottesdienst versammeln wollen.

Zugleich ist dies nicht selten eine Herausforderung, gerade vor dem Hintergrund, dass im Gottesdienst die Botschaft des Evangeliums und das Leben der Menschen miteinander in einen intensiven Austausch treten.
Aus diesem Grunde laden wir Interessierte zu einer Gottesdienstwerkstatt ein. Sie wird geleitet von dem Dramaturgen und Regisseur xxx.

In dem zweitägigen Kurs werden die verschiedenen Stationen und Elemente eines Gottesdienstes neu erschlossen und in ihrem geistlichen Gehalt hinterfragt.

In praktischen Übungen mit dem Körper, mit der Sprache und mit Übungen im Raum werden körperliche, stimmliche und dramaturgische Kompetenzen aufgefrischt und neu entwickelt. In der Vielfalt von Beten und Verkünden soll Glaubwürdigkeit und Authentizität erlangt werden.

Ein Mitglied der Gemeinde hat daraufhin seinem Pfarrer unter anderem Folgendes geantwortet:

Diese Mail macht in erschreckender Weise deutlich, wie die Situation im Bistum Trier ist und wie es nach den Plänen des Bischofs Ackermann weitergeht.

      1. Das scheußliche Wort „Gottesdienstwerkstatt“ charakterisiert alles, was ist. Die Theologen, die im Fach Liturgie alles, was  es zu vermitteln gälte, gelernt haben müssten und sogar in dem Fach examiniert sein sollten, dürfen nicht mehr vermitteln. Statt dessen bevorzugt der Bischof einen Theaterfachmann so, als sei alles, was es zu veranstalten und organisieren gilt, Theater.
      2. Die Aussage „In Zukunft wird das Angebot und die Gestaltung von Wort-Gottesdiensten weiter an Gewicht gewinnen, wenn in unseren Orten weiterhin sich Menschen zu Gebet und Gottesdienst versammeln wollen.“ bedeutet, dass nach Abschluss der ackermannschen „Neuorganisation“ des Bistums es viel weniger an Messen geben wird und das Vieles, was gesagt wurde, sich als Lug und Trug herausstellen wird.
      3. Der Satz „dass im Gottesdienst die Botschaft des Evangeliums und das Leben der Menschen miteinander in einen intensiven Austausch treten“ ist unverständlich. So soziologisch habe ich meine Teilnahme am kirchlichen Leben noch nie gesehen. Vor allem habe ich mich immer als Bittender betrachtet und nie als „auf in gleicher Ebene in Austausch tretend.“

Soweit also eine Reaktion aus der Gemeinde. Uns hat noch dazu besonders gefallen der letzte Abschnitt der Einladung mit den körperlichen, stimmlichen und dramaturgischen Kompetenzen, die aufgefrischt und neu entwickelt werden sollen, damit die Vielfalt von Beten und Verkünden Glaubwürdigkeit und Authentizität erlangen kann. Nicht nur, daß wir davon einen erneuten Einbruch liturgischer Schleiertänze in den Raum des Gottesdienstes befürchten – darauf käme es in all der Verwirrung kaum noch an. Aber daß derlei Antrainiertes dann auch noch für Glaubwürdigkeit und Authentizität sorgen soll, dazu auch noch Vielfalt, das ist schon einigermaßen erschütternd.

Die „Glaubwürdigkeit“, so lernen wir, kommt aus der Werkstatt. Es muß halt nur von der richtigen Werkbank sein, nicht von der mit Latein und Dogma.

50 Jahre Liturgiereform

Bild: G.Nitschke, aus dem zitierten Artikel der Tagespost Zum 50. Jahrestag der reformierten Liturgie bringt Die Tagespost – sie entscheidet sich für den 3. April als Stichtag – ein langes und lesenswertes Interview mit dem Münchener Liturgiewissenschaftler Winfried Haunerland und dem Freiburger Dogmatiker Helmut Hoping. Beide verschließen sich nicht der Einsicht, daß die Auswirkungen der Reform jedenfalls weit hinter den Erwartungen zurück geblieben sind – immerhin. Zwei Punkte des Gesprächs fanden wir besonders interessant. Beide Gesprächspartner werfen einen kritischen Blick auf das von der Liturgischen Bewegung angestrebte, von der reformierten Liturgie aufgenommene und inzwischen weiter vorangetriebene Ziel, die Liturgie als als „Gemeinschaftsaktivität“ zu verstehen und zu gestalten. Und insbesondere Hoping außert sich sehr kritisch zu der bemerkenswerten Tatsache, daß es für die bereits 2002 promulgierte Editio typica tertia des Missales immer noch keine deutsche Übersetzung gibt.

Zum Gemeinschaftscharakter der Messfeier räumt Haunerland ein

Die Liturgie wurde bis 1962 in der Regel als stille Messe gefeiert. Sie hatte ihren hohen spirituellen Wert darin, dass sie gleichsam einen geistlichen Raum schuf, in dem der Einzelne mit seiner Frömmigkeit Platz hatte und mit großer Freiheit seinen Anschluss suchen konnte. Es gab den Schott. Wer Rosenkranz betete, tat formal etwas anderes, war aber inhaltlich auch beim Leben Jesu, das in Tod und Auferstehung kulminiert. Das gleiche gilt für die Messandachten. Insofern ist die heutige Liturgie tatsächlich weniger offen für Individualitäten, sondern sucht eine gemeinschaftliche Form. Das kann man als „Tyrannei“ bezeichnen; aber Unterordnung ist eben der Preis des Gemeinschaftlichen.

Hoping ist hier wesentlich deutlicher und spricht aus, was wir in dieser Form von einem deutschen Universitätstheologen so noch nicht gehört haben (und auch selbst differenzierter ausdrücken würden):

Wir hatten es in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit einer Reihe von Bewegungen zu tun, die teilweise Berührungen hatten, etwa die Liturgische Bewegung, mit der nationalsozialistischen Bewegung. Der Gemeinschaftsbegriff ist wie derjenige der Bewegung gerade in Deutschland kein unschuldiger Begriff. Gemeinschaften sind in der Gefahr, dem Individuum Freiheiten zu nehmen. Die Messfeier wird von vielen heute primär als Gemeinschaftsfeier verstanden. Auf die Frage, wer Adressat der priesterlichen Vorstehergebete sei, hört man dann, wenig überraschend, sie seien an die vor Ort versammelte Gemeinde gerichtet, was theologisch falsch ist.

Auf die Frage des Interviewers, warum das offizielle Missale in der Form von 2002 in Deutschland immer noch nicht übernommen worden ist, antwortet zunächst Haunerland:

Auch die italienische Bischofskonferenz hat die „Editio typica tertia“ noch nicht. Das Mühsame liegt nicht nur an der Übersetzung. Die Bischöfe haben unterschiedliche Visionen, welche Form, welches Niveau, welche Klarheit, welche Art von deutscher Sprache gewollt wird. Das ist ein großes Problem.

Dass die Gottesdienstkongregation in den 1990er Jahren meinte, sagen zu können, wie es besser geht, hat die Bischöfe auch nicht überzeugt. „Magnum principium“ ist eine Herausforderung für unsere Bischöfe, denn sie müssen eine Weise finden, wie sie sich auf einen Weg so einigen, dass er auch zu einem Ergebnis kommt. Jetzt kann man nicht mehr sagen: Es liegt nur daran, dass es mit den Römern so schwierig ist.

Hoping spricht unverblümt den Kern der Sache an, um dann ebenso wie Haunerland die Bischöfe in die Pflicht zu nehmen:

Die Mehrheit der deutschen Bischöfe hat eine Revision des deutschen Messbuchs am Ende einfach nicht gewollt. Es war ein Machtkampf mit dem Vatikan, das wurde während des Übersetzungsprozesses immer deutlicher – und am Ende haben sich die Bischöfe für den Boykott entschieden. Wäre man Willens gewesen, hätte es auch einen Weg gegeben. Das zeigt die von den Bischöfen zu Advent eingeführte neue Einheitsübersetzung, bei der man mit wörtlichen und konkordanten Übersetzungen kein Problem hatte. (…) Nachdem „Magnum principium“ die Kompetenzen hinsichtlich Approbation und Rekognitio liturgischer Bücher geklärt hat, helfen in der Frage des Messbuchs keine Ausreden mehr. Die Verantwortung liegt bei den Bischöfen und sie sollten liefern.

In einem dritten Punkt lassen die beiden Gesprächspartner ebenfalls ein hohes Maß an Übereinstimmung erkennen – werden aber damit u.E. der tatsächlichen Lage in keiner Weise gerecht. Es geht um die neue „erweiterte“ Leseordnung, die von beiden prinzipiell positiv bewertet wird. Haunerland sieht darin „zumindest quantitativ“ einen „Riesenfortschritt“, Hoping immerhin noch einen „Gewinn“ - den die Bischöfe allerdings dadurch verspielt hätten, daß sie es ermöglichen, „aus pastoralen Gründen“ eine der nunmehr drei vorgesehenen Lesungen entfallen zu lassen. Dem ist einmal entgegenzuhalten, daß die heilige Messe nur sehr begrenzt ein Ort der Katechese sein kann, an dem das neue Testament möglichst vollständig vorgetragen wird und auch umfangreiche Texte aus dem alten Testament verlesen werden. Gewichtiger jedoch ist der Einwand, daß die neue Leseordnung ja das propagierte Ziel, den Gläubigen „den Tisch des Gotteswortes reicher zu bereiten“ (SC 51) bestenfalls der Menge nach erfüllt, inhaltlich aber dadurch konterkariert hat, daß viele unbequeme oder schwer verständliche Textstellen einfach ausgelassen werden oder „zwischen die Sonntage“ fallen. Das ist inzwischen so weithin bekannt und durch den „Index Lectionum“ von Hazell so eindeutig belegt, daß heute niemand mehr von „wirklichem Gewinn“ sprechen sollte, ohne rot zu werden.

50 Jahre sind genug

Bild: gefunden auf http://kunigundekreuzerin.blogspot.com/2016/03/verfluchter-feigenbaum-ii.htmlDas kommende Jahr – es wird Zeit, sich darauf einzustellen – bringt uns den 50. Jahrestag der Einführung des Novus Ordo. Der neue Ritus war gedacht und gewollt als glänzendster Ausdruck des neuen Frühlings, den das Konzil verheißen hatte. Doch statt des Frühlings kam ein eisiger Winter, in dessen Folge die Kirche in den Ländern, wo einst das christliche Abendland war, einen unerhörten Niedergang erlebte und heute vielfach vor Spaltung oder Auslöschung zu stehen scheint steht. Wieweit der Novus Ordo diesen Niedergang mit bewirkte und beschleunigte, ob er nur dessen Ausdruck ist oder ob er ihn bloß nicht verhindern konnte, ist Gegenstand offener Diskussionen. Daß diese vermeintliche Liturgie der Zukunft alle in sie gesetzten Erwartungen enttäuscht hat, steht inzwischen außer Zweifel – außer vielleicht für ein paar Jesuiten, die immer noch glauben, daß 2+2 auch 5 ergeben kann, wenn sie es nur oft genug wiederholen.

Der amerikanische Publizist und Hochschullehrer Anthony Esolen, alles andere als ein RadTrad, hat in Crisis Magazin einen lesenswerten Beitrag dazu geschrieben, was ihm bei einer umständebedingten Teilnahme an einer ganz normalen Sonntagsmesse widerfahren ist: Überschrift: 50 Jahre verweichlichte und unfruchtbare liturgische Kultur sind genug! Dass ganze ist gut geschrieben und lesbar – hier daraus nur die beiden Schlußabsätze.

Es beginnt ein langes Zitat(Die Liturgiekonstitution) Sacrosanctum Concilium verrät an mehreren Stellen eine modernistische Vorliebe für das, was sie Einfachheit nennt – bei dem es sich jedoch oft nur um Trockenheit handelt. Es ist mir bewußt, daß die Kirche oft genug künstlerischen Überschwang zurückschneiden mußte, damit die sichtbare Welt nicht die unsichtbare verdrängen würde. Ich weiß auch, daß die Konzilsväter von Trient sehr bewußt darauf drangen, daß der Chorgesang die Worte der Sänger nicht unverständlich werden lassen sollte. Aber für die Kirche in der modernen Welt gab nicht die geringste Gefahr, zu üppig oder zu überschwänglich zu werden. Da gab – und gibt es – nur die Gefahr des anderen Extrems. Und so stehen wir nun da mit dem Schlechtesten aus beiden Welten: Wir haben weder die großartigen Komliziertheiten des Barock noch die eindrückliche Einfachheit der Grande Chartreuse – wir haben Show und Kitsch, und eine geistige Ödnis.

„An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen“ sagt Jesus. 50 Jahre sind lang gennug, daß wir ein faires Urteil abgeben können. Sacrosanctum Concilium ist als Dokument rechtgläubig. Aber ich frage mich sehr, ob es nicht besser gewesen wäre, einfach zu sagen: „Die Messe kann bei Gelegenheit in der Umgangssprache gefeiert werden. Für die Sonntagsmesse sind drei Lesungen angemessen, und der Priester soll die meisten Gebete laut sprechen.“ Das hätte dem modernen Geist der Bilderstürmerei keine Ansatzpunkte gegeben. Doch statt dessen haben wir nun 50 Jahre lang miese Kirchenbauten erlebt, miese Musik, miese Malerei, banale Sprache, miese Katechese, tote und sterbende Ordensgemeinschaften und ungläubige Gläubige, deren Vorstellungswelt mehr von Hollywood als vom Allerhöchsten geprägt ist. Wir stecken fest in in einer kulturellen und kirchlichen Grauzone, alles geht den Bach runter, ist verweichlicht, kraftlos, fruchtlos.

Wir haben nur eine einzige Chance für die Zukunft der Kirche: Wir müssen neu aufbauen und uns dabei auf die zeitlosen kulturellen Errungenschaften stützen, mit denen wir Christus dienen können, der gestern, heute und morgen der selbe ist – in saecula saeculorum.“

Die Neue Unordnung

Bild: http://tradcatknight.blogspot.com/2014/11/palm-springs-novus-ordo-church.htmlDer amerikanische Jurist und katholische Autor Christian Browne hat auf OnePeterFive unter der Überschrift Napoleon, The Postmodern Crisis and the Novus Ordo einen überaus lesenswerten Artikel veröffentlicht. Darin beschreibt er die verschiedenen Wellen der Angriffe, die seit der Aufklärung von Außen an die Kirche herangetragen werden, und nimmt dann die seit dem 19. Jahrhundert vor allem aus dem Inneren selbst kommenden Attacken in den Blick. Dabei unterscheidet er eine „moderne“ eher rationalistische Phase und ein „postmodernes“ stark zum irrational-subjektivistischen neigendes Stadium, das gegenwärtig in der Doppelkrise um Homosexualität unter Priestern und Bischöfen sowie der Lehramtsverwirrung durch das Team Bergoglio zu kulminieren scheint. Als einen Ausgangspunkt des zweiten Stadiums identifiziert Browne die Aufoktroyierung des Novus Ordo durch Paul VI. vor 49 Jahren. Wir übersetzen aus diesen Abschnitten einige wesentliche Passagen.

Es beginnt ein langes ZitatWie bei allen Erscheinungsformen der postmodernen Krise sind die eigentlichen Ursachen des Mißbrauchskandals und des Haltungsverlustes der Bischöfe in der beklagenswerten Zerstörung des Römischen Ritus zu sehen, deren 50. Jahrestag wir für das kommende Jahr vorzumerken haben. Die Einführung des Novus Ordo und die ganzen absurden Mißbräuche, die ihn in seiner allgemeinen und allerorten anzutreffenden Praxis kennzeichnen, haben die lex orandi verwüstet. Und wie der alte Spruch warnt, hat diese Verwüstung ihrerseits auch die lex credendi zerstört. Dieser Bruch zwischen lex orandi und lex credendi hat zu Jahrzehnten der Formlosigkeit und zunehmendem Bedeutungsverlust geführt.

Die Führung der Kirche hatte nie an die praktischen psychologischen Auswirkungen gedacht, die diese Veränderung der hl. Messe für die allgemeine Glaubenserfahrung der Gläubigen und des Klerus mit sich bringen würde. So, wie die Bauern des Mittelalters ihre Katechese durch ihre Erfahrung der großen Kathedralen erhielten, werden die Gläubigen von heute durch die übliche Begegnung mit der Messe als der häufigsten und sinnfälligsten Weise, in der die Menschen die Kirche erfahren, geformt.

Wenn die Messe gewöhnlich und banal daherkommt, dann wird auch der Glaube gewöhnlich und banal. Wenn man leichthin mit der Eucharistie umgeht, wird man auch den Glauben an die Realpräsenz leicht nehmen. Wenn die Rolle des Priesters nichts Besonderers an sich hat und im Allerheiligsten ein Schwarm von geschäftigen Laien zugange ist, werden die Laien auch keinen besonderen Sinn für Berufungen entwickeln. Wenn Leute heute sagen, daß sie die Messe langweilig finden oder daß sie „ihnen nichts gibt“, wo doch diese Messe ganz speziell auf die Bedürfnisse des Modernen Menschen zugeschnitten sein sollte – dann ist sie vielleicht wirklich langweilig, nämlich insoweit, als sie nichts von dem Überzeitlichen und Geheimnisvollen vermittelt, das ein Bewußtsein von dem einzigartigen heiligen Opfer vermitteln kann, das im römischen Ritus vorgenommen wird.

Im Klerus hat der Novus Ordo die Krise einer priesterlichen Schizophrenie ausgelöst, die in großem Umfang dafür verantwortlich ist, daß so viele schräge Typen geweiht wurden, die sich dann so schrecklich versündigt haben. Die laxe Moralauffassung, die mit dem Novus Ordo einherging – keine Regeln! So haben wir das früher gemacht, aber das müssen wir jetzt nicht mehr. Wir sind dahintergekommen, daß das , was wir für heilig gehalten haben, in Wirklichkeit von übel war – diese Auffassung erlaubte es Männern wie Theodore McCarrick nicht nur, ihre Hemmungen abzuwerfen, sondern auch trotz ihres unwürdigen geistigen Lebens hoch aufzusteigen. Da erfreute sich so mancher Dorian Gray großen Ansehens im Klerus, während das wahrheitsgetreue Porträt sicher weggeschlossen war. Und so wurden Disziplin und priesterliches Wesen, wie sie von der überlieferten Messe eingeschärft worden waren, übel untergraben, als die lachhaffen ‚Exzesse der 1968er-Kultur sich in der Kirche austoben durften. Wie Frank Sinatra im Glitzerdress und begleitet von The 5Th Dimension verwandelten sich Priester auf bizarre Weise plötzlich in Hippies, die eine coole neue Messe feierten. (…)

Die Pontifikate von Johannes Paul II und Benedikt XVI versuchten die postmoderne Krise einzudämmen. Trotz einiger Erfolge konnte keiner der beiden sie beenden. Im allgemeinen erleben Katholiken die Messe immer noch als eine Art protstantischen Gebetsgottesdienst mit einigen restlichen katholischen Elementen, die der Vorsteher je nach seinen persönlichen Vorlieben mehr oder weniger deutlich hervorheben kann. Auf diesem bröckeligen Fundament wollte Johannes Paul einen Rahmen für die „korrekte“ Implementierung des 2. Vatikanischen Konzils setzen, aber es scheint ihm niemals zu Bewußtsein gekommen sein, daß hinsichtlich der Lehre und der Weitergabe des Glaubens keine päpstliche Verfügung und keine intellektuelle Klarstellung einen Ersatz für die konkrete und alltägliche Erfahrung mit der Kirche sein kann.

Papst Benedikt hatte die Wiederherstellung der grundlegenden katholischen Identität versprochen, und Summorum Pontificum übt weiterhin seine heilsame Wirkung in der Kirche aus. Aber seine Abdankung war ein erschütternder Rückschlag für die Hoffnung, daß von Rom eine wahrhafte liturgische Erneuerung ausgehen könnte.

Soweit Browne, dessen komplette Lektüre auf OnePeterFive sehr empfohlen wird.

Ein Tisch mit krummen Beinen

Bild: Aus 'missainlatino.it'Nun hat also auch die Kapelle des von Legenden umrankten „Heiligen Hauses“ in der Kathedrale von Loreto ihren Volksaltar bekommen. War aber auch Zeit, fast 50 Jahre nach Anordnung der Liturgiereform – in der übrigens die Zelebration „ad populum“ an keiner Stelle vorgeschrieben ist. Aber lassen wir das. Längst ist der Volksaltar zu einer Art Gesslerhut der Reformkirche geworden, wer ihm nicht angemessen huldigt, offenbart seine vorgestrige Gesinnung und darf nicht mitreden. Übrigens wird in Italien – dafür ist auch der neue Altar im „Heiligen Haus“ ein Beispiel – der von der Obrigkeit verordnete Volksaltar immer noch gerne als Provisorium aufgefasst: Mit seinen biedermeierlich geschwungenen Beinen, die ihm eher das Flair eines Teetischchens verleihen, sieht die Neuerwerbung von Loreto so aus, als ob sie nur darauf warte, beim Anbruch besserer Zeiten wieder hinausgetragen zu werden. Und das Podest, auf dem er steht, gleich mit.

Interessant ist im konkretenFall zweierlei. Erstens, daß niemand auch nur den Versuch unternahm, die Neumöblierung der Kapelle mit angeblichen „Erfordernissen der neugestalteten Liturgie“ zu begründen, wie das in Deutschland gerne versucht wird. In Loreto reichte die Begründung, der Volksaltar sei für die Übertragungen von Messfeiern durch den der Bischofskonferenz gehörenden Fernsehsender TV2000 erforderlich. Und zweitens, daß die Neuordnung nur der vorläufig letzte Schritt in einer Serie von Umgestaltungen ist, bei denen 2010 der Tabernakel und das Allerheiligste aus der Kapelle entfernt wurden und Anfang dieses Jahres – konsequenterweise, möchte man sagen – die traditionellen Kirchenbänke durch Neuanschaffungen ohne Kniebänke ersetzt wurden.

Schon den Eingriff von 2010 hatte man übrigens damit begründet, es kämen immer mehr Besucher nicht als Pilger sondern als schaulustige Touristen. Klar – das erfordert Rücksichtnahme, und geschäftstüchtige Voraussicht. Folgen wir also dem Zug der Zeit und machen unsere Kirchen zu Museen. Die Ordinariate werden dann zu Rentenkassen mit angegliederter Sozial- und Kulturverwaltung. Behördenleiter bleibt der vormalige Bischof, der auch seine Besoldungsstufe behalten darf.

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