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Geraubte Tradition III

Die Frage, inwieweit die masoretische Fassung des Alten Testaments mit antichristlicher Stoßrichtung erstellt worden ist, gehört zu den schwierigsten unseres Themenbereichs. Sie wird auch von den auf diesem Gebiet tätigen Autoren – soweit bis jetzt zu sehen – nur mit großer Zurückhaltung behandelt. Gilt doch nach einem zwar vielfach beifällig begrüßten, textwissenschaftlich ebenso wie theologisch gänzlich unhaltbaren Satz, in weiten Kreisen der von Erich Zenger formulierte Befehl: Nach Ausschwitz muß die Kirche das alte Testament anders lesen.

Was mit einiger Sicherheit gesagt werden kann ist zunächst, daß die griechische und die masoretische Version des AT in sehr verschiedenen geistigen Umfeldern entstanden sind und dementsprechend teilweise deutlich verschiedene theologische Ausrichtung zeigen. Die Septuaginta entstand in der Hochzeit der messianischen Erwartung des jüdischen Volkes. Nicht nur in der Politik, die von der Hoffnung auf die Wiederaufrichtung des davidischen Königtums geprägt war, sondern auch im Glauben, der die heiligen Bücher in eben dieser Hoffnung las und interpretierte.

Die masoretische Zeit – also die Zeit etwa ab dem 2. Jahrhundert - ist zutiefst geprägt von der Erschütterung nach der Zerstörung des Tempels und dem Untergang seines Kultus und gleichzeitig von der als Verrat und Abspaltung wahrgenommenen Herausbildung des Christentums, das den Messias bereits gekommen sah und mit ihm ein neues Gesetz als Vollendung und Überwindung des alten. Diese doppelte Erschütterung führte auch zu einem Rückzug aus der Offenheit des Hellenismus und zu einer Abwendung von der griechischen Sprache zumindest im Kultus. Der Messias, der Gesalbte des Herrn, heißt im Griechischen Christos – damit wurde für die in der Leugnung des Jesus von Nazareth verharrenden Juden nicht nur die griechische Sprache kompromittiert – das ganze Konzept vom Messias verlor an Gestaltungskraft für die Gegenwart und wurde in Richtung einer endzeitlichen Hoffnung umgebogen.

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Glaube - Zeugnis - Martyrium

Die Abtei St. Maurice im schweizerischen Wallis feiert heute den 1500. Jahrestag ihrer Gründung, an dem sie auf eine ebenso lange ununterbrochene Geschichte klösterlichen Lebens zurückschaut. Geweiht ist die nur dem Papst unterstehende Territorialabtei, in der heute noch 42 Augustinerchorherren leben, dem heiligen Mauritius, der mit seiner „Thebäischen Legion“ dort Ende des 3. Jahrhunderts den Märtyrertod erlitten haben soll. Die Einzelheiten können Sie im Hymnarium nachlesen, das zum heutigen Feiertag den aus dem 6. oder 7. Jahrhundert stammenden Hymnus Alma Christi quando fides präsentiert.

Es ist müßig, der Frage nachzugehen, wieweit die um den hl. Mauritius und seine Getreuen berichteten Ereignisse der historischen Wahrheit entsprechen und wo und wann genau sie sich zugetragen haben mögen. Solche Dinge geschehen heute im Namen des Islams, und solche Dinge geschahen damals im Namen des römischen Staatskultes, der Staatsraison. Und aus Gründen der Staatsraison werden sie denn auch heute gerne übersehen und verdrängt - die aus dem 3. Jahrhundert ebenso wie die aus dem 21.

Nicht müßig ist es, der Frage nachzugehen, wie es kommt, daß es anderthalb Jahrtausende lang als einleuchtendes, vorbildliches und wonötig nachzuahmendes Vorbild galt, lieber den Tod auf sich zu nehmenals dem Kaiser zu geben, was zu fordern er kein Recht hatte und hat - und daß heute zumindest im ehemaligen christlichen Abendland alle nur noch peinlich berührt zur Seite schauen, wenn von derlei die Rede ist.

Die Antwort ist ebenso peinlich einfach: Es bedarf dazu eines starken Glaubens. Die Offiziere und Mannschaften der thebäischen Legion hätten vor dem Standbild ihres kaiserlichen Oberbefehlshabers nur ein paar Weihrauchkörner streuen müssen - und alles wäre gut geworden. Die ägyptischen Christen in der Hand des Kalifen hätten nur die 10 Worte des mohamedanischen Glaubensbekenntnis aufsagen müssen - schon hätten die Halsabschneider ihre Messe weggesteckt. Unaufgeklärter Starsinn und mangelnde Fähigkeit zur Einsicht in die Relativität aller Wahrheiten, fehlende Bereitschaft zum ergebnisoffenen Dialog mit der Welt und zum Lernen von der Lebenswirklichkeit - das hat sie den Kof gekostet.

Das kann hierzulande, dem Fortschritt sei Dank, nicht geschehen. Da reicht bei vielen Oberhirten schon das Vorzeigen der medialen Folterwerkzeuge, und Weihrauchkörner rieseln aus vollen Händen, wohlfeile Worte aus leeren Mündern. Die Schafe sind eh schon über alle Berge.

Zum Fest Kreuzerhöhung

S. Croce in GerusalemmeAm 14. September 335 wurde das von Kaiserin Helena aufgefundene wahre Kreuz Christi in der soeben fertiggestellten und am Vortag eingeweihten Grabeskirche von Jerusalem zum ersten Mal öffentlich gezeigt - erhöht. 250 Jahre später wurde die zwischenzeitlich von den Persern entführte Reliquie ebenfalls an einem 14. September in einem feierlichen Zug in die Basilika zurückgebracht. Seitdem ist der 14. September - zusammen mit dem von den Kalenderreformern allerdings „abgeschafften“ Fest der Kreuzauffindung am 3. Mai - Tag eines besonderen Gedenkens dieses Heiligtums unserer Erlösung.

Die konstantinische Grabeskirche wurde nach der allegmein als zuverlässig anerkannten Datierung des christlichen Historikers Yahya von Antiochien am 28. September 1009 auf Befehl des Kalifen al Hakim zerstört. Die besondere Wut des mohammedanischen Despoten galt der bis dahin weitgehend erhaltenen Grabeshöhle Christi auf Golgotha, deren Felsen er durch tagelange Feuerbrände zersprengen und bis auf die Basis abtragen ließ. Von daher stehen die Sprengung der Buddha-Statuen von Bamyan in Nordafghanistan und der Tempelruinen von Palmyra in Syrien in ungebrochener moslemischer Tradition.

Als die Nachrichten von der Zerstörung des Felsengrabes erreichten, wurden sie zum wesentlichen auslösenden Moment des ersten Kreuzzuges zur Wiedergewinnung der heiligen Stätten. Die von islamischen Propagandisten aufgebrachte und im Gefolge der „Aufklärung“ auch in Europa verbreitete Version von dem bitteren Unrecht, das den friedliebenden Mohemadanern von den Kreuzrittern angetan worden sei, ist eine der großen erfolgreichen Geschichtslügen der Moderne.

Schon zu Zeiten der Kaiserin Helena waren der Querbalken des Kreuzes sowie der Titulus, die dreisprachige Aufschrift mit der Begründung des Todesurteils Jesus Nazarenus Rex Iudaeorum zusammen mit ganzen Wagenladungen von Erde aus Jerusalem in den Sessiorianischen Palast in Rom gebracht worden, wo Helena residierte

S. Croce in Gerusalemme

Aufbewahrungsort der Reliquien war zunächst ein größerer Saal des Palastes, dessen Grundmauern heute noch in den Fundamenten der Kirche erhalten sind und deren Ausmaße bestimmen: 34 m lang und 21 m. breit. Im 12. Jahrhundert ließ Papst Lucius II. eine grundlegende Erneuerung, durchführen, in deren Verlauf der Innenraum durch Einbau von zwei Säulenreihen dreischiffig umgestaltet wurde. Nach weiteren Umbauten im 14., 15. und 18. Jahrhundert ist von der alten Bausubstanz oberhalb der Grundmauern kaum noch etwas erhalten. Die auf dem ursprünglichen Niveau des Fußbodens liegende Helena-Kapelle vor dem Hauptaltar liegt heute weit unterhalb des neuzeitlichen Bodens.

Für die Reliquien wurde in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts eine neue Schatzkammer errichtet, die den bemerkenswerten Anblick einer deutlich von der Formensprache des Art Deco beeinflussten und dennoch unverwechselbar römischen Sakralarchitektur bietet.

Tradition, wenig gebraucht, preiswert abzugeben

Fr. Hunwicke verdanken wir den Hinweis, daß beim britischen Antiquariat St. Philipp's Books derzeit eine Ausgabe des Patrologiæ Cursus Completus von Jaques-Paul Migne zu erwerben ist, Paris 1864, 221 Bände, jerder über 1000 Seiten, Halbleder gebunden, hervorragend erhalten, 6000 britsche Pfund. Als Vorbesitzer wird ohne nähere Angaben die Bibliothek einer englischen Kathedrale angegeben.

Der Patroligiæ Cursus ist der vielleicht bedeutendste Teil des enormen Lebenswerkes von J.P. Migne, der sich wie kein anderer Priester und Theologe des 19. Jahrhunderts darum bemühte, die Schätze der Tradition zu sichern und zu überliefern, deren Verletzlichkeit der Furor der Großen Revolution gerade vor aller Augen geführt hatte. Die Qualität seiner Editionen wird da, wo es neuere gibt, heute regelmäßig übertroffen - das Gesamtwerk ist nach wie vor eine unersetzliche Quelle für das Schrifttum der Kirche von den Anfängen bis zum Beginn des 13. Jahrhunderts.

Ein britischer Verlag hat bereits in den 90er Jahren eine digitale Ausgabe auf Datenträgern herausgebracht, die für 27 000 £ zu erwerben ist; eine inzwischen ergänzend erstellte Online-Version ist im Jahresabonnement für 3000 £ zugänglich. Die Arbeit mit der digitalen Ausgabe - es handelt sich um eine nach vorgegebenen und selbstgewählten Kriterien durchsuchbare Volltext-Datenbank - bietet zweifellos weitaus größere Möglichkeiten als die Druckausgabe. Zahlen darüber, wie intensiv diese Möglichkeiten genutzt werden, sind nicht bekannt. Die Ergebnisse der theologischen Tätigkeit in Deutschland und anderswo berechtigen zur Skepsis.

Außerdem ist ja längst sichergestellt, daß die mit der heutigen Lebenswirklichkeit mitunter hart konfligierenden Ansichten der Kirchenväter und -lehrer der Vergangenheit trotz der durch die moderne Technik prinzipiell erleichterten Zugänglichkeit den Siegeszug des Modernismus nicht aufhalten können. Zwar schreibt das Kirchenrecht den Bischöfen vor, den künftigen Priestern eine ausreichende Kenntnis der lateinischen Sprache vermitteln zu lassen - beachtet wird diese Vorgabe fast nirgends. Die Vernachlässigung oder Unterdrückung der lateinischen Sprache ist ein ebenso wirkungsvolles Mittel des Kulturbruchs wie eine Bücherverbrennung. 

Video vom Ars-Celebrandi-Workshop

Das Video verlangt keine polnischen Sprachkenntnisse.

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  • Stationskirchen

    Die römischen Stationskirchen

    Kupferstich von Giusepppe Lauro aus dem Jahr 1599

    In der Fastenzeit 2013 haben wir zu jedem Tag die entsprechende Stationskirche kurz vorgestellt. Damit sind zwar alle gegenwärtigen Stationskirchen erfasst, aber nicht alle Tage mit einer Statio, von denen es auch etliche außerhalb der Fastenzeit gibt.

    Bei der Vorstellung der Stationskirchen orientierten wir uns im wesentlichen an „Die Stationskirchen des Missale Romanum“ von Johann Peter Kirch, Freiburg 1926. Zu Ergänzungen haben wir Hartmann Grisar „Das Missale im Licht römischer Stadtgeschichte“, Freiburg 1925, und Anton de Waals „Roma Sacra - Die ewige Stadt“ von 1905 in der Überarbeitung Johann Peter Kirchs von 1925 (Regensburg 1933) herangezogen. Daneben haben wir auch auf Informationen aus Internetquellen zurückgegriffen. Die Illustrationen stammen, soweit nicht anders angegeben, von eigenen Aufnahmen.

    Wie der gegenwertige Nachfolger de Waals und Kirchs als Direktor des römischen Instituts der Görres-Gesellschaft, Prof. Msgr. Stefan Heid, uns mitteilte ist diese älter Literatur insbesondere in Sachen der Datierungen vielfach überholt. Nach seinen Untersuchungen geht die Institution der Stationes nicht wesentlich vor die Zeit Gregors d. Großen zurück. Was natürlich nicht bedeutet, daß die Stationskirchen bzw. deren Vorgängerbauten nicht wesentlich älter sein können.

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