Keine Statio in S. Sabina
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- 11. Februar 2016
Der vergangene Aschermittwoch brachte einen weiteren Bruch in der liturgischen Tradition der Kirche von Rom: Zum ersten Mal seit der Wiederbelebung des Stationskirchenwesens gab es keine feierliche Statio in Anwesenheit des Papstes oder seines Beauftragten in Santa Sabina. Im vergangenen Jahr hatte der Papst noch an der traditionellen Prozession auf dem Aventin teilgenommen. In diesem Jahr fand lediglich eine hl. Messe im Petersdom mit Auflegung der Asche statt. Nach den Photos des Osservatore Roman zu urteilen, war es das übliche soziale Event mit viel Prominenz und viel shake hands. Vorher gab's eine Audienz für den Staatspräsidenten des Iraq; nachher einen Besuch beim im Petersdom aufgebahrten Pater Pio - dem „Publikumsmagneten“ des nach Besucherzahlen bisher höchst schleppend verlaufenen Jahres der Barmherzigkeit
Befreier der Sklaven
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- 08. Februar 2016
Heute ist im herkömmlichen Kalender der Festtag des hl. Johannes von Matha (1154-1213), Sohn eines provenzalischen Adelsgeschlechtes, gebürtig in Faucon. Nach dem Theologiestudium in Paris wurde Johannes 1185 zum Priester geweiht. Bei seiner Primizmesse hatte er eine Vision der hl. Dreifaltigkeit, die ihn dazu bestimmte sein künftiges Leben in den Dienst der Verteidigung und Verbreitung des Glaubens an die Trinität zu stellen.
Theologisch bedeutete das damals die Auseinandersetzung mit dem ständig aggressiver nach Westen ausgreifenden Islam, zu dessen zentralen Glaubensgrundsätzen bekanntlich gehört, daß Gott keinen Sohn habe (Sure 6, 101; Sure 10, 68-70). Praktisch bedeutete das in der damaligen Zeit vor allem Einsatz für die Befreiung der Christensklaven. Die nach romantisch verklärter Ansicht so hochentwickelte arabische Kultur des Mittelalters war eine Sklavenhalterkultur der brutalsten Art. Ihre Feudalherren gaben sich nicht nur mit der Versklavung großer Teile der unterworfenen Völkerschaften Nordafrikas und des Balkans zufrieden. Sie machten auch als Piraten das ganze Mittelmeer und dessen Küsten in Süditalien und Südfrankreich unsicher, um dort Gefangene zu machen, die als Galeerensklaven eingesetzt oder zum Kriegsdienst gepresst wurden. Ihr Loskauf war zentrale Aufgabe des von Johannes gegründeten „Ordens der allerheiligsten Dreifaltigkeit zur Befreiung der Gefangenen“.
Auf dem oben abgebildeten Stich wird Johannes von Matha noch als B(eatus) angesprochen - es entstand also wohl vor der Heiligsprechung im Jahr 1694. Das Bild zeigt neben einem vermutlich unhistorischen Porträt des Heiligen in den Vignetten vier europäoische Christensklaven - das Schicksal der ebenfalls in großer Zahl erbeuteten Sklavinnen auch nur anzudeuten, fehlte dem Kupferstecher wohl der Mut. Dazu sind Fesseln, Geißeln und anders Foltergerät zu sehen. Interessanter aber erscheint die links neben dem Heiligen dargestellte Figur mit negroiden Zügen, durch die eiserne Kette ebenfalls als Sklave erkennbar.
Alles spricht dafür, darin einen Hinweis auf die im 17. Jahrhundert aktuelle Form der Sklavenwirtschaft zu sehen. Nach dem Sieg über die türkische Flotte bei Lepanto (1571) war die Sklavenjagd im Mittelmeer zwar weitgehend zum Erliegen gekommen - aber das Geschäft verlagerte sich nun nach Afrika. Die Portugiesen, Franzosen und Engländer, die ihre amerikanischen Besitzungen mit Sklaven aus Afrika bevölkerten, gingen nicht selbst in Afrika auf Sklavenjagd. Sie erwarben die Sklaven in den Häfen der afrikanischen Westküste von größtenteils arabischen Sklavenhändlern, die den nördlichen Teil Schwarzafrikas traditionell als Ressource der Sklaven-Ökonomie „bewirtschafteten“. Sie tun dies bis auf den heutigen Tag,
Im christlichen Westen gab es spätestens seit der Bulle „Sublimis Deus“ (1537) von Papst Paul III. eine tiefgreifende Diskussion über die zuvor weithin als Naturgegebenheit betrachtete Sklaverei, in der der Zeichner oder Auftraggeber des Stiches mit der Einbeziehung eines zeitgenössischen Negersklaven Stellung bezog.
Traditionspflege
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- 25. Januar 2016
Unsere Erwähnung des mittelalterlichen Brauchs, nach der Vesper zu Septuagesima das Alleluja zu beerdigen, war eher als Erinnerung daran gedacht, daß sich in der Tradition um die Liturgie hier und da auch Bräuche entwickelt haben, die mit Recht aufgegeben und vergessen worden sind. In La Londe-les-Maures in der französischen Diözese Frejus+Toulon bei der Bruderschaft des Hl. Josephs des Schutzherrn scheint man das - zumindest in Blick auf diese bestimmte Übung - etwas anders zu sehen: Dort wurde, wie New Liturgical Movement jetzt mitgeteilt hat, der alte Brauch wieder aufgegriffen und unter den geduldigen Augen des Hl. Joseph ein kalligraphisch gestaltetes Alleluja zu Grabe getragen. Ohne Weihwasser und Weihrauch, den Bildern nach zu urteilen, aber sonst mit allen pompes funèbres, die zu einem ordentlichen Begräbnis dazu gehören.
Das ist sicher kein Skandal und so praktiziert wohl auch kein Missbrauch - besser in Wiederbelebung eines volkstümlichen Brauchs aus der katholischen ein Alleluja beerdigen, als gleich diese ganze Tradition versenken und mit bischöflichem Segen über dem Grab des hl. Martin in der Kathedrale von Tours den Koran rezitieren zu lassen.
Wesen und Identität des katholischen Glaubens und der wahren Kirche sind in diesen Jahren auf vielfältige Weise bedroht und angegriffen - von innen fast noch mehr als von außen, von oben ebenso wie von unten. Um dem entgegen zu wirken, braucht es jedenfalls mehr als Nostalgie.
Nicht jammern - tun!
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- 20. Januar 2016
Am vergangenen Freitag feierte das Ordinariat unserer lieben Frau von Walsingham den 5. Jahrestag seiner Errichtung. Fr. John Hunwicke, Priester des Ordinariats, hat dazu auf seinem Blog einen bemerkenswerten Beritrag verfaßt, den wir hier vollständig übersetzen:
Mit der Feier des 5. Jahrestages unseres Ordinariats feiern wir natürlich auch unseren Gründer – mit großer Liebe, Treue und Dankbarkeit gegen Gott. Ich weiß nicht, ob Sie wissen, wo sie waren, als sie von der Wahl Benedikts erfuhren. Ich weiß es auf jeden Fall noch (ein kleines Dorf bei Lands End) und ich erinnere mich an diesen plötzlichen Ausbruch von Freude: Unser Freund ist Papst geworden Jetzt kann alles geschehen!
Drei Dinge, die geschehen sind, drei zusammengehörige Dinge, zeichnen das letzte Pontifikat ganz besonders aus: Die Lehre hinsichtlich der Hermeneutik der Reform in Kontinuität, Summorum Pontificum und Anglicanorum Coetibus. Dazu gleich mehr.
Ich wünschte, ich könnte als 4. Dazu das Jahr des Glaubens nennen. In diesem Jahr sollte, so die Hoffnung des heiligen Vaters, eine wirkliche Wahrnehmung dessen erfolgen, was das Konzil tatsächlich gesagt hat. Leider war diesem Versuch kein großer Erfolg beschieden. Die Tradis hoffen einfach, daß das Konzil möglichst bald in Vergessenheit gerät. Die Progressiven werden in ihren schlaflosen Nächten von einer nagenden Furcht geplagt: nämlich daß gewöhnliche Katholiken die Dokumente des Konzils tatsächlich lesen und so die Täuschungen erkennen könnten, die ihnen nach dem Konzil von wohlmeinenden Männern vorgesetzt wurden, die bereit waren, die Unwahrheit zu sagen, weil alles schnell gehen sollte.
Keine der beiden Seiten hatte ein Interesse daran, den Staub von den alten vergilbenden Bänden wegzublasen.
Papst Benedikt hatte erkannt, daß die nachkonziliaren Entstellungen zu tief eingewurzelt waren, um sie über Nacht durch bloße Anordnung von oben zu beseitigen – obwohl er durch lehramtliche Dokumente, auf die man sich berufen konnte, Unterstützung dafür bot. Statt dessen entschied er sich als Werkzeug für die interessante und durchaus dem Stil der Zeit entsprechende Idee der Subsidiarität. Wenn Bischöfe mit Applomb von Subsisarität sprechen, denken sie natürlich an nichts anderes als möglichst viel Macht an sich und die Bischofskonferenzen zu reißen. Elegant, ja geradezu listig, konterkarierte Benedikt das, indem er jedem Priester der lateinischen Kirche das Recht zum Gebrauch der außerordentlichen Form einräumte, ohne irgend jemanden um Erlaubnis fragen zu müssen.
Das Geheimnis der Menschwerdung
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- 27. Dezember 2015
Dem Hymnarium und summorum-pontificum.de, die bekanntlich nahe miteinander verwandt sind, gelang in diesen Weihnachtstagen ganz unbeabsichtigt eine Demonstration, wie theologische und dogmatische Gegenpositionen sich im Lauf der Zeit entschärfen lassen – wenn nur die Liebe zu Christus, dem Mensch gewordenen Sohn des dreieinigen Gottes, gemeinsames Hauptelement auf beiden Seiten ist.
Das Hymnarium präsentiert – so geplant von René Strasser -– zu Weihnachten den Hymnus Verbo verbum virgo concipiens des Theologen, Philosophen und Dichters Abælard. Petrus Abælardus war eine der umstrittensten und streitlustigsten Gestalten des an strittigen Persönlichkeiten nicht armen 12. Jahrhunderts. In meisterlichem Latein gelingt es ihm, eine Brücke zwischen der Idylle im Stall und der Theologie der Inkarnation zu schlagen. Und dabei greift er ganz massiv auch noch in eine theologische Streitfrage ein, die den Theologen seiner Zeit nicht wenig zu schaffen machte und die noch auf Jahrhunderte als unentschieden gelten sollte.
Zu reden ist von dem Bad des Jesuskindes, das in unserem Krippenbild von Buoninsegna unübersehbar im Vordergrund stattfindet – auch wenn davon anders als bei der gleichrangig dargestellten Anbetung der Hirten im Evangelium keine Rede ist. Demgegenüber hatte Abælard etwa ein Jahrhundert früher in der 5. und 6. Strophe seines Weihnachtshymnus mit streitlustiger Entschiedenheit geschrieben:
Helferinnen und Hebammen gabs hier nicht... Möglichkeit zum Baden fehlte schlicht – Schmutz und Flecken abzuwaschen gab's ja nicht.
Gut möglich, daß er sich dabei genau auf das zu seiner Zeit entstandene oben abgebildete Relief aus der Kathedrale von Arles bezog.
Abælard ist hier Vertreter der seit der Lateransynode von 649 – freilich lange nicht konkurrenzlos - hochgehaltenen Lehre von der immerwährenden Jungfräulichkeit der heiligen Gottesmutter Maria vor, während und nach der Geburt. Diese von den meisten Kirchenväternb geteilte Ansicht stützt sich nicht zuletzt auf die Überlegung, es sei nicht anzunehmen, daß die frei von Erbsünde Empfangene unter der Strafe für Evas Schuld leiden sollte, oder daß der Herr der Barmherzigkeit seiner Mutter beim Eintritt in die Welt Schmerzen zugefügt hätte. Problematisch konnte diese Ansicht da erscheinen, wo sie in unangemessener Weise konkretisiert wurde und zu Theorien führte, daß der Christus auf überirdischeWeise aus dem unversehrten Leibe der Mutter hervorgetreten sei. Hier lag die Gefahr in der Luft, die wahre Menschlichkeit des Gottessohnes aus dem Blick zu verlieren und genau das war der Streitpunkt.
Schon früh bildete sich daher eine Gegenposition, die Wert darauf legte, daß die Geburt des Gottmenschen nicht in einer Weise vorgestellt wurde, die sich allzusehr von der anderer Menschenkinder unterschied. Einer der bedeutendsten Vertreter dieser Position, die die Natürlichkeit dieses Geburtsvorganges betonte und die Jungfräulichkeit allein vor und nach der Geburt anerkennen wollte, war übrigens Thomas von Aquin, der etwa ein Jahrhundert nach Abælard lebte. Seine Ansicht spiegelt sich in dem Bild Buoninsegnas getreulich wider: Das Jesuskind als wahrer Mensch wurde geboren wie alle anderen Menschen auch und bedurfte deshalb nach der Geburt des reinigenden Bades.
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Stationskirchen
Die römischen Stationskirchen
In der Fastenzeit 2013 haben wir zu jedem Tag die entsprechende Stationskirche kurz vorgestellt. Damit sind zwar alle gegenwärtigen Stationskirchen erfasst, aber nicht alle Tage mit einer Statio, von denen es auch etliche außerhalb der Fastenzeit gibt.
Bei der Vorstellung der Stationskirchen orientierten wir uns im wesentlichen an „Die Stationskirchen des Missale Romanum“ von Johann Peter Kirch, Freiburg 1926. Zu Ergänzungen haben wir Hartmann Grisar „Das Missale im Licht römischer Stadtgeschichte“, Freiburg 1925, und Anton de Waals „Roma Sacra - Die ewige Stadt“ von 1905 in der Überarbeitung Johann Peter Kirchs von 1925 (Regensburg 1933) herangezogen. Daneben haben wir auch auf Informationen aus Internetquellen zurückgegriffen. Die Illustrationen stammen, soweit nicht anders angegeben, von eigenen Aufnahmen.
Wie der gegenwertige Nachfolger de Waals und Kirchs als Direktor des römischen Instituts der Görres-Gesellschaft, Prof. Msgr. Stefan Heid, uns mitteilte ist diese älter Literatur insbesondere in Sachen der Datierungen vielfach überholt. Nach seinen Untersuchungen geht die Institution der Stationes nicht wesentlich vor die Zeit Gregors d. Großen zurück. Was natürlich nicht bedeutet, daß die Stationskirchen bzw. deren Vorgängerbauten nicht wesentlich älter sein können.