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Karwoche im Ritus vor 1951 - III

Bild: John Sonnen, http://orbiscatholicus.blogspot.de/2008/02/return-classical-rite-at-pantheon_26.htmlDie in diesem Jahr für einige Orte erteilte Sondergenehmigung zur Feier der Heiligen Woche nach den Büchern von vor 1951 ist mit der Auflage verbunden, zwei Regelungen aus den nach diesem Stichjahr vorgenommenen Änderungen des Ritus zu befolgen: Als Fürbitte am Karfreitag ist die 2008 von Papst Benedikt für die überlieferte Liturgie vorgeschriebene Form zu verwenden, und für die seinerzeit bereits am Vormittag des Karsamstags begangenen Gottesdienste ist die im Jahr 1951 als Option eingeführte Neuregelung der Zeiten für die Osternacht obligatorisch. Damit wird unter anderem verhindert, daß vom Samstag auf den Ostersonntag in einer Kirche zwei Osternachtfeiern nach unterschiedlichem Ritus stattfinden. Insoweit bleibt die aktuelle Regelung hinter der 2011 in Universæ Ecclesiæ (Abs. 33) eröffneten Möglichkeit zurück, „eine Wiederholung der Gottesdienste des österlichen Triduums nicht auszuschließen“.

Mit der Bestimmung, die neue Karfreitagsfürbitte von 2008 zu verwenden, erspart Ecclesia Dei den Gemeinden, die von der nun erteilten Genehmigung zur Verwendung des unreformierten Ritus Gebrauch machen, sich in aufreibende Diskussion unter ihren Mitgliedern, mit den Anhängern des neuen Ritus oder mit einer gegen die Kirche gerne den Antisemitismus-Vorwurf erhebenden Öffentlichkeit zu verwickeln. In diesem Zusammenhang ist ein Rückblick auf die Situation des Jahres 2007 sinnvoll, als die Freigabe der Feier der hl. Messe im überlieferten Ritus unmittelbar bevorstand.

Diese Freigabe wurde in zahlreichen nationalen Episkopaten erbittert abgelehnt – in Deutschland, wo man sich als eines der Kernländer der Liturgischen Bewegung und der auf sie zurückgeführten Reformen betrachtet, ganz besonders. Am 4. April veröffentlichte daher der „Gesprächskreis ‚Juden und Christen‘ beim Zentralkommitte der der Deutschen Katholiken“ eine Stellungnahme, die das in den Augen ihrer Verfasser schwerst denkbare Geschütz gegen die befürchtete Regelung in Stellung brachte. Unter Berufung auf den Dreizeiler in Nostra Aetate zur Beschreibung eines angeblich grundlegend neuen Verhältnisses der Kirche zum Judentum (auch damals war schon vom ‚Paradigmenwechsel‘ die Rede) befürchtete der Gesprächskreis „eine nachhaltige Störung des seit dem Zweiten vatikanischen Konzils (sic!) so hoffnungsvoll begonnenen katholisch-jüdischen Dialogs. … Wir hoffen, dass Papst Benedikt XVI. diese Beschädigung der christlich-jüdischen Beziehungen nicht zulassen wird.“

Diese brisante Befürchtung (oder war es nicht eher eine Drohung?) wurde von den deutschen Medien bereitwillig aufgegriffen und bestimmte für einige Tage die öffentliche Diskussion in einem Ausmaß, das kirchlichen Themen sonst nur selten zuteil wird. Papst Benedikt ließ sich durch den davon ausgehenden Druck jedoch nicht beeinflussen. Summorum-Pontificum wurde bekanntlich am 7. Juli 2007 veröffentlicht und trat zum 14. September dieses Jahres in Kraft. Noch bevor 2008 erstmals wieder die Karwochenliturgie nach den Bestimmungen des motu proprio gefeiert wurde, gab der Papst der ins Zwielicht gerückten Fürbitte eine neue Form. Diese erwies sich tatsächlich als geeignet, den von kirchlichen Gremien und kirchenfeindlichen Kräften in trauter Gemeinsamkeit entfachten „Skandal“ zu entschärfen, ohne inhaltliche und nach der überlieferten Lehre unzulässige Zugeständnisse zu machen. Von daher ist ihre Vorgabe für die nun punktuell mögliche Feier der Karfreitagsliturgie nach den Büchern von vor 1951 durchaus sinnvoll und zu begrüßen.

Summorum-pontificum.de hat damals eine Analyse der alten Form von vor 1951, der überaus zweifelhaften Form des Missales von 1970 und dem neugeschaffenen Text von 2008 vorgenommen, die auch heute noch ihre Gültigkeit hat.

Das Bild von John Sonnen zeigt die Aufnahme von einer Karfreitagsliturgie des Jahres 2008 im römischen Pantheon, bei der Diakon und Subdiakon die vor 1951 zu dieser Liturgie übliche „gefaltete Kasel“ (planeta pliccata) tragen. Die Verwendung dieser Sonderform war auch damals nicht obligatorisch, sondern erfolgte nach Maßgabe der jeweiligen Möglichkeiten.

Triangel und Arundo

Bild: Modifiziert aus dem genannten ArtikelEin Leser macht uns darauf aufmerksam, daß der hier am 6. gezeigte ‚Triangel‘ jedenfalls nicht der Idealform dieses sehr speziellen Leuchters für das Osterfeuer entspricht. Er verweist auf einen im Netz einsehbaren Artikel von Andreas Schmid aus der Zeitschrift für christliche Kunst, Jahrgang 1906, Nr. 8, dessen wesentlichen Inhalt samt Abbildung wir hier gerafft wiedergeben.

Demnach soll nach dem Rubrizisten Gaetano Merati und anderen die Kerze aus einer einzigen Wachskerze bestehen, die sich nach oben zu in drei Stränge teilt – das soll die Einheit Gottes und die Dreiheit der Dreifaltigkeit symbolisieren. Erklärt wird das aus Römer 6,4, wo es heißt, Christus sei von den Toten auferweckt worden durch den Geist in der Herrlichkeit Gottes des Vaters. Weiterhin führt der Text aus:

Es ist daher ganz mißverstanden, wenn man nur drei Kerzen wie auf einem dreiarmigen Tafelleuchter aufsteckt, weil der Ursprung aus einem einheitlichen Wesensstoffe fehlt; ebenso ist es mißverstanden, die drei Kerzen in gerade Linie nebeneinander 2-1-3 aufzustecken statt in Dreiecksform (…), weil bei ersterer Anordnung die Nebenkerzen als untergeordnet erscheinen.

Außerdem weist Schmid daraufhin, daß als Träger für den Triangel ein 1-2 m. langer Stab aus Schilfrohr (arundo) vorgeschrieben sei:

... weil der Schilf die Eigentümlichkeit hat, bei Sturmwind sich zu beugen und danach unversehrt siech wieder zu erheben. So eignet er sich zu einem Symbol des auferstandenen Christus, welcher in verklärter Schönheit am Ostermorgen aus dem Grabe sich erhob.

Zur Herkunft des Brauches merkt Schmid an, daß dieser wohl nicht auf die Kirche des frühen Mittelalters zurückgehe, sondern erstmalig im Ordo Romanus XV (von 1401) erwähnt werde und dann in die Spezialrubriken des Missales nach Trient übernommen worden ist.

Reichtum der Riten

Bild: Screenshot aus dem genannten VideoDie Liturgiereform Pauls VI. hat auch den altehrwürdigen Ritus des hl. Ambrosius von Mailand bis zur Unkenntlichkeit verändert und „romanisiert“. Die überlieferte Form wurde dort ebenso zurückgedrängt und untersagt wie in der ganzen Kirche. Seit Jahresbeginn 2015 wird nun wieder jeden Sonn- und Feiertag in der Chiesa di Santa Maria della Consolazione al Castello ein gesungenes Amt nach der 1954 von Ildefons Cardinal Schuster promulgierten Form gefeiert. Die Church Music Association of America hat das Hochamt vom 2. März dieses Jahres aufgenommen und in Youtube eingestellt.

Der eher ungünstige Blickwinkel der Aufnahme läßt vor allem den überreichen Einsatz von Weihrauch als besonderes Kennzeichen des Ritus hervortreten. Die musikalische Gestaltung und die Besonderheiten des Ambrosianischen Chorals kommen jedoch gut zur Geltung. Auf New Liurgical Movement wird außerdem eine kurze Einführung zu den Besonderheiten des Ritus gegeben, die die Orientierung wesentlich erleichtert.

Karwoche im Ritus vor 1951 - II

Bild: Wikimedia commonsInzwischen sind weitere Einzelheiten zur in diesem Jahr erstmals offiziell ermöglichten Feier der Liturgie in der Karwoche nach den „unreformierten“ Büchern bekannt geworden. Danach wurde die Erlaubnis auf Bitten des nordamerikanischen Distrikts der Petrusbruderschaft von der päpstlichen Kommission Ecclesia Dei erteilt und zunächst ad experimentum auf drei Jahre beschränkt. Die Tatsache, daß auch die Benediktiner von Toulon eine vergleichbare Erklaubnis erhalten haben, läßt dabei eine gewisse Flexibilität erkennen. Das Indult ist mit der Auflage verbunden, bei der Fürbitte für die Juden die 2008 von Papst Benedikt vorgeschriebene neue Fassung zu verwenden. Eine weitere Auflage scheint zu sein, diese Erlaubnis nicht groß öffentlich zu machen und mit katechetischen Einführungen zu den Besonderheiten dieser traditionellen Form zu verbinden. Jedenfalls werden die uns bisher bekanntgewordenen Fälle der Anwendung dieses Indults jeweils nur in den Pfarrbriefen der jeweiligen Apostolate mitgeteilt und sind mit der Ankündigung entsprechender Zusatzinformationen verbunden.

Neben den bereits mitgeteilten Fällen in Los Angeles und Saint Benoit sind uns bisher vier weitere Gemeinden bekannt geworden - die Links verweisen jeweils auf das PDF des aktuellen Gemeindebriefs:

Insgesamt, so heißt es, soll das Indult 2018 in über 20 Gemeinden genutzt werden.

Die wichtigsten Unterschiede der traditionellen Form gegenüber der in den Jahren 1951 - 1955 und dann noch einmal 1970 reformierten Form sind folgende:

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Kleine Zeitreise in Lyon

Screenshot aus dem genannten VideoGestern berichteten wir von der Erlaubnis für einige Apostolate der Petrusbruderschaft, die Karwochenliturgie nach der Liturgie vor dem Beginn der Reformen 1951 zu feiern. Gleichzeitig erfahren wir auf New Liturgical Movement, daß die Petrusbruderschaft in Lyon regelmäßig die hl. Messe im alten Ritus von Lyon zelebiert. Derzeit nur in der Form der stillen Messe, eine Ausweitung auf die Form des gesungenen Amtes ist geplant. Ein kurzes Video vom Ablauf um das Pater Noster - dem wir auch die Abbildung entnehmen - gibt einen Eindruck von einigen Besonderheiten dieses Ritus.

Bei der Stillen Messe und wohl auch beim gesungen Amt kommen die Besonderheiten der Liturgie von Lyon freilich nur in geringem Maße zum Ausdruck. Lyon war der Primatialsitz Galliens lange bevor es ein Frankenreich gab, seine Gründung geht bis ins 2. Jahrhundert zurück. Die Liturgie wurde dort außerordentlich aufwendig gefeiert und hat trotz weitgehender Angleichung des Missales an das römische in Einzelriten und -zeremonien viele Eigenarten bewahrt.

Den Einzug zum feierlichen Pontifikalamt beschreibt Archdale King so:

  • Zuerst sieben Akolythen in roter Soutane mit Schleppe und Albe als Kerzenträger,
  • Träger des Vortragekreuzes und die Dienste für Mitra und Bischofsstab in Rauchmänteln
  • Sieben Subdiakone in Tunika, von denen einer das erbischöfliche Kreuz trägt,
  • Sieben Diakone in Dalmatik, von denen einer den Bischofsstab trägt,
  • Sechs konzelebrierende Priester in Kasel,
  • Dann der erzbischöfliche Zelebrant selbst, begleitet von zwei Priestern im Rauchmantel als Dienste des Gremials (=reich geschmücktes Tuch, auf dem der Bischof während er auf dem Thron sitzt die Hände ablegt)
  • Der Schleppenträger des Erzbischofs und danach vier Träger der bischöflichen Insignien Buch, Mitra, Maniple und Bugia (=Leuchter)

Ein Artikel auf New Liturgical Movement von 2010 enthält Illustrationen, die einen Eindruck von der Choreographie geben, in der sich dieser Hofstaat im Altarraum bewegte. Alles in allem kann dieser Eindruck kaum weniger großartig gewesen sein als der eines päpstlichen Hochamtes - durchaus angemessen für das Selbstverständnis des Primas der "ältesten Tochter der Kirche". Ein Film aus dem Jahr 1954 zeigt einige wenige Momente aus einem nach diesem Ritus gefeierten Pontifikalamt.

Trotz dieser großen Unterschiede zur Form der Messfeier in Rom oder anderswo bleibt es zweifelhaft, ob es sich dabei wirklich um einen eigenen Ritus oder nur einen lokalen Usus handelt. Das Kernstück des römischen Ritus, der Canon Romanus, war bei all diesen Lokal- und Ordensriten stets der gleiche - von minimalen Varianten in der Wortstellung oder in den Heiligenlisten einmal abgesehen. Die Unterschiede betreffen die Gesten und teilweise auch den Zeitpunkt, zu dem bestimmte Aktionen (z.B. die Bereitung der Opfergaben) vorgenommen wurden, und dann, wie am Pontifikalamt von Lyon besonders deutlich, das äußere Zeremoniell, das offenbar in großer Freiheit gestaltet werden konnte - solange es sich dabei auf Traditionen aus unvordenklicher Zeit stützen konnte.

Jedenfalls ist es höchst erfreulich, daß die Petrusbruderschaft von Lyon diesen ehrwürdigen Usus vor der Vergessenheit bewahrt - auch wenn es schwer vorstellbar ist, daß auch wieder einmal ein Pontifikalamt in dieser Form zelebriert werden könnte.

Und in Deutschland? Köln, übernehmen Sie!

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