„Was früheren Generationen heilig war, bleibt auch uns heilig und groß; es kann nicht plötzlich rundum verboten oder gar schädlich sein.“
Papst Benedikt XVI. 2007 zu Summorum Pontificum.
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Worte des Vorsitzenden Braz de Aviz
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- 12. Juni 2021
Der Vorsitzende der Ordenskongregation Kardinal João Braz de Aviz hat eine (virtuelle) Konferenz von Ordensoberen am 17. Mai genutzt, seine Vorstellungen von einem zeitgemäßen Ordensleben und Priestertum darzulegen. Emily Mangiaracina von LifesiteNews hat darüber am 10. Juni ausführlich berichtet. Hier die wichtigsten Inhalte in einer Zusammenfassung:
Ausgangspunkt der Ausführungen des Kardinals ist die von Franziskus nun schon mehrfach geäußerte Befürchtung, daß in einigen Seminaren traditionelle Ansichten zur Stellung und Funktion des Priesters zu starkes Gewicht erhielten – das mache die zuküntigen Priester „starr“ und führe zu „Klerikalismus“. Gegenüber jeder Tendenz zur Orientierung an der Tradition machte De Aviz geltend:
„Die Nachfolge Christi bedeutet auch, eine Vorstellung des Glaubens hinsichtlich Petrus und seiner Nachfolger zu entwickeln. Wie könnte man heute ein geweihtes Leben führen ohne intensiv auf die von Papst Franziskus gegebenen Leitlinien zu hören. Nur so ist es möglich, dem Gründer zu folgen.“ Dabei müssen wir „unsere Gefolgschaft Jesu durch die unerläßlichen Kriterien von Synodalität und Brüderlichkeit“ auf den heutigen Stand bringen.
Als weiteres Feld der Erneuerung in der geistigen Bildung der Gemeinschaften benannte de Aviz das Verhältnis zwischen Männern und Frauen. „Unsere Vorstellungen vom geweihten Leben und unsere Strukturen in Organisation und Leitung haben in der Vergangenheit zu einer Mentalität geführt, die die Unterschiede zwischen Männern und Frauen überbetonte, so daß die Einsicht in ihre gleiche Würde und Komplementarität verloren ging.“ „Geweihten Frauen hat man nur einen Platz an den Rändern des kirchlichen Lebens und der Seelsorge zugestanden. Das begann sich mit dem II. Vatikanischen Konzil zu ändern“ - doch „der Reifeprozess im gegenseitigen Verhältnis von Männern und Frauen muss noch weiter wachsen.“ Nur damit hier keine Mißverständnisse aufkommen: Der Kardinal spricht nicht etwa über die Ehe oder das 6. Gebot und auch nicht über die verschiedenen Charismen von Männer- und Frauengemeinschaften – sondern über mehr Beteiligung von Frauen an den Leitungsfunktionen der Kirche und vermutlich der religiösen Gemeinschaften.
Konkret zur Priesterausbildung gebraucht er dann eine Formulierung, die wohl nur als Absage an die bislang gültigen und zumindest auch in den Gemeinschaften der Tradition hochgehaltenen Grundsätze zu verstehen ist: „Es gibt keinen Platz mehr für eine starre Ausbildung, die zu einem abgeschlossenen Ergebnis führt.“ In diesem Zusammenhang erinnert die Autorin von LifesiteNews daran, daß Braz de Aviz 2015 bei einer Zusammenkunft von über 1000 Studienleitern in Rom (hier mehr dazu). in starken Worten auf einer unbedingten Orientierung am II. Vatikanischen Konzil bestanden habe: „Entfernt euch nicht von den bedeutenden Leitlinien des Konzils. Wer sich vom Konzil entfernt und einen anderen Weg gehen will, begeht Selbstmord – früher oder später werden sie zugrunde gehen. Sie werden außerhalb der Kirche stehen. Das Fundament unserer Arbeit muß das Evangelium und das Konzil sein.“ Und zwar seiner Ansicht nach wohl tatsächlich nur das des vergangenen Jahrhunderts, denn „wir müssen erkennen, daß die Bedürfnisse der Menschen, die heute über ein geweihtes Leben nachdenken, nicht die gleichen sind“ wie die aus der Gründungszeit ihrer Gemeinschaften, „weil sich die Bedingungen geändert haben.“
Autorin Mangiaracina sieht in diesen Ausführungen wohl nicht zu Unrecht einen Ausfluß der „Hermeneutik des Bruches“, die davon ausgeht, daß die Lehre der großen Heiligen und Kirchenlehrer der Tradition heute als überholt betrachtet werden muß. Was vergangen ist, ist vergangen – erst mit DEM KONZIL ist die Kirche nach langem Widerstreben in der Gegenwart angekommen. Nur DAS KONZIL – und das heißt natürlich die Deutung der Dokumente im Ungeist der nachkonziliaren Wirren – bildet die Grundlage für Lehre und Ausbildung, Pastoral und Liturgie. Wenn Kardinal Braz de Aviz und Mitstreiter nun darangehen, diese heute schon in vielen Ausbildungsstätten geteilte Ansicht verbindlich für alle zu machen, können sich die Seminare der Tradition auf unruhige Zeiten einrichten.
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Weiterführendes link: https://katholisches.info/2021/06/11/strenge-ist-heute-ein-bisschen-in-mode-aber-ausdruck-des-klerikalismus/
Priesterweihe bei der FSSP Mexiko
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- 12. Juni 2021
Ebenfalls am Festtag des Allerheiligsten Herzens Jesu, aber nach deutscher Zeit bereits in den ersten Stunden des heutgen Samstags, fand im mexikanischen Guadalajara zum ersten Mal seit vielen Jahrzehnten wieder eine Priesterweihe im überlieferten Ritus statt. In der zum Andenken an die Martyrer Mexikos errichteten Kathedrale der Stadt erteilte S. E. Raimond Kardinal Burke dem Diakon Joel Pinto Rodríguez die Priesterweihe. Auf Youtube ist ein Video abrufbar, das derzeit allerdings nur die erste Stunde der Zeremonie zeigt.
Heute Priesterweihe bei der SSPX
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- 11. Juni 2021
Auf Youtube überträgt heute die Piusbruderschaft im Lifestream die Priesterweihe, die ab 15:00 MESZ im St. Thomas-Seminar der Bruderschaft in Winona stattfindet. Bischof Fellay wird neun Diakone der Bruderschaft zu „Priestern nach der Ordnung des Melchisedech“ weihen.
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Inzwischen haben die Weihen stattgefunden. Unter der oben (Bild) verlinkten Adresse ist jetzt eine Aufzeichnung der fast vierstündigen Zeremonie abrufbar.
Spaltung und Einheit
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- 10. Juni 2021
Zur Entwicklung in Dijon (s. Randspalte) müssen wir uns aus Mangel an Information jeder Stellungnahme enthalten – außer, daß wir es in jedem Fall bedauern, wenn eine Priestergemeinschaft der Tradition ihr Tätigkeitsfeld in einer Diözese verliert. Deshalb können wir uns auch der Klage des französischen Distriktsoberen der FSSP über die in vielen Fällen unbefriedigende rechtliche Absicherung dieser Tätigkeit anschließen – eine vorteilhaftere Lösung böte z.B. die in Summorum Pontificum eröffnete Möglichkeit zur Errichtung von Personalpfarreien. Allerdings weigern sich sowohl in Frankreich als auch in Deutschland – vermutlich auf Druck der Mehrheit in den Bischofskonferenzen – sämtliche Bischöfe hartnäckig, solche Personalpfarreien zu errichten.
Als Grund für die Ablehnung der überlieferten Liturgie wird seitens der Bischöfe oft die Befürchtung genannt, damit würde Spaltung in die Gemeinden getragen. So argumentierte die von der französischen Bischofskonferenz an Stelle der einzelnen Bischöfe nach Rom geschickte Antwort auf die Umfrage der Gottesdienstkongregation, die wir hier referiert haben. Das gleiche Thema klingt an in der Erklärung aus Dijon, wenn es dort im letzten Absatz zur Rechtfertigung der getroffenen Maßnahme heißt, diese habe „kein anderes Ziel als die Stärkung der kirchlichen Einheit unter Wahrung der berechtigten Befindlichkeiten.“
Einheit und Spaltung, Bruch und Kontinuität – das sind quasi die Eckpunkte des Spannungsfeldes, in dem die Diskussion über Summorum-Pontificum und die Rolle des überlieferten Ritus in der Kirche stattfindet.
Der letzte Strohhalm der Bankrotteure
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- 07. Juni 2021
Wir wollten uns zur Motivlage der Kräfte äußern, die derzeit in Rom die „Neuinterpretation“ von Summorum pontificum betreiben und dafür – ohne allzu große Anstrengungen wahrscheinlich - das Wohlwollen des Papstes erreicht haben. Nun, einen guten Teil der Mühe hat uns Eric Sammons, der Chefredakteur von Crisis Magazine, abgenommen. In einem Artikel vom 4. 6. zeichnet er zunächst den Weg und die Situation der Zelebrationsmöglichkeiten für den überlieferte Ritus seit der Liturgiereform nach. Tatsächlich gab es eine erste sehr restriktive Ausnahmeregelung mit dem sog. „Agatha-Christie-Indult“ von 1971 bereits ein Jahr nach dem Inkrafttreten der Reform – ein wichtiges Indiz dafür, daß das Missale Pius des V. nie formell „abgeschafft“, sondern nur im Gebrauch eingeschränkt worden ist. Von da an führt ein windungsreicher Weg zur (theoretisch) völligen Freigabe unter Papst Benedikt. In den letzten Absätzen seines Artikels wendet sich Sammons dann der Frage nach dem „Warum jetzt wieder rückwärts?“ zu – wir haben diesen Teil komplett übersetzt:
Unabhängig davon, wie wir die Auswirkungen (der „Neuinterpretation“) einschätzen, bleibt die Frage: Warum sollte sich Papst Franziskus darauf einlassen? Wenn der Vorsitzende der Geschäftsführung eines Großkonzerns beschließen würde, den am schnellsten wachsenden Bereich des Unternehmens dicht zu machen, würde das sicher für allgemeines Kopfschütteln sorgen. Warum also sollte Papst Franziskus darauf aus sein, die Reichweite der Bewegung einzuschränken, die, am Wachstum gemessen, in der heutigen Kirche den größten Erfolg hat?
Die wohl zutreffendste Antwort ist, daß er und andere Würdenträger des Vatikans hinter diesem Vorstoß wahrgenommen haben, daß das Wachstum der Gemeinden der Alten Messe nicht nur damit zu tun hat, wie diese Messe gefeiert wird. Dieses Wachstum steht in vielfacher Weise für eine Zurückweisung des gesamten nachkonziliaren Projektes, in das die Kirchenführer vom 2. Vatikanum bis zu Franziskus so viel investiert haben.
Was kommt da auf uns zu? - II
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- 04. Juni 2021
Nach aktuellem Stand der Informationen und Gerüchte zu den bevorstehenden Einschränkungen für den Gebrauch der überlieferten Liturgie plant der Vatikan ein zweistufiges Vorgehen. In einem ersten Schritt, der eher in Wochen als in Monaten erwartet wird, sollen die Regeln für den Gebrauch der Liturgie im Diözesanklerus und unter der Verantwortung der Ortsbischöfe neu gefasst werden. In einem zweiten Schritt, mit dem nicht vor dem Herbst gerechnet wird, sollen die Priestergemeinschaften des alten Ritus mit Nachdruck und erforderlichenfalls auch durch Zwangsmaßnahmen dazu aufgefordert werden, ihre Pastoral, ihr Gemeinschaftsleben und ihre Priesterausbildung an den „Vorgaben des II. Vatikanischen Konzils“ auszurichten.
Eine solche Zweiteilung erscheint der Sache nach logisch und auch unter kirchenpolitischen Gesichtspunkten vorteilhaft für die Kräfte, die den überlieferten Ritus und die überlieferte Lehre und Spiritualität zurückdrängen wollen. Die Dokumente von Summorum Pontificum – das sind das Motu Proprio selbst, dann der Begleitbrief an die Bischöfe und schließlich die erst mit 4 Jahren Verspätung 2011 erlassenen Ausführungsbestimmungen – befassen sich im Wesentlichen mit Regeln für den Klerus bzw. die Gläubigen in den Diözesen und nehmen nur in wenigen Sonderfällen (z.B. hinsichtlich der heiligen Weihen) Bezug auf Fragen der Praxis in den Gemeinschaften, die möglicherweise in deren Gründungsdokumenten noch nicht ausreichend geklärt worden waren.
Der Vorteil einer solchen Zweiteilung für den Kurialapparat bestünde vor allem darin, den zu erwartenden Widerspruch und Widerstand hinsichtlich der Betroffenheit und der Interessensituation aufzuspalten und zeitlich über einen längeren Zeitraum zu entzerren.
Was die erwarteten Regeln für den Diözesanklerus betrifft, so gibt es über das hinaus, was wir bereits hier und hier mitteilen konnten, keine substantiellen neuen Informationen. Die Bischöfe erhalten für ihre Priester sowie für die diözesanen Kirchen und Gemeinden praktisch die volle Oberhoheit hinsichtlich Ort, Zeit, Teilnehmerzahl und -kreis sowie die Zelebrationsweise der überlieferten Liturgie. Irgendwelche eigenständigen oder gar einklagbaren Rechte für Klerus und Gläubige sind anscheinend nicht vorgesehen. Ob es – außer der hl. Messe – überhaupt noch Sakramentenspendungen in der überlieferten Form geben kann, ist ungewiss und wäre – Stichwort Kirchenbücher – in jedem Fall vom Wohlwollen des Ortsordinarius abhängig.
Hinsichtlich des Umgangs mit den Priestergemeinschaften, deren besonderes Charisma die Pflege der überlieferten Liturgie ist, liegen erst wenige Informationen vor. In Umrissen zeichnen sie folgendes Bild: