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Häresie der Formlosigkeit

Bild: VaticanNewsIn einem gestern auf Catholic Thing veröffentlichten Artikel konstatiert der amerikanische Kirchenrechtler Fr. Gerald E. Murray schwere Verstöße gegen das Liturgische Recht bei dem Gedenkgottesdienst zum 400. Jahrestag der Heiligsprechung des Jesuitengründers Ignatius von Loyola. Im Zentrum von Murrays Kritik steht der denkwürdige Auftritt von Papst Franziskus bei diesem Gottesdienst. Der Papst verzichtete darauf, die Messe selbst zu feiern, wie das zunächst angekündigt war, sondern überließ die Funktion des Vorstehers dem General seines Ordens Arturo Sosa - das ist der mit dem zu Jesu Zeiten noch nicht erfundenen Tonbandgerät (s. hier). Statt dessen reihte sich Franziskus – so nach seinen Gesten zu urteilen – der Reihe der Konzelebrantenein ein, freilich ohne die für Konzelebranten vorgeschriebenen liturgischen Gewänder zu tragen. Noch nicht einmal eine Stola legte er an, sondern beschränkte sich darauf, im „Papstzivil“ mit im Chorraum präsent zu sein. Über die Gründe können wir nur spekulieren – möglicherweise wollte er dem Chef seines Ordens eine besondere Ehre erweisen, ohne zu bedenken, daß er diese Ehre eben dadurch Christus dem Herrn verweigerte.

Das Handeln Franziskus’ ist nicht nur ein Verstoß gegen eine Handvoll liturgische Vorschriften – die könnte der Papst ja sogar ändern oder davon dispensieren – wenn denn „ein gerechter Grund“ dazu vorläge. Schwerer wiegt in unseren Augen der auch von Murray kritisierte Verstoß gegen die übernatürliche Ordnung. Die Bischöfe sind – und das zweite Vatikanum hat diese Lehre bekräftigt und verstärkt – eben nicht nur Direktoren einer kirchlichen Verwaltungseinheit, sondern für ihr Bistum gleichsam die Quelle aller priesterlichen Vollmacht. „Seine“ Priester können mit dem Bischof konzelebrieren – aber nicht der Bischof mit einem von ihnen in der Position des Hauptzelebranten. Das ist selbst dann nicht unproblematisch, wenn ein alter und kranker Bischof kaum noch in der Lage ist, selbst am Altar zu stehen oder zu sitzen.

Das gilt für jeden Bischof; für den von Rom aber in ganz besonderem Maße. Der Papst sollte ja nicht nur liturgisches Vorbild für die ganze Kirche sein, er ist es auch, die die Ortsbischöfe in ihr Amt beruft und sie, wenn sie die von ihm zu vertretende Ordnung verletzen, auch abberufen kann.

In früheren und formbewußteren Zeiten hätte man die von Franziskus demonstrierte Art der Konzelebration wahrscheinlich als Amtsverzicht ausgelegt oder zumindest zum Anlaß genommen, von Amtsverzicht zu sprechen. Unter dem Regime der Häresie der Formlosigkeit (Mosebach) sind solche Weiterungen eher nicht zu erwarten. Aber diese Hemdsärmeligkeit – die ja nicht alleine steht, wie Franziskus’ Meidung der Kniebeugen am Altar seit Jahren belegt – wirft ein äußerst trübes Licht auf das Verständnis, das dieser Papst aus der Pampas von den liturgischen Dingen und von seinem Amt hat, das unter seinem Regiment immer mehr zu einer selbstreferentiellen Autokratie verkommt. Und es macht ihn extrem unglaubwürdig, wenn er in seinem Begleitbrief an die Bischöfe zu Traditionis Custodes behauptet: „Ich bin traurig über die Mißstände bei der Feier der Liturgie, wie sie auf allen Seiten praktiziert werden.“

Liturgierefom und Glaubensverfall

Bild: Buchillustration des 19. JahrhundertsWährend die Progressiven von gestern noch unverdrossen propagieren, daß Frauen zu „Priesterinnen“ geweiht werden oder zumindest der Zölibat aufgehoben wird, sind die Fortschrittler von heute schon einen Schritt weiter: „Christentum brauch keine Priester“ proklamiert (nach Luther und Calvin freilich nur begrenzt originell) Martin Ebner, der seinen Lebensunterhalt als Professor für neues Testament in Bonn verdient (oder sollte man eher sagen: erschlichen?) hat. Wenn viele (so viele sind es ja nicht mehr) junge Priester so sind, wie sie sind, und nicht wissen, wer sie sind und was sie tun, dann haben wir das Lehrpersonal wie Ebner zu verdanken – und ebenso glaubensschwachen wie charakterlosen Bischöfen, die derlei Personal als Professoren duldeten.

Zurück in die Vergangenheit zu Luther und Calvin als höchste Frucht der Modernität - 50 Jahre nach der Machtübernahme durch die Konzilsgeister und deren Liturgiereform ist der totale Zusammenbruch des aus dem Konzil abgeleiteten Fortschritts-Glaubens in Deutschland und Umfeld weder zu übersehen noch zu leugnen. Welche Rolle bei diesem Zusammenbruch die Liturgiereform gespielt hat, ist umstritten. Klar ist, daß Papst Paul VI. als Promulgator der Reform wiederholt ausdrücklich bekräftigt hat, daß diese Maßnahme den überlieferten Inhalt des Glaubens in keiner Weise verändern, sondern lediglich „leichter zugänglich“ machen sollte. Ebenso klar ist, daß diese päpstliche Vorgabe fast (der Vorbehalt ist wichtig) überall, wo die Liturgie „reformiert“ wurde, in keiner Weise eingehalten wurde. Mit zahllosen Worten und einer Fülle von Zeichen brachten die Zelebranten des Novus Ordo (und die Kirchenbauer!) zum Ausdruck, daß ab jetzt alles, was vorher galt, keine Geltung mehr beanspruchen dürfe, und daß sie – die „Vorsteher“ – und die „um den Altar versammelte Gemeinde“ dazu berufen seien, „eine neue Kirche ins Leben zu singen“. Und auch hier wieder: Praktisch kein Widerspruch seitens der Bischöfe – und Resignation seitens der Kurie und der Päpste.

Peter Kwasniewski hat letzte Woche auf OnePeterFive unter der Überschrift „The Sacrificial Nature of the Mass in the Usus Antiquior“ einen Artikel veröffentlicht, der einige wichtige Charakteristika der überlieferten Liturgie hervorhebt, die wesentlich dafür waren, daß die Mitfeiernden die Glaubenswahrheiten wahrnehmen und „ein-sehen“ konnten – und deren Verwässerung oder völlige Abwesenheit im Novus Ordo (teils schon in der Papierform, generell aber in der Praxis) dazu beigetragen hat, diese Glaubenswahrheiten aus dem Bewußtsein geraten zu lassen. Wir bringen hier stark geraffte Zusammenfassungen dieser Punkte und empfehlen im übrigen sehr die Lektüre des ausführlicheren Originaltextes.

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Konzelebration: Kann, aber muß nicht

Bild: Von der Website des AutorsFr. John Hunwicke schreibt heute auf Mutual Enrichment.

Es ist kein Geheimnis, daß einige Bischöfe und Kreise von Liturgikern ganz begeistert von der Vorstellung sind, daß Priester, die sich dem Usus Authenticus des Römischen Ritus verpflichtet sehen, dazu gezwungen werden sollten, als Zeichen der communio mit ihrem Bischof am Gründonnerstag zu konzelebrieren.

Ich persönlich habe keinen prinzipiellen Einwand, dagegen, das zu tun – ich bin tatsächlich durchaus dafür und halte es für angemessen. (Ich wäre nur froh, wenn wir den Teil mit der ‚Erneuerung der Gelübde‘ los würden) Aber um meine persönlichen Vorlieben geht es nicht.

Louis Bouyer war einer der einflußreichsten liturgischen Autoren der Zeit vor und während dem Konzil, und in der Zeit nach dem Konzil war er auch selbst an der Abfassung von Entwürfen beteiligt. Im Jahr 1954 hatte er „Leben und Liturgie“ geschrieben, das 1956 auf Englisch herauskam. Dieses Buch ist meiner Ansicht nach auch heute noch lesenswert – nicht zuletzt, weil die Ansichten, die er einnimmt oder zurückweist, nicht immer denen gelegen kommen, die sich selbst als „Denker im Geist des II. Vatikanums“ betrachten.

Allgemein gesehen spricht sich Bouyer für die Konzelebration aus: „Es ist sicher eine berechtigte Hoffnung, daß die Praxis der Konzelebration im Westen ebenso großzügig gestattet wird wie im Osten“.

Aber er stellt auch fest, daß die Konzelebration ganz sicher „keine ursprüngliche Form“ darstellt. Und er spricht sich für einen liturgischen Brauch aus, „der auch im Westen immer noch zulässig ist und noch älter ist als die Konzelebration und vielleicht auch eine noch tiefere Bedeutung ausdrückt. (Hervorhebungen Fr. Hunwicke) Für Bouyer zeigt sich die wesentliche Einheit der Liturgie „vielleicht am deutlichsten beim ursprünglichsten Typ der Messfeier, nämlich dann, wenn nur der Bischof oder sein Beauftragter das prex sacerdotalis spricht.

Von daher wäre also die Praxis (einiger Priester der Petrusbruderschaft und anderer) von der ich gehört habe, nämlich der Chrisam-Messe in choro beizuwohnen, aber nicht zu konzelebrieren, nach Ansicht von Bouyer noch ursprünglicher und theologisch bzw. liturgisch vorzuziehen.

Jeder sollte sich dessen bewußt sein, daß das II. Vatikanum an keiner Stelle die Konzelebration zwingend vorgeschrieben hat.

Wenn jemand behauptet, das II Vatikanum hätte in irgendeinem Zusammenhang die Konzelebration vorgeschrieben, dann lügt er. Tatsächlich hat das II. Vatikanum ausdrücklich festgehalten, daß jeder Priester das Recht hat, nicht zur Konzelebration verpflichtet zu werden. (Sacrosanctum Concilium 57 2,2)

Wenn also irgend ein Bischof von einem Priester die Konzelebration verlangen wollte oder diese zur Voraussetzung für seine pastorale oder kanonische Gunst machen wollte, so wäre dieser Bischof demzufolge ein Lügner.

Meiner Ansicht nach liegt es auf der Hand, daß diejenigen, die großen Wert darauf legen, daß ihre Priester mit ihnen bei der chrisam-Messe oder zu anderen Gelegenheiten konzelebrieren, dabei nicht von echten und gut begründeten theologischen Grundsätzen motiviert sind.

Ich kann kaum umhin, darin (sollte es denn geschehen) etwas anderes zu sehen als einen Akt grober Einschüchterung (bullying) durch einen Vorgesetzten, durch den eine kleine mißliebige Minderheit offentlich gedemütigt wird, indem man sie zwingt, sich demütigt einem Mobber (bully) – oder seiner bevorzugten Schwiegertochter – zu unterwerfen.

Nicht nett, so was.

Zum 5. Sonntag nach Erscheinung

In diesem Jahr fällt der 5. Sonntag nach Erscheinung wegen des späten Ostertermins noch ins Frühjahr – das kommt dem Evangelium vom Samann, der mit dem Ausjäten des feindlichen Unkrauts bis zur Ernte warten will, von der Jahreszeit her durchaus zu gute. Der 5. Sonntag hat aber eine weitere Besonderheit aufzuweisen, die noch weitaus seltener ist als sein Fall in den beginnenden Frühling: Das „Tagesgebet“ des „Fünften Sonntags im Jahreskreis“ wie man diesen Sonntag in zeitgeistig neutralisierender Weise genannt hat, ist nicht nur das gleiche, das die römische Liturgie seit unvordenklicher Zeit an eben diesem Sonntag betet, es hat auch die Besserwisserei des Consiliums in sprachlich unveränderter Form überstanden. Darauf hat Fr. Zuhlsdorf gestern in einer Glosse aufmerksam gemacht.

Der lateinische Wortlaut ist:

Familiam tuam, quaesumus, Domine, continua Pietate Custodi, ut, qua in sola spe gratiae celestis innititur, tua semper prutectione muniatur.

Der gute alte Schott (Ausgabe 1953) hatte das seinerzeit so übersetzt:

Wir bitten Dich, o Herr: Behüte Deine Familie unablässig in Deiner Vatergüte; sie findet ja die einzige Stütze ihrer Hoffnung nur in der himmlischen Gnade; drum möge sie allezeit unter Deinem Schutz in Sicherheit sein.

Der nicht so gute Online-Schott des Novus Ordo bietet dafür:

Gott, unser Vater, wir sind dein Eigentum und setzen unsere Hoffnung allein auf deine Gnade. Bleibe uns nahe in jeder Not und Gefahr und schütze uns.

Das ist ziemlich frei, aber nicht sinnentstellend; damit könnte man, wäre nur nicht der Begriff „Familie“ unerklärlicherweise umschrieben und das Personalpronomen „dein“ in der Anrede Gottes groß geschrieben, einigermaßen leben.

Die englischsprachigen Länder waren in dieser Hinsicht während der Jahrzehnte, in der die erste offizielle Übersetzung des Missales galt, nicht so glücklich. Dort hieß es in unserer Rückübersetzung:

Vater, behüte deine Familie und halte uns in deinem Schutz, denn all unsere Hoffnung setzen wir auf dich.

Auffällig ist hier die meidung jedes Hinweises auf Gnade. Seit 2011 gilt nun in Angelsachsien eine verbesserte Version:

Beschütze deine Familie, O Herr, mit nie versagender Sorge, damit sie, die sich alleine auf die Hoffnung der himmlischen Gnade stützt, allzeit unter deinem Schutz geborgen sei.

Damit sind wir dann nahe am Latein und auch am alten Schott – und meilenweit entfernt von der ersten Fassung aus dem Jahr 1971. Soviel zum Novus Ordo als „eine und einzige Form“ der lex legendi der römischen Kirche.

Vorwärts immer, rückwärts nimmer!

Bild: Aufnahme Felici, gemeinfrei, wikimedia commonsIn der vergangenen Woche hielt Erzbischof Roche, seit Mai dieses Jahres Präfekt der Gottesdienstkongregation, die Festrede zur Eröffnung des akademischen Jahres an der Benediktinerhochschule Sant‘Anselmo in Rom. Kernstück seines Vortrags, den wir hier in englischer Sprache als PDF zum Download anbieten, war die Behauptung der „Unumkehrbarkeit der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils“. Dabei berief sich Roche auf Aussagen des „Konzilspapstes“ Paul VI., der seine Liturgiereform „mit Gewissheit und lehramtlicher Autorität“ für irreversibel erklärt habe. Das Messbuch von Paul VI. sei das „reichhaltigste Missale, das die Kirche je hervorgebracht“ habe. Es gründe nicht einfach in der Leistung „eines klugen Geistes“, sondern sei entstanden „durch Gottes Hand mit Hilfe des reichen biblischen und patristischen Erbes zusammen mit dem Lehramt der Kirche“.

Nun entbehrt es nicht einer gewissen Komik, wenn ausgerechnet in den Tagen, in denen so ziemlich jede Lehre der Kirche für umkehrbar oder zumindest zur Unkenntlichkeit veränderbar erklärt wird, einzig die neuschöpferische Festsetzung eines Ritus eine Ewigkeitsgarantie erhalten sollte, aber da ist noch mehr. Die Liturgie Pauls VI. ist natürlich nicht die „DES KONZILS“, dessen Dokument Sacrosanctum Concilium sie in vielen Punkten widerspricht. Sie gründet auch nicht in der Leistung eines „klugen Geistes“ (der Paul VI. zweifellos war, aber dennoch in vielem dem Irrtum erlegen), sondern in den zahllosen Fehlleistungen eines Kreises von Wissenschaftlern, die dazu neigten, den sehr beschränkten Kenntnisstand ihres akademischen Jahrgangs für den Höhe- und Endpunkt der wissenschaftlichen Entwicklung zu halten. Wie seitdem Uwe M. Lang (Conversi ad dominum), Stefan Heid (Altar und Kirche) und viele andere aufgezeigt haben, sind Theologie und Archäologie längst weiter fortgeschritten und haben in der Tat einige von den vermeintlichen Erkenntnissen der 60er Jahre des verflossenen Jahrhunderts umgekehrt.

Am irritierendsten aber ist die Behauptung von Arthur Roche, das Missale Pauls VI. sei das „reichhaltigste Missale, das die Kirche je hervorgebracht“ habe.

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