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Der Lobgesang der Heilsgeschichte

Bild: https://sites.google.com/site/centrolasantatrinita/home/la-santa-trinita-compare-nella-profezia-di-santo-zaccariaDas Loblied des Zacharias verdient Aufmerksamkeit nicht nur wegen der darin ausgedrückten messianischen Erwartung. Es ist auch nicht ein Abschnitt des Lukas-Evangeliums wie viele andere, die vielleicht einmal im Jahr im Evagelium vorgetragen werden. Das Benedictus ist eines der Grundgebete des Lateinischen Offiziums, das seit unvordenklicher Zeit täglich im Morgengebet der Laudes gesungen wird, um die Ankunft des Herrn und seine Wiederkunft am Ende der Zeiten zu preisen. Ganz ähnlich in den Liturgien der griechischen Tradition, in denen das „Eulogetos ho Kyrios“ ebenfalls zum Grundbestand des Stundengebetes gehört, bei dem es in der 9. Ode des Nachtgebetes seinen Platz hat – zumindest dann, wenn die Vollform gesungen oder gebetet wird. Das Stundengebet der östlichen Tadition ist sehr umfangreich, aber auch flexibel: Abkürzungen oder Auslassungen sind zulässig.

Bei genauererm Hinsehen sind Spuren des Benediktus noch über den Bereich der christlichen Kirchen hinaus wahrnehmbar: Auch das neuzeitliche Judentum beginnt sein idealerweise täglich zu absolvierendes „Achtzehnbittengebet“ (Amida) mit einer Formel, die wie eine erweiterte Version des Anfangs des Zacharias-Canticums klingt:

Gelobt seist Du, Ewiger, unser Gott und Gott unserer Väter. Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, allmächtiger, großer, gewaltiger und erhabener, höchster Gott, der in Güte Gnade erweist und dem alles gehört, der gedenkt der frommen Werke der Väter und den Erlöser bringen wird ihren spätesten Abkömmlingen, um seines Namens willen, in Liebe.

Dieser Gebetsanfang der Amida ist zwar erst seit dem 8. Jh. belegt – dennoch kann man vermuten, daß sie eine im Lauf der Jahrhunderte erfolgte Weiterentwicklung einer auch von Zacharias verwandten alttestamentarischen allgemeinen Gebetseinleitung darstellt. Wenn diese Perspektive in die Zukunft auch etwas spekulativ sein mag – umso sicherer ist es, daß das Gebet des Zacharias weit in die ältesten Traditionen des Judentums zurückreicht, und nicht nur mit seiner Einleitung. Das „cornu salutis“, das „Horn des Heils“ greift auf einen im Alten Testament immer wieder vorkommenden Ausdruck zurück, der sich entweder von einem Feldzeichen des Militärs, viellicht einem Horn ähnlich dem Schofar, oder von den „Hörnern“ des Altars herleitet, die im ganzen alten Orient die Begrenzung der Opferplatte markierten. In jedem Fall bezeichnet „Horn“ im AT ein sichtbares Zeichen für das Heil, das Gott seinem Volk immer wieder zuwendet.

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Advent und das Heil Israels III

Bild: https://hopepca.org/december-6-2020-the-messianic-trajectory-of-the-old-testament-part-5/Der Advent ist die Zeit des Wartens auf die Ankunft des Messias. Vor allem als Erinnerung an sein erstes Kommen „im Fleisch“, aber auch in Erwartung seiner Wiederkunft als Weltenrichter „in Herrlichkeit“. Für die Christen dauert die Zeit der Erinnerung an das Warten auf sein erstes Kommen als Abschnitt des Kirchenjahres je nach Ritustradition vier oder sechs Wochen, bis die jeweiligen Kirchen die Geburt des Herrn in Bethlehem am 24. Dezember oder die Erscheinung des Herrn vor aller Welt am 6. Januar feiern. Für die Juden dauert das Warten auf sein Kommen – ein zweites haben sie noch nicht im Blick – seit dem Verlust des Paradieses und bis zum heutigen Tag an. Streng nach der orthodoxen Jahreszählung der Bibel berechnet wäre das seit 5783 Jahren, und ein Ende ist nicht abzusehen.

Für Juden wie für Christen ist der Messias der Erlöser, der sein Volk von aller Sündenlast frei machen und ihm seine königliche Stellung als „Krone der Schöpfung“ wiedergeben wird. Ihre erste Andeutung findet die Hoffnung auf diesen Erlöser in der heiligen Schrift an überaus passendem Ort: Unmittelbar nach der Bericht über den Sündenfall gibt der Herr der Menschenfrau das Versprechen: „Einer deiner Nachkommen wird ihr (der verführerischen Schlange) den Kopf zertreten (Gen 3, 15)“.

Die nächsten messianisch zu verstehenden Passagen des Pentateuch (Gen. 49, 10; Deut. 18, 15 ff) sind in ihrer genauen Interpretation umstritten, darüber, daß sie auf einen künftigen von Gott gesandten Erlöser hindeuten, besteht jedoch weitgehende Einigkeit. Ebenfalls im Hinblick auf den kommenden Messias wird der Bundesschluß Yahwehs mit David gedeutet, von dem 2 Samuel 7 berichtet: Das Königtum soll auf ewig bei David und seinen Nachkommen bleiben. Auch bei den Juden war diese Stelle stets messianisch verstanden, und im neuen Testament wird sie immer wieder angeführt, um Jesus von Nazareth aus dem Hause Davids als Messias zu beglaubigen.

Eine Fülle von messianischen Hinweisen findet sich im Buch der Psalmen, dessen endgültige Zusammenstellung in die Jahrhunderte nach dem Exil fällt, als messianische Hoffnungen durch die wunderbare Befreiung aus der Hand der Babylonier einen mächtigen Aufschwung nahmen. Der Inhalt dieser Hoffnungen war freilich wenig präzise bestimmt: Das Bild des erhofften Messias schwankt zwischen einem doch sehr weltlich vorgestellten Großkönigs und einem Erlöser aus Schuld und Sünde, der das Volk Israel wieder in seine unmittelbare Beziehung zu Gott führt.

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Nachtrag zu Allerseelen

Zu unserem Artikel am Allerseelentag hat uns der Priester und Doktor der Theologie Marc Hausmann, dessen theologische Kompetenz die unsrige bei weitem übertrifft, Korrekturen und Ergänzungen zukommen lassen, die wir mit großem Interesse gelesen haben. Wir geben sie daher hier mit dem Einverständnis des Verfassers leicht redaktionell bearbeitet gerne weiter. Fehler sind unvermeidlich, zumal sich die wissenschaftliche Theologie fast völlig aus dem Gespräch mit dem gemeinen Kirchenvolk zurückgezogen hat, demgegenüber sie noch bestenfalls als Ideologieproduzent wirkt. Aber wo Fehler und Mißverständnisse unsererseits erkannt und korrigiert werden, wollen wir sie nicht einfach so stehen lassen. Hier die Hauptaussagen der kritischen Zuschrift Hausmanns:

Ich habe den Eindruck, daß Ihre Bemerkungen über die Sühnung für die Schuld der Seelen im Fegefeuer auf einem Mißverständnis beruhen, das ich hier erläutern darf:

Das Prinzip der vertretenden Leistung von einem Gegenwert für jemand anderen im Allgemeinen und des Verdienstes anstatt anderer im Besonderen liegt zum einen in der Natur der Sache – wir Menschen können bereits auf der materiellen Ebene unseres Seins, die ja auch von den Modernisten und Heiden anerkannt wird, zum Beispiel Geld und Blut anderen spenden, an ihrer statt erbringen, wieso dann nicht noch viel mehr auf der geistigen Ebene unseres Seins, wo die Seele mit ihren immateriellen Kräften noch viel kommunikativer nach außen hin sein kann? Zum anderen hat das Lehramt des Konzils von Trient ausdrücklich diese Lehre der Leistung eines Gläubigen, der in der Verfassung der „Gerechtigkeit“ ist, wir würden sagen im Stand der Gnade, von geistigen Gaben für andere Seelen bestätigt.

Ich möchte noch hinzufügen, daß es bei dieser Vertreterschaft, zumindest für die armen Seelen im Fegefeuer, nicht um die Vermittlung der Gnaden geht, sondern um die Wiedergutmachung der Sündenschuld, also die Buße, die im Unterschied zur Gnade nicht eine Qualität in der Seele ist, sondern ein Akt der Restaurierung der Rechte Gottes ist und daher auf der Grundlage der Relation der Gerechtigkeit zu Gott, der Religion, wirkt.

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Heilsökonomie und Buchhaltung

Bild: Hochaltar der Wimpfener Stadtkirche, Peter Schmelzle, cc-by-sa-3.9Das Gedächtnis „Allerseelen“ geht auf eine Regelung zurück, die bereits im 11. Jahrhundert von Abt Odilo von Cluny für seine Mönche eingeführt worden war und die in Anknüpfung an frühere Bräuche des zumeist individuellen oder familiären Totengedenkens diesem Tag eine hervorgehobene Stellung als Gedenktag „für alle Verstorbenen“ und der Fürbitte für alle „Armen Seelen“ einräumte.

Allerseelen ist – neben Weihnachten – der einzige Tag des Jahres, an dem es den Priestern ohne weiteres erlaubt ist, traditionell sogar empfohlen, drei mal das heilige Messopfer zu feiern. Die Regelung geht zurück auf ein Mitte des 18. Jahrhunderts zunächst für Spanien gewährtes Privileg, das Papst Benedikt XV. während des ersten Weltkrieges auf die ganze Kirche ausdehnte: Die Zahl der Toten, für die „Seeelenmessen“ gelesen werden mußten, war ins unermeßliche gestiegen.

Dazu gab es noch eine weitere Überlegung: Im Gefolge von „Aufklärung“ und Revolution waren in vielen Ländern Europas die Kirchengüter ganz oder zu großen Teilen eingezogen worden – in Österreich und Norditalien insbesondere im Zeichen des Josephinismus („Religionsfonds“ von 1782), in Frankreich nach der Gouillotinenrevolution ab 1793, in Deutschland in der Folge des „Reichsdeputationshauptschlusses“ von 1803. Ildefons Schuster schreibt dazu in seinem „Liber Sacramentorum“ (deutsche Ausgabe Bd. 9, S. 87 ff):

Die frommen Vorfahren hatten einst Kirchen, Kapiteln und Altären reiche Stiftungen gemacht, damit nach ihrem Tode das hl. Opfer für sie dargebracht werde. Durch die Revolution und die Einziehung der Kirchengüter wurden jedoch in sehr vielen Fällen die Vermächtnisse zerstreut, so daß der Papst mit Rücksicht auf den verarmten Klerus ganze Kapitel, religiöse Genossenschaften und Priester von der Erfüllung der alten Meßstiftungen befreien mußte.

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Alle Heiligen aller Zeiten

 

Bild: Archiv

 

Zum Fest Allerheiligen haben wir bereits mehrfach etwas veröffentlicht und können daher auf empfehlenswerte Beiträge aus jüngerer Zeit verweisen: Zu theologischen Grundgedanken des Festes, zu einigen liturgischen Aspekten und (von Fr. Hunwicke) zur in England besonders stark ausgeprägten Verehrung der Heiligenreliquien.

Wir begnügen uns daher zunächst mit einer sehr interessanten Abbildung aus einem Missale der Zeit um 1900 zum heutigen Tag. Sie ist trotz gewisser stilistischer und konzeptioneller Ähnlichkeiten vertmutlich nicht von Max Schmalzl; ein undokumentierter Netzfund aus unserem Archiv. Gegenüber den signierten Holzschnitten von Schmalzl und anderen weist diese Darstellung zwei Besonderheiten auf: Zunächst der Thron. Das ist hier nicht wie sonst üblich der Thron des als König herrschenden Christus, des Lamm Gottes oder der allerheiligsten Dreifaltigkeit, sondern der Thron der demütig auf ihren Sohn blickenden Mutter des kindlichen Königs, und der bildet denn auch unverkennbar das Zentrum. Zweite Besonderheit ist der geradezu enzyklopädische Umfang der Darstellung. Auf der rechten Seite elf zentrale Gestalten aus dem alten Bund, links elf ebenso zentrale aus dem neuen, aber nicht nur die sonst gerne dargestellte Schar der Apostel. Auf beiden Seiten sind je vier Frauen dargestellt – eine Besonderheit für die Zeit. Warum aber jeweils nur elf und nicht Zwölf? Nun, zu Füßen des Thrones knien zwei der unschuldigen Kinder-Märtyrer, die die kanonische Zwölf vervollständigen und zudem noch neben der Gottesmutter eine zweite Brücke zwischen den beiden Testamenten bilden.

Die himmlischen Heerscharen sind zunächst durch sieben dem Zeitgeschmack entsprechende puttoeske Cherubim angedeutet – und dann prominent vertreten durch die beiden Erzengel Gabriel und Michael. Diese beiden werden zwar populär als „Erzengel“ angesprochen, gehören aber nach der mittelalterlichen und bis auf die alttestamtlichen Apokryphen zurückgehenden Engellehre zusammen mit Raphael zum höchsten der neun Ränge, zu den Seraphim. So bildet also diese Illustration auf gedrängtem Raum ein denkbar umfassendes Bild der Heiligen in der Anschauung Gottes. Und volle Inklusivität ante Verbum, wenn man so will.

Hiermit könnte dieser kurze Beitrag enden, wenn nicht häretisch.de zum Feiertag ein Interview mit dem „Theologen“ Oliver Wintzek (ja, der) gebracht hätte, das die doch nachgerade zur DNA der Kirche gehörende und soeben von den Vorbereitern der Synodensynode so nachdrücklich geforderte „Inklusivität“ radikal in Frage stellt. Pius X. gilt ihm als „Modernisierungs-Blockade-Heiliger“, und über den Pfarrer von Ars samt Papst Benedikt, der ihn „eindrucksvoll in Szerne gesetzt“ habe, kann er nur mitleidig lächeln. Diese Figuren einer „moralisierenden Frömmigkeit“ haben uns Heutigen nichts mehr zu sagen. Seine Heiligen wären „Menschen, die in und für die Kirche einfordern, dass sie am Puls der Zeit bleibt. Die Kirche muss gegenwartskompatibel sein. ... Die Kirche ist ein Player in unserer offenen Gesellschaft, bei der es kein ‚Zurück zu‘ gibt, keinen Indietrismus, wie Papst Franziskus es nannte.“

Wow! In diesem Sinne also: Einen froher und vor allem indietristischen Allerheiligentag!

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  • Stationskirchen

    Die römischen Stationskirchen

    Kupferstich von Giusepppe Lauro aus dem Jahr 1599

    In der Fastenzeit 2013 haben wir zu jedem Tag die entsprechende Stationskirche kurz vorgestellt. Damit sind zwar alle gegenwärtigen Stationskirchen erfasst, aber nicht alle Tage mit einer Statio, von denen es auch etliche außerhalb der Fastenzeit gibt.

    Bei der Vorstellung der Stationskirchen orientierten wir uns im wesentlichen an „Die Stationskirchen des Missale Romanum“ von Johann Peter Kirch, Freiburg 1926. Zu Ergänzungen haben wir Hartmann Grisar „Das Missale im Licht römischer Stadtgeschichte“, Freiburg 1925, und Anton de Waals „Roma Sacra - Die ewige Stadt“ von 1905 in der Überarbeitung Johann Peter Kirchs von 1925 (Regensburg 1933) herangezogen. Daneben haben wir auch auf Informationen aus Internetquellen zurückgegriffen. Die Illustrationen stammen, soweit nicht anders angegeben, von eigenen Aufnahmen.

    Wie der gegenwertige Nachfolger de Waals und Kirchs als Direktor des römischen Instituts der Görres-Gesellschaft, Prof. Msgr. Stefan Heid, uns mitteilte ist diese älter Literatur insbesondere in Sachen der Datierungen vielfach überholt. Nach seinen Untersuchungen geht die Institution der Stationes nicht wesentlich vor die Zeit Gregors d. Großen zurück. Was natürlich nicht bedeutet, daß die Stationskirchen bzw. deren Vorgängerbauten nicht wesentlich älter sein können.

Zusätzliche Informationen