Bereichsnavigation Themen:

Dokumentenfund zur „Alten Messe“

Bild: http://www.catholicnewsworld.com/2018/05/rip-cardinal-dario-castrillon-hoyos.htmlDokumente findet man heute nicht mehr (nur) in schimmligen Kellergewölben, sondern – wenn man weiß, was man sucht – oft auch im Internet. Und eben da, genauer gesagt in den „Altbeständen“ der inzwischen umorganisierten Website der ehemaligen Klerus-Kongregation, hat Peter Kwaniewski einen Bericht von Kardinal Dario Castrillón Hojyos aus dem Jahr 2008 ausgegraben, der wichtige Informationen zur Vorgeschichte des 2007 erlassenen Motu Proprio „Summorum Pontificum“ enthält. Veröffentlicht auf New Liturgical Movement vom 9. Januar.

Das Dokument ist nicht mehr über die Navigation der Seite, aber immer noch über die genaue Adresse zugänglich. Wir haben es in der von Google-Translate gebotenen deutschen Version heruntergeladen und werden es nach einiger sprachlicher Überarbeitung dann auch hier zum Download anbieten.

Wesentlicher Inhalt des Dokumentes sind Rückverweise und Zitate aus den Beratungen der im Zusammenhang mit dem „Indult“ von Quattuor abhinc annos (1984) seinerzeit von Papst Johannes Paul II. eingesetzten Kardinalskommission zur Klärung des rechtlichen Status des Missales von Papst Johannes XXIII. (1962) nach der Approbation der Reformliturgie Bugninis durch Papst Paul VI. 1969. Daraus geht hervor, daß die Kardinäle bereits damals keinen Zweifel an der fortdauernden Gültigkeit und Verwendbarkeit des „vorkonziliaren“ Messbuchs hatten und eine deutlich weitergehende „Freigabe“ der überlieferten Liturgie befürworteten, als sie von Johannes Paul II. verfügt worden war. Eine besondere Rolle spielte dabei auch die Einsicht in die vielerlei Fehlentwicklungen in der praktizierten Reformliturgie, die einer dringenden Korrektur bedürften.

Weiterlesen...

... pax hominibus bonæ voluntatis

Bild: Gefunden auf https://www.tirolerschnitzereien.at/de/p/Hirten-Krippe/HI-Gloria-Engel

Gloria in excelsis Deo et in terra pax hominibus bonæ voluntatis.

So sangen es die Gottesboten nach dem 2. Kapitel des Lukasevangeliums auf dem Hirtenfeld von Bethlehem, so verkündet es die Kirche im Weihnachtsevangelium und so singt sie es bis auf den heutigen Tag im „Gloria“ der Sonn- und Feiertagsmesse. Über die korrekte deutsche Übersetzung gab es in der Kirche jahrhunderte lang keinen Zweifel: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen, die guten Willens sind. So steht es schon im Deutschen Messbuch von Christopher Flurheym aus dem Jahr 1529, und so steht es in praktisch allen katholischen Bibelübersetzungen und volkssprachlichen Messbüchern bis ins Jahr des Unheils 1969, als der alte Schrott ausgemustert und zunächst durch variantenfreundliche Ringhefter ersetzt wurde.

Im aktuellen Gotteslob (2014) heißt es da für die zweite Satzhälfte: „Friede auf Erden den Menschen seiner Gnade“ – so wurde es aus der damals gültigen „Einheitsübersetzung“ (von 1980) übernommen. Inzwischen steht in der „Einheitsübersetzung“ (von 2016) da „Friede auf Erden den Menschen seines Wohlgefallens“ – inwieweit die deutschen Messbücher und das Gotteslob dem schon angepasst wurden, und inwieweit die Anpassungen auch tatsächlich in Gebrauch sind, entzieht sich unserer Kenntnis.

Der Unterschied in den Worten ist wie so oft, wenn Worte absichtlich verändert werden, inhaltlich nicht trivial. Die alte Fassung mit den „Menschen, die guten Willens sind“, betont recht deutlich, daß der „Friede“ (im Wort schwingen die Bedeutungen „Heil“ und „Erlösung“ mit) nicht unterschiedslos allen Menschen gilt, sondern daß es da eine Einschränkung gibt auf den Kreis derer, die „guten Willen“ haben – die Gott die Ehre erweisen und den von ihm angebotenen „Frieden“ annehmen und in ihrem Leben beantworten und bekräftigen. So haben es auch die Väter und die Lehre der Kirche stets verstanden.

Weiterlesen...

Liturgie des Quatembersamstags im Advent

Bild: Fresko der Priszilaa-Katakomba, gemeinfreiIn der überlieferten Liturgie sind die Messen der Quatembertage im Advent durch einen außergewöhnlichen Reichtum an Lesungen und Gesängen gekennzeichnet – insbesondere der Quatembersamstag. Während der Mittwoch neben dem Evangelium nur zwei Lesungen hat, sind für diesen Samstag sogar 6 zusätzliche Lesungen vorgesehen. Mit einer Ausnahme sind diese adventlichen Lesungen alle dem Propheten Isaias entnommen – dem großen Künder des kommenden Messias aus der Zeit des 8. Jahrhunderts vor Christi Geburt. Dazu kommt dann am Samstag die Lesung aus der 2. Epistel des hl. Paulus an die Thessalonicher, in der der Apostel die Gemeinde auf die 2. Wiederkunft des Herrn vorbereitet. Zwischen diesen Lesungen erfolgen Psalmengesänge (Graduale) und Fürbitten-ähnliche Orationen, wie am Karfreitag, sie werden auch wie dort mit dem Oremus – flectamus genua – levate eingeleitet.

Diese Leseordnung ist uralt und wurde so oder ähnlich bis zur Liturgiereform in allen Gemeinschaften der lateinischen Kirche praktiziert. Sie findet sich mit geringen Abweichungen bereits im zweiten Buch von Ruperts von Deutz’ De Divinis Officiis aus der Zeit um 1100, und sie ist, wie im folgenden zu zeigen ist, Ausdruck eines Selbstverständnisses der Kirche, das weit in ihre vorchristliche Vorgeschichte zurückreicht. Vielleicht war sie deshalb den Reformen, die doch behaupteten, den Reichtum der Schrift tiefer erschließen wollen, unerträglich.

Die Messe des Quatembersamstages im Advent ist von allen Adventsmessen diejenige, die Israels Erwartung des Herrn als Erlöser am stärksten zum Ausdruck bringt. Sie ist am tiefsten von allen Liturgien in der Tradition des auserwählten Volkes verankert. Gleichzeitig macht die Auswahl aus den Prophetien des Isaias schon von der ersten Lesung an deutlich, daß der Messias zwar aus dem Volk Israel hervorgeht, sein Erlösungswerk jedoch allen Menschen auf der ganzen Erde zugute kommen soll: Alle, die ihm folgen, werden zu den neuen Auserwählten, dem neuen Israel, gehören:

Ja, erkennen werden die Ägypter (= Heiden) den Herrn an diesem Tag und ihn Ehren mit Opfern und Gaben. Gelübde werden sie dem Herrn ablegen und erfüllen. So wird der Herr Ägypten mit Unglück schlagen und dann heilen. Sie werden sich zum Herrn bekehren, und versöhnen wird sich mit ihnen und sie Heilen der Herr unser Gott. (I. Lesung, Is. 19)

Weiterlesen...

Wer soll die Scherben zusammenkehren?

Bild: Screenshot  von L'Homme NouveauNew Liturgical Movement berichtete dieser Tage über ein Interview (hier das Original auf Französisch), das Bischof Aillet von Bayonne dem konservativen französischen Magazin L’Homme Nouveau gegeben hat. Der Bischof sprach darin von beträchtlichen Unterschieden, die er zwischen dem Motu Proprio des Papstes und den anschließend von der Liturgiebehörde veröffentlichten „Responsa ad dubia“ erkennen will: Franziskus habe beim Ad-Limina Besuch der französischen Bischöfe gesagt, er wolle die Feier der Messe im überlieferten Ritus einschränken, während die Responsa Roches das auf die Spendung sämtlicher Sakramente ausgedehnt habe. Demgegenüber habe Franziskus durch seinen Staatssekretär Parolin mehrfach darauf hingewiesen, man müsse den Gläubigen, die der alten Liturgie verbunden sind, väterlich zuhören und ihnen Zeit geben. Es gehe um einen Prozess des Wachstums und der Erkenntnis.

Nun, das klingt für unsereinen nach den üblichen Phrasen dieses Pontifikats und gewinnt kaum an Glaubhaftigkeit durch die in den letzten Wochen mehrfach wiederholten scharfen Angriffe des Papstes auf die „rückwärtsgewandten Ewiggestrigen“. Dennoch zieht Bischof Aillet daraus den Schluß:

Wir“ – d.h. in erster Linie die französischen Bischöfe – „sind nicht gezwungen, das Motu Proprio unmittelbar und in drastischer Form umzusetzen. Im Allgemeinen sind unsere Beziehungen mit diesen Gemeinschaften doch so einverständlich, daß man gerne in einen wirklichen Dialog mit ihnen eintreten möchte: Über das Missale, über die Gründe, die sie für dies und jenes haben, über die Sakramente, über die liturgischen und katechetischen Bücher, die sie verwenden, um so die Dinge besser zu verstehen und vor allem, um das Gespräch nicht abreißen zu lassen.“

Weiterlesen...

Bieten Rituskirchen den Ausweg?

(Fortschreibung des Beitrags vom 29. Oktober)

Bild: Wikimedia, Kaiser Guilherme II, CC BY-SA Auf den ersten Blick bietet das Konzept der Rituskirche einen Ausweg aus der Kirchenkrise, wie sie sich in der von Traditionis Traditores (TC) manifestierten Absicht zur endgültigen Austreibung der überlieferten Liturgie aus dem Leben der Kirche darstellt. Die Priester und Gläubigen der Tradition würden damit aus dem seinen Namen ohnehin nur noch zu Unrecht tragenden römischen Ritus ausscheiden und eine „Kirche eigenen Rechts“ bilden. Diese Teilkirche würde weiterhin der päpstlichen Jurisdiktion unterstehen, hätte aber wie andere „Rituskirchen“ auch ihre eigene historisch gewachsene Liturgie – und in eiem durchaus begrenzten Rahmen – ihr spezifisches kanonisches Recht. Was daran realistisch und was Wunschvorstellung ist, wäre näher zu untersuchen.

Die heute bestehenden Rituskirchen oder „Kirchen eigenen Rechts“ sind in keinem Fall aus dem Nichts errichtet worden, sondern beruhen auf der Rückkehr in die Einheit von Kirchen oder ihren Teilen, die aus historischen oder politischen Gründen oft schon seit Jahrhunderten „unabhängig“ existierten. Prinzipiell gilt das auch für die Ordinariate ehemaliger Anglikaner, auch wenn diese nicht den Status von Rituskirchen haben und inzwischen auch der Übertritt von Einzelpersonen bzw. -familien aus „stammkatholischen“ Gemeinden möglich ist.

Einziger Fall, daß eine aus liturgischen Motiven erfolgte Schisma-ähnliche Spaltung innerhalb eines bestehenden katholischen Bistums durch die Errichtung einer besonderen Jurisdiktion für die „Altrituellen“ überwunden wurde, ist Campos in Brasilien. Über die Einzelheiten der damaligen Situation ist hierzulande wenig bekannt. Der damalige Bischof von Campos Antônio Castro Mayer hatte sich geweigert, die Reformen Pauls VI. umzusetzen und war schließlich 1981 zum Rücktritt gezwungen worden. Danach baute er mit seinen Anhängern als Träger der „altrituellen“ Seelsorge in Campos die Priestervereinigung Johannes Maria Vianney auf – eine mit dieser freundschaftlich verbundene Parellelorganisation zur Piusbruderschaft. Da Mayer 1988 als Co-Consekrator an den irregulären Bischofsweihen der Bruderschaft mitwirkte, wurde er zusammen mit Erzbischof Lefbvre exkommuniziert. Damit waren die Voraussetzungen für ein Schisma gegeben, das allerdings niemals offiziell erklärt worden ist.

Nach dem Tod Mayers 1991 weihten die Bischöfe der Piusbruderschaft mit Licino Rangel einen Priester der von Mayer gegründeten Vereinigung zum Bischof. In den Jahren nach 2000 konnte Bischof Rangel eine Vereinbarung mit Rom erreichen, die schließlich durch die Errichtung der „Apostolischen Personaladministratur vom Hl. Johannes Maria Vianney auf dem Gebiet der Diözese Campos“ zur Beendigung der Abspaltung führte. Rangel wurde offiziell zum Titularbischof von Zarna geweiht und als Administrator eingesetzt. Vermutlich vereinbarungsgemäß trat Rangel schon im kommenden Jahr „aus Gesundheitsgründen“ zurück, und sein Nachfolger wurde der ebenfalls offiziell geweihte und bis heute amtierende Bischof Rifan. Nicht alle Details der damals unter intensiver Beteiligung von Kardinal Ratzinger erzielten Vereinbarung sind öffentlich bekannt. Von daher ist schwer zu sagen, inwieweit Campos das Vorbild für die Errichtung einer ähnlichen Institution anderswo sein könnte – zumal es unseres Wissens nirgendwo vergleichbare Voraussetzungen gibt.

Während das kleine „Schisma von Campos“ nur ein Jahrzehnt gedauert hat, bringt es die wesentlich größere anglikanische Abspaltung auf über 500 Jahre; sie hat im Zuge der Ausweitung des britischen Empire weltweite Dimensionen angenommen.

Weiterlesen...

Zusätzliche Informationen