„Was früheren Generationen heilig war, bleibt auch uns heilig und groß; es kann nicht plötzlich rundum verboten oder gar schädlich sein.“
Papst Benedikt XVI. 2007 zu Summorum Pontificum.
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„Lateinischer“ Ritus ohne Latein?
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- 09. Juli 2022
New Liturgical Movement hat ein bislang größerer öffentlicher Beachtung entgangenes Video aufgespürt, das die Aufzeichnung eines „glagolitischen“ Pontifikalamtes im tschechichen Velegrad aus dem Jahr 2016 zeigt. Das glagolitische Missale, letzte Auflage 1927, ist ein Messbuch des klassischen römischen Ritus der auf den hl. Papst Gregor zurückgehenden Tradition – allerdings nicht in lateinischer Sprache, sondern in einem gemeinhin als „(alt)kirchenslavisch“ bezeichneten Idiom. Zelebrant in Velegrad war Weihbischof Athanasius Schneider. (Mehr zur glagolitischen Sondertradition enthält ein Beitrag auf New Liturgical Movement von 2011).
Bischof Schneider, mehrsprachig als Kind einer rußlanddeutschen Familie im damals sowjetischen Kasachstan aufgewachsen, bringt ideale Voraussetzungen für ein derartiges Pontifikalamt mit: Er ist vertraut mit der überlieferten Liturgie wie nur wenige andere „römische“ Bischöfe, und für die Aussprache des Kirchenslavischen ist er nahezu Muttersprachler.
Nach dem oben verlinkten Video würde man ohne Ton praktisch keinen Unterschied zwischen einem normalen Pontifikalamt und dessen glagolitischer Version erkennen können. Die gesungenen Teile zumindest der Offizianten sind reine Gregorianik – beim Gesang von Schola und Gemeinde sind wir nicht ganz sicher, aber alles klingt „westlich“, ohne Anklang an die doch deutlich andersartige musikalische Tradition auch der mit Rom verbundenen Rituskirchen des Ostens. Die Zelebration von Velegrad unterstreicht also zumindest für die Gegenwart: Der manchmal so genannte „Glagolitische Ritus“ ist in keiner Weise ein eigener Ritus, noch nicht einmal ein besonderer „Usus“ des römischen Ritus – sondern die Feier des „lateinischen“ Ritus in einer anderen Sprache – nämlich der kirchenslavischen.
Synodalisches in und um Köln
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- 07. Juli 2022
Die Diskussion über Desiderio Desideravi – das eher untypischerweise für ein Dokument mit der Unterschrift von Franziskus durchaus bedenkenswerte Aussagen enthält – geht weiter. Hier gibt es einen laufend ergänzten Überblick. Diese Debatte findet im wesentlichen in traditionellen oder gegenüber der Tradition offenen Kreisen statt. In Hardcore-Novus-Ordo-Land begnügt man sich mit knappen Kundgebungen der Genugtuung über die tatsächlich in DD erneut bekräftigte Absage an die überlieferter Liturgie. Man kennt derlei dort ja schon seit langem und freut sich nur noch mäßig über Wiederholungen.
Unterdessen ist die zweite Häfte des Jahres 2022 angebrochen und die die Deutschsynode geht auf ihr Endstadium zu. Liturgie ist in diesen Kreisen längst kein Thema mehr, schließlich ist man schon mehrere Schritte weiter und bei der Frage angekommen, ob es denn überhaupt noch eines Priestertums bedürfe. Falls man aber doch noch „geweihtes“ Personal benötigen sollte, dürften Frauen von dieser Stellung keinesfalls ausgeschlossen werden, das gebiete die Geschlechtergerechtigkeit. Auch Bischöfe wie Elbs, Jung und seit längerem schon Bischof Fürst gehen in diese Richtung.
Mit gemischten Gefühklen verfolgt man die Diskussion über das Ende des Priestertums freilich nicht nur bei den Frauen, die dieses Amt nach dem Diakonat als Zwischenstufe um jeden Preis erreichen wollen, sondern auch in der Universitätstheologie, auf deren dürren Boden die Idee von der Entbehrlichkeit eines besonderen Priestertums doch herangezüchtet worden war. Die staatlich finanzierte und deshalb nicht zu Unrecht auch als Repräsentanten einer „Staatstheologie“ angesehenen theologischen Fakultäten sind in ihrem Bestand durch die diversen in Deutrschland gültigen Konkordate nämlich vor allem dadurch geschützt, daß sie einer staatlich anerkannten Priesterausbildung für die Inhaber direkt oder indirekt staatlich finanzierter Positionen im Kirchendienst dienen. Daher haben bereits die von den Bischöfen erwogenen Pläne, die Priesterausbildung anegsichts brutal zurückgehender Bewerberzahlen an wenigen Fakultäten zu konzentrieren, unter den dortigen Lehrstuhlinhabern und hoffnungsfrohen Nachwuchsakademikern beträchtliche Unruhe ausgelöst. Sollten Gottesdienstleiter alsbald überhaupt keine langjährige Ausbildung mehr benötigen, sondern nach ihrer Wahl durch die Gemeinde im Kurzlehrgang fit gemacht werden, sieht das noch düsterer aus – selbst dann, wenn vermehrt Frauen in die Vorbereitungskurse drängen sollten. In der deutschen Staats- und Universitätstheologie herrscht schon seit längerem Alarmstufe Gelb.
Liturgisches Niemandsland oder Rituskirche
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- 05. Juli 2022
Die am Sonntag im Petersdom gefeierte Messe im „Ritus von Zaire“ hat die Frage (z.B. hier) aufgeworfen, in welchem Verhältnis dieser „Ritus“ zu der Liturgie des Novus Ordo steht und ob darin ein Widerspruch zu der Behauptung von Papst Franziskus liegt, die im Missale Pauls VI. vorgegebene Liturgie sei die einzige Lex Orandi der katholischen Kirche des lateinischen Ritus.
Papst Franziskus selbst hat diese Frage damit praktisch beantwortet, daß er selbst einmal die Messe in diesem Ritus in seiner Bischofskirche zelebriert hat (am 1. Dezember 2019) und ihr am vergangenen Sonntag am gleichen Ort quasi „in choro“ beiwohnte. Vermutlich sah er sich durch seine Gesundheitsbeschwerden daran gehindert, selbst zu zelebrieren. Beide Feiern fanden am Altar der Kathedra hinter dem Hauptaltar statt – wahrscheinlich, um der nicht allzu großen afrikanischen Gemeinde in Rom einen angemesseneren Rahmen zu bieten als den der riesigen Kathedrale.
Neben diesen praktischen Aktionen gibt es auch „liturgietheoretische“ Aussagen des Papstes zum Thema. Im vergangenen Juni wurde in Rom in Anwesenheit von Franziskus eine französische Ausgabe des bereits 2020 auf Italienisch erschienen Buches „Papst Franzikus und das römische Messbuch für die Diözesen Zaires“ vorgestellt. Dabei sagte Franziskus unter anderem:
Das Römische Messbuch für die Diözesen von Zaire ist bis jetzt das einzige inkulturierte Römische Messbuch, das aus der liturgischen Reform des Zweiten Vatikanischen Konzils hervorgegangen ist“.
In seinem Vorwort zu diesem Buch, das uns leider nicht vorliegt, stellt Franziskus fest, dieses inkulturierte Missale stelle eine besondere Aufforderung des Heiligen Geistes an die Gläubigen dar, dessen verschiedenartiger Gaben an die ganze Menschheit aufzugreifen. Konkret drückt er dort die Erwartung aus, der „Ritus von Zaire“ könne das Vorbild eines „Ritus für den Amazonas“ bilden.
Danach kann es also keinen Zweifel geben, daß in den Augen von Franziskus der „Ritus von Zaire“ der angeblich vom Konzil gewollten Liturgie entspricht und eine legitime Form des „einzigen Ausdrucks des Römischen Ritus“ darstellt.
Suspendiertes Lehramt zum Xten
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- 04. Juli 2022
Andrea Gagliarducci bringt heute in seinem Montagskommentar (deutsch beim Beibot Petri) erhellende Ausführungen darüber, wie Papst Franzikus în seinem Regierungsstil persönliche und amtliche Formen vermischt und damit versucht, ein streng zentralistisches – andere nennen es ‚despotisch’ – Regiment auszuüben, ohne den schreienden Kontrast zu der von ihm in Worten immer wieder proklamierten „synodalen Kirche des Zuhörens“ allzu offenbar werden zu lassen. Dieser Analyse können wir weitgehend folgen – allerdings nicht bis zu der von Gagliarducci gezogenen Konsequenz, damit würden die persönlichen Ansichten des Papstes lehramtlich.
Im Gegenteil. In Anschluß an Fr. John Hunwicke – der sich dabei auf keinen Geringeren als den hl. John Henry Newman stützen kann – gehen wir davon aus, daß durch den von Gagliarducci zutreffend beschriebenen Regierungsstil des Argentiniers das päpstliche Lehramt sich derzeit in einem Zustand der Suspension befndet. Der Papst redet und schreibt viel – manches davon stimmt mit dem traditionellen Lehramt der Kirche überein. Anderes widerspricht ihm direkt, und wieder anderes entzieht sich wegen der ihm innewohnenden Inkohärenz einer unmittelbaren Einordnung. Mit dieser Situation umzugehen ist für Katholiken zwar ungewohnt und höchst irritierend, aber keinesfalls unmöglich, und zwar ohne der von Franziskus erzeugten Illusion eines „Lehramtes in ständigem Wandel“ aufzusitzen.
Sehr verkürzt gesagt: Wenn Franziskus etwas wiederholt, was die Kirche seit jeher lehrt, hören wir das gerne, ohne darin ein eigenes Lehramt dieses Papstes zu erkennen. Es ist nichts als die ungebrochene Tradition. Wo er etwas sagt, was dem überkommenen Lehramt und der Tradition direkt widerspricht, nehmen wir das bekümmert als seine persönliche Ansicht zur Kenntnis – eine Meinung, die Katholiken jedoch in keiner Weise bindet. Und wo er etwas sagt, das unverständlich oder widersprüchlich erscheint, werden wir darin – im besten Fall – einen Anstoß zum Nachdenken erkennen.
Bei diesem Nachdenken über päpstliche Widersprüchlichkeiten werden wir uns jedoch auf keinen Fall von der aberwitzigen Zumutung seine Jesuitenkollegen Spadaro leiten lassen, „in der Theologie“ könne „2 + 2 auch 5 ergeben“. Theologie ist keine Mathematik, das ist schon richtig – aber „2 + 2 = 5“ ist in jedem Fall Unsinn, Unwahrheit und daher eine Lästerung der göttlichen Ordnung. Derlei wird auch dann nicht Inhalt des kirchlichen Lehramtes, wenn es ein Papst sagen sollte.
Vorsicht - Umleitung
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- 02. Juli 2022
Der zweite Teil der Video-Trilogie Mass of the Ages zur überlieferten Liturgie, der im Juni unter dem Titel „A perfect Storm“ erschienen war, ist derzeit auf Youtube nicht erreichbar. Stattdessen erscheint eine Mitteilung:
Dieses Video ist aufgrund einer Beschwerde wegen
Urheberrechtsverletzung von SME nicht mehr verfügbar
Ebenfalls auf Youtube haben die Macher des Videos eine Erklärung gepostet. Danach haben sie im Intro ihres Films einen 10 Sekunden langen Soundtrack aus einem 4-minütigen Stück geistl. Musik gebracht, an dem Sony Music Verwertungsrechte beansprucht. Die Macher sind davon ausgegangen, daß ihre Verwendung als Zitat im Rahmen von "fair use" nicht zu beanstanden wäre - aber darüber können Rechtsanwälte wohl lange (und teuer) streiten.
Jedenfalls hat Sony seine starke Stellung als Inhaber der Verwertungsrechte genutzt, Youtube zur Sperrung des Videos zu veranlassen. Die Filmemacher ihrerseits haben das Video zunächst zu Vimeo (erreichbar über Latinmass.com/watch) umgezogen. Dort ist es weiterhin abrufbar, erreicht aber einen wesentlich kleineren Kreis potentieller Interessenten als auf Youtube. Es ist zu hoffen, daß der Film demnächst wieder auf der größeren Plattform erreichbar ist - entweder durch eine Einigung zwischen den Produzenten und den Inhabern der Verwertungsrechte an den bewußten 10 Sekunden Sound - oder dadurch, daß die Filmemacher die umstrittene Passage durch eine rechtlich nicht beanstandbare Alternative ersetzen.
Der derzeit nur per Umleitung erreichbare 2. Teil des Filmprojektes zeichnet nach, wie der Novus Ordo entstanden ist, wie er - selbst wenn seine Urheber das vielleicht gar nicht wollten - zum Brandbeschleuniger der Zerstörung von Glauben und Kirche geworden ist, und was die Kirche und jeder Einzelne ihrer Gläubigen verloren hat, indem dieses missratene „Werk menschlicher Hände“ an die Stellung der über Jahrtausende vom Geist geformten Liturgie gesetzt worden ist. Die Videos sind absolut professionell und auf dem aktuellen Stand der Technik - auch der Erzähltechnik - gemacht. Die Originalsprache ist Englisch, das relativ leicht verständlich ist, da die Mitwirkenden - viele von Ihnen sind unseren Lesern bereits als Autoren amerikanischer Webseiten bekannt - sich erfolgreich um klare Sprache bemüht haben.
„Desiderio Desideravi“ zum Zweiten
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- 30. Juni 2022
Mit Links zu zusätzlichen Wortmeldungen
Wir glauben nicht, daß das neue päpstliche Schreiben Desiderio Desideravi viel zu bedeuten hat – spätestens mit dem Tod von Franziskus wird es neben den meisten anderen von ihm unterschriebenen Texten der Vergessenheit anheim fallen. Zu sehr widerspricht es in wichtigen Teilen der Tradition der Kirche, zu sehr ist es durch seine zur persönlichen Handschrift von Franziskus gehörenden inneren Widersprüche entwertet. Daß die Deformer der Kirche in Deutschland, die sich um das von den Bischöfen finanzierte Portal katholisch.de versammelt haben und den synodalen Irrweg betreiben, aus dem Dokument Honig zu saugen versuchen, versteht sich dennoch von selbst. Redakteur Neumann gibt heute unter dem Titel „Franziskus verteidigt das Konzil gegen die Restauration“ ein langatmiges Musterbeispiel dafür, wie die Neo-Protestanten sich das vorstellen. Im Zentrum von Neumanns – und der vieler anderer Kirchen-Deformer – Argumentation steht die auch von Franziskus seit Traditionis Custodes vertretene These, die so überaus destruktive Liturgiereform von 1969 sei als die von „Dem Konzil“ gewollte Reform heilig und unwiderruflich, und wer sie nicht ganzen Herzens akzeptiere, stelle sich gegen Konzil, Kirche und Heiligen Geist. Anathema sit!
Peter Kwasniewski hat dazu bereits gestern das Nötige gesagt und mit vielen Belegen bekräftigt: Die These ist nachweislich falsch und kann nur aus Unwissenheit oder mit bösem Willen vorgetragen werden. Selbst der von Franziskus fälschlich als Kronzeuge dafür angerufene Romano Guardini hat sich von der „Klempnerarbeit“ der Reformkommission distanziert. Bei Kwasniewski sowie in weiteren Artikeln auf New Liturgical Movement (Recollections of a Vatican II Peritus by Alfons Cardinal Stickler) und Rorate Caeli ist viel Wichtiges dazu geschrieben worden – mehr wird zweifellos in den kommenden Tagen folgen.
Fr. Zuhlsdorf hat bei seiner ersten Durchsicht von Desiderio Desideravi bereits darauf aufmerksam gemacht, daß die verschiedene Teile des Dokuments offenbar von verschiedenen Autoren stammen und mit heißer Nadel und durchaus nicht ohne Widersprüche zusammengestrickt worden sind. Uns ist beim Überfliegen von DD ein weiterer bisher so noch nicht bemerkter Widerspruch aufgefallen: