Stationen der Apostasie
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- 28. November 2017
Auf die Einflüsterer des Zeitgeisters innerhalb der Kirche kann man sich verlassen: Die politische Entscheidung – denn alles Recht im säkularen Staat ist letztlich Politik – zur Einführung einer dritten Kategorie für die Geburtsurkunden hat das Zentralorgan der deutschen Bischöfe dazu veranlasst, mit einer ganzen Serie von Beiträgen zu fordern, daß die Kirche jetzt – als willfähriger Diener der sie nährenden weltlichen Macht - die Konsequenzen aus dieser Regelung ziehen müsse. Und das für Bereiche, die von zentraler Bedeutung für Leben und Lehre der Kirche sind.
Den Anfang machte am 14. November der Münsteraner Theologe und Kirchenrechtler Thomas Schüller mit dem Hinweis:
Sollte nun jemand nach 2018, wenn der deutsche Gesetzgeber die gesetzlichen Grundlagen für das dritte Geschlecht geschaffen haben wird, sich im dritten Geschlecht eintragen lassen, kann er/sie/es nicht kirchlich heiraten, weil er/sie/es kein eindeutiges Geschlecht hat."
Das Urteil aus Karlsruhe werde kirchenrechtlich, "vor allem aber im Lichte der möglicherweise zu überdenkenden christlichen Sicht auf den Menschen noch vertieft zu bedenken sein", betonte Schüller.
Bereits am 23. legte katholisch.de dann mit einem zweiten, aus Christ und Welt übernommenen Beitrag unter dem Titel Theologe: Kirche muss Intersexualität diskutieren nach. Der brachte zwar inhaltlich nichts neues – aber die schöne Formulierung: „Die Wirklichkeit ist komplexer als ein klassisches binäres Menschenbild.“ Und weiter:
Was die Sakramentenlehre anbelangt, Taufe, Ehe, Weihe, aber auch die Frage des Eintritts in einen Männer- oder Frauenorden – damit muss Rom sich befassen“.
Man sieht: Alles steht zur Disposition – das Verfassungsgericht hat gesprochen. Es gab mal eine Zeit, da hätte der Verweis auf „Rom“ ausgereicht, um die Sache beruhigt zu den Akten zu legen. Seit die Apostasie auch dort ihr Haupt erhebt, kann man sich das nicht mehr leisten.
Schon am 27. 11. holte katholisch.de dann zum dritten Streich aus. Diesmal durfte eine Frau an die Front, die im Bistum Basel des Bischofs Gmür wirkende Theologin Andrea Birke vom Arbeitskreis Regenbogenpastoral. Während Birke den Betroffenheitspart übernahm, bemühte sich der Mainzer Kollege Stephan Goertz um die praktische Nutzanwendung und forderte eine theologische Weiterentwicklung:
Wer an der binären Eindeutigkeit des Geschlechts festhält, der verweigert Intersexuellen die Anerkennung ihrer Geschlechtsidentität. Da diese aber zum Kernbereich der Persönlichkeit eines Menschen gehört, berühren wir hier den Bereich der Menschenwürde. Kann die Kirche länger daran festhalten, dass es eine intime Liebesbeziehung nur zwischen Mann und Frau geben darf?“
Womit eher unelegant der Bogen vom angeblichen Verlangen, seltene Sonderfälle zu berücksichtigen, zum Ruf nach der Öffnung der Ehe für Alle und Alles geschlagen ist. Und des Sakraments der Weihe gleich mit. Wir haben es hier schon öfter geschrieben, und wir können es nur wiederholen: Die Sakramente und damit das innere Wesen der Kirche als Träger des göttlichen Handelns in der Welt steht zur Disposition.
Die Entscheidung der vom Bundestag nach Parteiproporz eingesetzten Karlsruher Richter bildet nur den wohlfeilen Aufhänger für diesen mit allen Mitteln und bei jeder Gelegenheit vorgetragenen Angriff. Bemerkenswert und lehrreich ist im konkreten Fall der Taschenspielertrick, mit dem aus dem negativen Befund „nicht eindeutig zuzuordnen“ (wobei diese Uneindeutigkeit übrigens naturwissenschaftlich durchaus bestritten wird) die positive Setzung eines „Dritten Geschlechts“ gemacht wird. Ebenso bemerkenswert die Bereitschaft, neben und sogar noch vor dem Wort Gottes in der hl. Schrift und der Tradition auch die staatliche Rechtsordnung zu den Erkenntnisquellen der katholischen Theologie zu erheben. Übrigens durchaus nicht im Widerspruch, sondern in Übereinstimmung mit der Mehrheit der deutschen Bischöfe, die seit der Amtsübernahme von Franziskus keine Gelegenheit auslassen, zu betonen, die Kirche müsse sich an der „Lebenswirklichkeit der Menschen“ orientieren.
Der Trick mit der positiven Umdeutung des in säkularer Perspektive diskutablen Richterspruchs ist das entscheidende. Von „nicht eindeutig“ zu „drittes Geschlecht“. Erst diese Umdeutung ermöglicht den Zerstörern der Kirche die Konstruktion eines Problems, wo es kein Problem gibt. Das geltende Recht der Kirche, so wie es seit Anfang überkommen ist, sagt: Die Ehe ist die Verbindung eines Mannes und einer Frau. Oder: Zum Priester geweiht werden kann ein Mann...“ Wenn dann Personen kommen, die unter Berufung auf einen vom Staat ausgestellten Schein geltend machen, weder Mann noch Frau sondern ein Drittes, Viertes oder Fünftes zu sein, kann die Antwort der Kirche nur sein: Wenn Ihr davon wirklich überzeugt seid, dann kann die Kirche euch dieses Sakrament nicht spenden. Wir können euch als Personen mit einem besonderen Schicksal achten und lieben, wir können Euch im Sakrament der Buße eure Sünden vergeben und euch im Sakrament der Eucharistie in die Einheit mit Christus führen – aber wer nicht Mann oder Frau ist oder sein will, kann nicht ein Sakrament empfangen, dessen Wesen darin besteht, nur von Männern oder Frauen empfangen werden zu können.
Die große Offenbarung
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- 25. November 2017
Im amerikanischen Blog That The Bones You Have Crushed May Thrill fanden wir diese Analyse der kirchlichen Situation nach Abdankung Benedikts und der Errichtung des Regiments Franziskus. Sie erscheint überaus bedenkens- und auch beherzigenswert.
Papst Benedikt XVI. und die große Offenbarung
Ich glaube, Papst Benedikt XVI. hat viel länger regiert als seine offizielle Amtszeit von 2005 – 2013 anzuzeigen scheint. Damals, als die Kongregation für die Glaubenslehre noch etwas bedeutete (hat eigentlich irgend jemand in der letzten Zeit etwas von Erzbischof Ladaria gehört oder hat der einen längeren Urlaub angetreten?) damals war Kardinal Ratzinger die rechte Hand von Papst Johannes Paul II – und auf die rechte Hand kommt es an. Als sich die Krankheit von Papst Johannes Paul II in den 90er Jahren verschlimmerte und seine Regierungsfähigkeit schwer beeinträchtigte, hat Joseph Ratzinger so wie ich das sehe immer mehr päpstliche Autorität ausgefüllt. Vielleicht führten die Erfahrungen des damaligen Kardinals Ratzinger unter Johannes Paul II. ihn sogar zu seiner neuartigen und höchst problematischen Vorstellung von einem zweiteiligen Papstamt mit einem kontemplativen und einem aktiven Dienst.
Papst Johannes Paul II wird in einigen konservativen Kreisen immer noch kritisch betrachtet. Die Treffen von Assisi oder der Korankuss liegen als Makel über seinem Pontifikat, aber zu keinem Moment der Regierung Benedikt XVI. oder Johannes Paul II. hatten Katholiken das Gefühl, daß die Axt an die moralischen Fundamente der Kirche gelegt würde. Was mich und viele andere überrascht hat ist der Umfang der großen Offenbarung, die mit dem Abgang nur eines Mannes von der Spitze der Kirche stattgefunden hat.
Es sieht so aus, als ob der Abgang dieses einen Mannes ein Geheimnis enthüllt habe, das viele Katholiken verstört und in ihrem Glauben erschüttert. Die Päpste Benedikt und Johannes Paul II waren von einem – wenn auch nicht allzu großen – Kreis von Unterstützern aus den höheren Rängen der Kirche umgeben. Beide hatten einen starken katholischen Glauben und eine starke katholische Identität. Doch im Rückblick – dieser wunderbaren und doch so bitteren Fähigkeit – stellt sich heraus, daß selbst die wenigen Säulen katholischer Rechtgläubigkeit um den Stuhl Petri völlig vom Glauben dessen abhängig waren, der auf diesem Stuhl saß.
Die Wahl von Papst Franziskus bedeutet für die Katholische Kirche die endgültige Überschreitung des Rubicon. Vielleicht ist es ja ein vorübergehender Eindruck, vielleicht auch nicht, aber sowohl Amoris Laetitia als auch Magnum Principium sind Dokumente, die einen Moment vollständiger Entblößung markieren, einen Moment in der Kirchengeschichte, an dem es kaum noch einen Zweifel daran geben kann, daß die Kirche in Bedeutungslosigkeit versinkt und sich dem Zerfall der Kultur des ehedem katholischen Westens anschließt. Keine Trompeten verkünden diese Kapitulation der katholischen Kirche vor falschen Aposteln und ihre Auslieferung an die weltbeherrschenden Mächte des Bösen. Und sehr wahrscheinlich wird es auch keine dahingehende Ankündigung geben; alles, was wir Katholiken bekommen werden, sind kurze Hinweise: Lob für einen Abtreibungsbefürworter hier, ein Bischof, der die Messe neu erfindet, dort die Einladung von Planned Parenthood in den Vatikan. Das ist die Art, da werden mir viele Leser zustimmen, in der mitgeteilt wird, daß sich im Busen der Braut Christi eine Gegenkirche etabliert.
Für wie blöd...
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- 23. November 2017
...halten uns eigentlich die jesuitischen Konjunkturritter, die schon früher mehr Stolz auf die Deutung von S.J. als „Schlaue Jungs“ zeigten als auf die Lesung „Societas Jesu“ – und die ganz konsequent heute zu Vorreitern der großen Apostasie geworden sind?
Widrige Umstände veranlaßten uns dieser Tage zu einem Blick auf das Zentralorgan der Bergoglianischen Partei La Civiltá Cattolica – wo unser Auge gleich von einem Artikel gefangen genommen wurde: Die Bibel – Eine Bibliothek von Migrantenschriften. Verfasser ist ein hoffnungsvoller Nachwuchsjesuit aus Österreich, Dr. Dominik Markl (*1989), nach Lehrtätigkeit an den Universitäten Insbruck, Manila, London und Nairobi nun Professor am päpstlichen Bibelinstitut zu Rom. Die Zusammenfassung des Artikels – den ganzen Text gibt es nur gegen Bares – erklärt uns, was dieser Tage die Spatzen von allen Dächern pfeifen: Das Alte Testament überliefert uns, beginnend bei der Vertreibung aus dem Paradies, Flucht und Migrationsgeschichten als Wesenselemente der Menschheitsgeschichte. Insbesondere jedoch die Geschichte von Israel als dem Flüchtlingsvolk par Excellence, das erst durch die Flucht aus Ägypten recht eigentlich zu einem neuen Volk wird.
Dadurch, daß es ein Volk von Flüchtlingen ist, wird Israel zum Volk Gottes. Und um den Bund vom Sinai abzuschließen, verlangt Gott von dem von ihm befreiten Volk eine besondere Verpflichtung als Anerkennung seiner Befreiung „ Einen Fremden sollst du nicht quälen. Denn ihr wisst, wie dem Fremden zumute ist, seid ihr doch selbst Fremde gewesen im Land Ägypten. "(2. Buch Mose, 23,9). Der Gott der Bibel ist ein Gott der Befreiung, ein Gott der Migranten.
Von diesem Gottesbild ausgehend, erschließt sich nun eine irgendwie ungewohnte, allerdings komplett zeitgeistkompatible Auslegung der Heiligen Schrift.
Um auf dem vom Herrn Professor vorgegebenen Niveau der Bibelauslegung fortzufahren, könnte es freilich sinnvoll sein, einen Blick auf die anderen Verhaltensmaßregeln zu werfen, die der Herr in den Büchern Mose seinem Volk mit auf den weiteren Weg gibt – war doch schon damals das gelobte Land, in dem Milch und Honig fließt, nicht frei von Menschen, die schon länger da lebten.
Insbesondere zum Thema Integration und friedliches Zusammenleben hat das 5. Buch Mose, also das Buch der Gesetze, einiges zu sagen. Etwa im Kapitel 7 das Folgende:
(1) Wenn der HERR, dein Gott, dich in das Land bringt, in das du ziehst, um es in Besitz zu nehmen, und er viele Nationen vor dir vertreibt, die Hetiter und die Girgaschiter und die Amoriter und die Kanaaniter und die Peressiter und die Chiwwiter und die Jebusiter, sieben Nationen, die grösser und stärker sind als du, (2) und wenn der HERR, dein Gott, sie dir preisgibt und du sie schlägst, sollst du sie der Vernichtung weihen. Du sollst keinen Bund mit ihnen schliessen und sie nicht verschonen, (3) du sollst dich mit ihnen nicht verschwägern, sollst nicht deine Töchter ihren Söhnen geben oder ihre Töchter für deine Söhne nehmen. (4) Denn sie würden deine Söhne dazu verleiten, dem HERRN nicht mehr zu folgen und anderen Göttern zu dienen. Dann wird der Zorn des HERRN gegen euch entflammen, und bald wird er dich vernichten.
„Das bedroht die Einheit“
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- 14. November 2017
In ernsten Worten hat sich Kardinal Gerhard Ludwig Müller, der entlasssene Präfekt der Glaubenskongregation, gegen Bestrebungen gewandt, den Ortsbischöfen die letzte Entscheidung über die Volkssprachliche Form der liturgischen Texte zuzuweisen. Im Interview mit der Passauer Neuen Presse, aus dem CNA deutsch berichtet hat, sagte der Kardinal wörtlich:
Die letzte Autorität im Zweifelsfall kann nicht bei den Bischofskonferenzen liegen. Das würde die Einheit der katholischen Kirche im Glauben, im Bekenntnis und im Gebet zerstören."
Der Kardinal bedauerte es sehr, daß es in dieser so wichtigen Frage jetzt offenbar zu Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Gruppierungen im Vatikan gekommen ist. Er teilte mit, es oftmals erlebt zu haben, daß die von den Bischöfen herangezogenen Übersetzungen die biblischen und liturgischen Texte unter dem Vorwand besserer Verständlichkeit verwässert hätten. Davon betroffen seien insbesondere zentrale Lehren wie zum Beispiel der stellvertretende Sühnetod Jesu am Kreuz. Dieser werde in manchen Ländern „wegrationalisiert“ oder auf ethische Appelle heruntergebrochen und so des katholischen Heilsrealismus entkleidet.
Müller betonte, die unter Berufung auf Magnum Principium vorgetragenen Liberalisierungsbestrebungen könnten sich auch nicht auf das Zweite Vatikanum stützen. Dort sei vielmehr an der zentralen Rolle der lateinischen Sprache festgehaltgen und verlangt worden, die Gläubigen müssten Zentrale Teile der Liturgie gemeinsam auf Latein sprechen oder singen können.
Der Fels wird weich
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- 11. November 2017
Vittorio Messori, Interview-Partner des damaligen Kardinals Ratzinger bei der Erstellung des sog. „Ratzinger Reports“ von 1987, hat sich in dem italienischen Magazin Il Timore zum Stand des aktuellen Pontifikats geäußert. Dieser Text ist im Original nicht im Netz verfügbar, LifeSite-News hat jedoch eine Zusammenfassung davon veröffentlicht, die wir hier aus dem Englischen übersetzen:
In seinem Artikel beruft sich Messori auf die Arbeiten des jüdisch-polnischen Philosophen Zygmunt Bauman (1925-2017), der den Begriff der „Flüssigen Moderne“ in die Soziologie eingeführt hat. Darunter versteht Bauman eine Weiterentwicklung dessen, was er als die „Feste Moderne“ bezeichnet. Nach Bauman schreibt der Mensch der flüssigen Moderne dem Individualismus höheren Wert zu als gesellschaftlichen Bindungen. Er „fließt durch sein Leben wie ein Tourist und wechselt Orte, Berufe, Lebenspartner, Werte und sogar die sexuelle Orientierung und Gender.“
Bauman beobachtet, daß dieser Mensch sich aus dem Zusammenhalt herkömmlicher Netzwerke löst und sich von all deren Anforderungen und Einschränkungen frei macht. Dieser extreme Individualismus hat Gesellschaften hervorgebracht, in denen – so Messori – „alles instabil und veränderlich ist“. Heute sei es möglich, anzunehmen, daß der Wandel „das einzig Beständige“ und Ungewissheit „die einzige Gewissheit“ sei.
Messori ist beunruhigt, daß diese Vorstellungen sich auch im religiösen Bereich auszuwirken beginnen. Er schreibt, daß gläubige Menschen „darüber irritiert sind, daß selbst die katholische Kirche – seit unvordenklichen Zeiten Verkörperung von Beständigkeit – anscheinend ebenfalls bestrebt ist, sich zu „verflüssigen“.
Zum Beleg zitiert Messori ein vor einiger Zeit erschienenes Interview mit dem Generaloberen der Jesuiten, P. Arturo Sosa Abascal. Im Gespräch mit dem Journalisten Giuseppe Rusconi sagte Sosa, daß schließlich die Worte Jesu nicht auf einem Tonbandgerät aufgezeichnet worden wären, so „daß wir nicht genau wissen, was er gesagt hat“. Wegen dieser „Ungewissheit“ nimmt Sosa an, daß Christen den wahren Sinn der Schrift unter Bezug auf ihre gegenwärtigen Lebensumstände erforschen müssten.
„Lehre ist ein Wort, das ich nicht sehr schätze, damit verbindet sich das Bild der Härte von Stein“ sagte Sosa zu Rusconi. „Die Lebenswirklichkeit ist wesentlich vielfältiger, sie ist nie schwarz oder weiß, sie ist in ständiger Entwicklung.“
Messori kritisiert Papst Franziskus, daß er der gleichen Haltung zuneige:
„Ein anderer Jesuit, ebenfalls ein Südamerikaner, nämlich kein Geringerer als der Papst selbst, hat in einem seiner vielen Interviews, die er den unterschiedlichsten Leuten an den unterschiedlichsten Orten – im Flugzeug, auf dem Petersplatz, auf der Straße – gibt, das wiederholt, was einer der Eckpunkte seiner Lehre und seiner Regierung ist: Eine katholische Versuchung, die überwunden werden muß, ist die Einheitlichkeit und Starrheit der Regeln, während wir doch im Gegenteil je nach dem konkreten Fall urteilen und handeln müssen“.
Messori unterscheidet zwischen der ursprünglichen Bedeutung von „Erforschung“ in der klassischen Jesuitischen Spiritualität und der Art, wie der Begriff heute verwandt wird, nämlich, wie er schreibt, „einer freien Interpretation selbst von Dogmen entsprechend der jeweiligen Situation, so wie das in einigen offiziellen Dokumenten geschieht, die die Unterschrift des Papstes tragen und die bei einigen Kardinälen (euphemistisch ausgedrückt) ‚Irritationen‘ hervorgerufen haben“.
Der italienische Journalist führt aus, daß dieser Ansatz ihm „falsch und für die Kirche schädlich“ erscheine; „in einer „flüssigen Welt, in der alles ungewiss, gefährdet, und vorläufig wird, ist es gerade die Festigkeit und Stabilität der katholischen Kirche, deren alle Menschen bedürfen, und nicht nur die Gläubigen.“
„Diese Felsen des Dogmas, die der Generalobere der Jesuiten nicht mag, könnten und sollten einen festen Grund für eine Gesellschaft abgeben, die in Richtung eines schwammigen Chaos tendiert und sich darauf auch noch etwas zugute hält“, fährt Messori fort.
Er beobachtet, eines der Symbole der katholischen Kirche sei die „feste Eiche, die mit starken Wurzeln im Boden verankert ist“ und stellt die Frage, ob es wirklich sinnvoll sei, die Eiche durch ein Rohr zu ersetzen, das sich mit jedem Windhauch, jedem menschlichen Verlangen oder jeder Mode in eine beliebige Richtung neigt. Als Hilfe zur Rückgewinnung von Sicherheit in der Kirche empfiehlt Messori eine neue Wertschätzung und Wiederannäherung an „den alten und schönen Wahlspruch“ der Kartäuser: Stat Crux dum volvitur orbis – es steht das Kreuz, während die Welt sich dreht.
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Dazu noch zwei Anmerkungen:
Baumans Begriff von der „flüssigen Moderne“ ist auch in Rod Drehers Überlegungen hinsichtlich der Option Benedikt eingegangen, wie wir hier bereits erwähnt hatten. Eine ausführliche Darstellung des Begriffes hat Bauman in einem Buch gegeben, das unter dem nicht ganz überzeugend übersetzten Titel „Flüchtige Moderne“ 2003 bei Suhrkamp erschienen ist.
Bereits 1965 merkte der Staatsphilosoph Carl Schmitt hinsichtlich des Konzils an: „Alles fließt, lehrt Heraklit - der Felsen Petri, der fließt mit “