Wider die „stinkende Verschlagenheit“
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- 07. November 2019
Erzbischof Vigano und andere haben gefordert, daß der durch Götzendienst während der Amazonas-Synode entweihte Petersdom rekonziliiert werden solle. Die rechtlichen und liturgischen Voraussetzungen dazu sind vorhanden. In Canon 1211 des aktuellen Codex Iuris Canonici heißt es, daß der Ortsbischof eine Kirche schließen kann, wenn das Gotteshaus durch „schwer verletzende, mit Ärgernis für die Gläubigen verbundene Handlungen“ geschändet sei, die der „Heiligkeit des Ortes entgegen“ stehen. Erst nach einem „Bußritus nach Maßgabe der liturgischen Bücher“ darf dann wieder ein Gottesdienst gefeiert werden.
Das Pontificale Romanum, wie es von Papst Benedikt XIV revidiert worden ist und für den überlieferten Ritus auch heute noch angewandt wird, enthält ein umfangreiches Formular für die Rekonziliation einer entweihten Kirche sowie ihres Altars und Friedhofs. Die Zeremonie, die mit einem Pontifikalamt verbunden ist, beginnt mit dem vollständigen Psalm Misere Nobis (50), der vom Asperges als Antiphon eingerahmt wird. Es folgt eine Oration:
Allmächtiger und barmherziger Gott, Du hast Deinen Priestern vor allem anderen die große Gnade verliehen, daß alles, was von ihnen in Deinem Namen würdig getan wird, als von Dir selbst vollbracht gelten soll. Wir bitten Dich in Deiner unermeßlichen Güte, daß Du dem, was wir uns zu tun anschicken, beiwohnen mögest, und das, was wir segnen wollen, segnest. Gib, daß das, was wir mit Demut beginnen, durch die Verdienste Deiner Heiligen die Vertreibung der Dämonen und den Einzug des Engels Deines Friedens bewirke.
Dem folgen zwei Fürbitten, die jeweils mit einem „Flectamus genua – levate“ eingeleitet werden. Die für die Kirche lautet:
Nimm von uns, o Herr, all unsere Sünden, damit wir mit reinem Herzen zu dem Ort, der für Deinen heiligen Namen zu reinigen ist, hinaufzusteigen würdig sind.
Die zweite gilt dem Friedhof. Ihr folgt die Allerheiligenlitanei, zu deren Ende der Bischof mit Stab und Mitra die Versammelten segnend intoniert:
Daß Du diese Kirche, diesen Altar und diesen Friedhof reinigen und versöhnen mögest – wir bitten Dich, erhöre uns.
Daß Du diese Kirche, diesen Altar und diesen Friedhof reinigen, versöhnen und heiligen mögest – wir bitten Dich, erhöre uns.
Daß Du diese Kirche, diesen Altar und diesen Friedhof reinigen, versöhnen heiligen und weihen mögest – wir bitten Dich, erhöre uns.
Zur Liturgie an Allerseelen
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- 02. November 2019
Die Liturgie des Allersselentages weist zwei bemerkenswerte Besonderheiten auf. Allersselen ist – nach dem Weihnachtsfest – der einzige Festtag, an dem jeder Priester ohne besondere Erlaubnis drei heilige Messen zelebrieren darf. Dazu später. Und der Intoitus dieser Messen und dann noch einmal Graduale und Communio zitieren zwei höchst bekannte Verse aus einer Quelle, die der zu den unbekanntesten und – so kann man schon sagen – auch obskursten Texten der Heiligen Schrift nach der Vulgata gehört. Nämlich die Verse: Requiem aeternam dona eis, Domine, et Lux perpetua luceat eis. Als Quelle gibt das Missale der überlieferten Liturgie (auch die Version 1962) das 4. Buch Esdras, 2. Kapitel, Vers 34 u. 35 an.
Die meisten Bibelversionen, darunter auch die Septuaginta, enthalten das 4. Buch Esdras überhaupt nicht, und die Vulgata bringt es quasi mit spitzen Fingern nicht etwa im Anschluß an Esdras 1 und 2 bei den Propheten des Tanach, sondern ganz hinten in einem Anhang. Das hat seinen Grund: Die Bücher Esdras 3-6 gehören zu den apokryphen Schriften, die sich zwar selbst dem Alten Testament zuordnen, aber eindeutig erst in früher nachchristlicher Zeit entstanden sind. Zu spät für die Septuaginta, deren jüngste Texte aus dem 1. vorchristlichen Jahrhundert stammen. Esdras 3-6 erfreuten sich in der alten Kirche beträchtlicher Beliebtheit. Das Konzil von Trient hat sie nicht verworfen, aber auch nicht in seinen Kanon der Heiligen Schrift aufgenommen und sie damit in den ziemlich umfangreichen Limbo heiliger Schriften verwiesen.
Buch 4 hat unter den Esdras-Apokryphen insofern eine Sonderstellung, als es ein besonders eindrückliches Beispiel für die enge Verflechtung des frühen Christentums mit seinem jüdischen Vorgänger darstellt. Das gilt schon einmal rein äußerlich: Der Hauptteil des Buches, der um das Jahr 100 entstanden ist, in den Kapiteln 3 – 14 ist eindeutig jüdisch – er zeichnet ein apokalyptisch geprägtes Stimmungsbild einer jüdischen Gemeinde nach der Zerstörung Jerusalems durch Titus im Jahr 70. Diese 11 Kapitel sind „eingerahmt“ durch jeweils zwei Kapitel am Anfang und am Schluß, die später (im 2. oder 3. Jahrhundert) von einem christlichen Autor dazu gestellt wurden und die Jerusalemer Apokalypse in einen christlichen Bezugsrahmen einordnen: So geht Inkulturation.
Lebendige Tradition
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- 29. Oktober 2019
Am Sonntag ist in Rom die diesjährige Wallfahrt der Tradition nach Rom zu Ende gegangen, an der - wie in den Vorjahren auch - wieder überwiegend Pilger aus den romanischen Ländern teilgenommen haben. Auch in diesem Jahr wieder konnte mit Msgr. Rey ein der Tradition verbundener Bischof für die Teilnehmer ein Pontifikalamt am Altar des Stuhles Petri in der Peterskirche zelebrieren - ein Punkt zum Nachdenken für alle, denen sich in der aktuellen angespannten Situation der Gedanke an an ein offenes Schisma aufdrängt. Und dazu noch ein zweiter Gedanke: Am Abschlußgottesdienst der Amazonas-Synode, der dann am Sonntag ebenfalls in der Peterskirche stattfand, konnten die „wiederaufgetauchten“ Pachamama-Statuen nicht teilnehmen, wobwohl Franziskus selbst das zuvor ins Gespräch gebracht hatte: Ein anscheinend beträchtlicher Teil der Bischöfe aus Südamerika hatte verlauten lassen, der Zeremonie in diesem Fall fernzubleiben. Eine größere Zahl von Bischöfen hat auch wichtigen Punkten des (rechtlich freilich in keiner Weise bindenden) Schlußdokuments der Synode ihre Zustimmung verweigert. Gleichgültig, was davon in der noch für dieses Jahr erwarteten postsynodalen Exhortation des Papstes auftauchen wird oder nicht: Die jetzt so spektakulär sichtbar gewordenen Auseinandersetzungen werden weitergehen, täglich, in jedem Land und in jeder Diözese. Ein Weglaufen ins Schisma oder in irgendeine Form von Sedisvakantismus bietet keine Rettung: Das muß ausgestanden und wo nötig auch ausgefochten werden.
Die Modernisten haben versucht, sich den Begriff der Tradition anzueignen, indem sie ihn zu „lebendige Tradition“ umdefiniert haben - etwa in dem Sinne, das alles, was vom Papst kommt oder als von ihm kommend ausgegeben wird, per se Tradition darstelle und deshalb als wohlbegründet zu akzeptieren sei. Das beruhte auf der selbstverständlichen und daher unausgesprochenen Annahme, daß der Papst, jeder Papst, immer auch in und aus der Tradition lebe, ihr dienen und sie nicht für eigene Ziele in Dienst nehmen wolle. Franziskus bricht immer wieder mit dieser Selbstverständlichkeit - das Verdienst seiner Pachamama-Synode könnte darin bestehen, das für viele kenntlich zu machen, die so etwas bisher für unmöglich gehalten haben.
Überlieferte Liturgie in China
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- 30. September 2019
Paix Liturgicque hat Anfang des Monats ein Interview veröffentlicht, das Massimo Battaglia mit dem chinesischen Priester John Song geführt hat, der zur Zeit zum Studium in Deutschland ist. Wir haben die wichtigsten Abschnitte übersetzt:
Massimo Battaglia - Wie wird man heute Priester in China?
Pater John Song - ich würde sagen, ein wahrer Priester, ein Heiliger und ein Katholik zu sein, ist nie einfach. Meiner Meinung nach gibt es jedoch keinen Unterschied zwischen dem Priestertum eines Chinesen, eines Italieners oder eines Franzosen. Allerdings bereitet es in China besondere Schwierigkeiten, Priester zu werden, vor allem aufgrund der religiösen Verfolgung, von der unser Land betroffen ist. Ich bin jedoch überzeugt, dass die kommunistische Verfolgung für uns Katholiken weniger schwerwiegend ist als die Verwirrung, die sich innerhalb der katholischen Kirche nach dem Verzicht auf authentischen Glauben und der Entweihung der Liturgie ausbreitet.
Sehen Sie Ähnlichkeiten zwischen der Lage der chineischen Kirche heute und der Kirche der ersten drei Jahrhunderte?
Ich denke, die Lage der chinesischen Kirche heute hat eine gewisse Ähnlichkeit mit der Kirche der ersten drei Jahhrunderte des römischen Reiches. Aber während die Kirche unter Mao-Tsetung einer gewaltsamen Verfolgung ausgesetzt war, die der der frühen Christen ähnelte, sehen wir uns heute einer schleichenden Verfolguing ausgesetzt, die darauf abzielt, die Kirche in eine Kirche zu verwandeln, die nicht mehr die wahre Kirche Christi ist.Das ist viel gefährlicher für die gläubigen, denen es manchmal an Orientierung fehlt und die vom wahren Glauben abkommen können, ohne es überhaupt zu bemerken.
Wie haben Sie von der traditionellen Messe erfahren?
Ich wurde in eine katholische Familie hineingeboren, die den Glauben seit mehr als 150 Jahren bewahrt hat. Wie Sie wissen, war die Kirche in China von 1949 bis 1978 fast 30 Jahre lang von Rom und vom Rest der Welt isoliert. Daher haben auch in den 90er Jahren noch gerade aus dem Gefängnis entlassene Priester die Messe nach dem alten Ritus gefeiert, weil sie noch gar keine Kenntnis vom Konzil und der Liturgiereform hatten. Aber nach 1990 wurden auch sie von den konziliaren Reformen erfaßt und machten die gleichen Entwicklungen durch wie die anderen Teile der Weltkirche.
Liturgie des Exorzismus (FOTA-3)
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- 12. Juli 2019
Vom 3. und letzten Tag der Fota-Konferenz zur Liturgie übersetzen wir heute aus dem Bericht bei New Liturgical Movement das Resümee, das Prof. Dr. Manfred Hauke von der Universität Lugano unter dem Titel „What is an exorcism - eine kritische Würdigung der Terminologie“ vorgetragen hat. Dort heißt es:
Hw. Hauke begann mit einer Klärung der Etymologie der Begriffe, mit denen er die Sprache der Exorzismen beschreiben wollte und betonte dabei, daß nur ein geweihter Amtsträger einen Exorzismus mit der Autorität Christi vornehmen kann. Im Jahr 1985 sprach die Glaubenskongregation eine Ermahnung gegenüber „Gebetskreisen in der Kirche“ aus, „die versuchen, sich vom Einfluß dämonischer Kräfte zu befreien, während sie tatsächlich keinen wirklichen Exorzismus ausführen“. Das eigentliche Kennzeichen für liturgischen Exorzismus ist die Verwendung der Imperativform - Jesus befiehlt, daß unreine Geister weichen, und sie gehorchen. Wenn es um eine Definition des „Exorzismus“ in linguistischer Sicht geht, wie er schon zu vorchristlicher Zeit rituell durchgeführt wurde, dann impliziert der Terminus wohl eine direkte Ansprache des bösen Geistes durch den Exorzisten.
Das neue Rituale des Exorzismus verlangt allerdings nicht, daß der Exorzist den bösen Geistern ausdrücklich Befehle erteilt. Es läßt die Wahl zwischen einer deprekatorischen oder (den Herrn) bittenden oder einer imprekatorischen oder befehlenden Formel. Die befehlende Formel darf überdies nur dann verwandt werden, wenn zuvor die deprekatorische gesprochen wurde. Handelt es sich bei diesem deprekatorischen Text tatsächlich um einen Exorzismus oder ist er nur ein „Bittgebet um Befreiung?“
Das entscheidende Element im jüdischen Exorzismus ist die Anrufung des Namens Gottes. Die von Jesus vorgenommenen Exorzismen sind keine „Bittgebet um Befreiung“ sondern Befehle in seiner Macht und Eigenschaft als der Sohn Gottes. Diese Praxis zeigt sich auch in der Verkündigung der Apostel, wie z.B. in dem Exorzismus, den der hl. Paulus vornahm, bei dem er den Dämonen Befehle erteilte (Apg 16, 16-19). Der Exorzismus im christlichen Sinne ist ein im Namen Christi erteilter Befehl an einen Dämonen, von seinem Opfer abzulassen.
Im Rituale Romanum von 1614 finden wir sowohl exorcismi als auch orationes. Letztere sind Gebete, erstere sind Befehle, die in imperativer Form gegenüber Dämonen ausgesprochen werden. Letztere sind Gebete, erstere Befehle, die den Dämonen direkt erteilt werden. Die orationes haben eher abschließenden Charakter, während ähnliche Gebete im Ritus von 2004 als deprekatorische Formeln erscheinen und an den Anfang gestellt sind.
Entscheidende für die liturgische Praxis ist, daß die Austreibung von Dämonen nicht losgelöst vom Gebet der Kirche betrachtet werden kann. Aber die Verwendung der imperativischen Form bezeugt auf deutlichere Weise, daß Christus seinen Dienern die Vollmacht gegeben hat, besessene Personen von bösen Geistern zu befreien. In der Liturgie des Exorzismus finden wir die Anrufung des Namens Gottes oder Christi (Epiklese), die direkte Ansprache des Teufels, demgegenüber im Namen Gottes eine Drohung ausgesprochen wird (Inkrepatio) und schließlich der Befehl, die betroffene Person zu verlassen. Es wäre wünschenswert, daß die Definition von „Exorzismus“ dieser liturgischen Beschreibung entspräche, die die Anrufung des Namens Gottes und die direkte Ansprache des Teufels einschließt. Es reicht nicht aus, „Exorzismus“ als „Austreibung böser Geister im Namen Christi“ zu definieren - „Exorzismus“ im eigentlichen Sinne verlangt auch den Befehl an die Dämonen, zu weichen.