„Was früheren Generationen heilig war, bleibt auch uns heilig und groß; es kann nicht plötzlich rundum verboten oder gar schädlich sein.“
Papst Benedikt XVI. 2007 zu Summorum Pontificum.
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Franziskus gegen Paulus
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- 20. Januar 2022
Im Zentrum der von Papst Franziskus und seinen Unterstützern verfolgten Bemühungen zur Austreibung der überlieferten Liturgie aus der römischen Kirche steht die in Traditionis Custodes in normativem Ton vorgetragene Behauptung, diese Liturgie entspreche nicht mehr der „lex orandi“ Roms, die nunmehr ihren einzigen Ausdruck im Novus Ordo Missae von Papst Paul VI. gefunden habe. Mit dieser Behauptung haben sich Franziskus, sein Liturgiepräfekt Roche und Prof. Grillo als „geistiger Hintermann“ in eine logisch und theologisch unhaltbare Situation begeben. Sie widersprechen direkt den päpstlichen Vorgängern Johannes Paul und Benedikt, die beide den überlieferten Ritus als legitimen Ausdruck der „lex credendi“ der Kirche auch nach der Reform von 1969 anerkannt haben, wenn sie auch seine Praktizierung an bestimmte Bedingungen gebunden haben. Bedingungen, die keinen grundsätzlichen Vorbehalt ausdrücken wie jetzt Franziskus, sondern die eher das Ziel hatten, das Nebeneinander zweier ritueller Formen durch disziplinarische Vorgaben in geregelte Bahnen zu lenken und in längerer Sicht eine Versöhnung, vielleicht auch eine Konvergenz, zu ermöglichen.
Damit folgten beide letztlich nur dem bereits von Papst Paul VI. als Promulgator des neuen Missales gegebenen Ansatz. Auch er hat es nicht gewagt, die bis dahin verwandte Liturgie „abzuschaffen“ oder für ungültig zu erklären – dafür war sein Sinn für den Traditionszusammenhang denn doch zu stark. Statt dessen hat er ihre im Prinzip weiterhin mögliche Verwendung an strenge Bedingungen geknüpft. Von Anfang an gab es die Möglichkeit zur Dispens für Priester, die sich der Umstellung aus Altersgründen nicht gewachsen sahen. Bereits 1971 kam dann das „Agatha-Christie-Indult“ dazu, mit dem der Papst nicht nur auf die Bitte von Klerikern, sondern auch von Gläubigen (und Nichtgläubigen) reagierte. Dieses sehr begrenzte Entgegenkommen war bei Paul VI. zweifellos verbunden mit der Erwartung, daß solche Indulte nur ein Übergangsphänomen darstellten, das sich nach einigen Jahren angesichts der von ihm angenommenen Überlegenheit der reformierten Form selbst erledigen werde. Auch war sich der Papst durchaus bewußt, daß der anhaltende Widerstand gegen die Reform sehr wohl auch seine Autorität in Frage stellen und den Kristallisationskern für anhaltende Opposition gegen das II. Vatikanum bilden konnte – von daher war er zu keinen weiteren Zugeständnissen bereit.
In diesem Punkt, bei dem es um den Einsatz päpstlicher Machtmittel zur Disziplinierung von Dissidenten geht, ist das Vorgehen von Franziskus dem von Paul VI. durchaus ähnlich. Hinsichtlich der „lex orandi“ unterscheidet es sich jedoch grundsätzlich.
Eine Kirche ohne Sakramente?
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- 18. Januar 2022
In diesem und im kommenden Jahr wird es für die Diözese Münster keine Priesterweihe geben. Zum erstenmal in seiner 1200 jährigen Geschichte hat das westfälische Bistum keine eigenen Berufungen hervorgebracht. Ob und inwieweit sich das in den kommenden Jahren zum Besseren verändert, ist ungewiss: das Priesterseminar ist ausgetrocknet, nicht nur den Zahlen nach, noch mehr nach dem Geist. Sicher ist nur, daß der Klerus der Diözese bereits heute stark überaltert ist und die Zahl der aktiven Priester in den nächsten Jahren stark zurückgehen wird – bis ins Jahr 2030 auf bestenfalls 300 unter 75-jährige, von denen nur ein kleinerer Teil unter 60 Jahre alt ist.
Das einst als eine der Säulen der Kirche in Deutschland geltende Bistum Münster wurde 805 vom hl. Liudger gegründet, dessen Gedenktag in der Stadt auch heute noch alljährlich mit mehr Rummel als Frömmigkeit gefeiert wird. Liudger selbst hatte als Kind seinerzeit noch den großen Apostel der Deutschen, den heiligen Bonifatius, kennengelernt, kurz bevor dieser bei seiner letzten Missionsreise zu den Friesen 754 erschlagen wurde. So nahe den Anfängen sind in Deutschland nur wenige Orte.
Bonifatius kam bekanntlich aus Irland, wo das Christentum seit spätrömischen Zeiten Fuß gefaßt und die „Grüne Insel“ zu einem der leuchtendsten Sterne der frühmittelalterlichen Glaubenswelt gemacht hatte. Heute sieht es dort ebenso finster aus wie in Münster – 2020 wurde auf der ganzen Insel mit 22 Diözesen nur noch 1 Priester geweiht; für das vergangene Jahr gibt es merkwürdigerweise noch keine Zahl. Dafür gibt es eine andere Angabe: Seit 2019 hat sich die Zahl der Priester durch „natürlichen Abgang“ bereits um 20% verringert, und die Prognosen sind schlecht: Etwa die Hälfte der noch amtierenden Priester ist über 70 Jahre alt…
In Frankreich hat zum Jahresende die Abtei von Charles des Foucauld (1858 – Martyrium in Nordafrika 1916), dessen Heiligsprechungfür diesen Mai geplant ist, ihre Auflösung bekannt gegeben – die letzten Mönche gehen ins Altersheim.
Man könnte die Auflistung des Verfalls seitenlang fortsetzen, und allmählich dämmert es auch den Bischöfen: Was sie vor einigen Jahren oder Jahrzehnten als zumindest dem äußeren Anschein nach imposantes Gebäude übernommen haben - man werfe nur einen Blick auf das Gehäuse des münsteraner Priesterseminars Borromaeum - ist rundum vom Zusamenbruch bedroht.
Von der Oktav zur Woche
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- 17. Januar 2022
Am morgigen 18. Januar beginnt die alljährlich von ebenso wohlmeinenden wie effektlosen Predigten und Deklamationen geprägte „Woche der Einheit der Christen“. Fr. Hunwicke eröffnet heute einen Einblick in die Zeit, als diese Woche noch eine Oktav war und die entsprechende Votivmesse noch unter der Überschrift Ad tollendum schisma gefeiert wurde. Und er zeigt auf, daß die englischen Ordinariate diese Traditionen im wesentlichen bewahrt haben.
Die Oktav des „Stuhles der Einheit“ (Woche der Einheit) beginnt am Dienstag den 18. Januar und endet am Dienstag den 25.
Diese Regel wurde von Anglo-Papalisten im frühen zwanzigsten Jahrhundert eingeführt, um ganz besonders für die Einheit mit dem Stuhl der Heiligen Petrus und Paulus zu beten. Sie wurde von einer Reihe römischer Päpste unterstützt und mit Ablässen ausgestattet – s. unten.
Zu einer Zeit, in der PF einen unerbittlichen Kampf gegen die Tradition in der latinischen Kirche entfacht hat, ist das Gebet um Einheit dringlicher denn je. Dabei denken wir jedoch vielleicht weniger an den Ökumenismus im Stil der 60er Jahre, bei dem kirchliche Bürokraten verschiedener Gemeinschaften Schmeicheleien austauschen, sondern an die dringende Notwendigkeit, die Einheit in der lateinischen Kirche selbst wieder herzustellen.
Der „Stuhl der Einheit“ selbst ist zu einem Zeichen und einem Werkzeug der Zwietracht geworden: Möge der Herr uns in dieser schrecklichen Krise bewahren und leiten.
Außerordentliche Form
Vor den 60er Jahren war am 18. Januar das Fest des Stuhles Petri zu Rom (und am 22. Januar gedachte die Kirche seines Stuhles, d.h. seines Wirkens als Bischof, in Antiochien). Das Fest der Bekehrung des hl. Paulus am 25. Januar gibt es heute noch, auch im Novus Ordo.
In der guten alten Zeit haben die Schwestern von Wantage – die heute auch zu den Schwestern des Ordinariats gehören – einen jährlichen Ordo „in strenger Übereinstimmung mit dem Brauch der Kirche des Westens“ herausgegeben. Dieser war sowohl in Anglo-Papalistischen als auch in Anglo-Katholischen Gemeinden weit verbreitet. Der letzte, den ich immer noch habe, erschien wahrscheinlich 1969. Er enthält vor dem 18. Januar die folgende Information:
Beginn der Oktav zur Einheit der Kirche
Nach Belieben während der Oktav eine Votivmesse (II. Kl.) für die Einheit der Kirche, am Sonntag mit Credo, gewöhnliche Präfation (am Sonntag Präfation der Heiligsten Dreifaltigkeit) , Farbe Violett.
Diese Vorgabe beruhte offensichtlich auf dem offiziellen Gebrauch der Römischen Katholiken in England, Schottland und Wales unmittelbar vor dem Beginn der liturgischen Veränderungen in den späten 60er Jahren. Es bedeutet, daß es erlaubt war, täglich eine Votivmesse für die Einheit der Christen (überschrieben Ad tollendum schisma, wenn Sie wie ich ein Missale vor 1962 verwenden, aber die Texte sind auch in den Ausgaben nach 1962 die gleichen) zu lesen, auch am Sonntag in der Oktav, selbst wenn es der Sonntag Septuagesima ist, und an jedem Werktag, da sie alle (auch des Fest der Bekehrung des hl. Paulus) Feste III. Klasse sind und so eine Votivmesse der II. Klasse erlauben. Kein Gloria, natürlich, und nur eine Collecta, Secreta und Postcommunio – also keine Kommemoration.
Meine eigene Praxis ist, die Oktav mit einer (unbezweifelbar zulässigen) Votivmesse des hl. Stuhles Petri am 18. Januar zu beginnen (wie die Messe am 22. Februar nur mit dem Alleluja und mit Farbe weiß) und am 25. Januar mit der Messe für den hl. Paulus zu beschließen. Der Gedanke, die Verbindung zwischen den beiden Aposteln Roms hervorzuheben steht am Ursprung dieser Oktav.
Das Alleluja für den Stuhl Petri nimmt außerhalb von Septuagesima und Fastenzeit diese Form an:
Alleluia, alleluia. Tu es Petrus, et super hanc petram aedificabo ecclesiam meam. Alleluia.
Ich halte es für nützlich, noch die folgende Information zu bieten, die meines Wissens nicht in den Ordos für den Authentischen Usus in Latein, Englisch oder Französisch enthalten ist:
Ablässe
Nach dem aktuellen Encheiridion: Vollkommener Ablaß unter den üblichen Bedingungen für einen Katholiken, der an einer Feiern während der Woche und an der Schlußmesse (d.h. am 25. Januar) teilnimmt. Ein unvollkommener Ablaß für alle, die in frommer Hingabe ein offiziell anerkanntes Gebet für die Einheit verrichten.
Das Missale ‚Divine Worship‘ des Ordinariats
Die gleiche „Messe für die Einheit“ wird in liturgischem Englisch auch für die Verwendung in den Ordinariaten angeboten. Die Rubriken sagen ganz klar, daß sie an allen Tagen gelesen werden kann außer an Feiertagen, den Sonntagen von Advent und Fastenzeit sowie an Ostern, Allerseelen, Aschermittwoch, den Quatember- und Bitt-Tagen und auch nicht an den Wochentagen der Karwoche, sowie der Oster- und Pfingstoktav.. Diese Erlaubnis gilt jedoch im Fall einer „tatsächlichen Notwendigkeit oder eines pastoralen Bedürfnisses“ an gebotenen Gedenktagen und den Wochentagen des Advent, der Weihnachts-, Fasten- und Osterzeit.
Ziemlich freizügig, oder?
Papst und Cancel-culture
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- 13. Januar 2022
„The Tablet“ – eine der großen Selbstverständigungsplattformen des kirchlichen Modernismus – befasst sich in seiner jüngsten Ausgabe mit der weiter anschwellenden Bewegung des Widerspruchs zu Traditionis Custodes und nimmt dabei insbesondere die von Joseph Shaw geäußerte Ansicht aufs Korn, die von Erzbischof Roche herausgegebenen Responsa seien schon alleine deshalb irrelevant, weil der Präfekt der Gottesdienstkongregation nicht kraft seines Amtes über die Kompetenz verfüge, einen päpstlichen Gesetzgebungsakt in dieser Weise verbindlich zu interpretieren.
So leid es uns tut: Wir müssen The Tablet in diesem Punkt weitgehend zustimmen. Und zwar nicht wegen feinsinniger Erwägungen zum kanonischen Recht – dazu wären wir ebenfalls inkompetent – sondern deshalb, weil der Wille des päpstlichen Gesetzgebers selbst in dieser Angelegenheit völlig unzweifelhaft ist. Papst Franziskus will, daß die überlieferte Liturgie vollständig aus dem Glaubensleben der römischen Kirche verschwindet, entweder, indem ihre bisherigen Anhänger sich nun zur angeblichen „Messe des Konzils" bekehren, oder indem sie die Einheit mit Rom verlassen.
Nach der traditionellen Verfaßtheit der katholischen Kirche ist der Wille des Papstes Gesetz. Wenn ihm oder seinen Untergebenen bei der Formulierung dieses Willens Fehler unterlaufen, sind diese – auf der formalen Ebene zumindest – leicht zu heilen: Entweder, indem der Papst die Gesetzeslage anpasst, oder indem er ein „fehlerhaftes“ Dokument dadurch sanktioniert, daß er danach verfährt (bzw. verfahren läßt) und es damit selbst es als seinem gesetzgeberischen Willen entsprechend anerkennt. Die unbequeme Konsequenz dieses Sachverhaltes ist die, daß die Auseinandersetzung mit TC nicht auf einer äußerlichen Ebene erfolgen kann; weder durch mehr oder weniger zutreffende Auslegung von Gesetzestexten, noch durch Versuche, aus zu anderer Gelegenheit getätigten päpstlichen Aussagen einen möglicherweise anderslaufenden Willen des Gesetzgebers zu erschließen. Franziskus redet und schreibt viel, so der Tag lang ist, die Zahl der in seinen Auslassungen enthaltenen Widersprüche ist Legion, und die Logiker wissen es schon seit Tausenden Jahren: Ex contradictio nihil sequitur.
Appell von Bischof Schneider an Franziskus
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- 11. Januar 2022
Während wir auf dem Synodalen Weg zur Synode über Synodalität 2023 voranschreiten, ist im mystischen Körper Christi, der Kirche, eine Wunde entstanden. Damit meinen wir natürlich den geistlichen Schmerz und die Ungerechtigkeit, die einer beträchtlichen Zahl guter Katholiken jeden Alters, Laien ebenso wie Klerikern, durch die Veröffentlichung von Traditionis Custodes durch Papst Franziskus am 16. Juli 2021 und die Responsa ad Dubia der Gottesdienstkongregation am 4. Dezember 2021 zugefügt worden sind. Die überwiegende Mehrheit der Gläubigen, Laien und Kleriker, die dem traditionellen römischen Ritus verbunden sind, halten sich von jeder kirchenpolitischen und liturgischen Polemik fern und sie respektieren den Papst und ihre Bischöfe und beten für sie. Sie bitten nur um das Recht, weiterhin sowohl hinsichtlich der Messfeier als auch aller anderen Sakramente und Riten, voll in dem liturgischen Erbe weiterleben zu können, in dem sie und Generationen von jungen Katholiken aufgewachsen sind. Tatsächlich hat der apostolische Stuhl ihnen dieses Recht während der Pontifikate von Papst Johannes Paul II. Und Papst Benedikt in einer großzügigen pastoralen Geste garantiert.
Diese geistliche Wunde und ihre schmerzhaften Folgen (sowohl pastoral als persönlich) für viele tausend Katholiken sind öffentlich bekannt. Das kostbare und überaus alte liturgische Erbe (das gemeinsamer Besitz der ganzen Kirche ist und nicht verloren gehen darf) ist bedroht. Daher haben die Bischöfe entsprechend dem im gegenwärtigen Synodalen Weg empfohlenen Verfahren die Pflicht, öffentlich und freimütig ihre tiefgehenden Bedenken auszusprechen. In seiner Ansprache zur Eröffnung des Synodalen Weges am 9. Oktober 2021 sagte Papst Franziskus: wenn wir nicht diese Kirche der Nähe in einer Haltung des Mitgefühls und der zärtlichen Liebe werden, dann sind wir nicht die Kirche des Herrn.“
Möge Papst Franziskus erkennen, daß er schlecht beraten war, und möge er pastoralen Mut, Demut und wahre Liebe für die an den Rand gedrängten Söhne und Töchter der Kirche zeigen, indem er die rechtlichen Vorgaben, wie sie in den beiden oben genannten Dokumenten enthalten sind, zurücknimmt. Dadurch würde er gewiss „die Wunden verbinden und die gebrochenen Herzen mit dem Balsam Gottes“. (Ansprache zur Eröffnung der Synode am 9. Oktober 2021) heilen.
In diesem Zusammenhang erinnern wir zu Recht an einen großen Heiligen, der als wahrer Friedensstifter in die Kirchengeschichte eingegangen ist: Den hl. Irenäus von Lyon (202). In einem kritischen Augenblick der Kirchengeschichte, als der der apostolische Stuhl gegen Ende des 2. Jahrhunderts einer Gruppe von Geistlichen und Gläubigen im Widerspruch zu anderen legitimen liturgischen Traditionen einen einheitlichen Ausdruck der „lex orandi“ (das Datum für Ostern) auferlegen wollte, legte der hl. Irenäus Widerspruch ein und wandte sich respektvoll an Papst Victor I. (†197), um ihn an die pastorale Großzügigkeit und Mäßigung seiner Vorgänger zu erinnern, insbesondere von Papst Ancietus (†168), der, obwohl er andere liturgische Ansichten als der hl. Polycarp (ein Schüler des Apostels Johannes) hatte, dennoch den unbehinderten Fortbestand einer anderen liturgischen Tradition zuließ. (vergl. Eusebius von Caesarea, Historia Ecclesiae V; 23). Papst Victor I. scheint auf den brüderlichen Appell des hl. Irenäus gehört zu haben.
Papst Franziskus hat kürzlich die freudige Nachricht verkündet, daß er den hl. Irenäus unter der Bezeichnung Doctor Unitatis zum Kirchenlehrer erklären will. (Ansprache vor der gemeinsamen katholisch-orthodoxen Arbeitsgruppe zum hl. Irenäus am 7. Oktober.) In Erinnerung an das Vorbild des hl. Irenäus, des Friedenstifters und künftigen Doctor Unitatis, und auch im Gedenken an seine Vorgänger Johannes Paul II. und Benedikt XVI. sollte Papst Franziskus auf die Stimme vieler seiner Kinder hören, junge Leute, Väter und Mütter, Seminaristen und Priester, die der überlieferten Liturgie verbunden sind, und ihren das etablierte Recht zum Gottesdienst nach all den liturgischen Büchern zusichern, die bis zu der kürzlichen Liturgiereform in Gebrauch waren. Auf diese Weise könnten diese an den Rand gedrängten Söhne und Töchter der Kirche wahrnehmen, daß sie „Teil des Lebens der Gemeinschaft sind, ohne behindert, zurückgewiesen oder verurteilt zu werden“ (Predigt von Papst Franziskus bei der hl. Messe zur Eröffnung des Synodalen Weges am 10. Oktober 2021).
Papst Franziskus hat alle in der Kirche aufgerufen, „offen für die Fragen unserer Schwestern und Brüder zu sein und uns von der Vielfalt der Charismen bereichern zu lassen“ (Predigt bei der Messe zur Eröffnung des Synodalen Weges). Möge Gott Papst Franziskus die Gnade schenken, wahrhaft Papst des liturgischen Friedens zu sein und alles zu fördern, „was wahr, was ehrwürdig, was gerecht, was rein und was schön ist“ (Phil 4, 8). Wenn Papst Franziskus mit solcher Liebe und pastoraler Demut haneln würde, wäre nichts verloren – und alles gewonnen. Und der „Gott des Friedens“ wäre mit ihm und mit allen Gläubigen (vergl. Phil 4,8).
+ Athanasius Schneider, Weihbischof der Erzdiözese der hl. Maria in Astana
(Eigene Übersetzung der englischen Fassung auf OnePeterFive)
Die Grenzen der Papstmacht
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- 10. Januar 2022
Die maßlose Überdehnungung der päpstlichen Amtsvollmacht durch den gegenwärtigen Pontifex und seinen Hofstaat kann niemanden in Gewissensnöte stürzen, der sich ernsthaft mit dem Inhalt des „Unfehlbarkeitsdogmas“ von 1870 und den darin festgelegten Grenzen beschäftigt hat. Fr. Hunwicke erinnert an eine bereits 150 Jahre zurückliegende Diskussion - hier unsere Übersetzung:
(1) „Die Dekrete des Vatikanischen Konzils verleihen noch nicht einmal einen Schatten von Begründung für die Behauptung, dass der Papst durch sie zu einem absoluten Herrscher (princeps absolutus) gemacht worden und durch die Kraft der Unfehlbarkeit „ein Herrscher von unbegrenzterer Macht als jeder andere in der Welt“ geworden wäre. Selbst hinsichtlich kirchlicher Angelegenheiten kann der Papst nicht als absoluter Herrscher angesprochen werden, denn er ist dem Göttlichen Gesetz unterworfen und ist an die Dinge gebunden, die Christus für seine Kirche angeordnet hat. Er kann die Verfassung der Kirche, die ihr Göttlicher Gründer ihr gegeben hat, nicht wie ein bürgerlicher Gesetzgeber verändern, der die Verfassung des Staates ändern kann. Die Verfassung der Kirche beruht in allen wesentlichen Dingen auf der Göttlichen Einsetzung und ist daher jeder willkürlichen menschlichen Verfügung entzogen.“ (Denzinger 3114)
(2) „Verehrte Brüder, Sie haben zur Ehre der Kirche beigetragen, indem sie die wahre Bedeutung der Entscheidungen des Vatikanischen Konzils wieder hergestellt haben, die durch die irreführende Interpretation eines bestimmten Rundbriefes entstellt worden war, der die Gläubigen täuschte und in böswilliger Interpretation den Eindruck erweckte, es gäbe Mittel und Wege, die freie Wahl eines neuen Papstes zu behindern. Tatsächlich ist eure Erklärung von solcher Klarheit und Festigkeit, daß sie keine Wünsche mehr offen läßt und Gelegenheit für unsere besten Glückwünsche böte, wenn nicht die verschlagene Stimme gewisser Veröffentlichungen und zu einer noch gewichtigeren Stellungnahme nötigte. Diese Stimme wollte Ihre wohlverdiente Glaubwürdigkeit zunichte machen, um den von Ihnen zurückgewiesenen Rundbrief zu bekräftigen, und hat zu diesem Zweck behauptet, die von Ihnen bekräftigte Lehre des Konzils sei aufgeweicht worden und entspreche deshalb nicht wirklich dem Willen des Apostolischen Stuhles. Wir weisen deshalb diese verschlagene und bösartige Unterstellung zurück, denn Ihre Erklärung ist unverfälschter Ausdruck des katholischen Denkens, wie es dementsprechend auch dem des heiligen Konzils und dieses Heiligen Stuhles entspricht, sie ist bekräftigt sie fachkundige und überzeugend mit solcher Klarheit und unwiderleglichen Argumenten, daß jeder ehrliche Mensch einsehen muß, daß es in den angegriffenen Definitionen nichts gibt, das neu wäre oder irgendeine Veränderung brächte. (Denzinger 3117)