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Liturgie ohne Metaphysik?

Als neuestes Positionspapier der internationalen Una-voce Föderation ist jetzt ein Dokument erschienen, das die Überschrift: „Die Außerordentliche Form und Afrika südlich der Sahara" trägt. Es ist wie bereits die anderen Positionspapiere im vollen (englischen) Wortlaut bei Rorate Cæli erschienen, und wir können die Lektüre nur sehr empfehlen.

Mindestens ebenso empfehlenswert ist die Vorstellung dieses Papiers, die (Mit)Autor Joseph Shaw, Vorsitzender der Una-Voce von England und Wales, auf seinem Blog veröffentlicht hat. Er unterzieht die Denkvoraussetzungen der Schaffung der neuen Liturgie und der darauf begründeten Vorstellung von „Inkulturation" einer schonungslosen Analyse. Ergebnis: Der Novus Ordo ist die Liturgie für eine Gesellschaft, der Metaphysik peinlich ist. Hier der wesentliche Teil seines Beitrags in Übersetzung:

Es beginnt ein langes ZitatIch bin sicher, daß es genug Leute gibt, die uns allen Ernstes versichern, daß die überlieferte Messe deshalb ungeeignet für Afrika wäre, weil diese Messe eine religiöse Kultur – nämlich europäische religiöse Kultur – repräsentiere, die im Gegensatz zum Novus Ordo, den Afrikanern fremd und unverständlich sei.

Es stimmt: die überlieferte Liturgie ist in Europa entstanden, aber die Progressisten scheinen noch nicht bemerkt zu haben, daß das ebenso auf den Novus Ordo zutrifft. Der Unterschied ist, daß die Entstehung der überlieferten Liturgie in Europa schon lange Zeit zurückliegt – und dieser Unterschied hat große praktische Bedeutung.

Das spätantike und frühmittelalterliche Europa, das die außerordentliche Form hervorbrachte, hatte große Ehrfurcht vor dem Übernatürlichen, es war sehr empfänglich für die Wirklichkeit des Heiligen, der Sünde und des Bösen; auch der Magie. Diese Epoche war in Ritualen zuhause, und sie sah sich eingebunden in Tradition und die Sitten und Gebräuche der Vorfahren.

Der Novus Ordo ist das Produkt einer Kultur, die sich mit dem Übernatürlichen und dem Ritual schwer tut; einer Kultur, die die Befreiung von der Tradition und den Gebräuchen der Vorfahren als Schlüssel zur Authentizität und Freiheit (was immer das bedeuten möge) betrachtet. Einer Epoche, die es nicht erträgt, die Realität der Sünde anzuerkennen und die das Böse und Magie als schlechten Scherz ansieht.

Da liegt es ja auf der Hand, daß der Novus Ordo den kulturellen Gegebenheiten Afrikas besser entspricht - nicht wahr?

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Participatio actuosa

In den letzten Tagen machen Videos aus der St.Patricksgemeinde in Seattle die Runde im Internet und sorgen auf traditionsorientierten Blogs für Aufsehen: wie hier „Liturgie getanzt“ und mit simpelster Broadway-Melodik (wahlweise: Klezmer) aufgehübscht wird, übertrifft so ziemlich die schlimmsten Albträume, die unsereinen bisher schon in trüben Stunden heimsuchten. Wer schwache Nerven hat, sei daher hier ausdrücklich vor dem Besuch der Sites gewarnt.

Wir haben es uns natürlich trotzdem angetan, und nachdem wir mit dem Kopfschütteln aufhören konnten, mit dem Versuch einer kühleren Bestandsaufnahme begonnen. Hier einige erste Ergebnisse:

  • Die Darbietungen sind musikalisch infantil und choreografisch effeminiert. Das maskuline Element ist - auch wenn Männer und andere Behinderte durchaus ihren Auftritt auf der Altarbühne bekommen - nicht vorhanden.
  • Der Besucherandrang hält sich - den wenigen Blicken der Kamera ins Publikum zufolge - eher in Grenzen. Wenn alle Akteure auch nur ihre engsten Familienmitglieder zum Mitkommen bewegen könnten, müssten es schon mehr sein. So also: Wir tanzen für uns.
  • Die Auswahl der Photos und Filmszenen konzentriert sich völlig auf die artistisch gestalteten Abschnitte. Die - schließlich handelt es sich um Messfeiern - ja vermutlich doch vorhandenen Elemente eben dieser werden  ausgelassen oder verschwinden ebenso am Rande wie die Figur des gelegentlich sichtbaren Priesters.
  • Inszenierung und Theatralik rufen unwillkürlich die Vermutung auf: So ähnlich muß es zugegangen sein bei den Osterspielen, Pfingst-Tauben-Erscheinungen und Krippenspielen des angeblich doch glücklich überwundenen liturgischen Mittelalters. Wobei freilich ein Unterschied ins Auge fällt: Die frommen Dramen des Mittelalters waren weitgehend außerliturgisch. Hier drängt sich die verspielte Darstellung ins Zentrum der Liturgie und lässt diese völlig aus dem Blickfeld geraten. 

Die auf Youtube gebotenen Filme decken einen Zeitraum von fünf Jahren ab. Es ist also anzunehmen, daß der zuständige Erzbischof James Peter Sartain oder sein Ordinariat Kenntnis von den Exzessen haben, aber unwillig oder auch unfähig sind, dagegen einzuschreiten. Für letzteres spricht, daß Bischof Sartain zu seinem Amtsantritt in Seattle ein durchaus solides Bild von seinem Amtsverständnis gezeichnet hat, während andererseits das amerikanische System der Gemeindefinanzierung „von unten“ lokale Tendenzen zur Verselbständigung begünstigt.

Die Liturgien der Heiligen Woche

Zum Abschluss der Osterwoche hier eine Zusammenfassung der diesjährigen Beiträge zur Entwicklung der Liturgie in der Heiligen Woche:

Außedem verweisen wir noch auf die Beiträge aus László Dobszays Buch „The Bugnini-Liturgy and the Reform of the Reform“, die wir bereits 2009 präsentiert hatten

Karfreitagsliturgie 1955 - Vorbote von 1972 - Osterliturgie 10

In der Liturgie des Karfreitags wurde 1951 eine große Zahl von Änderungen eingeleitet und dann 1955 verbindlich gemacht, die nur schwer nach einem einheitlichen Muster zu deuten sind. Teilweise handelt es sich um Vereinfachungen oder Vereinheitlichungen, durch die Entwicklungen, die die Reformer als „Auswüchse“ betrachteten oder als Widersprüche gegenüber sonst üblichen Verfahren empfanden, zurückgeschnitten oder eingeebnet wurden. Manches davon mag einleuchten – um dringend erforderliche Maßnahmen, mit denen schwerwiegende Defekte korrigiert worden wären, handelt es sich jedoch in keinem Fall. Manches – wie z.B. einige Veränderungen bei Farbe und Form der Gewänder und dem Zeitpunkt ihres Anlegens – erscheint eher als Veränderung um der Veränderung willen. Und wieder anderes lässt die Zielsetzung erkennen, den Charakter der Feier tiefgehend zu verändern und zeigt bereits grundlegende Züge der späteren Generalreform. Diese Grundzüge bilden den Gegenstand der folgenden Überlegungen – Auskunft über die Details geben die Aufstellungen von Gregory di Pippo und P. Stefano Carusi. Die nach 1962 erfolgten weiteren Veränderungen bleiben unberücksichtigt.

Betrachtet man die bei di Pippo und Carusi in großer Detailgenauigkeit aufgezählten Veränderungen im Zusammenhang, so lassen sich zwei Schwerpunkte erkennen, die durchaus einen gewissen Zusammenhang aufweisen:

1. Sämtliche formalen und textlichen Bezüge auf eine Feier der heiligen Messe entfallen. Die frühere Form und Bezeichnung als Missa praesanctificatorum wird abgeschafft und durch „Liturgie vom Leiden und Sterben unseres Herrn ersetzt. Aus der schmerzhaft unvollständigen Messe wird ein selbständiger Gottesdienst mit inkorporierter Kommunionandacht.

2. Der Altar, der bis dahin das Zentrum des gesamten Gottesdienstes bildete, tritt während der gesamten Zeremonie fast vollständig in den Hintergrund. Wesentliche Teile des Gottesdienstes werden an die Sedilien bzw. den Ambo verlagert. Der Priester gibt mehrere ihm bisher vorbehaltene Aktionen an andere Teilnehmer ab.

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Liturgien des Gründonnerstag - Osterliturgie 9

Die Liturgien der großen Festtage nahmen in früher Zeit mehr oder weniger raumgreifend den ganzen Tag in Anspruch – es blieb, so berichtet es Egeria aus dem Jerusalem des 4. Jahrhunderts – kaum Pausen für eine Mahlzeit oder ein paar Stunden Schlaf. Die Horen des Offiziums, eine oder mehrere Messfeiern und besondere oft mit Prozessionen innerhalb oder außerhalb der Kirche verbundene Zeremonien verschmolzen zu einer vielstündigen Liturgie von der Vesper oder Vigil am Abend des Vortags bis zur Vesper des nächsten Tages oder noch weiter.

Der Gründonnerstag bietet ein gutes Beispiel dafür, daß das auch während des frühen europäischen Mittelalters so gehalten wurde. Am Morgen wurden die öffentlichen Büßer, die seit Aschermittwoch nicht mehr voll an der hl. Messe Gottesdienst teilgenommen hatten, in einer feierlichen (und mehrstündigen) Zeremonie feierlich wieder zu den Sakramenten zugelassen – nachdem sie ihre Sünden bereut, praktische Buße geleistet und Besserung gelobt hatten. Inwieweit diese Bußgottesdienst von Anfang an mit einer Messfeier verbunden war, geht aus den hier vorliegenden Beschreibungen nicht hervor. Als die Übung der öffentlichen Buße mehr und mehr außer Gebrauch kam, trat eine mit dem Bußgedanken verknüpfte Messfeier an deren Stelle.

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