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Zwischen Novene und „Voroktav“

Bild: GemeinfreiSeit unvordenklichen Zeiten wird an den Werktagen zwischen Christi Himmelfahrt und Pfingsten in der Kirche die Novene zum heiligen Geist gebetet. „In“ der Kirche ist hier nicht gleichbedeutend mit „von“ der Kirche: Die Novenen waren nie Bestandteil der offiziellen Liturgie der Kirche in Missale und Offizium, sondern sind private Frömmigkeitsübungen, die zur Vorbereitung oder Einstímmung auf ein Fest dienen. Dieser „private“ Charakter as soll ihren Wert nicht mindern, den der Novene vor Pfingsten erst recht nicht, geht diese doch auf den Bericht der Apostelgeschichte (2, 1-14) zurück, nach dem die Apostel zusammen mit der Mutter des Herrn die Tage bis zur Herabkunft des Heiligen Geistes in betender Gemeinschaft in dem Saal verbrachten, in dem sie zuvor das letzte Abendmahl begangen hatten.

Als außerliturgische Feier gab es für diese (und andere) Novenen keine festgelegte Form, sie boten der Volksfrömmigkeit reiche Ausdrucksmöglichkeiten, die jahrhundertelang gerne genutzt wurden. Genau festgelegt war demgegenüber die Ordnung der liturgischen Feiern für die Oktav nach dem Pfingstfest. Fiel ein höheres Fest in diese Zeit, wurde dessen Messe beibehalten und lediglich durch die zweiten und dritten Orationen vom ersten Sonntag nach Ostern ergänzt. Bei einfacheren Festen mit Duplex- oder Semiduplex-Rang waren als zweite und dritte Orationen die von Pfingsten vorgesehen. Einfache Gedenktage wurden durch die Wiederholung der Messe vom Pfingssonntag „verdrängt“; als zweite Orationen nahm man dann die vom Tage, als dritte die vom ersten Sonntag nach Ostern. Für das Breviergebet galten vergleichbare Regeln.

Mit der Möglichkeit der Vervielfachung („Kommemoration“) der Orationen – die Obergrenze lag nach Trient bei 6 – konnten sich verschiedene Aspekte des Fest- und Heiligenkalenders quasi gegenseitig durchdringen, ohne daß niederrangige Feste oder das Gedächtnis lokaler Heiliger völlig verdrängt wurden. Nach der Ordnung von 1962 ist nur noch eine zweite Oration zulässig, in der neuen Ordnung, die in vielem wie von Rationalisierungsfachleuten ersonnen erscheint, ist auch das nicht mehr möglich. Hier gilt das Prinzip: Ganz oder gar nicht.

Es gehört zu den meist kritisierten Maßnahmen der Liturgiereform, daß sie mit der Pfingstoktav eine der ältesten und ehrwürdigsten Oktaven der lateinischen Kirche „abgeschafft“ hat. Tatsächlich werden nach der gegenwärtigen „Grundordnung des Kirchenjahres“ nur noch die beiden Hochfeste und Weihnachten jeweils acht Tage gelang gefeiert, wie es die Kirche nach jüdischem Brauch für ihre wichtigsten Feste übernommen hatte. Nun ist einzuräumen, daß die Auszeichnung von Festen mit einer Oktav im Lauf der Zeit überhand genommen hatte, es kam zu Überschneidungen, die den ursprünglichen Gedanken der besonderen Hervorhebung verdunkelten und trotz der vielfältigen Kommemorationsmöglichkeiten auch praktische Probleme mit sich brachten.

Die Reduzierung der Okatven auf nur noch zwei war jedoch von einschneidender und letztlich auch in der Sache keinesfalls zu begründender Radikalität. Vielleicht bewog das die Macher der Reform zu der bemerkenswerten Neuerung, für die Woche vor Pfingsten eine Art „Vor-Oktav“ einzuführen. Zwar konnten sie über die außerliturgische Novene nicht direkt verfügen – aber offenbar nahmen sie diese zum Anlaß, für die Tage dieser Woche Meßformulare mit Orationen zu entwickeln, die Bezug auf das bevorstehende Fest nehmen und die, wenn wir recht informiert sind, alle in diese Zeit fallenden Feste und Gedächtnisse verdrängen.

Die Texte der Orationen dieser „Woche des heiligen Geistes“ sind – zumindest in der Fassung des deutschen Messbuchs – nicht durch besondere Tiefgründigkeit ausgezeichnet. Für sich gesehen erscheinen sie kaum geeignet, den Heiligen Geist als den „großen Unbekannten“ der Hochheiligen Dreifaltigkeit etwas stärker ins Bewutsein zu rücken, als das in der Kirche des Westens normalhin der Fall ist. Dennoch oder gerade deshalb wollen wir sie zum Anlaß nehmen, in den kommenden Tagen bis Pfingsten den Geheimnissen der Dritten Person etwas näher nachzuspüren.

Christi Himmelfahrt 2021

Bild: Colonia RomanicaWer sich in den offiziellen katholischen Medien über das Festgeheimnis von Christi Himmelfahrt informieren will, hat es nicht leicht. Im letzten Jahr befassten wir uns ausführlich mit dem Artikel zum Tage von Thomas Jansen auf Katholisch.de (hier dieser Artikel und hier unsere Kritik). Für dieses Jahr erwarten wir nichts Substantielleres. Hofen wir, daß uns wenigstens etwas erspart bleibt wie diese Aufbereitung des Themas für Kinder ebenfalls von 2020, die anscheinend davon ausgeht, daß Kinder schwachsinnig geboren sind und unfähig, dazu zu lernen. Leider bringt auch der sonst meist hilfreiche Blick in den Katechismus von 1993 nur begrenzten Gewinn: Das Thema wird dort auf gerade einmal 2 Seiten (203-204) in einer Weise abgehandelt, die vermuten läßt, wie unwohl den Redakteuren bei diesem Kapitel zumute war.

Also greifen wir wohlgemut in den Schatz der Tradition – konkret und an erster Stelle zum kleinen grünen Schulkatechismus von 1955. Dort werden wir sogleich geholfen – hier der Erklärteil, der von weiteren Abschnitten zum Bezug auf weitere Passagen des Neue Testament und zur Relevanz für die „Lebenswirklichkeit“ ergänzt wird:

Am 40. Tage nach seiner Auferstehung ist Christus aus eigener Kraft in den Himmel aufgefahren. Er verließ „die Seinigen, die in der Welt waren“ (Joh. 13,1) und ging zu seinem Vater in die himmlische Herrlichkeit. Von dort wird er wiederkommen, um die Erlösung zu vollenden. Die Himmelfahrt Jesu war ein Triumphzug. Siegreich erhob er sich über all seine Feinde. Im Triumpfh führte er die Scharen der Erlösten mit sich, die er aus der Vorhölle befreit hatte.

Im Himmel bestieg Jesus den Thron zur Rechten des Vaters. Er nahm jetzt auch als Mensch Besitz von der Macht und Herrlichkeit, die er als Sohn des Vaters von Ewigkeit her besitzt. - Jesus war König von Geburt an, weil er der Sohn Gottes ist. Er hat sich sein Königtum aber auch verdient, indem er sein Leben für uns dahin gab. Jesus ist uns in den Himmel vorausgegangen. Er sagte: „Im Hause meines Vaters sind viele Wohnungen. Ich gehe hin, euch eine Stätte zu bereiten; dann komme ich wieder und nehme euch zu mir, damit auch ihr seid, wo ich bin“ (vgl. Joh. 14, 2 3)

Soweit der grüne Katechismus. Das war wohl auch schon in den 50er Jahren anspruchsvoll und wurde, wie die spätere Entwicklung erkennen läßt, nicht mehr wirklich gläubigen Herzens mitgeteilt und aufgenommen. Doch das ist weniger die Schuld des Textes als das Versäumnis der Katechese.

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Bittage und -prozessionen

Bild: Aus dem genannten Artikel auf der Website der ErzdiözeseSeit dem 5. Jahrhundert begeht die Kirche in der Woche von Christi Himmelfahrt den Montag, Dienstag und Mittwoch als meist mit einer Prozession verbundene Bitttage, an denen die Gläubigen um Befreiung von gegenwärtigem Unheil und die Gewährung künftiger Wohlfahrt für Seele und Leib bitten. Erstmals genannt werden sie im Gallien der Völkerwanderungszeit, wo sie in einer Anordnung des Bischofs von Vienne, Mamertus, aus dem Jahr 469/470 erwähnt sind. Dom Gueranger schreibt dazu im 9. Band seines „Kirchenjahres“:

Unglücksfälle aller Art waren über die jüngst erst von den Burgundern wieder eroberte Provinz gekommen. Erdbeben, Feuersbrünste, erschreckende Naturerscheinungen regten die Bevölkerung auf, da man dieselben als Anzeichen göttlichen Zornes erachtete. Der heilige Bischof wollte den Muth seines Volkes dadurch wieder aufrichten, daß er ihm Anlaß gab, sich an Gott zu wenden, dessen Gerechtigkeit man versöhnen müsse. Er schrieb daher drei Sühnetage aus, während welcher die Gläubigen sich Bußwerken hingeben und unter Absingen von Psalmen Bittgänge veranstalten sollten.“

Die Synode von Orléans machte diese Bittage 511 für alle Kirchen Galliens verpflichtend. Erst dreihundert Jahre später wurden die Bitttage von Papst Leo III. auch in Rom und den gesamten Bereich der römischen Liturgie eingeführt – allerdings zunächst wohl ohne das in Gallien damit verbundene Fastengebot, da man in Rom das Gebot, während der österlichen Zeit vom Fasten abzusehen, sehr ernst nahm.

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Der Katechismus Pius V.

Bild: Eigene AufnahmeHeute verzeichnet der überlieferte Kalender der Kirche den Festtag des hl. Papstes Pius V. In unseren bisherigen Artikeln zu diesem wohl bedeutendsten Papst der Jahrzehnte nach dem Konzil von Trient haben wir insbesondere die Rolle Michele Ghisleris (1505-1572) in der Liturgiegeschichte herausgestellt. Unter seiner Anleitung erhielten sowohl das Breviarium Romanum (1568) als auch das „Tridentinische“ Missale (1570) die Form, die dann bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts hinein verbindlich blieb. Einen ausführlicheren Beitrag dazu samt Links auf frühere Artikel brachten wir im vergangenen Jahr. Ein weiterer bedeutender Beitrag Pius V. zur Festigung von Gebet und Glauben der Kirche wurde hier bislang nur am Rande erwähnt: Der römische Katechismus des Jahres 1566, den der Papst auf der Grundlage der überlieferten Lehre und der Dokumente des Trienter Konzils erarbeiten und veröffentlichen ließ.

Die Erinnerung an dieses dritte große Werk, das zwar inzwischen grundlegend erneuert und auch fortgeschrieben, aber in keiner Weise veraltet, überwunden oder gar „abgeschafft“ ist, erscheint umso notwendiger, als die Katechismen (es gibt mehrere in verschiedenen Sprachen und in der Auswahl des Materials der historischen Situation oder einer pastoralen Zielsetzung angepasst) in der dem Zeitgeist unterworfenen Theologie und Pastoral praktisch keine Rolle mehr spielen. Der Münsteraner Lehrstuhlinhaber und Baby-Häretiker Michael Seewald hat dieser Tage sogar gemeint, den Katechismus als ein „unverbindliches Angebot“ klein reden zu können, das sowohl seitens der Wissenschaft als auch der Gläubigen keine besondere Beachtung verdiene – eine verdiente Zurückweisung dieser Anmaßung gibt es auf kath.net. Doch Aussagen zum Glauben gewinnen ihre Autorität und Verbindlichkeit tatsächlich nicht dadurch, daß sie in einem Katechismus stehen, sondern sie stehen in einer als Katechismus bezeichneten Sammlung, weil sie schon vorher als Dogmen oder verbindliche Aussagen des Lehramtes zum zentralen Glaubensgut der Kirche gehören.

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O Maria hilf! – im Durcheinander des 1. Mai

Gedanken von Baldassare Stella

Bild: Baldassare StellaSeit heidnischen Zeiten wird am ersten Tag des Mai in vielen Regionen der Frühling, die Fruchtbarkeit und die Freude gefeiert, so im süddeutschen Raum mit dem geselligen Aufstellen von Maibäumen. Doch Ende des 19. Jahrhunderts ist der 1. Mai als Kampftag für Arbeit, gegen Anstrengungen und im Aufstand für Kommunismus, Sozialismus – mal international, mal nur national– und vieles mehr ins politische Leben eingezogen. Für was genau gestritten wurde, änderte sich oft und schnell. Die Unsicherheit, für was dieser Tag nun gut sein soll, hat leider in der Mitte des 20. Jahrhundert auch Einzug in die katholische Liturgie gehalten, die sich bis dahin die Souveränität ihres Kalenders bewahrt hatte.

Die Kalenden des Mai zierte seit dem 6. Jahrhundert das Märtyrerblut der heiligen Apostel Philippus und Jakobus und dies blieb so über ein Jahrtausend lang bis 1955. Pius XII. legte damals das neu geschaffene Fest vom hl. Joseph, dem Mann der Arbeit, auf den 1. Mai und ersetzte damit zugleich das Fest vom hl. Joseph, dem Schutzherrn der universalen Kirche (wie jüngst hier dargestellt). Das Apostelfest verlegte er auf den nächstbesten freien Tag, den 11. Mai.

Doch was ist daran schlimm? Der Paradigmenwechsel. Es war gute römische Praxis den Spielplan des theatrum sacrum nicht zu verändern, sondern nur zu bereichern und selten zu entrümpeln. Für dieses Prinzip vorbildhaft sind in den Reformbestreben von Papst Pius X. die Reduzierung der Sonntagsfeste, so z. B. durch die Verlegung des Festes vom hl. Joseph, dem Schutzherrn der Kirche, vom 3. Sonntag nach Ostern auf den Mittwoch davor, sowie die pastoral feinfühlige Möglichkeit von deren äußeren Feier (in foro) an einem Sonntag, besonders prominent ist bis heute das Rosenkranzfest am ersten Sonntag im Oktober.

Ein weiteres hohes Fest, welches dieses Jahr auf den 1. Mai fällt, ist das der Schutzfrau Bayerns. Mit diesem Fest der bayerischen Diözesen läßt sich die Problematik dieses Tages noch besser aufzeigen. Das Fest der Patrona Bavariae wurde 1916 auf Bitten von König Ludwig III. durch Papst Benedikt XV. eingeführt und seit 1917 am ersten Samstag im Mai im Rang duplex I classis cum octava communi begangen, mit der äußeren Feier am darauffolgenden Sonntag. Bei der Terminwahl wurde in vielerlei Hinsicht sorgfältig vorgegangen, zum einen wurde es passenderweise in den Marienmonat Mai gelegt, zum anderen auf einen Samstag, der an sich bereits Maria gewidmet ist wie die Mittwoche den Patronen, und zudem ist es beweglich, wodurch es kein Fest mit einem von Ostern abhängigen oder im Kalender festen Termin dauerhaft verdrängt.

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  • Stationskirchen

    Die römischen Stationskirchen

    Kupferstich von Giusepppe Lauro aus dem Jahr 1599

    In der Fastenzeit 2013 haben wir zu jedem Tag die entsprechende Stationskirche kurz vorgestellt. Damit sind zwar alle gegenwärtigen Stationskirchen erfasst, aber nicht alle Tage mit einer Statio, von denen es auch etliche außerhalb der Fastenzeit gibt.

    Bei der Vorstellung der Stationskirchen orientierten wir uns im wesentlichen an „Die Stationskirchen des Missale Romanum“ von Johann Peter Kirch, Freiburg 1926. Zu Ergänzungen haben wir Hartmann Grisar „Das Missale im Licht römischer Stadtgeschichte“, Freiburg 1925, und Anton de Waals „Roma Sacra - Die ewige Stadt“ von 1905 in der Überarbeitung Johann Peter Kirchs von 1925 (Regensburg 1933) herangezogen. Daneben haben wir auch auf Informationen aus Internetquellen zurückgegriffen. Die Illustrationen stammen, soweit nicht anders angegeben, von eigenen Aufnahmen.

    Wie der gegenwertige Nachfolger de Waals und Kirchs als Direktor des römischen Instituts der Görres-Gesellschaft, Prof. Msgr. Stefan Heid, uns mitteilte ist diese älter Literatur insbesondere in Sachen der Datierungen vielfach überholt. Nach seinen Untersuchungen geht die Institution der Stationes nicht wesentlich vor die Zeit Gregors d. Großen zurück. Was natürlich nicht bedeutet, daß die Stationskirchen bzw. deren Vorgängerbauten nicht wesentlich älter sein können.

Zusätzliche Informationen