„Was früheren Generationen heilig war, bleibt auch uns heilig und groß; es kann nicht plötzlich rundum verboten oder gar schädlich sein.“
Papst Benedikt XVI. 2007 zu Summorum Pontificum.
Themen und Meldungen:
Heilsökonomie und Buchhaltung
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- 02. November 2022
Das Gedächtnis „Allerseelen“ geht auf eine Regelung zurück, die bereits im 11. Jahrhundert von Abt Odilo von Cluny für seine Mönche eingeführt worden war und die in Anknüpfung an frühere Bräuche des zumeist individuellen oder familiären Totengedenkens diesem Tag eine hervorgehobene Stellung als Gedenktag „für alle Verstorbenen“ und der Fürbitte für alle „Armen Seelen“ einräumte.
Allerseelen ist – neben Weihnachten – der einzige Tag des Jahres, an dem es den Priestern ohne weiteres erlaubt ist, traditionell sogar empfohlen, drei mal das heilige Messopfer zu feiern. Die Regelung geht zurück auf ein Mitte des 18. Jahrhunderts zunächst für Spanien gewährtes Privileg, das Papst Benedikt XV. während des ersten Weltkrieges auf die ganze Kirche ausdehnte: Die Zahl der Toten, für die „Seeelenmessen“ gelesen werden mußten, war ins unermeßliche gestiegen.
Dazu gab es noch eine weitere Überlegung: Im Gefolge von „Aufklärung“ und Revolution waren in vielen Ländern Europas die Kirchengüter ganz oder zu großen Teilen eingezogen worden – in Österreich und Norditalien insbesondere im Zeichen des Josephinismus („Religionsfonds“ von 1782), in Frankreich nach der Gouillotinenrevolution ab 1793, in Deutschland in der Folge des „Reichsdeputationshauptschlusses“ von 1803. Ildefons Schuster schreibt dazu in seinem „Liber Sacramentorum“ (deutsche Ausgabe Bd. 9, S. 87 ff):
Die frommen Vorfahren hatten einst Kirchen, Kapiteln und Altären reiche Stiftungen gemacht, damit nach ihrem Tode das hl. Opfer für sie dargebracht werde. Durch die Revolution und die Einziehung der Kirchengüter wurden jedoch in sehr vielen Fällen die Vermächtnisse zerstreut, so daß der Papst mit Rücksicht auf den verarmten Klerus ganze Kapitel, religiöse Genossenschaften und Priester von der Erfüllung der alten Meßstiftungen befreien mußte.
Alle Heiligen aller Zeiten
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- 01. November 2022
Zum Fest Allerheiligen haben wir bereits mehrfach etwas veröffentlicht und können daher auf empfehlenswerte Beiträge aus jüngerer Zeit verweisen: Zu theologischen Grundgedanken des Festes, zu einigen liturgischen Aspekten und (von Fr. Hunwicke) zur in England besonders stark ausgeprägten Verehrung der Heiligenreliquien.
Wir begnügen uns daher zunächst mit einer sehr interessanten Abbildung aus einem Missale der Zeit um 1900 zum heutigen Tag. Sie ist trotz gewisser stilistischer und konzeptioneller Ähnlichkeiten vertmutlich nicht von Max Schmalzl; ein undokumentierter Netzfund aus unserem Archiv. Gegenüber den signierten Holzschnitten von Schmalzl und anderen weist diese Darstellung zwei Besonderheiten auf: Zunächst der Thron. Das ist hier nicht wie sonst üblich der Thron des als König herrschenden Christus, des Lamm Gottes oder der allerheiligsten Dreifaltigkeit, sondern der Thron der demütig auf ihren Sohn blickenden Mutter des kindlichen Königs, und der bildet denn auch unverkennbar das Zentrum. Zweite Besonderheit ist der geradezu enzyklopädische Umfang der Darstellung. Auf der rechten Seite elf zentrale Gestalten aus dem alten Bund, links elf ebenso zentrale aus dem neuen, aber nicht nur die sonst gerne dargestellte Schar der Apostel. Auf beiden Seiten sind je vier Frauen dargestellt – eine Besonderheit für die Zeit. Warum aber jeweils nur elf und nicht Zwölf? Nun, zu Füßen des Thrones knien zwei der unschuldigen Kinder-Märtyrer, die die kanonische Zwölf vervollständigen und zudem noch neben der Gottesmutter eine zweite Brücke zwischen den beiden Testamenten bilden.
Die himmlischen Heerscharen sind zunächst durch sieben dem Zeitgeschmack entsprechende puttoeske Cherubim angedeutet – und dann prominent vertreten durch die beiden Erzengel Gabriel und Michael. Diese beiden werden zwar populär als „Erzengel“ angesprochen, gehören aber nach der mittelalterlichen und bis auf die alttestamtlichen Apokryphen zurückgehenden Engellehre zusammen mit Raphael zum höchsten der neun Ränge, zu den Seraphim. So bildet also diese Illustration auf gedrängtem Raum ein denkbar umfassendes Bild der Heiligen in der Anschauung Gottes. Und volle Inklusivität ante Verbum, wenn man so will.
Hiermit könnte dieser kurze Beitrag enden, wenn nicht häretisch.de zum Feiertag ein Interview mit dem „Theologen“ Oliver Wintzek (ja, der) gebracht hätte, das die doch nachgerade zur DNA der Kirche gehörende und soeben von den Vorbereitern der Synodensynode so nachdrücklich geforderte „Inklusivität“ radikal in Frage stellt. Pius X. gilt ihm als „Modernisierungs-Blockade-Heiliger“, und über den Pfarrer von Ars samt Papst Benedikt, der ihn „eindrucksvoll in Szerne gesetzt“ habe, kann er nur mitleidig lächeln. Diese Figuren einer „moralisierenden Frömmigkeit“ haben uns Heutigen nichts mehr zu sagen. Seine Heiligen wären „Menschen, die in und für die Kirche einfordern, dass sie am Puls der Zeit bleibt. Die Kirche muss gegenwartskompatibel sein. ... Die Kirche ist ein Player in unserer offenen Gesellschaft, bei der es kein ‚Zurück zu‘ gibt, keinen Indietrismus, wie Papst Franziskus es nannte.“
Wow! In diesem Sinne also: Einen froher und vor allem indietristischen Allerheiligentag!
Ein wiedergefundener Schatz
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- 31. Oktober 2022
Im Vortragsprogramm zur römischen Wallfahrt „Summorum Pontificum“ der vergangenen waren als Redner unter anderen Peter Kwasniewski, Msgr Nicola Bux und der italienische Journalist Aldo Maria Valli aufgetreten. Einen zusammenfassenden Überblick der Vorträge gibt katholisches.info. Wir wollen einige dieser Vorträge in den kommenden Tagen übersetzen und beginnen dazu mit dem sehr langen, sehr emotionalen und äußerst lesenswerten Vortrag von Valli nach der heute auf Messainlatino veröffentlichten Fassung.
Die überlieferte Messe - ein wiedergefundener Schatz
Ich möchte zu Ihnen über die alte Messe sprechen – aber vielleicht wäre es besser, sie die heilige Messe aller Zeiten zu nennen, einen wiederentdeckten Schatz. Eine kostbare Perle, ein Schatz unschätzbaren Wertes, der Generationen von Katholiken – ich eingeschlossen – lange verborgen war, aber endlich doch durch göttliche Gnade und das Engagement vieler mutiger Gläubiger wieder zugänglich wurde.
Wir haben, weil man uns das so gesagt hatte, geglaubt, daß die „neue Messe“ nur eine Übersetzung der „alten“ Messe sei, um sie verständlich zu machen Doch wir entdeckten daß die Messe des Heiligen Pius V., die Messe aller Päpste bis auf Paul VI., überhaupt keiner Übersetzung bedurfte, weil sie mit ihren Gesten, ihren Zeichen, ihren erhabenen Texten, ihrem Schweigen direkt ins Herz ging. Da brauchte es keine Erklärung. Wie der brennende Dornbusch, wie die Flammen über den Aposteln zu Pfingsten, ist es ein offensichtliches Zeichen des Geheimnisses, das zu uns spricht. Geheimnis des Lichts und der Erlösung.
Wir haben auch festgestellt, daß die „neue“ Messe, die Messe von Paul VI., wenig zu sagen hat, obwohl sie in der Umgangssprache spricht. Denn es geht nicht um Worte, sondern um den Glauben. Für viele von uns war es eine schmerzhafte Entdeckung und wir haben uns gefragt, warum uns niemand so lange von dem verborgenen Schatz erzählt hat.
Christus ist König
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- 30. Oktober 2022
Als Papst Pius XI. 1925 das Fest Christuskönig einführte, war das auch eine Antwort der Kirche auf die in der Folge des großen Kriges stattfindenden gesellschaftlichen Umwälzungen, die den größten Teil der traditionellen Monarchien Europas gestürzt hatten. Die Könige hatten zumindest dem Namen nach im Auftrag und mit der Gnade Gottes regiert, und der Papst wollte die Menschen daran erinnern, daß diese über jeder menschlichen Herrschaft stehende Macht auch durch die proklamierte Einführung der Volkssouveränität nicht wegdemokratisiert werden kann. Nur das Königtum Christi kann den Frieden zwischen und in den Völkern herstellen. Die Oratio des Tages ist da ganz eindeutig:
Allmächtiger ewiger Gott, Du hast in Deinem geliebten Sohn, dem König des Weltalls, alles erneuern wollen: So gib denn gnädig, daß alle Völker, die durch das Unheil der Sünde entzweit sind, sich seiner so milden Herrschaft unterwerfen, der mit Dir lebt und herrscht…
Das war den Strategen der Liturgiereform wohl schon zu eindeutig weltbezogen und geradezu politisch, so daß sie das Fest auf den letzten Sonntag des Kirchenjahres verlegten – womit auch das Königtum Christi in die vermeintlich sichere Distanz der Wiederkehr des Herrn am Ende der Zeiten verschoben werden sollte.
Das führt ganz aktuell zu der Frage, wie lange das Fest unter den heutigen Umständen überhaupt noch seinen Platz im Kalender behalten kann. Denn auch der Weltenrichter ist im Pontifikat des „Wer bin ich, zu urteilen“-Drückebergers bestenfalls ein lästiges Überbleibsel aus abergläubischen Zeiten: Heute wird Gut und Böse, Tugend und Sünde, ganz allgemeine jede Moral, nicht mehr in Übereinstimmung mit unvordenklicher Tradition aus dem Wort Gottes abgeleitet, sondern aus „Synodalen Prozessen“, wohlmanipuliert und präperiert von den Dienern des Zeitgeistes.
Was sind eigentlich Rituskirchen?
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- 29. Oktober 2022
Seit einigen Jahren – genauer seit 2017 – taucht in unseren Beiträgen zur Situation der Gläubigen, die der überlieferten Lehre und Liturgie anhängen, gelegentlich der Begriff von der „Rituskirche“ auf. Meistens als Ausdruck des Wunsches oder der Erwartung, die Entstehung einer solchen Rituskirche könne dem Weiterbestehen des „vorkonziliaren“ Katholizismus eine Form bieten, ohne die Einheit mit dem Bischof von Rom grundsätzlich aufzukündigen. Diese Vorstellung wirft zahlreiche Fragen auf – einige davon sollen hier angesprochen werden.
Zunächst zum Begriff selbst: Im Mai 2016 hat Papst Rranziskus in seinem Motu Proprio De Concordia inter Codices angeordnet, die bis dahin als „Rituskirchen“ (Ecclesia ritualis) bezeichneten Institutionen als „Ecclesia sui iuris“ zu bezeichnen und das Kirchenrecht in mehreren Canones entsprechend zu ändern. Als Hauptgrund wird angegeben, daß diese Kirchen sich nicht nur im „Ritus“, sondern auch in einigen Normen hinsichtlich der Zugehörigkeit (Taufe, Übertritte, Eheschließung usw.) unterscheiden und daher in einer immer mobileren Welt sichere „Schnittstellen“ zwischen den Rechtssystemen geschaffen werden sollen. Dem ist in keiner Weise zu widersprechen. Trotzdem bleiben wir beim alten Begriff der „Rituskirche“, weil der leichter verständlich ist, während die rechtlichen Schnittstellen eher die Juristen interessieren.
In der Hauptsache sind die Rituskirchen eine Begleiterscheinung des großen Ost-West-Schismas, das seit dem frühen Mittelalter die römische Kirche des Westens von den ursprünglich byzantinischen Patriarchaten des Ostens trennt. Überall, wo die beiden Machtbereiche zusammenstießen, kam es zu meistens politisch bedingten oder erzwungenen Übertritten von Teilen der nach Byzanz orientierten „Ostkirchen“ in die Westkirche unter der Jurisdiktion des Papstes, wo diese Teile dann den Status von „unierten“ Ostkirchen erhielten. Anderswo (etwa bei den Kopten oder den Syro-Malabaren) schlossen sich Teile von dort seit Jahrhunderten bestehenden eigenständigen Kirchen im Zuge von „Entdeckung“ und Globalisierung dem Primat des Papstes an, während sie ihre eigene Liturgie und ihre eigen Rechtsvorschriften ganz oder größtenteils beibehielten. Augenfälligster Rechtsunterschied: In den meisten Ostkirchen können verheiratete Männer zu Priestern geweiht werden, denen dann aber der Aufstieg zum Bischofsamt als Vollform des Priestertums verwehrt bleibt. Ein Teilzölibat, wenn man so will.
„Radikale Inklusion“
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- 27. Oktober 2022
Der Vatikan hat heute ein weiteres „Schlüsseldokument“ zur gerade bis 2024 verlängerten Synodensynode veröffentlicht. Im Mittelpunkt des synodalen Prozesses steht danach „eine Kirche, die zu radikaler Inklusion fähig ist“. Inhaltliche Schwerpunkte sind - so der Bericht auf CNA Deutsch - die Themen „Frauenweihe“ und „LGBT-Fragen und Polygamie“. Aber auch das Problemfeld „Liturgie“ wird angesprochen - von einem „synodalen Stil der liturgischen Feier“ ist da die Rede, aber auch davon, daß es Menschen gäbe, „die sich nach den liturgischen Entwicklungen des Zweiten Vatikanischen Konzils nicht wohl fühlen“.
Ob damit eine Aufhebung von Traditionis Traditores (offiziell TC), das die Verdrängung der Anhänger der überlieferten Liturgie und Lehre aus der Kirche zum Ziel hat, gemeint ist, wird sich weisen. Unser Optimismus ist begrenzt - eine so radikale Inklusion können sich die Roches und Greches wohl kaum vorstellen. Da kommt Georg Bätzing den wirklichen Zielen der Veranstaltung wohl näher, wenn er als bevorzugte Objekte der Inklusionssorge die „Armen, Indigenen, Migranten, alten Menschen, Straßenkinder oder Überlebenden von Missbrauch“ benennt. „In einer Reihe von Ortskirchen“ wünscht sich Bätzing auch „die Priesterweihe für Frauen“. Für den hiesigen synodalen Weg sieht sich der Vorsitzende des Verwaltungsbezirkes Deutschland durch das neue römische Papier eher bestätigt - Frenziskus hat ihm wohl bereits signalisiert, daß die warnenden Stimmen von Kardinälen wie Müller, Brandmüller oder Koch letzten Endes nichts zu bedeuten haben.
Was uns betrifft, wollen wir uns der sich abzeichnenden Entstehung einer radikal inklusiven Neukirche nicht länger widersetzen, und mit Spannung erwarten wir die ersten Kindergottesdienste, die von als Dragqueens kostümierten Transpersonen undefinierbaren Geschlechts ins Werk gesetzt werden.
Was wir allerdings mit Nachdruck verlangen, ist, daß man die Sache mit der „radikalen Inklusivität“ wirklich ernst nimmt und den der Tradition anhängenden Katholiken die Bildung einer mit Rom „irgendwie“ unierten Rituskirche sui iuris ermöglicht, die das Missale der Liturgie des hl. Gregor verwendet, sich auf den Codex des Kirchenrechtes von 1983 stützt und den römischen Katechismus nach der Fassung von 1992 zur Grundlage ihrer Verkündigung macht. Denn das ist klar: Wenn die kommende Synodensynode die ehemals römische Kirche wirklich im Sinne der von Bätzing erhofften und von Grech signalisierten Zustände transformiert, werden wir uns diese lateinische Rituskirche selbst nehmen - so wie sich die Deutschkatholiken ihre Neokirche ertrotzt und selbst genommen haben.
Mit oder ohne Franziskus. Mit einem seiner Nachfolger wird man dann ja vielleicht über eine vorsichtige Wiederannäherung und Union reden können. Mit einer „radikal inklusiven“ Mehrfachspitze von Nachfolger*innen eher nicht.